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Dr. Rainer Hudemann

Frankreich – Histoire du Temps présent zwischen nationalen Problemstellungen und internationaler Öffnung

Version: 1.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 19.09.2011
https://docupedia.de//zg/Frankreich_-_Histoire_du_Temps_present

DOI: https://dx.doi.org/10.14765/zzf.dok.2.283.v1

Artikelbild: Frankreich - Histoire du Temps présent zwischen nationalen Problemstellungen und internationaler Öffnung

Uhrensammlung am Erinnerungsort Oradour in Frankreich, 1994. Foto: Arno Gisinger Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)

Die französische Zeitgeschichtsforschung steht im Kontext von nationalem Selbstverständnis und spezifischen institutionellen Rahmenbedingungen, welche Einfluss auf ihre Schwerpunktsetzung und methodische Entwicklung haben. Rainer Hudemann greift in seinem Artikel, als außenstehender Beobachter, bestimmte, für die Entwicklung der Histoire du temps présent wichtige Problemfelder heraus und stellt ihre Innovationskraft sowie mannigfaltige thematische Produktion dar.
Frankreich - Histoire du Temps présent zwischen nationalen Problemstellungen und internationaler Öffnung

von Rainer Hudemann

In allen europäischen Ländern steht die Entwicklung der Zeitgeschichtsforschung in engem Zusammenhang mit nationalen Traditionen und Traumata. In Frankreich hat sich zwischen Forschung und nationalem Selbstverständnis eine besonders enge Interdependenz herausgebildet. Ebenso wirken die spezifisch französischen institutionellen Rahmenbedingungen auf die inhaltliche und methodische Entwicklung der Wissenschaft ein. Daher werden manche Schwerpunkte der Forschung auch erst durch einen Blick auf den Kontext, in dem sie sich entwickeln, verständlich. Wenn die Skizzierung von Arbeitsschwerpunkten im folgenden mit der Frage nach ihrer kontextuellen Vernetzung verbunden wird, so handelt es sich weniger um ein Résumé der innerfranzösischen Diskussionen über die Histoire du temps présent[1] als um den Blick eines ausländischen Beobachters, der manches vielleicht anders akzentuiert als viele französische Historiker.[2] Diese Skizze kann keinen systematischen Überblick über die gesamte französische Zeitgeschichtsforschung bieten. Vielmehr sollen bestimmte, für die Entstehung der Zeitgeschichte besonders wichtige Problemfelder herausgegriffen werden.[3]

Temps présent, Histoire contemporaine und nationales Selbstverständnis

Histoire du Temps présent, die in diesem Beitrag im Mittelpunkt steht, hat sich seit den 1970er Jahren als Begriff herausgebildet. Er bezog sich anfangs auf die Zeit etwa seit den großen Krisen der 1930er Jahre und umfaßt inzwischen die Epoche seit Kriegsbeginn 1939, schwerpunktmäßig seit 1944/45. Theoretisch wurde er eingegrenzt als „un champ marqué d'abord et avant tout par la présence de 'témoins' vivants” und „la frontière ... entre le moment présent – l'actualité' – et l'instant passé". Daraus ergibt sich, wiederum wie in anderen Ländern, eine chronologisch gleitende Verschiebung des Gegenstandes.[4] Doch existierte mit „Histoire contemporaine” bereits ein älterer Begriff für – im wörtlichen Sinne – „Zeit”-Geschichte. Dieser Begriff wurde aber nicht aufgegeben. Selbst führende Protagonisten der französischen Zeitgeschichtsforschung wie René Girault, der noch 1980 eher „Contemporain éloigné” für das 19. von „Contemporain proche” für das 20. Jahrhundert unterschied,[5] näherten sich dem neuen Begriff nur zögernd.

Teilweise liegt das an der Persistenz eingebürgerter Begriffe, wie in Deutschland zwei Jahrzehnte früher „Zeitgeschichte” neben die – allerdings anders als in Frankreich auch die Frühe Neuzeit umfassende – „Neuere Geschichte” zu treten begann. Die Vorherrschaft der Erforschung des 19. Jahrhunderts verstärkte wie in anderen Ländern die Vorbehalte gegenüber der Beschäftigung mit der „Aktualität” die lange unter „Journalismus-Verdacht” stand. Doch in Frankreich sind mit der Begriffsbildung weitergreifende Konnotationen verbunden. In ihnen liegt, so meine These, bereits ein zentrales Indiz für die enge Verbindung von öffentlicher Terminologie und nationalem Selbstverständnis. Histoire contemporaine hatte in der französischen Universitätstradition lange die Zeit seit der Französischen Revolution zum Gegenstand, abgegrenzt von Histoire moderne der Frühen Neuzeit. In den letzten Jahrzehnten hat sich, nach langen Debatten,[6] das Verständnis in der Praxis verschoben zur Zeit seit Napoleons Sturz 1814/15. Aber eine praktische Abwendung von diesem Inhalt, wie man ihn in Großbritannien beobachtet,[7] erfolgte in Frankreich nicht: man prägte statt dessen parallel dazu den neuen Begriff. Dieser fand auch nicht in die Praxis der Lehrstuhlbezeichnungen Eingang, hier ist immer noch die Histoire contemporaine im alten Sinne die Regel. Immerhin prägt er inzwischen die Forschung.

Dass der Begriff der Histoire contemporaine nicht aufgegeben wurde, führt in Frankreich zum Kern des republikanischen Selbstverständnisses: „Pour la culture politique républicaine, tout commence en 1789”, brachte Serge Berstein die Dinge 1999 prägnant auf den Punkt.[8] Napoleon gehörte aufgrund der langfristigen strukturellen Prägung Frankreichs durch seine Reformpolitik untrennbar dazu. Je problematischer einzelne Epochen der französischen Geschichte im republikanischen Selbstverständnis wurden, je mehr im 19. Jahrhundert das Second Empire und seit 1944 Vichy das nationale Bewusstsein belasteten und daraus verdrängt werden „mussten”, je mehr die Kolonialpolitik ins Visier der Kritik geriet, je stärker die Politik gegenüber Minderheiten im eigenen Land hinterfragt wurde, desto wichtiger wurde für das aktuelle französische Selbstverständnis die politische und gesellschaftliche Funktion der Normen und des institutionellen Erbes, die man mit der Französischen Revolution verband. Damit konnte auch eine Fortdauer zivilisatorischer Missionsvorstellungen einhergehen. Das alles ließ sich nicht einfach unter wissenschaftssystematischen Gesichtspunkten aufgeben, es war viel zu eng mit der nationalen Identität verflochten – und die wurde seit der Durchsetzung der III. Republik nach 1871/75 im öffentlichen und offiziellen Diskurs zunehmend mit der „republikanischen Synthese” identifiziert. Auch wenn sich in Großbritannien die langanhaltende Dauer des Bezugs der Contemporary History auf die Parlamentsreform von 1832 aus dem parlamentarischen Whig-Selbstverständnis und damit auf den ersten Blick gleichfalls politisch erklärt, wurde eine solche Prägung aufgrund der viel vehementeren innenpolitischen Konflikte des 20. Jahrhunderts in Frankreich weitaus tiefgehender. Auch Begriff, Definition und Herausbildung der Histoire du Temps présent spiegelt über forschungspraktische Aspekte hinaus die fundamentale Bedeutung des Zweiten Weltkrieges für das französische Selbstverständnis wider. Das folgte, aus evidenten Gründen, zwar ganz anderen Mustern als in Deutschland. Gerade die Tatsache, dass das weite Feld der Kollaboration trotz früher Ansätze wissenschaftlicher Aufarbeitung sowohl öffentlich als auch in weiten Teilen des Faches jahrzehntelang tabuisierenden Begrenzungen unterlag, zeigt die Schwierigkeit dieser Erinnerungsarbeit und ihre eminente politische Dimension auch für Frankreich. Außenpolitisch bedeutete der Krieg den Verlust der Weltmachtstellung, welcher der französischen Öffentlichkeit jedoch lange kaum zu vermitteln war. Innenpolitisch hatten Résistance und Kollaboration während der Besatzungszeit ein überaus kompliziertes, in ständiger Wandlung befindliches Geflecht mit oft unscharfen und sich ständig fortentwickelnden Trennlinien gebildet; gerade deshalb musste und konnte das nach 1944, auch im kommunistischen und gaullistischen Verständnis, so breit als Widerstand fast des ganzen Volkes gegen den Besatzer stilisiert werden.

