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Christoph Strupp

Niederlande – Entwicklungen und Tendenzen der zeithistorischen Forschung

Version: 1.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 22.03.2011
https://docupedia.de//zg/Niederlande_-_Entwicklungen_und_Tendenzen_der_zeithistorischen_Forschung

DOI: https://dx.doi.org/10.14765/zzf.dok.2.306.v1

Artikelbild: Niederlande – Entwicklungen und Tendenzen der zeithistorischen Forschung

Der niederländische Historiker Louis de Jong (li.) bei der Präsentation des Begleitbuches zu seiner Fernsehserie "De Bezetting", 1966. Quelle: <a rel="nofollow" class="external text" href="http://beeldengeluidwiki.nl/index.php/Bestand:6670P7.png">Beeld en geluid Wiki Niederlande</a> (<a rel="nofollow" class="external text" href="http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/nl/deed.en">CC BY-SA 3.0 NL</a>)

In seinem Artikel gibt Christoph Strupp einen Überblick über die Entwicklung der zeitgeschichtlichen Forschung in den Niederlanden, welche sich auf Grund spezifischer Bedingungen in der niederländischen Geschichte nur zögerlich entwickelte. Erst die deutsche Besetzung im Zweiten Weltkrieg stellte für das Land den historischen Einschnitt her, der die Kontinuität zur frühen Neuzeit unterbrach und die Entwicklung der zeitgeschichtlichen Forschung in Gang setzte, allerdings im Spannungsfeld von Kollaboration und Widerstand.

Niederlande – Entwicklungen und Tendenzen der zeithistorischen Forschung

von Christoph Strupp

Die Bundesrepublik Deutschland ist als Staat ein Ergebnis geschichtlicher Prozesse der jüngsten Vergangenheit, die eng mit Fragen des allgemeinen historischen Bewusstseins sowie der politischen und juristischen Aufarbeitung der Vergangenheit verknüpft sind.[1] Die niederländische Geschichte ist dagegen trotz der geographischen Nachbarschaft nach einem ganz anderen Rhythmus verlaufen. Die heutige Verfassung geht in ihren Grundzügen auf die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts zurück. Das politische System der konstitutionellen Monarchie hat seine Vorläufer in der Herrschaft der Statthalter in der frühen Neuzeit. Das historische Bewusstsein der Nation prägende Schlüsseldaten wie der Aufstand gegen die spanische Herrschaft und das „Goldene Zeitalter” des siebzehnten Jahrhunderts liegen ebenfalls weit zurück. Von der zweiten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts bis zum Mai 1940 standen die Niederlande am Rand der historischen Entwicklung in Europa: Die revolutionären Unruhen der Jahre 1848/49 und die Umbrüche des letzten Drittels des neunzehnten Jahrhunderts gingen vergleichsweise geräuschlos an ihnen vorbei. Auch der Erste Weltkrieg hatte auf die Niederlande weniger dramatische Auswirkungen als auf die anderen europäischen Länder.[2]

Unter diesen Bedingungen hat sich Zeitgeschichtsforschung in den Niederlanden in anderer Weise als in Deutschland entwickelt. Zwar gibt es auch dort eine aktive Forschung über die Geschichte des Zeitraums, der in Deutschland als Zeitgeschichte bezeichnet wird. Es ist auch keineswegs so, dass zeitgeschichtliche Veröffentlichungen weniger leicht den Weg in die Öffentlichkeit fänden und nicht ebenfalls gelegentlich Gegenstand politischer oder intellektueller Kontroversen würden. Was sich aber nicht in derselben Weise entwickelt hat, ist eine Debatte über Zeitgeschichte als wissenschaftliches Konzept. Auch eine einheitliche Begrifflichkeit oder Periodisierung gibt es nicht. Eine historiographische Sonderstellung innerhalb der letzten zwei Jahrhunderte nimmt nur der Zweite Weltkrieg ein – das entscheidende Ereignis, das in Deutschland nach ersten Anfängen in der Weimarer Republik zum Durchbruch der Zeitgeschichte als wissenschaftlicher Teildisziplin geführt und auch so tief in die niederländische Geschichte eingegriffen hat.

Anfänge niederländischer Zeitgeschichtsschreibung im 19. und frühen 20. Jahrhundert

Die Beschäftigung mit der jüngsten Vergangenheit kann in den Niederlanden auf eine längere Tradition zurückblicken. Robert Fruin, der an der Universität Leiden den ersten eigenen Lehrstuhl für niederländische Geschichte innehatte, formulierte 1860 in seiner Antrittsvorlesung: „Nein, die Geschichte unseres Landes ist zu schön, zu lehrreich, um unserem Volk nicht im Ganzen berichtet zu werden. Sie nimmt für unsere Zeitgenossen an Bedeutung zu, je mehr sie sich unserer Zeit nähert. Die Geschichte des vorherigen Jahrhunderts und des Jahrhunderts, das wir miterleben, verdient unsere Aufmerksamkeit gewiss nicht weniger als die Zeit der gräflichen Herrschaft.”[3] Fruin ging allerdings in seinen Arbeiten über das sechzehnte und siebzehnte Jahrhundert kaum hinaus und bekannte 1887 gegenüber seinem Leidener Nachfolger Petrus Blok, er möge das „reine Referieren” nicht, und für die neueste Zeit sei doch etwas anderes kaum möglich.[4]

Blok legte ebenso wie andere Historiker um die Jahrhundertwende Veröffentlichungen zum neunzehnten Jahrhundert vor.[5] Sie unterschieden sich aber in der Methodik von Arbeiten zu weiter zurückliegenden Epochen: Entweder behandelten sie das aktuelle Zeitgeschehen in essayistischer Form, beschränkten sich auf Überblicksdarstellungen der politischen Ereignisse oder rezensierten ausländische Literatur. Selbstständige wissenschaftliche Forschung stellten diese Texte auch nach damaligem Verständnis kaum dar. Offenbar scheute man davor zurück, Methoden historistischer Quellenkritik auch auf die jüngste Vergangenheit anzuwenden.

Ein dezidiertes Plädoyer für wissenschaftliche Zeitgeschichte hielt dagegen kurz nach der Jahrhundertwende der linksliberale Utrechter Historiker Gerhard Kernkamp. Er forderte 1903 in seiner Antrittsvorlesung ausdrücklich „nicht nur für den akademischen Lehrer, auch für den Geschichtsschreiber [...] das Recht, die Geschichte jedes Zeitalters, auch des neunzehnten Jahrhunderts zu behandeln”.[6] Auch die im darauffolgenden Jahr von einer Regierungskommission veröffentlichte „Übersicht über die durch Quellenpublikation zu füllenden Lücken des niederländischen Geschichtswissens” sah als letzten Punkt „Stücke der allgemeinen Geschichte der Niederlande nach 1795” vor. Ebenso wie Kernkamp kritisierte man, wie wenig bis jetzt für das neunzehnte Jahrhundert vorlag.[7]

Es gab also in den Niederlanden früh ein Bewusstsein für die Bedeutung der Beschäftigung mit der jüngsten Geschichte. Dem standen allerdings kaum Arbeiten gegenüber, die dies in konkrete Forschung umsetzten oder sich um methodologische Reflexionen zur Zeitgeschichte bemühten. Auch eine Abgrenzung von der weiter zurückliegenden Vergangenheit wird man in den Jahrzehnten um die Jahrhundertwende vergeblich suchen. Die wenigen Universitätshistoriker mussten ihren umfassenden Lehraufträgen entsprechend Generalisten sein.[8] Diese Verhältnisse wirkten einer Spezialisierung entgegen, und da wie erwähnt die Höhepunkte der niederländischen Geschichte weiter zurücklagen, schien es kaum gerechtfertigt, intensiv Zeitgeschichte zu betreiben.

Dass man sich überhaupt mit dem „farblosen” neunzehnten Jahrhundert beschäftigte, hatte politische Gründe: Für Fruin und Blok als Vertreter der liberal-konservativen Interpretation der niederländischen Geschichte stellte die Republik der Frühen Neuzeit ein politisches Ideal dar, dessen Fortdauer bis in die Gegenwart wissenschaftlich zu untermauern war.[9] Dies erklärt, warum man nach einem Stichjahr zur Abgrenzung von Zeitgeschichte nicht suchte: Es ging ja gerade darum, die Kontinuität der niederländischen Geschichte und des bürgerlich-konstitutionellen politischen Systems zu belegen. Kernkamp dagegen reizte als Linksliberalen ebenso wie einige historiographische Außenseiter aus dem sozialistischen Lager im späten neunzehnten Jahrhundert das politisch und gesellschaftlich Neue in der Vorgeschichte der Gegenwart.

Nun war die Akzeptanz zeitgeschichtlicher Forschung und Lehre vor dem Ersten Weltkrieg in der niederländischen Historiographie keineswegs unumstritten. Gängige Gegenargumente führte z.B. 1914 Johan Huizinga in der Einleitung zu seiner Geschichte der Groninger Universität im neunzehnten Jahrhundert an: Die letzten vierzig Jahre seien noch keine Geschichte, sie seien „zu rezent, um wirklich historisch behandelt zu werden”. In einer geschichtlichen Untersuchung, die sich bis an die Grenzen der Gegenwart erstrecke, könne der historische Ton und die historische Auffassung nicht bis zum Ende durchgehalten werden. Man könne höchstens einen flüchtigen Abriss der äußeren Tatsachen geben, aber es sei unbescheiden und verfrüht, Personen historisch zu beschreiben und zu beurteilen, die Zeitgenossen seien.[10]

Zeitgeschichte im Ersten Weltkrieg und im Interbellum

Auch in den ersten Jahrzehnten nach der Jahrhundertwende nahmen die niederländischen Historiker eine ambivalente Haltung gegenüber der jüngsten Vergangenheit ein.[11] Wenn sie in Lehre und Geschichtsschreibung einbezogen wurde, dann meist mit dem Hinweis, dass es sich um Erkenntnisse handelte, die nicht mit Methoden strenger Wissenschaftlichkeit gewonnen worden waren.