Die Geschichte seit 1939/44 war daher eng mit der politischen Lage nach Kriegsende verbunden. Das trug dazu bei, dass ihre Erforschung lange Zeit nur teilweise eine Sache der universitären Fachwissenschaft war. Zu den weit verbreiteten frühen Werken gehörte etwa die Vichy-Geschichte des ausgebildeten Altphilologen Robert Aron (Jahrgang 1898), einem auch publizistisch engagierten Zeitzeugen und Akteur.[9] In der jungen Generation kam Alfred Grosser (Jahrgang 1925) als „civilisationniste” aus der Germanistik und löste bald, ähnlich wie der in der französischen Militärregierung in Deutschland tätige Historiker und Germanist Joseph Rovan (Jahrgang 1918), die Analyse des Nachkriegsdeutschland demonstrativ von in der Literatur- wie der Geschichtswissenschaft seit Jahrzehnten überkommenen und festgefahrenen Schablonen – mit rasch wachsendem öffentlichem Echo und unter den skeptischen Augen vieler etablierter älterer Fachwissenschaftler.[10] Ähnlich stammten etwas später manche maßgebenden Arbeiten zu dem zweiten großen Trauma der Nachkriegszeit, dem Algerienkrieg, von Akteuren des Krieges. Thesenhaft zusammengefasst, ist der Begriff der Histoire du Temps présent keineswegs nur eine Folge dessen, dass die Bezeichnung des 19. und 20. Jahrhunderts als „contemporain”, wie in anderen Ländern, immer offensichtlicher anachronistisch wurde und in der Forschungsorganisation zunehmend Probleme aufwarf: „Temps présent” symbolisiert als Neuprägung eben durch diese begriffliche und wissenschaftsorganisatorische parallele Weiterexistenz der Histoire contemporaine indirekt auch den Anspruch auf die politische Aktualität der Werte der Französischen Revolution. Dabei haben vor allem Frankreichs Traumata im Zweiten Weltkrieg dazu beigetragen, die Entwicklung einer professionell betriebenen Zeitgeschichtsforschung zunächst auf kleine Gruppen, wenn nicht Persönlichkeiten einzugrenzen und ihre breitere Entfaltung mittelfristig zu verzögern. Auch die langjährige nationalgeschichtliche Verengung großer Teile der französischen Zeitgeschichtsforschung ist durch das Gewicht der Auseinandersetzung mit den eigenen nationalen Problemen verstärkt worden.

Der institutionelle Rahmen

Die enge Verbindung von Politik, Gesellschaft und Zeitgeschichtsforschung wurde bereits in deren erstem institutionellen Kern festgeschrieben: der von de Gaulle 1944 ins Leben gerufenen Commission d'Histoire de l'Occupation et de la Libération de la France CHOLF, aus der 1951 das interdisziplinäre Comité d'Histoire de la Deuxième Guerre Mondiale CHDGM unter dem Vorsitz von Lucien Febvre und anschließend Maurice Baumont hervorging und welche die gleichnamige Revue publizierte. Nicht zuletzt die Werke seines Generalsekretärs und langjährigen Vorsitzenden Henri Michel beeinflussten das öffentliche Bild von der Résistance.[11] Zu den prägenden Persönlichkeiten im Comité gehörten bedeutende Wissenschaftler wie die Historiker Fernand Braudel und Pierre Renouvin, der Soziologe Raymond Aron, der Ökonom Jean Fourastié oder der Staatsrechtler Paul Bastid und zahlreiche Spitzen-Repräsentanten des politischen Lebens. Schon früh wurden internationale Kontakte gepflegt, nach Deutschland allerdings erst später. Das CHDGM unterstand direkt dem Premierminister – mit dem Argument, man wirke auf diese Weise den Partikularismen von Fachministerien entgegen und eröffne den Zugang zu den Archiven am besten. Staatsferne der Forschung war hier also bereits institutionell ausgeschlossen und der Archivzugang auf engere Forscherkreise beschränkt. Oder umgekehrt formuliert: die Verschränkung von Zeitgeschichtsforschung und politisch-gesellschaftlichem Selbstverständnis Frankreichs fand in dem Comité institutionellen Ausdruck.

Ende der 1970er Jahre zerfiel das Comité. Seine Aufgaben gingen hinsichtlich der Militärgeschichtsschreibung seit 1987 auf die Zeitschrift „Guerres mondiales et conflits contemporains” über. Im politisch-gesellschaftlichen Bereich übernahm das Institut d'Histoire du Temps présent IHTP seine Aufgabe, 1978-1990 von François Bédarida geleitet, 1990-1994 von Robert Frank und seitdem von Henry Rousso. Es ist keine Regierungsinstitution mehr, sondern ein Institut des Centre National de la Recherche Scientifique CNRS. Seine „Cahiers” wurden zu einem der anregendsten Diskussionsforen des Faches. Wie bereits im CHDGM erlaubt ein institutionalisiertes Netz von ehrenamtlichen Korrespondenten in den französischen Departements – meist Universitätshistorikern oder Lehrern – die systematische Durchführung von großen Forschungsprojekten bis zur sozialgeschichtlichen Lokalebene hinunter. Die Konkurrenz zu den Hochschulen wurde nach und nach durch ein Assoziierungssystem entschärft. Zunächst weiter vorwiegend auf die Geschichte des II. Weltkrieges konzentriert, öffnete das IHTP seit Ende der 1980er Jahre seine Aktivitäten auch für jüngere Epochen und – begrenzt – für international vergleichende Arbeiten. Über einen verstärkten Dialog mit den Sozialwissenschaften kam man seit den 1980er Jahren allmählich auch zu einer breiten Öffnung für kulturgeschichtliche Fragestellungen. Erinnerungspolitik, Frauenforschung und Stadtgeschichte wurden Forschungsschwerpunkte.[12] Für die Forschungsstrukturen ist die Geschichte des CMDHM charakteristisch: Auch wenn in diesem Fall die direkte Unterordnung unter die Regierung einer lockereren Verfassung im (staatlichen) Forschungsrahmen des CNRS Platz machte, bleibt in Frankreich grundsätzlich die Bindung von Forschung und Lehre an den Staat enger als in vielen anderen Ländern. Die Autonomie von Universitäten und Forschungsinstituten ist weniger stark ausgeprägt und wird, vor allem im Bereich internationaler Kooperationen, von der Wissenschaft auch nicht immer mit besonderem Nachdruck eingefordert. Eine eigene Rolle kommt in der französischen Zeitgeschichtsforschung der Politikwissenschaft zu. In den deutschen Westzonen und der Bundesrepublik haben Fachhistoriker wie Hans Rothfels, Hermann Mau oder Gerhard Ritter früh eine treibende Rolle für die Herausbildung der Zeitgeschichte gespielt. Parallel zu ihnen wurden dafür rasch und breit auch die in der Weimarer Republik gelegten Wurzeln der Politikwissenschaft ausgebaut. Das lag auch daran, dass die meisten Politikwissenschaftler der ersten Generationen aus den Geschichts- oder den Staatswissenschaften kamen. Nicht zuletzt die Emigration während des III. Reiches bedingt hierbei einen besonders nachhaltigen anglo-amerikanischen Einfluss und lenkte den Blick verstärkt auf die Demokratiewissenschaft.

In Frankreich war das etwas anders und blieb es in mancherlei Hinsicht bis heute. Historiker wie René Rémond und Jean-Baptiste Duroselle, Juristen wie François Goguel oder ursprünglich germanistische „civilisationnistes” wie Alfred Grosser[13] spielten hier zwar auch eine prägende Rolle. Die junge Disziplin der Politikwissenschaft konnte aber an die spezifische Tradition der Ecole libre des Sciences politiques anknüpfen, die ihrerseits 1871 aus der innerfranzösischen Diskussion über die Kriegsniederlage hervorgegangen und von ihr geprägt worden war.[14] In der Elitenausbildung hatte sie seit der Jahrhundertwende als breitgefächerte Zusatzausbildungsstätte eine zentrale politische und gesellschaftliche Funktion. 1945 wurde sie – mit einem demokratisierenden, insofern allerdings nur begrenzt eingelösten Anspruch – ergänzt durch die praxisorientierte Ecole Nationale d' Administration ENA, deren Absolventen amtlich die Spitzenstellungen im Staat vorbehalten wurden. Die Ecole libre des Sciences Politiques wurde offiziell in die Fondation Nationale des Sciences politiques als Forschungsinstitut und das Institut d'Etudes politiques de Paris als Hochschule untergliedert. Die ganze Disziplin der Politikwissenschaft erhielt in den ehrwürdigen Gebäuden in der Rue des Saints-Pères und der Rue Saint-Guillaume in Paris einen beherrschenden Kern. Das galt sowohl gegenüber den an Rechtswissenschaftlichen Fakultäten existierenden politikwissenschaftlichen Lehrstühlen als auch gegenüber den „Instituts d'Etudes politiques” IEP, die als Universitätsinstitute mit im einzelnen unterschiedlichem Autonomiegrad gegründet wurden (seit 1945 in Straßburg, 1948 in Bordeaux, Grenoble, Lyon und Toulouse, 1956 in Aix-en-Provence und 1991 in Lille und Rennes). Zur Unterscheidung von ihnen benannte die Pariser Hochschule sich 1997 in Sciences Po Paris um und greift seit 1999 mit Dependancen in Nancy (Schwerpunkt Deutschland), Dijon (Schwerpunkt Osteuropa) und Poitiers (Schwerpunkt Lateinamerika) seinerseits breiter aus, was die Konkurrenz erneut verschärft. Alle diese Institute verbinden in einem interdisziplinären Konzept Politikwissenschaft, Neuere Geschichte, Betriebswirtschaftslehre, Soziologie, Staatswissenschaft und internationales Recht. Die stark verbreitete Ablehnung zeitgeschichtlicher Arbeit in der etablierten Geschichtswissenschaft, insbesondere auch an der Sorbonne, trug dazu bei, dass Sciences Po Paris hier nach dem Krieg eine so starke Stellung erhielt und die meisten Universitäten den Vorsprung erst spät und allmählich aufzuholen vermochten. Charakteristisch ist, dass auch ein Vorkämpfer der Zeitgeschichtsforschung wie der Historiker René Rémond schon früh zugleich als Ordinarius an der Universität Paris X-Nanterre und an Sciences Po wirkte, seit 1981 zudem in der Nachfolge von Goguel als Präsident der Fondation Nationale des Sciences Politiques. Das Centre d'histoire de l'Europe du XXe siècle CHEVS an Sciences Po, seit 2001 von Jean-François Sirinelli geleitet, hat sich nicht nur zu einem wichtigen Zentrum der Forschung entwickelt, sondern verwahrt in seinem Archiv unter anderem bedeutende Nachlässe. Die französische Archivpraxis der Aktenfreigabe für die Forschung blieb bis zur Novellierung des Archivgesetzes 1979 überaus restriktiv, entwickelte sich dann aber rasch vielfach liberaler als in manchen anderen europäischen Ländern. Grundlegend für das Verständnis der französischen Zeitgeschichtsforschung sind weiterhin die Strukturen der Universitäts- und Forschungslandschaft: die im Ancien Regime begründete und während der Französischen Revolution – z. B. durch die Schaffung der Ecole Polytechnique 1794 – verstärkte Trennung von Universitäten, Forschungsinstituten und Eliteschulen. Auch Napoleon hatte ihr mit seinem Konzept der Université impériale nicht erfolgreich gegenzusteuern vermocht. Sie führt bis heute zu einer Fülle von Konflikten um Forschungsfelder, Publikationsmöglichkeiten, kochqualifizierte Studierende und Finanzierungschancen. Für die Universitäten bedeutet dies im internationalen Vergleich ungünstige Arbeitsbedingungen für Lehrende wie Studierende, von der Personal- und Raumausstattung bis zu den Bibliotheken. Doktorandenstipendien sind selten, Nachwuchs-Forschung erfolgt sehr oft neben einem Beruf. Die Mehrheit der Grandes Ecoles, ebenso dauerhaft kritisiert wie tief und fest in den gesellschaftlichen und politischen Strukturen des Landes verankert, stellt im Selbstverständnis zwar hohe Ansprüche im Hinblick auf den aktuellen Arbeitsmarkt, dagegen kaum oder nicht in wissenschaftlicher Hinsicht. Für die Forschung ist dies insofern fatal, als ein großer Teil des hochqualifizierten Nachwuchses auf diese Weise mit wirklicher Forschung nie auch nur in Kontakt kommt. Dementsprechend geringschätzig blicken französische Führungskräfte in Politik und Wirtschaft gerne auf die Forschung, soweit sie nicht unmittelbar anwendungsorientiert ist, und besonders auf die Universitäten herab.