Der Erste Weltkrieg, der in Deutschland die Beschäftigung der Historiker mit Zeitgeschichte wesentlich stimulierte, markiert in den Niederlanden historisch wie historiographisch einen weniger spürbaren Einschnitt. Das Land blieb politisch neutral und von einer Einbeziehung in die militärischen Konflikte verschont, und die revolutionäre Stimmung, die in ganz Europa bei Kriegsende herrschte, beschränkte sich in den Niederlanden auf wenige Tage politischer Unruhe im November 1918.

Dennoch setzten sich Historiker wie Kernkamp oder der Leidener Herman Colenbrander in zahlreichen populärwissenschaftlich-journalistischen Essays mit den aktuellen Ereignissen auseinander.[12] Der Lektor für neuere Geschichte und Geschichtsdidaktik in Amsterdam, Michael Georg de Boer, betonte 1915 in seiner Antrittsvorlesung die Bedeutung der Zeitgeschichte für den Schul- und Hochschulunterricht: Die künftige niederländische Elite benötige angesichts der dramatischen Ereignisse der Gegenwart ein solides historisches Orientierungswissen über deren Vorgeschichte. Gerade die Niederländer würden nach Kriegsende als „Neutrale” in besonderer Weise gefordert sein, an der Aufarbeitung des Krieges mitzuwirken.[13]

Vier Jahre später stellte de Boer in der „Tijdschrift voor Geschiedenis” im Eröffnungsartikel des Jahrgangs 1919 den Krieg noch einmal als ein weltgeschichtlich einzigartiges Ereignis heraus. Er habe mit seinen weitreichenden politischen und sozioökonomischen Folgen die „neue Geschichte”, deren Beginn de Boer um 1700 ansetzte, zum Abschluss gebracht und stehe am Anfang einer neuen Ära: der „modernen Geschichte”.[14] Der Versuch, das Stichjahr 1918 als Periodengrenze einzuführen, blieb in der niederländischen Historiographie aber ohne Wirkung. Die „Tijdschrift voor Geschiedenis” behandelte zwar in den 1920er-Jahren regelmäßig die allerjüngste Vergangenheit, richtete sich dabei aber vor allem auf die internationale, namentlich deutsche und russische Geschichte.

Durch den Weltkrieg hatte sich die Zeitgeschichte thematisch von der „vaterländischen” auf die Ebene der allgemeinen Geschichte verschoben. Sie bot mehr Dramatik, enthielt aber auch weniger potentiellen Sprengstoff. Die Niederlande mit ihrem fragilen Gleichgewicht der vier gesellschaftlichen „Säulen” – der katholischen, protestantischen, sozial-demokratischen und liberalen Säule –, das sich im letzten Drittel des neunzehnten Jahrhunderts herauszubilden begann und nach dem Ersten Weltkrieg seine volle Wirkung entfaltete, schienen für eine „objektive” wissenschaftliche Analyse besonders wenig geeignet. Die Geschichtsschreibung der jüngsten Zeit, die sich innerhalb der Säulen insbesondere im katholischen und sozialistischen Lager entwickelt hatte und die niederländische Geschichte bis in die Gegenwart als Kampf um gesellschaftliche Anerkennung darstellte,[15] war außerhalb des eigenen Lagers von vornherein diskreditiert. Die nationale Prägung der Zeitgeschichte wirkte unter den spezifischen Bedingungen der niederländischen Zwischenkriegszeit, aber auch noch bis in die 1950er-Jahre, kontraproduktiv. Die Historiker konnten und wollten sich aus dem versäulten System nicht lösen, sondern waren selbst ein Teil davon. Die internationale Geschichte war ideologisch unverfänglicher. Die Beschäftigung mit ihr stand dann auch im Vordergrund des ersten Anlaufs zu einer Institutionalisierung zeitgeschichtlicher Forschung in den Niederlanden: des 1924 gegründeten „Niederländischen Komitees zur Erforschung der Ursachen des Weltkriegs”, das bis in die 1930er-Jahre eine Reihe von Monographien zur Geschichte ab 1870 vorlegte.[16]

Die Thesen, die de Boer 1915 und 1919 vertrat, sind aber noch unter einem anderen Gesichtspunkt bemerkenswert: Mit seiner Auffassung der Zeitgeschichte als „Praxiswissenschaft” für den politischen Alltag setzte er sich von den Historikern ab, die dem Studium der Geschichte eine allgemeinbildende, charakterformende Funktion zusprachen und diese in der Regel nur in weiter zurückliegenden Epochen fanden. So betonte Johan Huizinga in den 1930er-Jahren, Studenten sei für ihre intellektuelle Entwicklung mehr gedient, wenn sie sich mit der Entstehung der europäischen Staatsformen des Mittelalters oder dem Verfall des römischen Kaiserreichs und nicht mit der „umständlichen” Vorgeschichte des Weltkriegs beschäftigten.[17]

Zu einer intensiveren Debatte über die Bedeutung der Zeitgeschichte ist es in der Zwischenkriegszeit in den Niederlanden nicht gekommen. De Boer selbst legte nur wenige zeitgeschichtliche Arbeiten vor, die seine Thesen hätten stützen können. Ansonsten folgten die Historiker in Forschung und Lehre mehrheitlich dem Kurs ihrer Vorgänger.[18] Prägend blieb die ambivalente Haltung Fruins und Bloks, die sich bei Huizinga fortsetzte und auch noch einmal in der repräsentativen achtbändigen „Geschichte der Niederlande” von 1938 zum Ausdruck kam. Dort hieß es in der Einleitung zum Schlusskapitel über die Zeit seit 1918 zwar einerseits, dass es vermessen sei, diesen Abschnitt zu behandeln, da ja die Zusammenhänge und Bedeutungen noch offen seien. Andererseits scheute man aber nicht davor zurück, die Darstellung tatsächlich bis in die unmittelbare Gegenwart voranzutreiben.[19]

Den Schlusspunkt der Debatte setzte Johan Huizinga im Januar 1941 mit einem Vortrag in der Akademie der Wissenschaften über die „Formveränderung der Geschichte”, der bereits vom Zweiten Weltkrieg und der deutschen Besatzung der Niederlande überschattet war. Darin legte er eine Kritik der Zeitgeschichtsschreibung vor, die auf einer ganz neuen Ebene argumentierte: Nicht mehr geschlossene Archive, mangelnder zeitlicher Abstand oder die Schwierigkeiten der historischen Einordnung jüngster Ereignisse wurden angeführt, sondern Huizinga konstatierte einen Verlust episch-dramatischer Elemente in der Geschichte selbst, der nach seiner Beobachtung um 1820 einsetzte. Der Verfall klassischer Komponenten des historischen Ablaufs, den er mit Beispielen aus der amerikanischen Geschichte belegte, machte die Geschichte der letzten einhundert Jahre „unmalbar”, d.h. man konnte kein historisches „Bild”, keine Interpretation mehr aus ihnen gewinnen.[20] Diese geschichtsphilosophisch motivierte Absage an die Zeitgeschichte stellte eine individuell verständliche Reaktion auf den Krieg und seine Vorgeschichte dar. Historiographisch führte sie auf ein totes Gleis: Huizingas Text berücksichtigte neue Methoden und Fragestellungen nicht und hat nach 1945 die Debatte nur noch beeinflusst, indem man sich von ihm absetzte.[21]

Der „Schock von 1940” und das Rijksinstituut voor Oorlogsdocumentatie

Die Erfahrung des Zweiten Weltkriegs und der deutschen Besatzung der Niederlande - der "Schock von 1940"[22] - stellt im historischen Bewusstsein des Landes einen Einschnitt dar, dessen Bedeutung kaum überschätzt werden kann. Zwar haben sich Politik, Gesellschaft und Kultur seit den unruhigen 1960er-Jahren dramatisch gewandelt, aber zugleich bestätigt sich immer wieder die Bemerkung des Schriftstellers Harry Mulisch, der Zweite Weltkrieg werde als historischer Orientierungspunkt für die Niederlande Gültigkeit behalten, solange er nicht durch einen Dritten Weltkrieg abgelöst werde.[23] Dies gilt auch für die geschichtswissenschaftliche Forschung.

Nach 1945 wurde die Notwendigkeit von Zeitgeschichtsschreibung nicht mehr ernsthaft bestritten und auch die praktische Durchführbarkeit nicht mehr angezweifelt. Das Argument geschlossener Archive hatte sich durch die Verfügbarkeit der deutschen Akten und der Unterlagen der Kriegsverbrecherprozesse erledigt. Außerdem forderte man die Nutzung der Zeitzeugen, sowohl der Opfer als auch der Täter, als „lebende” Quellen, deren Wissen man nicht durch langes Warten verlorengehen lassen durfte.[24]

Die niederländische Zeitgeschichtsschreibung der Nachkriegszeit war lange geprägt durch die Konzentration auf die unmittelbar zurückliegenden Jahre des Weltkriegs, durch deutliche Fortschritte in der Institutionalisierung und durch eine national-moralische Dimension, die den älteren Arbeiten der Zwischenkriegszeit in dieser Form fremd war. Alle diese Aspekte kulminierten in dem Amsterdamer „Rijksinstituut voor Oorlogsdocumentatie” (RIOD – seit 1999 „Nederlands Instituut voor Oorlogsdocumentatie” [NIOD]), dem Reichsinstitut für Kriegsdokumentation, das in Amsterdam am 8. Mai 1945 gegründet worden war. Das Reichsinstitut hat mit dem Münchner Institut für Zeitgeschichte (IfZ) gemein, dass es staatlich finanziert ist, der Erforschung der Kriegszeit durch die Veröffentlichung von Quellen und Monographien dient, eine umfangreiche Bibliothek unterhält und über seine wissenschaftlichen Aufgaben hinaus in Kriegsverbrecherprozessen sowie bei der Opferentschädigung durch Gutachten mitgewirkt hat. Im Unterschied zum IfZ beherbergt das Reichsinstitut auch wesentliche Archivalia für die Jahre 1940-45. Außerdem ist es über lange Zeit auf diese Jahre beschränkt gewesen und kein umfassendes Forschungsinstitut für die Geschichte des kurzen zwanzigsten Jahrhunderts geworden. Stärker als das IfZ nimmt es eine Schlüsselstellung in der öffentlichen Debatte über die Kriegsereignisse ein. In den 1970er-Jahren war es sogar ausdrücklich diese öffentliche Funktion als Hüter der Erinnerung an den Krieg und moralische Autorität, nicht seine wissenschaftliche Funktion, die es vor der drohenden Schließung bewahrt hat.[25]

Von der Mitte der 1950er-Jahre bis Anfang der 1980er-Jahre kristallisierte sich die Arbeit des Reichsinstituts in starkem Maße um ihren Direktor Louis de Jong und seinen Auftrag, eine umfassende Darstellung der Geschichte der Niederlande im Zweiten Weltkrieg zu schreiben. De Jong hatte in Amsterdam Sozialgeographie und Geschichte studiert, danach als Zeitschriftenredakteur gearbeitet und war im Mai 1940 nach England geflüchtet. Bei seiner Ernennung zum Leiter des RIOD im Oktober 1945 war er noch nicht promoviert.[26]

Einen ersten Eindruck von de Jongs Sichtweise des Krieges bekamen die Niederländer/innen Anfang der 1960er-Jahre durch die TV-Dokumentation „De Bezetting”, die de Jong moderierte und die zu einem Straßenfeger wurde.[27] Die Vorarbeiten zu seinem Hauptwerk dauerten 15 Jahre, ehe der erste Band „Voorspel” 1969 erschien, danach bis 1988 13 weitere in insgesamt 29 Teilbänden mit rund 16.000 Druckseiten. „Het Koninkrijk der Nederlanden in de Tweede Wereldoorlog” ist ein Monumentalwerk, das in vieler Hinsicht in der Historiographie einzigartig dasteht: geschrieben in wissenschaftlicher Freiheit von einem einzelnen Historiker, vor dem Druck in verschiedenen Formen gegengelesen von insgesamt über 220 Wissenschaftlern und Zeitzeugen, und schließlich unter der Verantwortung der jeweiligen Kultusminister in Auflagen von bis zu 75.000 Stück publiziert. Jeder Band war begleitet von einer sorgfältigen Presse-Strategie, die de Jong am Morgen nach der Veröffentlichung die Titelseiten der Zeitungen sicherte.[28]

Die überragende öffentliche Stellung de Jongs und mit ihm des Reichsinstituts, dessen Direktor er bis zu seiner Pensionierung 1979 war, steht außer Frage. Was sein Werk dagegen für die niederländische Zeitgeschichtsschreibung bedeutet, ist schwieriger einzuschätzen. Auch wenn de Jong selbst Vorwürfe einer Monopolisierung der Forschung immer zurückgewiesen hat, stellt sich doch die Frage, ob das Reichsinstitut als historiographische Sondereinrichtung einer breiten Etablierung der Zeitgeschichte in der Wissenschaftslandschaft und der Produktivität unterschiedlicher Schulen und Forschungsansätze nicht im Weg gestanden hat. De Jongs „Koninkrijk” ist ein thematisch umfassendes, aber traditionell erzählendes, faktenorientiertes Geschichtswerk. Ebenso wie andere Publikationen des Instituts weicht es schwierigen Fragen wie der Kollaboration mit den Deutschen oder der niederländischen Mitwirkung an der Judenvernichtung nicht aus, ordnet sie aber in ein schematisches Bild der Geschichte ein, das innerhalb der Fachwissenschaft zurückhaltend rezipiert wurde und seit den 1980er-Jahren auf deutliche Kritik gestoßen ist.[29]

Während die ersten Veröffentlichungen zum Zweiten Weltkrieg in den Niederlanden noch den Charakter einer nüchternen Bestandsaufnahme hatten, nahm die Zeitgeschichtsschreibung wesentlich unter dem Eindruck der Arbeit de Jongs ab den 1960er-Jahren eine moralische Färbung an, die im öffentlichen Bewusstsein die Opferrolle der Niederlande festigte. Der Blick auf die Extrempole von „Kollaboration und Widerstand” und die moralische Kategorisierung individuellen und kollektiven menschlichen Verhaltens bildete das streng durchgehaltene Grundmotiv des „Koninkrijks”. Letztlich ging es weniger um wissenschaftliche Erklärung als darum, dem individuell Erlebten einen Sinn zu geben. Der Amsterdamer Historiker Jacques Presser empfand sich in seinem 1965 erschienenen, ebenfalls weit verbreiteten Buch über den „Untergang” des niederländischen Judentums ausdrücklich als Sprecher der Toten und schloss mit einer Mahnung zum Gedenken.[30] De Jong, Presser und andere Autoren im Umfeld des RIOD bekannten sich in ihren Darstellungen zu einer Form moralisch begründeter Parteilichkeit, die bei anderen Themen der niederländischen Geschichte als problematisch empfunden worden wäre.[31]

Zugleich standen ihre Arbeiten für den radikalen Umschwung von der internationalen Ausrichtung der Zeitgeschichte der Zwischenkriegszeit hin zu einer ausschließlich niederländischen Perspektive der Forschung nach 1945.[32] Die methodischen Innovationen der 1960er und 1970er-Jahre sind weitgehend spurlos an ihr vorübergegangen. Die zunehmende Verflechtung gesellschaftlicher Abläufe, der internationale Zusammenhang und das Zusammenwirken der verschiedenen Ebenen von Staat, Gesellschaft und Kultur, das der Amsterdamer Historiker Jan Romein Ende der 1950er-Jahre als ein konstitutives Merkmal der Gegenwart und als die wesentliche Herausforderung für die Zeitgeschichtsschreibung hervorgehoben hatte,[33] spielte in den Arbeiten de Jongs und des Instituts keine große Rolle. Konzeptionelle Debatten über Zeitgeschichte wurden in der Aufbauphase und auch später kaum geführt.[34]

Außerhalb des RIOD wurde in den 1980er-Jahren die Forderung lauter, neue Perspektiven für die Erforschung der Jahre 1940-1945 zu entwickeln. Einen Meilenstein stellte dabei 1983 der programmatische Aufruf Hans Bloms in seiner Amsterdamer Antrittsvorlesung dar, aus dem „ban van goed en fout” herauszutreten. Blom und andere Historiker wie z.B. Jan Bank in Leiden, die einer jüngeren Generation angehörten, strebten nach einer nüchterneren Herangehensweise und einer Einbettung des Krieges in größere zeitliche, thematische und international vergleichende Zusammenhänge.[35]

Unter de Jongs unmittelbaren Nachfolgern am RIOD wurden diese Impulse von außen noch zurückhaltend rezipiert, aber nach der Berufung Bloms zum Direktor 1996 und tiefgreifenden Änderungen in der Organisationsstruktur konnten diese Ziele auch an de Jongs alter Wirkungsstätte selbst verfolgt werden. Das 1999 beschlossene Forschungsprogramm, „Oorlogsverleden in breder verband”, stand für eine zeitliche Ausweitung der wissenschaftlichen Aktivitäten auf die Zeit von 1914 bis 1989, wobei der Zweite Weltkrieg weiterhin Angelpunkt der Projekte sein sollte, und für thematische Schwerpunkte, die sich um die Auswirkungen von Krieg und Gewalt auf die Gesellschaft und auf den Einzelnen sowie den lange vernachlässigten asiatischen Kriegsschauplatz und die Entwicklungen in Niederländisch-Indien bzw. Indonesien gruppierten. Die gesellschaftliche Funktion des Instituts unterstrichen zwei für die niederländische Regierung durchgeführte Untersuchungen: erstens eine umfangreiche Studie über den UNO-Blauhelm-Einsatz in Jugoslawien im Jahr 1995, deren methodologische Aspekte die niederländische Zeitgeschichtsforschung intensiv beschäftigt haben,[36] und zweitens Forschungen zum Umgang von Politik und Gesellschaft mit den Heimkehrer/innen nach 1945.[37]

Die Utrechter Historikerin Marjan Schwegman, die 2007 die Leitung des NIOD übernahm, hat einerseits im Forschungsprogramm des Instituts die thematisch breitere Ausrichtung beibehalten und die internationale Vernetzung vorangetrieben, trat andererseits aber in jüngster Zeit – nicht zuletzt unter dem Eindruck öffentlicher Auseinandersetzungen über Erinnerung und historisches Bewusstsein in der modernen, multikulturellen Gesellschaft der heutigen Niederlande – auch dezidiert dafür ein, die herausgehobene Stellung des Zweiten Weltkriegs und – anders als Blom – die moralische Dimension seiner Erforschung nicht in Frage zu stellen. Die 2007 festgelegten „Forschungslinien” – Erfahrung (von Krieg und Besatzungsherrschaft), Nachwirkung (im gesellschaftlichen Umgang mit Opfern und Tätern) und Reflexion (über den Zusammenhang von Krieg und Mentalität, den Wandel von Weltbildern und die Ausformung von Erinnerung und Gedenken) – spiegeln dies wider.[38]

Sonstige zeitgeschichtliche Forschungsinstitute

Das NIOD ist heute immer noch eine zentrale, aber nicht die einzige für die Zeitgeschichtsforschung relevante Einrichtung außerhalb der Universitäten. Erwähnt werden muss das „Huygens Instituut voor Nederlandse Geschiedenis” (Huygens Institut für Niederländische Geschichte, Huygens ING) in Den Haag, das 1989 als ING die Nachfolge der „Rijkscommissie voor de Vaderlandse Geschiedenis” angetreten hat und sich 2011 mit dem Constantijn Huygens Institut für Texteditionen und Geistesgeschichte zusammengeschlossen hat. Das Huygens ING veröffentlicht Quellensammlungen, Forschungsführer und Nachschlagewerke zur niederländischen Geschichte – auch in digitaler Form –, die auch das zwanzigste Jahrhundert abdecken.[39]

Die einzige Forschungseinrichtung, die sich ganz auf die Nachkriegszeit richtet, stellt das 1970 an der Universität Nimwegen gegründete „Centrum voor Parlementaire Geschiedenis” (Zentrum für Parlamentsgeschichte) dar. Seine bis jetzt vorliegenden Monographien und Sammelbände über Politik und Parlament seit 1945 stellen Standardwerke der Politikgeschichte dar und reichen zurzeit bis in die späten 1960er-Jahre.[40]

Kein dauerhafter Erfolg war dagegen dem „Nederlands Centrum voor Contemporaine Geschiedenis” (NCCG) beschieden. 1999 an der Groninger Universität als Dachorganisation für Wissenschaftler, Universitäten, Forschungsinstitute und Archive gegründet, sollte es die wissenschaftliche Erforschung der Geschichte des neunzehnten und vor allem des zwanzigsten Jahrhunderts koordinieren und fördern. Diese Funktionen sind nun bei der Akademie der Wissenschaften gebündelt.[41] Auch die im Juni 2001 an den Start gegangene Zeitschrift „Nieuwste Tijd”, die erste niederländische Zeitschrift für Zeitgeschichte, konnte sich nicht etablieren und hat ihr Erscheinen inzwischen wieder eingestellt.