Etwas geringer ausgeprägt ist die Spaltung in dem für Geisteswissenschaften reservierten, aber relativ kleinen und interdisziplinär angelegtem Bereich der Ecoles Normales Supérieures ENS in Paris und seit einiger Zeit Lyon. Forschung erfolgt hier auf hohem Niveau, in der Regel in Kooperation mit Universitätsinstituten. Aus ausländischer Perspektive erscheint diese Systemgliederung nicht immer so produktiv wie im französischen Selbstverständnis und kann, wenn die strukturell unvermeidlichen internen Konflikte nach außen verlagert werden, auch internationale Zusammenarbeit erschweren. In den letzten Jahren hat Sciences Po Paris aus dieser Situation erneut einen Nutzen gezogen, der sich vor allem für die Zeitgeschichtsforschung auszuzahlen beginnt. Die Graduiertenausbildung wurde nachhaltig verstärkt und ausdifferenziert, das fest angestellte Lehrpersonal erheblich erweitert und die internationale Öffnung geradezu rasant vorangetrieben mit obligatorischem Auslandsjahr während des Studiums und einer erheblichen Erweiterung von Kurzzeit-Gastprofessuren für Ausländer seit 2001. Auch im Rahmen der einzigen Langzeit-Gastprofessur, dem interdisziplinären Alfred Grosser-Lehrstuhl, wird die Zeitgeschichte eingebunden. Die Kooperation mit Universitätsinstituten wird nachhaltig intensiviert. Hinzu kommen die gerade für die Zeitgeschichte ausgezeichneten Bibliotheksverhältnisse,[15] die auf eine seit 1871 durchgehaltene Tradition zurückgehen – die Finanzsorgen der Universitätsbibliotheken hat man hier systembedingt nicht, denn fast die gesamte politische und wirtschaftliche Elite des Landes hat einen der Studiengänge des Hauses durchlaufen und stützt ihre ehemalige Hochschule, völlig unabhängig vom jeweiligen politischen Lager.

Eine zunehmend produktive Rolle in der Zeitgeschichtsforschung kommt der Maison des Sciences de l'Homme MSH und der Ecole des Hautes Études en Sciences sociales EHESS zu, die sich als Gralshüter der Schule der „Annales” versteht. Die Annales hatten sich vor allem der Erforschung älterer Perioden gewidmet, und Fernand Braudel war einer der einflussreichsten Skeptiker gegenüber der Möglichkeit, die jüngste Geschichte wissenschaftlich zu erforschen.[16] 1978, als auch das IHTP gegründet wurde, widmete man in einem programmatischen Werk der Histoire immédiate ein eigenes Kapitel.[17] Zugleich übernahm Pierre Nora an der EHESS eine Direction d'Etudes Histoire du présent und entwickelte in der Folge vor allem einen breiten Fächer von Arbeiten zur Erinnerungskultur.[18] Der Stellenwert der Zeitgeschichte nahm seitdem zu. Begünstigt wurde das durch die hier seit der Gründung der Vorgängerinstitution „VIe section de l'Ecole pratique des Hautes Études” (1947-1975) immer selbstverständliche Trans- und Interdisziplinarität, besonders mit Geografie, Soziologie, Anthropologie und Sprachwissenschaften.[19] Die regelmäßige Einladung ausländischer Gastwissenschaftler ist seit Jahrzehnten ein Grundprinzip. Das hat dazu beigetragen, dass im Ausland – besonders stark im anglo-amerikanischen Raum – bisweilen fast nur noch diese Forschungszentren am Boulevard Raspail wissenschaftlich wahrgenommen wurden und die sich breit entwickelnde übrige französische Forschungslandschaft, vor allem an den Universitäten, aus dem Blickfeld geriet. Dies verstärkte die innerfranzösischen Ungleichgewichte. Gleiches gilt für die starke Medienwirkung von Wissenschaftlern wie Marc Ferro in der Zeitgeschichte oder Pierre Bourdieu in der Soziologie.[20] Die überlaufenen Universitäten sehen zudem mit Neid auf die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der EHESS, die nur kleine und oft hochqualifizierte Studierendengruppen zu betreuen haben, ihre Lehrverpflichtungen vielfach in lockerer Kolloquienform mit zahlreichen externen Gastreferenten erfüllen und somit mehr publizieren können.

Gemessen an solchen Rahmenbedingungen ist es nicht selbstverständlich, dass ein so großer Teil der Forschung von den Universitäten und ihren Forschungsinstituten getragen wird. Sie suchen auf diese Weise auch dem notorischen und sich – etwa im CNRS – ständig verschärfenden Mangel an Forschungsmitteln für die Geisteswissenschaften entgegenzuwirken.[21] Einige von ihnen verfügen über beachtliche Publikationsreihen. Nicht zuletzt für Themen, die Quellenarbeit auf der regionalen Ebene erfordern, sind die universitären Forschungsinstitute kaum ersetzbar. Einige davon haben primär regionalgechichtlichen Zuschnitt, wie das von Yves Le Gallo geleitete Centre de recherche bretonne et celtique in Brest. Andere verbinden regionale und internationale Interessen wie das von Raymond Poidevin gegründete, nach ihm von Alfred Watt und seit 2001 von Sylvain Schirmann geleitete Centre de Recherche Histoire et Civilisation in Metz.[22]

Die Internationalisierung der Histoire du Temps présent hat in den vergangenen Jahren trotz einiger Schwierigkeiten erhebliche Fortschritte gemacht. Wenige herausragende Persönlichkeiten spielten und spielen hier eine Schlüsselrolle – beispielsweise Poidevin und Jacques Bariéty für die deutsch-französischen Beziehungen, Jacques Droz, Pierre Guillen und Alfred Wahl für deutsche Geschichte, Guillen und Pierre Milza für Italien, Roland Marx und François Bédarida für Großbritannien, Rémond und André Kaspi für die USA, Poidevin wie Guillen, Girault oder Georges-Henri Soutou für die internationalen Beziehungen. Unter den Institutionen gilt gleiches etwa für das 1983 von Girault gegründete und jetzt von Bernard Michel geleitete Institut Pierre Renouvin an Paris I-Sorbonne mit seinen Schwerpunkten Internationale Beziehungen (R. Frank), Nordamerika (A. Kaspi), Lateinamerika (F.-X. Guerra) und Osteuropa (B. Michel); das von Poidevin gegründete Institut de Hautes Etudes Européennes in Straßburg; das 1968 gegründete, von Yves-Henri Nouailhat aufgebaute Cure de Recherches sur l'Histoire du Monde Atlantique CRHMA in Nantes .. seinen Schwerpunkten in Übersee-, besonders nordamerikanischer Geschichte und Sklavenhandel; oder die auch im Ausstellungswesen sehr aktive Bibliothèque de documentation internationale contemporaine BDIC in Nanterre (Laurent Gervereau). Auf der bilateralen Ebene baute Milza unter anderem das Centre d'études et de documentation sur l'émigration italienne CEDEI in Paris auf,[23] Guillen in Grenoble das interdisziplinäre Centre de recherche d'histoire de l'Italie et des pays alpins CRHIPA (jetzt G. Bertrand), mit dem das Comité franco-italien d'études historiques verbunden ist.