Zeitgeschichte an den niederländischen Universitäten

Mit der Konzentration der Forschungen des Amsterdamer Reichsinstituts auf die Zeit des Zweiten Weltkriegs wurde nach 1945 insofern eine wissenschaftliche Chance vergeben, als sich eine breiter angelegte Zeitgeschichtsforschung außerhalb des Reichsinstituts nur zögerlich entwickelte. Noch in den späten 1940er-Jahren wurde in Utrecht ein eigener Lehrstuhl für die „Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts” eingerichtet und mit Coenraad Brandt besetzt. Brandt war promovierter Mediävist, hatte sich allerdings schon in der Vorkriegszeit der internationalen Diplomatie der Neuzeit zugewandt.[42]

An der Universität von Amsterdam war Jacques Presser seit 1947 als Lektor und später Professor für neueste Geschichte tätig. 1951 wurde in Leiden Frans Gosses an der Juristischen Fakultät als Lektor für internationale und politische Geschichte der neuesten Zeit berufen. Beide ließen ihr Arbeitsgebiet 1870 beginnen und wählten damit eine Zäsur außerhalb der Nationalgeschichte. Gosses wollte sich in der Lehre sogar ausdrücklich auf die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg konzentrieren und begründete dies mit der günstigen Quellenlage, der ausreichend Forschungsdefizite gegenüberstünden.[43]

An den anderen Universitäten des Landes wurden Professuren für Neueste Geschichte erst zu Beginn der 1960er-Jahre, an der Freien Universität und in Groningen sogar erst zu Beginn der 1970er-Jahre eingerichtet. Gefördert wurde dies dadurch, dass in den 1960er-Jahren das studentische Interesse an Zeitgeschichte spürbar anstieg und auch im Schulunterricht gegenwartsnahe Themen weiter zurückliegende Epochen verdrängten, sodass vermehrter Ausbildungsbedarf für Lehrer bestand.[44] Eine einheitliche Periodisierung oder Begrifflichkeit setzte sich dagegen nicht durch. „Nieuwste geschiedenis” – einer Formulierung, die schon Fruin gebrauchte – oder „contemporaine geschiedenis”, in Anlehnung an den französischen und englischen Sprachgebrauch, begann um 1770 oder 1870. Nur die Abteilung für „eigentijdse geschiedenis” in Groningen richtete sich dezidiert auf die Zeit nach 1945.[45]

Heute ist die Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts in der universitären Lehre an allen Universitäten etabliert, auch wenn dies an den Abschlüssen nur bedingt ablesbar ist, da immer noch die traditionelle thematische Gliederung (Politik-, Sozial-, Kulturgeschichte usw.) des Studienprogramms dominiert. Zeitgeschichtliche Dissertationen werden nicht nur an den einzelnen Fachbereichen, sondern auch an den beiden großen interuniversitären historischen Graduiertenkollegs, dem 1988 gegründeten N. W. Posthumus Institut für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte und dem seit 1995 bestehenden Huizinga-Institut für Kulturgeschichte, betreut.[46]

Zeitgeschichte im thematischen Wandel

Für die Forschung und die Geschichtsschreibung gilt, dass die niederländischen Zeithistoriker/innen länger unter dem Eindruck des Zweiten Weltkriegs gestanden haben als die Zeitgeschichtsschreibung der Bundesrepublik. Aufstieg und Fall der „Versäulung” der Gesellschaft, ein Schlüssel zum Verständnis und ein potentielles großes Thema der niederländischen Geschichte im zwanzigsten Jahrhundert, wurde bis in die 1970er-Jahre Politologen und Soziologen überlassen. Inhaltliche Kontroversen drehten sich um die Zeit des Aufstands gegen die Spanier, das achtzehnte Jahrhundert oder den Kolonialismus. In diesen Themenfeldern wurden methodische Innovationen aus der Sozial- und Wirtschaftsgeschichte in Forschung umgesetzt.[47]

Dies hat sich in den letzten dreißig Jahren spürbar geändert. Ging es dabei zunächst wie erwähnt noch um die Einbettung des Weltkriegs in größere zeitliche Zusammenhänge, hat sich die Nachkriegsgeschichte von den 1950er- bis in die 1970er-Jahre inzwischen als eigenständiges Themenfeld etabliert.[48] Wie auch in der deutschen Zeitgeschichtsforschung verschob sich das Bild der 1950er-Jahre von einer Übergangszeit der Restauration und Erstarrung zu einer stärkeren Betonung des beginnenden Wandels der Strukturen und Mentalitäten.[49] Zu diesem Wandel, der in den 1960er-Jahren unter dem Stichwort der „Entsäulung” voll zum Tragen kam, legten Mitte der 1990er-Jahre der Utrechter Politikhistoriker Hans Righart und der niederländisch-amerikanische Historiker James Kennedy, der seit 2003 in Amsterdam lehrt, Pionierstudien vor. Inwiefern sich die niederländischen gesellschaftlichen Entwicklungen und die hiesige Jugend- und Protestkultur dabei mit internationalen Entwicklungen vergleichen lassen, ist bis heute umstritten.[50] Seit rund zehn Jahren sind auch die 1970er-Jahre ins Blickfeld der Forschung getreten, mit Arbeiten z.B. zur niederländischen Friedensbewegung, zur Euthanasiedebatte, zum Terrorismus oder zur Ölkrise.[51] Bis in die unmittelbare Gegenwart reichen Arbeiten auf so unterschiedlichen Themenfeldern wie Dekolonisierung und Migration,[52] Parteiengeschichte[53] oder den deutsch-niederländischen Beziehungen.[54] In der öffentlichen Wahrnehmung zeitgeschichtlicher Forschung ist der Wandel zu den Nachkriegsjahrzehnten allerdings nur eingeschränkt mit vollzogen worden. Hier sind es nach wie vor vor allem Bücher über Themen, die unmittelbar mit der Besatzungszeit zusammenhängen, die in besonderer Weise die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich ziehen.

Dies gilt z.B. für die 2001 erschienene Gesamtdarstellung des Publizisten Chris van der Heijden, „Grijs verleden”, die bisher neun Auflagen erlebte.[55] Van der Heijden unterscheidet zwischen der „Besatzung (1940-1942)”, die in das Alltagsleben vieler Niederländer noch vergleichsweise wenig eingriff, und dem „Krieg (1942-1945)”, in dem viele Maßnahmen der Deutschen, die im Nachhinein im historischen Bewusstsein das Bild der gesamten fünf Jahre prägten, erst zum Tragen kamen. Das glänzend geschriebene Buch stellte viele etablierte Vorstellungen in Frage und richtete sich vor allem gegen die eindeutigen moralischen Kategorien de Jongs: Statt schwarz oder weiß erschienen die Kriegsjahre „grau” und von Chaos und Opportunismus gekennzeichnet. Wegen seines pessimistischen Menschenbildes und der umstrittenen politischen Agenda seines Verfassers stieß es aber auch auf scharfe Kritik.[56]

Die bei van der Heijden öffentlichkeitswirksam geforderten Tabubrüche und Perspektivenwechsel im Blick auf den Krieg sind in der Forschung vielfach längst vollzogen und in den letzten Jahren mit wichtigen Studien vorangetrieben worden.[57] So ist die Debatte über die Einbindung niederländischer Beamter in die Besatzungsherrschaft mit Monografien über die Bürgermeister oder über Hans Max Hirschfeld, der in den 1930er-Jahren für die Wirtschaftskontakte zum „Dritten Reich” zuständig und von 1940-1945 Generalsekretär im Landwirtschaftsministerium war, auf eine neue Grundlage gestellt worden.[58] Im Bereich von Wirtschaft und Wissenschaft sind Arbeiten erschienen, die die Jahre von 1940-1945 in breitere Kontexte einordnen.[59] Die Forschungen zur Kollaboration der „Nationaal-Socialistische Beweging” (NSB) sind verstärkt worden.[60] Wissenschaftlich wie öffentlich intensiv diskutiert wurden Bücher über die Verantwortung der niederländischen Eliten für den Mord an den Juden und die Rolle Königin Wilhelminas,[61] über die Ernährungslage im Krieg[62] und den Umgang mit jüdischen und anderen Heimkehrern sowie dem geraubten jüdischen Vermögen nach 1945.[63]

Die Bedeutung des Kriegs in der Erinnerungskultur der Nachkriegszeit thematisieren z.B. die kulturwissenschaftlichen Arbeiten Frank van Vrees oder Bücher wie Madelon de Keizers Studie über die im Oktober 1944 in dem Dorf Putten durchgeführte deutsche Vergeltungsaktion, die über 600 Männer des Dorfes das Leben kostete und in der niederländischen Gesellschaft insgesamt traumatische Spuren hinterließ.[64] Neben dem europäischen Krieg spielt seit rund zehn Jahren in der Gedenkkultur und der staatlichen Wiedergutmachungspolitik auch der asiatische Schauplatz eine größere Rolle.[65]

Fazit

Die Entwicklung der Zeitgeschichtsschreibung in den Niederlanden bestätigt die besondere Verknüpfung von Zeitgeschichte mit dem historisch-politischen Gedächtnis einer Nation. Unter den spezifischen Bedingungen der niederländischen Geschichte hat sich Zeitgeschichte als wissenschaftliche Teildisziplin nur zögerlich entwickelt, obwohl die Erforschung der jüngsten Vergangenheit schon von den Historikern des neunzehnten Jahrhunderts thematisiert wurde. Die Abgrenzung dieser Vergangenheit von weiter zurückliegenden Epochen setzt aber einen historischen Einschnitt voraus, der in den Niederlanden nicht gegeben war und der Betonung der Kontinuität zur frühen Neuzeit auch zuwidergelaufen wäre. Die deutsche Besetzung des Landes im Zweiten Weltkrieg stellte dann zwar einen solchen Bruch dar, aber nach 1945 kam es wissenschaftlich zu einer Ausgliederung dieser Jahre und zur Konzentration der Forschung an dem Amsterdamer „Rijksinstituut voor Oorlogsdocumentatie”. In methodischer und institutioneller Hinsicht führte der Krieg nicht zu einer breit angelegten Etablierung von Zeitgeschichtsforschung, sondern wurde vor allem in den 1960er- und 1970er-Jahren zum historiografischen Sonderfall im national-moralischen Spannungsfeld von Kollaboration und Widerstand.

In den letzten dreißig Jahren hat sich die niederländische Zeitgeschichtsforschung thematisch deutlich erweitert und reicht inzwischen bis weit in die 1970er-Jahre. Hinzu kommt eine zunehmende Internationalisierung der Forschung. Auch die unverändert zahlreich erscheinenden Arbeiten zum Zweiten Weltkrieg haben heute einen anderen Charakter, wobei der betont sachlich-nüchterne Blick der 1980er- und 1990er-Jahre nicht zuletzt vor dem Hintergrund heftiger gesellschaftlicher Auseinandersetzungen um die niederländische Identität seit der Jahrtausendwende wieder vermehrt auf Gegenwehr gestoßen ist.

Für das allgemeine historische Bewusstsein des Landes spielen der Zweite Weltkrieg und die politisch-moralischen Lehren aus der Besatzungszeit weiter eine herausgehobene Rolle. Dies ist in den Medien ebenso wie in jüngsten politischen Projekten wie dem für die Schulen verbindlichen Kanon der Nationalgeschichte oder den Plänen zur Gründung eines nationalen Geschichtsmuseums spürbar.[66] Das Spannungsverhältnis zwischen wissenschaftlicher Erkenntnis und ihrer öffentlichen Wahrnehmung wird die Zeitgeschichtsforschung in den Niederlanden auch weiterhin prägen.

Empfohlene Literatur zum Thema

Johan C. H. Blom, In de ban van goed en fout. Geschiedschrijving over de bezettingstijd in Nederland, Boom, Amsterdam 2007, ISBN 9789085064633.

Paul Luykx, De Nederlandse contemporanistiek in de twintigste eeuw, in: Belgisch Tijdschrift voor nieuwste geschiedenis/Revue Belge d'histoire contemporaine. Bd. 25, 1994, ISSN 0035-0869, S. 237-53.

Madelon de Keizer (Hrsg.), „En dure verplichting en een kostelijk voorrecht“. Dr. L. de Jong en zijn geschiedwerk, SDU, ’s-Gravenhage 1995, ISBN 9789012081548.

Madelon de Keizer, Marije Plomp (Hrsg.), Een open zenuw. Hoe wij ons de Tweede Wereldoorlog herinneren, Bert Bakker, Amsterdam 2010, ISBN 9789035133686.

Frank van Vree, Rob van der Laarse (Hrsg.), De dynamiek van de herinnering. Nederland en de Tweede Wereldoorlog in een internationale context, Bert Bakker, Amsterdam 2009, ISBN 9789035132290.

Zitation
Christoph Strupp, Niederlande – Entwicklungen und Tendenzen der zeithistorischen Forschung, Version: 1.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 22.3.2011, URL: http://docupedia.de/zg/Niederlande_-_Entwicklungen_und_Tendenzen_der_zeithistorischen_Forschung (Überarbeitete und erweiterte Wiederveröffentlichung von: Christoph Strupp, „Nieuwste geschiedenis“, „Contemporaine geschiedenis“ oder „Historia hodierna“? Zeitgeschichte in der niederländischen Geschichtswissenschaft, in: Alexander Nützenadel/Wolfgang Schieder (Hrsg.), Zeitgeschichte als Problem. Nationale Traditionen und Perspektiven in Europa, Göttingen 2004, S. 201-224.)