Relative Staatsnähe zahlt sich für die Forschung vielfach aus. So in Verbindung mit der Auswärtigen Kulturpolitik, die in Frankreich immer eine wesentlich größere politische Bedeutung hat als z. B. in Deutschland. Effiziente Zentren des wissenschaftlichen Austausches und teils auch der Forschung sind etwa für Italien die Ecole française de Rome und für Großbritannien die 1966-1970 von Bédarida geleitete Maison française d'Oxford. Teilweise aus der Kolonialtradition kommend, aber z. B. für Lateinamerika. und Fernost auch andere politische und kulturelle Transferstrukturen widerspiegelnd, existiert eine Fülle von kleinen und größeren Forschungszentren zu außereuropäischen Themen, von denen sich eine wachsende Zahl auch der Zeitgeschichte widmet – so der osteuropäischen und Übersee-Geschichte im Pariser Institut national des langues et civilisations orientales INALCO. Die Kolonialgeschichte wurde mit dem Ende des Empire in Afrika und dem Maghreb weiter institutionalisiert. Das Gründungsjahr des Centre de Recherches d'Histoire de la Colonisation unter Jean Ganiage an der Sorbonne unmittelbar nach dem Ende des Algerienkrieges 1962 hatte Symbolcharakter, auch wenn die Erforschung vieler Aspekte der Entkolonialisierung noch lange hartnäckigen Tabus unterlag.

Manche außeruniversitären, inhaltlich zunehmend in Kooperation mit Hochschullehrern getragenen Institutionen haben sich gleichfalls zu internationalen Diskussionsforen der Zeitgeschichtsforschung entwickelt, so zum I. Weltkrieg das Historial de la Grande Guerre in Péronne und zum II. Weltkrieg das Mémorial in Caen.[24] An der Modernisierung der Militärgeschichtsschreibung[25] beteiligen sich, auch in internationaler Kooperation und mit stark beachteten Tagungen, die Militärarchive, darunter der Service Historique de l'Armée de Terre SHAT in Vincennes und die erst seit kurzem zugänglichen Archive der Gendarmerie in Le Blanc und Charenton unter initativreicher Führung von General Philippot. Unter den Ministerien engagieren sich besonders das Wirtschafts- und Finanzministerium mit der Unterstützung des überaus aktiven Comité pour l'histoire économique et financière de la France und das Arbeitsministerium im Comité d'histoire de la Sécurité sociale[26] – wieder ein Ausdruck der im internationalen Vergleich relativ geringen Berührungsängste zwischen Staat und Forschung. Das Forschungsinstitut der fünf großen Gewerkschaften Institut de Recherches économiques et sociales IRES in Noisy-le-Grand widmet auch Deutschland und Italien (Udo Rehfeldt) besonderes Interesse.

An der historischen Deutschlandforschung, die in den letzten zwei Jahrzehnten institutionell besonders stark expandierte, lassen sich die verschiedenen Institutionstypen exemplarisch illustrieren: Regierungsinstitutionen, teils im Verlauf der Zeit in halb-autonome Positionen entlassen; Universitätsinstitute; regierungsunabhängige, doch von der Regierung gestützte Institute; wissenschaftliche Kommunikationszentren; schließlich unabhängige, mehr oder weniger locker organisierte Wissenschaftler-Arbeitsgemeinschaften. An vielen Institutionen beteiligen sich auch die „civilisationnistes” aus der Germanistik. Bis zu seiner Schließung 2002 war das Straßburger Centre d'Etudes germaniques eine wesentliche Basis der vor allem zeitgeschichtlichen Deutschlandforschung. Hervorgegangen aus der deutschlandkundlichen Ausbildung von Militärs seit seiner Gründung in Mainz 1921 und dem Transfer nach Straßburg 1930 und damit aus einer engen Bindung an die deutsche Tagesaktualität, war es Ende der 1960er Jahre zu einem Universitäts- und Forschungsinstitut geworden, verbunden mit der Gründung der Revue d'Allemagne et des pays de langue allemande 1968.[27] An der Sorbonne (Paris IV) schuf Bariéty das Centre d'études et de recherches sur l'Allemagne contemporaine CERAC. Als Informationsforum der Sozial- und Geisteswissenschaften besonders nützlich ist seit 1982 das auf Beschluss beider Regierungen von Alfred Grosser und René Lasserre aufgebaute Centre d'Information et de Recherche sur l'Allemagne Contemporaine mit seiner Zeitschrift CIRAC Forum und zahlreichen auf Deutschland bezogenen Forschungsaktivitäten. Über die deutsche und Deutschland-bezogene Forschung informiert das Bulletin der Mission Historique Française en Allemagne in Göttingen (Pierre Monnet), im sozialwissenschaftlichen und zeitgeschichtlichen Bereich das Bulletin des von Etienne François aufgebauten Centre Marc Bloch in Berlin, beide als Forschungsinstitute mit starker Nachwuchsförderung Bestandteil der amtlichen auswärtigen Kulturpolitik. In anderer Form, zunächst eher als wissenschaftliches Kommunikationszentrum denn als eigenständiges Forschungsinstitut konzipiert, führt das von Michael Werner und Hervé Joly seit 2001 aufgebaute Centre Interdisciplinaire d'Études et de Recherches sur l'Allemagne CIERA in Paris die auf Deutschlând bezogenen Lehr- und Forschungsaktivitäten mehrerer – zunächst neun – Forschungsinstitute und Hochschulen zusammen.[28] Die einzige, anders als die genannte Italien-Gruppe auch juristisch transnational integrierte Wissenschaftler-Arbeitsgemeinschaft in Frankreich ist das von Poidevin und Josef Becker 1987 angeregte Deutsch-französische Komitee für die Erforschung der deutschen und französischen Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts; es vereint über das jeweils andere Land forschende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und dient u. a. der Koordinierung laufender Arbeiten. Auch der Aufbau dieser Arbeitsgemeinschaft hatte immer wieder mit den vielfältigen Folgen der institutionellen Strukturunterschiede zwischen beiden Ländern zu kämpfen..[29] Eine spezifische Rolle spielt in Frankreich der weitgespannte Fächer der Sociétés savantes: Lange Zeit lokale oder regionale oder auch thematisch orientierte Vereine, oft von lokalen Gelehrten und engagierten Notabeln getragen, erfuhren sie in den letzten etwa drei Jahrzehnten eine zunehmende Professionalisierung und engere Verzahnung mit der etablierten Wissenschaft. Ihre Jahreskongresse übernahmen allmählich teilweise die Funktion der in Frankreich nicht existierenden nationalen und methodenübergreifenden Historikertage, in der auch die Zeitgeschichte wachsenden Raum erhält. Spitzt man erneut thesenhaft zu, so trug die spezifische institutionelle Struktur der französischen Forschungslandschaft maßgeblich dazu bei, dass die Zeitgeschichtsforschung sich hier nur zögernd entwickelte.