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Anmerkungen

    1. Der vorliegende Beitrag stellt eine stark überarbeitete und erweiterte Fassung eines ursprünglich 2004 erschienenen Aufsatzes dar: Christoph Strupp, „Nieuwste geschiedenis“, „Contemporaine geschiedenis“ oder „Historia hodierna“? Zeitgeschichte in der niederländischen Geschichtswissenschaft, in: Alexander Nützenadel/Wolfgang Schieder (Hrsg.), Zeitgeschichte als Problem. Nationale Traditionen und Perspektiven in Europa, Göttingen 2004, S. 201-224.
    2. Vgl. Horst Lademacher, Die Niederlande. Politische Kultur zwischen Individualität und Anpassung, Berlin 1993; Klaas van Berkel/Leonie de Goei (Hrsg.), The International Relevance of Dutch History, in: Bijdragen en Mededelingen betreffende de Geschiedenis der Nederlanden (BMGN) 125 (2010), H. 2-3.
    3. Robert Fruin, De onpartijdigheid van den geschiedschrijver, in: ders., Verspreide Geschriften, Bd. IX, 's-Gravenhage 1904, S. 274-299, hier S. 295. Alle Übersetzungen aus dem Niederländischen stammen vom Verfasser.
    4. Robert Fruin an Petrus J. Blok, 1.12.1887, in: Homme J. Smit/Wiert J. Wieringa (Hrsg.), Correspondentie van Robert Fruin 1845-1899, Groningen 1957, S. 365. Vgl. zum Geschichtsverständnis Fruins Herman Paul /Henk te Velde (Hrsg.), Het vaderlandse verleden. Robert Fruin en de Nederlandse geschiedenis, Amsterdam 2010; Jo Tollebeek, De toga van Fruin. Denken over geschiedenis in Nederland sinds 1860, Amsterdam 1990, S. 15-67.
    5. Vgl. u.a. Petrus J. Bloks achten Band seiner Geschiedenis van het Nederlandsche Volk, Leiden 1908, sowie seine Skizze der letzten fünfzig Jahre des neunzehnten Jahrhunderts: De laatste halve eeuw uit een historisch oogpunt, in: Pierre H. Ritter Jr. (Hrsg.), Eene halve eeuw, 1848-1898. Historisch gedenkboek. Bd. 1, Amsterdam 1898, S. 1-16.
    6. Vgl. Gerhard W. Kernkamp, Van Wagenaar tot Fruin, zitiert nach dem Wiederabdruck in: J. A. L. Lancée (Hrsg.), Mythe & Werkelijkheid. Drie eeuwen vaderlandse geschiedbeoefening (1600-1900), Utrecht 1979, S. 121-145, hier S. 138, 139f. (Zitat). Vgl. dazu Leen Dorsman, G. W. Kernkamp. Historicus en Democraat 1864-1943, Groningen 1990, S. 119.
    7. Vgl. Overzicht van de door bronnenpublicatie aan te vullen leemten der Nederlandsche geschiedkennis, samengesteld door de Commissie van Advies voor 's Rijks geschiedkundige publicatieën, ND 's-Gravenhage 1950, S. 99f.
    8. Vgl. auch Hermann W. von der Dunk, The Netherlands. The Shock of 1940, in: Donald C. Watt (Hrsg.), Contemporary History in Europe, London 1969, S. 171-184, hier S. 171-173. Vgl. zur schwach ausgeprägten Institutionalisierung der niederländischen Geschichtswissenschaft: Christoph Strupp, Die Organisation historischer Lehre und Forschung in den Niederlanden bis 1940, in: Matthias Middell/Gabriele Lingelbach/Frank Hadler (Hrsg.), Historische Institute im internationalen Vergleich, Leipzig 2001, S. 199-220.
    9. Vgl. Petrus B. M. Blaas, De prikkelbaarheid van een kleine natie met een groot verleden: Fruins en Bloks nationale geschiedschrijving, in: Theoretische Geschiedenis 9 (1982), S. 271-303.
    10. Johan Huizinga, Geschiedenis der universiteit gedurende de derde eeuw van haar bestaan, in: ders., Verzamelde Werken, Bd. VIII, Haarlem 1951, S. 36-339, hier S. 36f., 37f. (Zitat).
    11. Vgl. den Überblick über alle historischen Lehrstühle an den niederländischen Universitäten in der ersten Jahrhunderthälfte bei Paul Luykx, De beoefening van de nieuwste geschiedenis in de 20e eeuw, in: ders./Nicolaas Bootsma (Hrsg.), De laatste tijd. Geschiedschrijving over Nederland in de 20e eeuw, Utrecht 1987, S. 9-64, hier S. 10-34.
    12. Vgl. u.a. die Beiträge in Hajo Brugmans (Hrsg.), Nederland in den oorlogstijd, Amsterdam 1920. Vgl. zum Folgenden auch Tollebeek, De toga van Fruin, S. 151-156; Luykx, Beoefening, S. 38-40.
    13. Vgl. Michael G. de Boer, Over de Practische en de Wetenschappelijke Waarde der Jongste Geschiedenis, Groningen 1915. Die Vorstellung einer besonderen Aufgabe der Niederländer in Europa kommt auch zum Ausdruck bei Nicolaas Japikse, Die Stellung Hollands im Weltkrieg, politisch und wirtschaftlich, Gotha 1921, S. IIIf., 382f.
    14. Vgl. Michael G. de Boer, De Wereld-oorlog en de Historie, in: Tijdschrift voor Geschiedenis (TvG) 34 (1919), S. 1-11.
    15. Vgl. Luykx, Beoefening, S. 42-48; Albertus van der Zeijden, Katholieke identiteit en historisch bewustzijn. W. J. F. Nuyens (1823-1894) en zijn „nationale“ geschiedschrijving, Hilversum 2002; Jan Ramakers/Hans Righart, Het katholicisme, in: Luykx/Bootsma (Hrsg.), De laatste tijd, S. 99-134, bes. S. 99-109.
    16. Vgl. G. Olthof, Contemporaine geschiedbeoefening in Nederland tijdens het Interbellum. Het „Nederlandsch Comité tot Onderzoek van de Oorzaken van den Wereldoorlog“ (1924-1937), in: Theoretische Geschiedenis 10 (1983), S. 356-382, sowie Johannes G. van Dillen, Een nieuwe instelling voor het bestudeeren van de oorzaken van den wereldoorlog, in: TvG 37 (1922), S. 409.
    17. Vgl. Johan Huizinga, De wetenschap der geschiedenis [1937], in: ders., Verzamelde Werken, Bd. VII, Haarlem 1950, S. 104-172, hier S. 163. Bereits 1931 hatte sich Huizinga gegen zeitgeschichtliche Vorlesungen ausgesprochen, denn über die jüngste Vergangenheit habe er nichts zu sagen, was die Studenten nicht in der Zeitung lesen könnten: vgl. Johan Huizinga an Cornelis van Vollenhoven, 30. Juli 1931, in: Johan Huizinga, Briefwisseling, Bd. II, hrsg. von Léon Hanssen/Wessel E. Krul/Anton van der Lem, Utrecht 1990, S. 343.
    18. So kritisch Jan Romein, De geschiedschrijving in Nederland tijdens het Interbellum [1953], in: Pieter A. M. Geurts/Antoon E. M. Janssen (Hrsg.), Geschiedschrijving in Nederland. Studies over de historiografie van de Nieuwe Tijd. Bd. II: Geschiedbeoefening, 's-Gravenhage 1981, S. 177-205, hier S. 177f.
    19. Vgl. Louis G. J. Verberne, Geschiedenis van Nederland, Bd. 8: Nieuwste Geschiedenis, Amsterdam 1938, S. 417. Die Darstellung endet mit der Hochzeit Kronprinzessin Julianas mit Prinz Bernhard, der Geburt der Thronfolgerin Beatrix und dem Amtsantritt des vierten Kabinetts Colijn im Juni 1937. Vgl. zu den Übersichtswerken der ersten Jahrhunderthälfte Paul Luykx, De Nederlandse contemporanistiek in de twintigste eeuw, in: Belgisch Tijdschrift voor nieuwste geschiedenis/Revue Belge d'histoire contemporaine 25 (1994-1995), S. 237-253, hier S. 239-241.
    20. Vgl. Johan Huizinga, Over vormverandering der geschiedenis, in: ders., Verzamelde Werken, Bd. VII, Haarlem 1950, S. 192-206.
    21. So stellt die Antrittsvorlesung von Jacques Presser, Beeldbaarheid en beeldvorming in de jongste Amerikaanse historie, Amsterdam 1947, den Versuch einer Widerlegung Huizingas dar. Vgl. zur deutschen Rezeption Huizingas Erwin Hölzle, Formverwandlung der Geschichte. Das Jahr 1917, in: Saeculum 6 (1955), S. 329-344; Werner Conze, Die Strukturgeschichte des technisch-industriellen Zeitalters als Aufgabe für Forschung und Unterricht, Köln 1957.
    22. Vgl. von der Dunk, The Netherlands. The Shock of 1940, S. 171-184. Vgl. dazu Luykx, Nederlandse contemporanistiek, S. 237f.
    23. Vgl. Harry Mulisch, De toekomst van gisteren. Protocol van een schrijverij, Amsterdam 1983 [EA 1972], S. 9.
    24. Vgl. Adolf E. Cohen, Problemen der geschiedschrijving van de Tweede Wereldoorlog, in: TvG 65 (1952), S. 52-85, hier S. 61f.
    25. Vgl. Jaap Cohen, Het bewaren van de oorlog. De roerige beginperiode van het Rijksinstituut voor Oorlogsdocumentatie 1945-1960, Amsterdam 2007; Max Pam, De onderzoekers van de oorlog. Het Rijksinstituut voor Oorlogsdocumentatie en het werk van Dr. L. de Jong, 's-Gravenhage 1989; Abraham H. Paape, Veertig jaar Rijksinstituut voor Oorlogsdocumentatie, in: David Barnouw/Madelon de Keizer/Gerrold van der Stroom (Hrsg.), 1940-1945: Onverwerkt verleden? Lezingen van het symposium georganiseerd door het Rijksinstituut voor Oorlogsdocumentatie, 7 en 8 mei 1985, Utrecht 1985, S. 9-22. Am 1. Januar 1999 wurde das Institut in „Nederlands Instituut voor Oorlogsdocumentatie“ (NIOD) umbenannt, da es nicht mehr der Regierung, sondern der Akademie der Wissenschaften zugeordnet ist. Seit der Eingliederung des Amsterdamer „Centrum voor Holocaust- en Genocidestudies“ 2010 lautet der vollständige Name „Nederlands Instituut voor Oorlogsdocumentatie. Instituut voor Oorlogs-, Holocaust- en Genocidestudies“ (NIOD). Vgl. zu laufenden und abgeschlossenen Forschungen online http://www.niod.nl/, sowie Oorlogsdocumentatie '40-'45 1 (1989) - 10 (1999) / Jaarboek van het Nederlands Instituut voor Oorlogsdocumentatie 11 (2000) - 19 (2008) / Studies of the Netherlands Institute for War Documentation (2008 ff.).
    26. Vgl. zum Lebensweg de Jongs seine Autobiographie: Herinneringen, Bd. I-II, 's-Gravenhage 1993/1995, sowie Conny Kristel, Geschiedschrijving als opdracht. Abel Herzberg, Jacques Presser en Loe de Jong over de jodenvervolging, Amsterdam 1998, S. 67-84. De Jong promovierte 1953 bei Jacques Presser mit dem Buch De Duitse Vijfde Colonne in de Tweede Wereldoorlog, Amsterdam 1953. Eine Gesamtdarstellung des Weltkriegs wurde zunächst einer Kommission von vier Fachhistorikern übertragen, die die vier „Säulen“ repräsentierten. Bis 1955 war ihre Arbeit kaum vorangeschritten und wurde schließlich de Jong als alleinigem Autor anvertraut. Vgl. Pam, Onderzoekers van de oorlog, S. 62f.