Methodische Innovation und Beharrung

Ambivalent ist die Bedeutung der Annales für die Zeitgeschichtsforschung nicht nur in institutioneller Hinsicht. Methodisch haben die Annales ihr Konzept in der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Geschichte entwickelt. Ihre großen Namen spiegeln das wider, sei es in den frühen Generationen mit Marc Bloch, Ernest Labrousse, Lucien Febvre oder Fernand Braudel, sei es später mit Jacques Le Goff, Robert Mandrou, Pierre Chaunu oder Emmanuel Le Roy Ladurie; lange Zeit gingen nur wenige, wie Jean Meyer,[30] in ihrer eigenen Forschungsarbeit über die Französische Revolution hinaus und bis in die Zeitgeschichte. Indirekt hat die starke Stellung der Annales die Entstehung einer modernen Zeitgeschichtsforschung damit eher verzögert: Inhaltlich ließ sich ein Konzept wie die „longue durée” erfolgreicher auf ältere Perioden anwenden, und forschungspolitisch wirkte sich aus, dass viele hervorragende Wissenschaftler sich eher von der Annales-Schule und ihren intellektuell brillanten Vertretern als von anderen Teildisziplinen angezogen fühlten. Hatte die erste Annales-Generation um Braudel ihre Ablehnung einer zu eng verstandenen Ereignisgeschichte noch mit einer souveränen Integration politischer, sozial-, wirtschafts-, mentalitätsgeschichtlicher, geographischer und ethnologischer Fragestellungen verbunden,[31] so verengte sich später mitunter der methodische Fächer. Eine immer schärfere Ablehnung politikgeschichtlicher Fragestellungen führte dazu, dass deren strukturgeschichtliche Ergiebigkeit bisweilen aus dem Blick geriet und manch jüngerer Wissenschaftler, der sich als Adept der Annales verstand, seinerseits einer starken, z. B. ethnologisch geprägten methodischen Verengung erlag. Dazu trug auch die starke Politisierung der französischen Geschichtswissenschaft bei, welche Politikgeschichte gerne unter Konservatismusverdacht stellt. Die Themen der Zeitschrift spiegelten die methodische Reduktion über viele Jahre wider. Allerdings galt sie nicht für die gesamte Annales-Schule; so kam Marc Ferro ursprünglich aus der Geschichte der internationalen Beziehungen um Pierre Renouvin. Und seit den 1980er Jahren bemühte man sich wieder um eine methodische Öffnung.[32] 1988 wurde die Methodendiskussion in der Zeitschrift interdisziplinär verbreitert, 1994 der Untertitel „Economie. Sociétés. Civilisations” geändert in „Histoire, Sciences sociales”, Zeichen einer stärkeren Öffnung zu den Sozialwissenschaften wie in der Gründungszeit.

In anderen Ländern, vor allem der Bundesrepublik und Großbritannien, war die strukturgeschichtliche Ergiebigkeit einer Geschichtsschreibung, welche politische Geschichte nicht ausblendet, sondern beispielsweise in der Parteien-, Parlaments- und Vereinsgeschichte integriert, in den Aufschwung der Zeitgeschichtsschreibung schon seit den 1950er Jahren einbezogen worden. Insofern focht man in Frankreich lange Zeit methodische und institutionelle Kämpfe aus, welche in ihrer manchmal schablonenhaften Gegenüberstellung von Ereignisgeschichte und „longue durée” zwar wissenschaftlich zusehends an Ergiebigkeit einbüßten, die Weiterentwicklung der Methoden in der Zeitgeschichtsforschung aber nichtsdestoweniger hemmten und eine Konzentration der tatsächlich betriebenen Forschung auf relativ wenige Zentren verstärkten.

Die spezifische Ausrichtung der französischen Politikwissenschaft trug dazu bei. Lange war einer ihrer vorrangigen Untersuchungsbereiche die in der Zwischenkriegszeit von André Siegfried geprägte Wahlforschung.[33] Nun konnten gerade hier Faktoren der longue durée und politische Entwicklungen in der Mikroanalyse auf Departementebene vorbildhaft integriert werden. Siegfried gehörte denn auch zum Herausgeberkreis der „Annales”. Die französische Wahlforschung verengte sich nach dem II. Weltkrieg aber gelegentlich zu einer Koalitions- und Wahltaktikforschung, welche die Rückbindung an sozialgeschichtliche Faktoren nicht immer im Auge behielt. Sie fand bei jeder Wahl auch breiten Widerhall in den Medien und reproduzierte sich in dieser Wechselwirkung gewissermaßen selbst weiter. Zugleich ging zeitweise der Kontakt zur internationalen Entwicklung der Politikwissenschaft zurück,[34] obwohl man ihr in Frankreich im engen Feld der Wahlanalyse vielfach überlegen war. Eine solche thematische Akzentuierung verstärkte die Aversionen von Historikerinnen und Historikern gegen politikgeschichtlich orientierte Methoden. Die Konkurrenz zwischen den – zudem auf kleinstem Raum in Paris benachbarten – verschiedenen Institutionstypen der französischen Forschungslandschaft und zwischen den unterschiedlichen methodischen Richtungen verstärkte sich jahrzehntelang in einer Art circulus vitiosus, auch wenn es immer Wissenschaftler gab, die solchen methodischen Rigorismus ablehnten. Doch erst in den letzten beiden Jahrzehnten hat sich z. B. die politikwissenschaftliche Forschung zur „vie politique” methodisch für Fragen der politischen Kultur geöffnet.

Die Zeitgeschichtsforschung blieb unter solchen Rahmenbedingungen in Frankreich besonders lange von einer eng verstandenen politischen Geschichte beherrscht. Dabei gab es durchaus andere Ansätze, wenn beispielsweise Pierre Renouvin eine Analyse der „forces profondes”, der langfristigen Strukturentwicklungen in den internationalen Beziehungen forderte.[35] Ein intensiver Austausch mit der internationalen Methodendiskussion blieb aber auf kleine Kreise beschränkt; geringe Sprachkenntnisse vieler Nachwuchswissenschaftler und eine nur begrenzte Kenntnis der internationalen Forschung verstärkten solche Tendenzen.

Ohne zunächst auf die Zeitgeschichtsforschung orientiert zu sein, schufen einige an der jeweils aktuellen politischen und sozio-ökonomischen Entwicklung orientierte Institutionen seit den frühen Nachkriegsjahren Grundlagen, welche die Histoire du temps présent später zur eigenen methodischen Erweiterung nutzen konnte. So trugen das Institut national d'études démographiques INED, das Institut national de la Statistique et des Études économiques INSEE und das Institut de science économique appliquée ISEA unter François Perroux maßgeblich dazu bei, quantifizierende Methoden, welche ihren Siegeszug während der Zwischenkriegszeit zunächst in der Erforschung der Frühen Neuzeit angetreten hatten, mittelfristig auch in der Zeitgeschichtsforschung und über den wirtschaftshistorischen Bereich hinaus zu verankern.

In den achtziger Jahren trug die prononcierte institutionelle und wissenschaftliche Konkurrenz, gerade zwischen Sciences Po und der EHESS, auch in der Zeitgeschichtsschreibung zu einer methodischen Neubesinnung bei. Die neu auflebende Debatte um Stellenwert und inhaltliche Ausdifferenzierung der Politikgeschichte, maßgeblich wiederum von Rémond vorangetrieben,[36] stimulierte nun eine Methodendiskussion, wie sie Frankreich in früheren Jahrzehnten selten gekannt hatte – sogar die Annales hatten jahrzehntelang mehr Sachgeschichte getrieben als epistemologische Debatten ausgefochten, auf welche die deutsche und die anglo-amerikanische Geschichtswissenschaft so viel Energien verwandte.[37] Thesenhaft zugespitzt, hat die nationale und internationale Wirkung der Annales die Herausbildung einer mit modernen Fragestellungen arbeitenden und international geöffneten Histoire du Temps présent eher verzögert als gefördert. Frankreich repräsentiert damit den bemerkenswerten Fall, in dem eine besonders innovative wissenschaftliche Entwicklung sich in fachlichen Nachbarbereichen national und im transnationalen Transfer eher als Schranke auszuwirken vermag und erst langfristig ihre Schubkräfte auch dort entfaltet.

Akzentsetzungen

Orientierungen und Schwerpunkte der Histoire du Temps présent wurden bislang vor allem unter dem Gesichtspunkt ihres institutionellen Kontextes angesprochen. Abschließend sei etwas eingehender auf konkrete Einzelforschungen und Akzente hingewiesen. Damit können auch weitere, aus Raumgründen nicht vertieft behandelte Felder und methodische Ansätze wenigstens angedeutet werden.[38] Vor allem die Forschungsschwerpunkte zum II. Weltkrieg und zum Algerien-Konflikt führen dabei zurück zur Eingangsfrage nach der Vernetzung von nationalem Selbstverständnis und Wissenschaft. Zunächst kurz zu Überblickswerken und Diskussionsforen. Eine Stärke der wissenschaftlichen Produktion liegt in der breiten Palette von Gesamtdarstellungen, die auf dem französischen wie dem englischsprachigen Buchmarkt generell zahlreicher sind als in Deutschland. Methodisch mehr oder weniger breit orientierte umfangreiche Monografien[39] stehen neben knapp brillanten Synthesen und enzyklopädischen Darstellungsformen.[40] Auch zu anderen Ländern liegen solche Darstellungen in allgemeinem Überblick[41] und bereichsspezifischer Vertiefung[42] zahlreich vor. Zu ihrer Ausdifferenzierung trägt auch die spezifisch französische Prüfungsform der „concours” bei, in denen nur so viele Prüflinge bestehen, wie jeweils Stellen zu vergeben sind. So werden für die Agrégation, den in den Geisteswissenschaften öffentlich angesehensten Studienabschluss, die Themen jährlich amtlich festgelegt, dann überaus schulisch eingepaukt, und die dafür erforderlichen Gesamtdarstellungen werden rasch produziert oder aktualisiert.

Zu den wichtigsten Zeitschriften und wissenschaftlichen Diskussionsforen gehört, neben bereits genannten Publikationen, Vingtième siècle, das auch breit über die Fachliteratur informiert; ähnlich die Revue d'Histoire moderne et contemporaine und die von Autoren beider Länder getragene Francia des Deutschen Historischen Instituts. In den Teildisziplinen spielt das das 1960 von Jean Maitron gegründete und jetzt von Patrick Fridenson verantwortete Mouvement social für die Sozialgeschichte und die Geschichte der Arbeiterbewegung eine zentrale Rolle, für die Wirtschaftsgeschichte Histoire, Economie et Société und für die überaus lebendige Unternehmensgeschichte seit 1992 Entreprises et histoire. 1975 gründeten Jacques Freymond und Duroselle in programmatischer Erneuerung die Zeitschrift Relations internationales. In den Nachbardisziplinen bietet die Revue française de Science politique u. a. eine Fülle von rezensionsartigen Kurzinformationen auch zur Zeitgeschichte.[43] Die große Spannbreite der regionalgeschichtlichen Fachzeitschriften, wie Annales de l'Est, Revue du Nord oder Annales de Bretagne et des pays de l'Ouest, widmet der Zeitgeschichte wachsenden Raum.

Die Wirkung der Traumata der Kriegszeit auf die institutionelle Entwicklung der Zeitgeschichtsforschung wurde dargelegt. Das schlug sich in der Forschungspraxis nieder. Résistance, deutsche Repression und Deportationen – wie in anderen Ländern bis in die 1960er Jahre ohne spezifisches Augenmerk für die Shoah – standen, beispielsweise im CHDGM, anfangs im Mittelpunkt; aus dieser Perspektive wurde zunächst auch die Geschichte von Vichy geschrieben. Mit dem beginnenden Generationswechsel in den 1960er Jahren und den politischen wie kulturellen Wirkungen der Bewegung von 1968 setzte allmählich eine breitere wissenschaftliche und öffentliche Debatte über die Kollaboration ein.[44] Filme wie „Le chagrin et la pitié” (dt. „Das Haus nebenan”) von Marcel Ophuls 1969 und die Vichy wie den Algerienkrieg erfassende Trilogie ,,Français si vous saviez" von André Harris 1973 bereiteten für die Erinnerungsarbeit den Boden. Einen Impuls für Forschung wie kritische Auseinandersetzung gab die amerikanische Forschung mit den – in Frankreich durchaus nicht nur zustimmend aufgenommenen – Werken von Robert Paxton; er wies der französischen Politik und Verwaltung einen hohen Grad an Eigeninitiative in der Kollaboration mit der Besatzungsmacht zu.[45] Zugleich wandelte sich der Kollaborationsbegriff, eine eng institutionelle Definition wich der Erforschung von allgemeineren Verhaltensweisen. Damit machte auch die Opferperspektive, in den ersten Nachkriegsjahrzehnten bestimmend, einer selbstkritischeren Sicht Platz. Die französische Beteiligung an der Deportation jüdischer Bürger wurde dabei zu einem Brennpunkt der Auseinandersetzung.[46] Die offizielle Erklärung von Staatspräsident Jacques Chirac zur französischen Mitverantwortung für die Deportationen, die sein Vorgänger François Mitterrand noch ostentativ vermieden hatte, setzte 1995 einen Markstein und trug dazu bei, nun eher zu einer Überbewertung der französischen Rolle bei der Ermordung von Juden zu tendieren. Denn wie aktiv dabei auch – entsprechend ihrer nachträglichen Selbststilisierung lange als sekundär eingeschätzte – deutsche Akteure wie Botschafter Otto Abetz eingriffen, wurde wieder deutlicher.[47]