    27. Vgl. die Buchausgabe der Manuskripte: Louis de Jong, De Bezetting, Bd. 1-5, Amsterdam 1961-65, sowie Chris Vos, Televisie en bezetting. Een onderzoek naar de documentaire verbeelding van de Tweede Wereldoorlog in Nederland, Hilversum 1995 (dt. Kurzfassung: Das niederländische Fernsehen und die Aufarbeitung der Besatzungszeit 1940-1945, in: Zentrum für Niederlande-Studien, Jahrbuch 12 (2001), S. 31-44); Henri Beunders, Van ‚Dr. L. de Jong’ tot ‚Zeg maar Loe’. De macht van de moderne media, in: Madelon de Keizer (Hrsg.), „Een dure verplichting en een kostelijk voorrecht“. Dr. L. de Jong en zijn geschiedwerk, 's-Gravenhage 1995, S. 145-174.
    28. Vgl. Louis de Jong, Het Koninkrijk der Nederlanden in de Tweede Wereldoorlog, jeweils 's-Gravenhage, Bd. 1: Voorspel (1969), Bd. 2: Neutraal (1969), Bd. 3: Mei '40 (1970), Bd. 4: Mei '40-Maart '41 (2 Bd., 1972), Bd. 5: Maart '41-Juli '42 (2 Bd., 1974), Bd. 6: Juli '42-Mei '43 (2 Bd., 1975), Bd. 7: Mei '43-Juni '44 (2 Bd., 1976), Bd. 8: Gevangenen en gedeporteerden (2 Bd., 1978), Bd. 9: Londen (2 Bd., 1979), Bd. 10: Het laatste jaar (4 Bd., 1980-82), Bd. 11: Nederlands-Indie (5 Bd., 1984-86), Bd. 12: Epiloog (2 Bd., 1988), Bd. 13: Bijlagen/Register (1988), Bd. 14: Reacties, hrsg. von Jan Th. M. Bank u.a. (2 Bd., 1991). Jeweils zeitgleich erschien eine wissenschaftliche Ausgabe mit Quellennachweisen. Eine Taschenbuchausgabe erschien 's-Gravenhage 1995. Vgl. zu den genannten Daten: Madelon de Keizer, Inleiding, in: dies. (Hrsg.), „Een dure verplichting“, S. 7-20, hier S. 9, de Jong, Het Koninkrijk, Bd. 14, S. XV, XXII.
    29. Alle wesentlichen Rezensionen zu den Bänden sowie Auszüge aus internen Gutachten sind gesammelt in: de Jong, Het Koninkrijk, Bd. 14, einen ersten Einstieg in die Rezeption bieten die S. XVIII-XXIII der Einleitung ebd. Vgl. außerdem Johan C. H. Blom, L. de Jong: geschiedschrijver en volksopvoeder, in: de Keizer (Hrsg.), „Een dure verplichting“, S. 59-83, und weitere Beiträge dieses Bandes, die sich u.a. mit de Jongs Sicht der Judenverfolgung, der Haltung Königin Wilhelminas und der Dekolonisierung beschäftigen.
    30. Vgl. Jacques Presser, Ondergang. De Vervolging en Verdelging van het Nederlandse Jodendom 1940-1945, Bd. 1, 's-Gravenhage 1965, S. VIIIf., Bd. 2, S. 519. Vgl. Ies Vuijsje, Tegen beter weten in. Zelfbedrog en ontkenning in de Nederlandse geschiedschrijving over de Jodenvervolging, Amsterdam 2006, S. 16-33; Kristel, Geschiedschrijving als opdracht (zur Biografie Pressers, ebd., S. 47-67); Nanda van der Zee, Jacques Presser. Het gelijk van de twijfel. Een biografie, Amsterdam 1988.
    31. Vgl. Johan C. H. Blom, In de ban van goed en fout? Wetenschappelijke geschiedschrijving over de bezettingstijd in Nederland, Bergen NH 1983, zitiert nach dem Nachdruck in: ders., In de ban van goed en fout. Geschiedschrijving over de bezettingstijd in Nederland, Amsterdam 2007, S. 9-29, hier S. 11f.
    32. Neben dem Werk de Jongs erschien in einer Monographienreihe des RIOD von 1950 bis 1969 ein Dutzend grundlegender Untersuchungen zu Besatzung und Widerstand.
    33. Vgl. Jan Romein, Inleiding tot het twaalfde deel, in: Algemene Geschiedenis der Nederlanden, Bd. 12, Zeist 1958, S. IX-XXVII, hier S. X-XII; ganz ähnlich zwanzig Jahre später in der Neubearbeitung: Redactie, Inleiding, in: Algemene Geschiedenis der Nederlanden. Bd. 15: Nieuwste Tijd, Haarlem 1982, S. 10-12, hier S. 11.
    34. Zu den Ausnahmen zählt Cohen, Problemen der geschiedschrijving, S. 52-85. Weitere Beiträge jetzt in: Johan C. H. Blom (Hrsg.), A. E. Cohen als geschiedschrijver van zijn tijd, Amsterdam 2005, Kap. 2.
    35. Vgl. Blom, In de ban van goed en fout, S. 9-29. Blom schlug u.a. vor, die Mentalität und Erfahrungswelt der Bevölkerung genauer zu untersuchen, und verwies dabei auf den Erfolg des IfZ-Projekts über „Bayern in der NS-Zeit“. Vgl. seine eigene Bilanz dieser Forderungen von 2007: Een kwart eeuw later. Nog altijd in de ban van goed en fout?, in: ders., In de ban van goed en fout, S. 155-179. Vgl. auch ders., Leiden als Warnung. Konstanten und Variablen im niederländischen Umgang mit der Besatzungszeit, in: Norbert Fasse/Johannes Houwink ten Cate/Horst Lademacher (Hrsg.), Nationalsozialistische Herrschaft und Besatzungszeit. Historische Erfahrung und Verarbeitung aus niederländischer und deutscher Sicht, Münster 2000, S. 321-330. Vgl. weiter die Rotterdamer Antrittsvorlesung von Jan Bank, Oorlogsverleden in Nederland, Baarn 1983.
    36. Vgl. Johan C. H. Blom/Peter Romijn (Hrsg.), Srebrenica, een ‚veilig’ gebied. Reconstructie, achtergronden, gevolgen en analyses van de val van een Safe Area, Amsterdam 2002. Zu dem Hauptbericht gehören mehrere Teilbände mit über 6.000 Druckseiten, vgl. online mit weiteren Dokumenten unter http://www.srebrenica.nl/. Vgl. zur wissenschaftlichen Diskussion Johan C. H. Blom, Historical research where scholarship and politics meet: The case of Srebrenica, in: Harriet Jones/Kjell Östberg/Nico Randeraad (Hrsg.), Contemporary history on trial. Europe since 1989 and the role of the expert historian, Manchester 2007, S. 104-122; Frank Ankersmit u.a., Het drama Srebrenica. Geschiedtheoretische beschouwingen over het NIOD-rapport, Assen 2003 (zugleich Themenheft TvG 116 (2003), Nr. 2); J. W. L. Brouwer, Gedegen en evenwichtig? Het NIOD-rapport nader beschouwd, in: BMGN 118 (2003), S. 293-307; Pieter Lagrou, Het Srebrenica-rapport en de geschiedenis van het heden, ebd., S. 325-336; Bob G. J. de Graaff, Enclaves van leed en werkelijkheid. Wiens trauma is ‚Srebrenica‘ eigenlijk? in: BMGN 121 (2006), S. 42-54.
    37. Vgl. Martin Bossenbroek, De meelstreep, Amsterdam 2001; Hinke Piersma (Hrsg.), Mensengehuigenis, Amsterdam 2001; Conny Kristel (Hrsg.), Binnenskamers, Amsterdam 2002; dies. (Hrsg.), Polderschouw, Amsterdam 2002.
    38. Vgl. Van ondervinding tot reflectie. De blijvende betekenis van oorlogsgeschiedenis. Onderzoeksprogramma NIOD 2007-2012, online unter http://www.niod.knaw.nl/onderzoek/documents/NIOD_Onderzoeksprogramma20072012.pdf. Vgl. auch den Sammelband von Madelon de Keizer/Marije Plomp (Hrsg.), Een open zenuw. Hoe wij ons de Tweede Wereldoorlog herinneren, Amsterdam 2010, über den Wandel der Erinnerung an den Krieg in den letzten 20 Jahren.
    39. Derzeit bearbeitet das ING die Quellensammlung zur niederländischen Außenpolitik 1919-45 sowie diverse kleinere Projekte, u.a. zur Entwicklungspolitik seit 1949, zu den Niederländisch-Indonesischen Beziehungen 1945-1963 und zur europäischen Integration. Eine Übersicht mit detaillierten Beschreibungen und Publikationsnachweisen ist online zugänglich unter http://www.inghist.nl/Onderzoek/perioden/20e_eeuw.
    40. Zuletzt erschienen aus der Parlementaire geschiedenis van Nederland na 1945, Bd. 7: Het kabinet-De Quay 1959-1963: Regeren zonder rood, Amsterdam 2007; Bd. 8: Rondom de Nacht van Schmelzer: De kabinetten-Marijnen, -Cals en -Zijlstra 1963-1967, Amsterdam 2010. Seit 1999 erscheint das „Jaarboek Parlementaire Geschiedenis“ mit Beiträgen über die Parlamentsgeschichte seit 1848. Vgl. auch das an der Universität Leiden angesiedelte „Parlementair Documentatie Centrum“ unter http://www.parlementairdocumentatiecentrum.nl, das u.a. die niederländischen Parlamentsprotokolle von 1814-1995 online zur Verfügung stellt.
    41. Vgl. De laatste tijd. Nieuwsbrief van het Nederlands Centrum voor Contemporaine Geschiedenis Nr. 1ff. (2000ff.). Mittelfristig soll sich aus dem derzeit als politikgeschichtliches Netzwerk (online unter http://www.netwerkpolitiekegeschiedenis.nl/over-het-netwerk) fortbestehenden Zentrum ein Graduiertenkolleg entwickeln. Vgl. als Gesamtübersicht laufender zeitgeschichtlicher Forschungen in den Niederlanden http://www.onderzoekinformatie.nl/nl/oi/nod/clasgeest/d3/D34500/.
    42. Vgl. Coenraad D. J. Brandt, Van vriend tot tegenstander. De verhouding tussen Rusland en de Verenigde Staten in de jaren 1775-1904, Amsterdam 1948.
    43. Vgl. die Antrittsvorlesungen von Jacques Presser, Beeldbaarheid en beeldvorming in de jongste Amerikaanse historie [1947], in: ders., Uit het werk van dr. J. Presser, Amsterdam 1969, S. 101-116; ders., Historia hodierna [1950], in: ebd., S. 209-225; Frans Gosses, De beoefening der moderne politieke geschiedenis in de moderne tijd, Leiden 1951.
    44. Vgl. Luykx, Beoefening, S. 14, 17f., 19, 23, 27-34, 50f.; ders., Nederlandse contemporanistiek, S. 242f., 245f.; Pieter A. M. Geurts, Pleidooi voor onderwijs in eigentijdse geschiedenis, ’s-Hertogenbosch 1963.
    45. Vgl. dazu den Internetauftritt des Fachbereichs an der Universität Groningen, online unter http://www.rug.nl/let/onderwijs/afdelingen/geschiedenis/wiewatwaar/sectiesgeschiedenis/eigentijdsegeschiedenis/index.
    46. Vgl. zu den aktuellen Themen des Huizinga-Instituts das „Promotionsbuch 2011“ online unter http://www.huizingainstituut.nl/images/promotieboekje_2011.pdf.
    47. Vgl. Luykx, Nederlandse contemporanistiek, S. 246-248; Petrus B. M. Blaas, Nederlandse geschiedschrijving na 1945, in: Wijnandus W. Mijnhardt (Hrsg.), Kantelend geschiedbeeld. Nederlandse historiografie sinds 1945, Utrecht, Antwerpen 1983, S. 9-47.
    48. Vgl. die These von Luykx, Nederlandse contemporanistiek, S. 249-253, die niederländische Nachkriegsgeschichte habe Zeithistoriker/innen als Forschungsgegenstand auch deswegen lange weniger interessiert, weil sie im Vergleich zur deutschen oder britischen Zeitgeschichte ruhiger und spannungsloser verlaufen sei.
    49. Vgl. u.a. Paul Luykx/Pim Slot (Hrsg.), Een stille revolutie? Cultuur en mentaliteit in de lange jaren vijftig, Hilversum 1997 und einschlägige Themenhefte der Zeitschrift Groniek, H. 106 (1989), des Jaarboek Mediageschiedenis 7 (1995) und der Zeitschrift De Nieuwste Tijd H. 5 (1995). Vgl. auch den letzten Band des „Ijkpunten“-Projekts, des umfangreichsten geschichtswissenschaftlichen Forschungsunternehmens der 1990er-Jahre, das die „niederländische Kultur im europäischen Kontext“ vom siebzehnten bis ins zwanzigste Jahrhundert untersuchte: Kees Schuyt/Ed Taverne, 1950. Welvaart in zwart-wit, Den Haag 2000 (engl.: 1950. Prosperity and Welfare, Basingstoke 2004).
    50. Vgl. Righart, De eindeloze jaren zestig; James Kennedy, Nieuw Babylon in aanbouw. Nederland in de jaren zestig, Amsterdam 1995; Doeko Bosscher, Nederland in de jaren zestig: een doolhofachtig cultuurlandschap, in: Groniek H. 137 (1997), S. 457-472; ders., De dood van een metselaar en het begin van de jaren zestig in Nederland, Groningen 1992. Vgl. aus der jüngeren Forschung Niek Pas, De problematische internationalisering van de Nederlandse jaren zestig, in: BMGN 124 (2009), S. 618-632; ders., Imaazje! De verbeelding van provo (1965-1967), Amsterdam 2003; Fransiscus Zuijdam, Tussen wens en werkelijkheid. Het debat over vrede en veiligheid binnen de PvdA in de periode 1958-1977, Amsterdam 2002.
    51. Vgl. Remco van Diepen, Hollanditis. Nederland en het kernwapendebat 1977-1987, Amsterdam 2004; Niek Megens/Hilde Reiding, Bewegen binnen smalle marges. Pax Christi Nederland 1965-1990, Utrecht 1999; James Kennedy, Een weloverwogen dood. Euthanasie in Nederland, Amsterdam 2002; Beatrice de Graaf, Theater van de angst. De strijd tegen terrorisme in Nederland, Duitsland, Italië en Amerika, Amsterdam 2010; Jacco Pekelder, Sympathie voor de RAF. De Rote Armee Fraktion in Nederland 1970-1980, Amsterdam 2007; ders., Dynamiken des Terrorismus in Deutschland und den Niederlanden, in: Geschichte und Gesellschaft 35 (2009), S. 402-428; Duco Hellema/Cees Wiebes/Gerardus Witte, Doelwit Rotterdam. Nederland en de oliecrisis, Den Haag 1998 (engl.: The Netherlands and the oil crisis. Business as usual, Amsterdam 2004).
    52. Vgl. Henk Smeets/Fridus Steijlen, In Nederland gebleven. De geschiedenis van Molukkers 1951-2006, Amsterdam/Utrecht 2006; Judith Roosblad, Vakbonden en immigranten in Nederland 1960-1997, Amsterdam 2002. Vgl. auch Rosemarie Buikema u.a., Cultuur en migratie in Nederland, Bd. 5: Veranderingen van het alledaagse 1950-2000, Den Haag 2005.
    53. Vgl. Gerrit Voerman, De stand van de geschiedschrijving van de Nederlandse politieke partijen, in: BMGN 120 (2005), S. 226-269. Vgl. auch Henk te Velde, Stijlen van leiderschap. Persoon en politiek van Thorbecke tot Den Uyl, Amsterdam 2002. Selbst über den 2002 ermordeten Rechtspopulisten Pim Fortuyn liegt neben viel Publizistik bereits eine Dissertation vor: Hans Wansink, De erfenis van Fortuyn. De Nederlandse democratie na de opstand van de kiezers, Amsterdam 2004.
    54. Vgl. Friso Wielenga, Van vijand tot bondgenoot. Nederland en Duitsland na 1945, Amsterdam 1999 (dt.: Vom Feind zum Partner. Die Niederlande und Deutschland seit 1945, Münster 2000) und die Dissertationen seiner Schüler Jacco Pekelder, Nederland en de DDR, Amsterdam 1998 (dt.: Die Niederlande und die DDR, Münster 2002); Beatrice de Graaf, Over de muur. De DDR, de Nederlandse kerken en de vredesbeweging, Amsterdam 2004 (dt.: Über die Mauer. Die DDR, die niederländischen Kirchen und die Friedensbewegung, Münster 2007).
    55. Vgl. Chris van der Heijden, Grijs verleden. Nederland en de Tweede Wereldoorlog, Amsterdam, Antwerpen 2001.
    56. Vgl. dazu ausführlich Krijn Thijs, Kontroversen in Grau. Revision und Moralisierung der niederländischen Besatzungsgeschichte, in: Matthias N. Lorenz/Nicole Colin/Joachim Umlauf (Hrsg.), Täter und Tabu. Grenzen der Toleranz in deutschen und niederländischen Geschichtsdebatten, Essen 2011 (i.E.); Martijn Eickhoff/Barbara Henkes/Frank van Vree, De verleiding van een grijze geschiedschrijving. Morele waarden in historische voorstellingen, in: TvG 123 (2010), S. 322-339. Vgl. zu der Ende 2009 mit finanzieller Unterstützung der Regierung produzierten TV-Serie „De oorlog“ (Buchfassung: Ad van Liempt, De Oorlog, Amsterdam 2009; online unter http://deoorlog.nps.nl/, die sich ebenfalls von de Jongs Klassiker aus den frühen 1960er-Jahren absetzte und den Thesen van der Heijdens folgte: Barbara Henkes, De Bezetting revisited. Hoe van De Oorlog en ‚normale‘ geschiedenis werd gemaakt die eindigt in vrede, in: BMGN 125 (2010), S. 73-99.
    57. Vgl. für das Thema der Judenverfolgung den Überblick bei Ido de Haan, Breuklijnen in de geschiedschrijving van de Jodenvervolging. Een overzicht van het recente Nederlandse debat, in: BMGN 123 (2008), S. 31-70, der hier eine Tendenz zur Versachlichung und empirischen Spezialforschung konstatiert.
    58. Vgl. Peter Romijn, Burgemeesters in oorlogstijd. Besturen onder Duitse bezetting, Amsterdam 2006; Meindert Fennema/John Rhijnsburger, Dr. Hans Max Hirschfeld. Man van het grote geld, Amsterdam 2007; Arie van der Zwan, H. M. Hirschfeld. In de ban van de macht. Biografie, Amsterdam 2004 und das Forum dazu in BMGN 123 (2008), S. 414-452. Vgl. auch Joggli Meihuizen, Noodzakelijk kwaad. De bestraffing van economische collaboratie in Nederland na de Tweede Wereldoorlog, Amsterdam 2003.
    59. Vgl. Hein A. M. Klemann, Nederland 1938-1948. Economie en samenleving in jaren van oorlog en bezetting, Amsterdam 2002; Klaas van Berkel, Academische illusies. De Groningse universiteit in een tijd van crisis, bezetting en herstel 1930-1950, Amsterdam 2005.
    60. Vgl. Ido de Haan/Peter Romijn, Nieuwe geschiedschrijving van de collaboratie. Introductie bij het thema, in: BMGN 124 (2009), S. 323-327. Vgl. auch Ismee Tames, Besmette jeugd. Kinderen van NSBers na de oorlog, Amsterdam 2009; Monika Diederichs, „Wie geschoren wordt moet stil zitten.“ De omgang van Nederlandse meisjes met Duitse militairen, Amsterdam 2006, Bas Kromhout, Fout geboren. Het verhaal van kinderen van foute ouders, Amsterdam 2004, und das NWO-Forschungsprogramm „Erfenissen van collaboratie“ online unter http://www.erfenissenvancollaboratie.nl.
    61. Vgl. Nanda van der Zee, Om erger te voorkomen. De voorbereiding (voorgeschiedenis) en uitvoering van de vernietiging van het Nederlandse jodendom tijdens de Tweede Wereldoorlog, Amsterdam 1997 (dt.: „Um Schlimmeres zu verhüten ...“. Die Ermordung der niederländischen Juden: Kollaboration und Widerstand, München 1999); Cees Fasseur, Wilhelmina. Krijgshaftig in een vormeloze jas, Amsterdam 2001, S. 9-24; Marnix Croes/Peter Tammes, ‚Gif laten wij niet voortbestaan‘. Een onderzoek naar de overlevingskansen van joden in de Nederlandse gemeenten 1940-1945, Amsterdam 2004.
    62. Vgl. Gerard Trienekens, Voedsel en honger in oorlogstijd 1940-1945. Misleiding, mythe en werkelijkheid, Utrecht, Amsterdam 1995; ders., Tussen ons volk en de honger. De voedselvoorziening 1940-1945, Utrecht 1985. Trienekens argumentierte entgegen der Darstellung de Jongs und vor allem der Erinnerung vieler Zeitzeugen, dass sich die Nahrungsmittelversorgung in den Niederlanden erst im „Hungerwinter“ 1944/45 deutlich verschlechterte.
    63. Vgl. oben, Anm. 36, und Michal Citroen, U wordt door niemand verwacht. Nederlandse joden na kampen en onderduik, Utrecht 1999; Corrie Berghuis, Geheel ontdaan van onbaatzuchtigheid. Het Nederlandse toelatingsbeleid voor vluchtelingen en displaced persons van 1945 tot 1956, Amsterdam 1999; Ido de Haan, Na de ondergang. De herinnering aan de Jodenvervolging in Nederland 1945-1995, Den Haag 1997. Vgl. zur Frage der jüdischen Vermögen und der Wiedergutmachung Gerard Aalders, Roof. De ontvreemding van joods bezit tijdens de Tweede Wereldoorlog, Den Haag 1999 (dt.: Geraubt! Die Enteignung jüdischen Besitzes im Zweiten Weltkrieg, Köln 2000); ders., Berooid. De beroofde joden en het Nederlandse restitutiebeleid sinds 1945, Amsterdam 2001; ders., Eksters. De nazi-roof van 146 duizend kilo goud bij De Nederlandsche Bank, Amsterdam 2002.
    64. Vgl. Frank van Vree/Rob van der Laarse (Hrsg.), De dynamiek van de herinnering. Nederland en de Tweede Wereldoorlog in een internationale context, Amsterdam 2009; Frank van Vree, In de schaduw van Auschwitz. Herinneringen, beelden, geschiedenis, Groningen 1995; Madelon de Keizer, Putten. De razzia en de herinnering, Amsterdam 1998 (dt.: Razzia in Putten. Verbrechen der Wehrmacht in einem niederländischen Dorf, Köln 2001). Vgl. weiter Blom, In de ban van goed en fout; Julika Vermeulen, De vierde en de vijfde mei. Herinnering aan en herdenking van de Tweede Wereldoorlog, in: Oorlogsdocumentatie ’40-’45, Bd. 6 (1995), S. 87-122. Kurzer Überblick in Deutsch bei Friso Wielenga, Erinnerungskulturen im Vergleich. Deutsche und niederländische Rückblicke auf die NS-Zeit und den Zweiten Weltkrieg, in: Jahrbuch des Zentrums für Niederlande-Studien 12 (2001), S. 11-28.
    65. Vgl. Esther Captain, Achter het kawat was Nederland. Indische oorlogservaringen en -herinneringen 1942-1995, Kampen 2002, und diverse Beiträge in de Keizer/Plomp (Hrsg.), Een open zenuw.
    66. Vgl. Thijs, Kontroversen; Valentijn Byvanck u.a., Schetsen voor een Nationaal Historisch Museum, Meppel 2010. Vgl. für die lokale Ebene auch Christoph Strupp, Stadt ohne Herz. Rotterdam und die Erinnerung an den deutschen Luftangriff vom 14. Mai 1940, in: Jörg Arnold/Dietmar Süß/Malte Thießen (Hrsg.), Luftkrieg. Erinnerungen in Deutschland und Europa, Göttingen 2009, S. 27-49, hier S. 44-47.