Erst seit den 1980er Jahren differenzierte sich die Forschung zur Besatzungszeit breit aus. Sie widmete sich u. a. der Frage nach den ideologischen Ursprüngen der Kollaboration und leuchtete das Verwaltungshandeln aus.[48] In der Wirtschafts- und Finanzkollaboration ging man Zwang und Eigeninitiative und der Behandlung jüdischer Mitbürger im Alltag nach. Politische und strukturelle Kontinuitäten über die Besatzungsjahre hinweg kamen, teilweise von der Wirtschafts- und Finanzgeschichte ausgehend, in den Blick und leiteten zur Rekonstruktionsperiode über.[49] Die schon früh angelaufene Untersuchung der Kultur der Kriegsjahre wurde vertieft und methodisch ausgeweitet, bisweilen am Schnittpunkt von Soziologie und Geschichtswissenschaft wie in der Frauengeschichte und der Modekultur.[50] Die Vernetzung von zeitgenössischer Haltung der Bevölkerung und tabu-durchsetzter Erinnerungsarbeit in der Nachkriegszeit entwickelte sich ihrerseits zu einem offensiv analysierten Forschungsfeld. Auch auf dieser zweiten, Erinnerung und Traumata als solche zum Gegenstand erhebenden Ebene verflocht sich mit der Opfer-Rolle zunehmend die Komplexität einer „Täter”-Perspektive unter Besatzungsbedingungen: das „Vichy-Syndrom” (Henry Rousso) wurde seit den 1990er Jahren über die Fachwissenschaft hinaus zu einem Kernbegriff in der nun vehement geführten öffentlichen Diskussion.[51]

Noch viel zögernder, weil die Legitimität der Opfer-Perspektive hier weit problematischer wurde, entfaltete sich die Diskussion über ein zweites großes Trauma der Nachkriegszeit: den Algerienkrieg, für den der Begriff „Krieg” statt Konflikt erst 1999, und zwar per Gesetz, zugelassen wurde. Kolonial-und Entkolonialisierungsgeschichte war mit innerfranzösischen Fragestellungen immer eng verflochten. Auch auf diesem Feld hatte Frankreichs seit dem 19. Jahrhundert betonte zivilisatorische Mission Topoi der Französischen Revolution aufgegriffen. In der Forschung der Nachkriegszeit schlug der innere Widerspruch zwischen dem althergebrachten Sendungsbewusstsein und dem Anspruch der „République ... une et indivisible”, wie es schon in der Präambel der Verfassung von 1848 hieß und ähnlich wieder in den Verfassungen von 1946 und 1958, eine Brücke von der Geschichte kolonialer Leistungen zu deren kritischer Aufarbeitung: tatsächlich förderte die Republik damit nicht Gleichstellung, sondern Assimilierung und leistete so einer Unterdrückung der Kolonial- und Protektoratsvölker und ihrer Kulturen häufig Vorschub. Gerade solche Autoren, die selbst aus der Kolonialverwaltung kamen, zeigten aus ihrer unmittelbaren Sachkenntnis heraus vielfach ein feines Gespür für die kulturelle Identität der unterworfenen Völker.[52] Die Peripherie-Perspektive der inneren Entwicklung dieser Länder bildet heute eine besondere Stärke von Teilen der französischen Historiografie über Afrika und Asien[53] – wenngleich die eigene dortige Historiografie oft andere Akzente setzt.[54] Eine kritische Analyse von Kolonialismus und Entkolonialisierung erwuchs zum einen aus dem Blick auf die betroffen Länder und aus den inneren Widersprüchen der französischen Politik. Zum andern geriet – ebenso wie im britischen Empire – auch das Bild von dem ökonomischen Nutzen, den Frankreich aus den Kolonien gezogen habe, gegenüber den daraus resultierenden Lasten für den französischen Steuerzahler und den langfristigen ökonomischen Modernisierungsschranken für Frankreich immer stärker ins Wanken: die Forschung griff hier eine Debatte auf, welche im „Cartierismus” schon die Entkolonialisierungsschübe der 1950er Jahre publizistisch begleitet hatte.[55] Damit fächerte sich die Kolonialismus-Historiografie methodisch und inhaltlich immer weiter auf.[56] Solche allgemeineren historiographischen Tendenzen wirkten sich auch auf die Geschichtsschreibung zum Maghreb aus. Auch hier stammten die frühen Arbeiten vor allem von Personen, die als Akteure engagiert gewesen waren.[57] Im Falle der Siedlungskolonie Algerien kam jedoch – auch im Unterschied zu Indochina[58] – hinzu, dass es im französischen öffentlichen Bewusstsein zur Kolonialzeit nicht als Kolonie betrachtet worden war, sondern entsprechend der administrativen Struktur als Teil Frankreichs. Dass eine Unabhängigkeit Algeriens für die dort oft seit mehreren Generationen ansässige französischstämmige Bevölkerung den Verlust dessen bedeuten würde, was sie als ihre Heimat empfand, gab dem Konflikt die innenpolitische Brisanz, die 1958 bis zum Sturz der IV. Republik führte. Somit war das Thema im Vergleich zu anderen Kolonialkonflikten längst unverhältnismäßig stark belastet, bevor die innerfranzösische Kritik, während des Konfliktes staatlich weitestgehend unterdrückt, in den 1970er Jahren zunächst ganz verhalten und seit den 1990er Jahren überaus vehement auflebte. Die zeitgenössische Diskussion über den Algerienkrieg bot einen Einstieg, bei dem die Meta-Ebene der Erinnerung aber zunächst nur angedeutet wurde.[59] Zwar hatte General Massu schon 1970 öffentlich das Tabu gebrochen, das über der staatlich sanktionierten Folter lag. Doch erhielt die öffentliche Debatte darüber, inwieweit Frankreich in seinen Kampfmethoden den algerischen Befreiungsorganisationen nachstand, erst in den 1990er Jahren breiten Auftrieb – mit dem altersbedingten Ausscheiden der Verantwortlichen aus öffentlichen Positionen, mit einer zunehmenden Zahl von Bekenntnissen ehemaliger Positionsträger und mit dem Aufschwung der Forschung.[60] Der zivilisatorische Anspruch Frankreichs, die Heimatverbundenheit der ehemaligen Kolonisten und die Erinnerung an den Kampf der Résistance gegen die Gestapo verliehen der öffentlichen Diskussion ihre besondere Schärfe. Allmählich begann man nun auch das Schicksal derjenigen Algerier zu realisieren, die einst auf Frankreichs Seite kämpften, 1962 nach Frankreich flohen und hier über mehrere Generationen gesellschaftlich ausgegrenzt wurden. Sowohl die diktatorische Kontrolle der in Frankreich arbeitenden Algerier durch die Befreiungsbewegung während des Konfliktes als auch die Formen der innerfranzösischen Repression werden nun aufgearbeitet.[61] Einige weitere Forschungsfelder seien angedeutet. In der politischen und Parteien-Geschichte wurde auf das Feld der Wahlforschung bereits hingewiesen. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Erforschung der Ideen und politischen Systeme. Fragen nach der Kontinuität politischer Konzepte seit dem 19. Jahrhundert, etwa nach der Linie von Bonapartismus zu Gaullismus oder nach dem Wandel des Liberalismus, gilt das Interesse dabei ebenso wie ausländischen Parteiensystemen, ihren Verbindungen zu Frankreich oder auch dem Umfeld des Nationalsozialismus.[62] Im Fall der KPF griff die Analyse der Partei und ihrer Strategie mit der kritischen Beleuchtung der Rolle Moskaus in den kommunistischen Parteien Europas ineinander.[63] Methodisch systematisch ausgebildet wurde seit den 1960er Jahren die Einbeziehung von Zeitzeugen in große, meist um führende Politiker thematisierte Kolloquien.[64] Sozialgeschichtliche Zusammenhänge und politische Mentalitäten, etwa in der Reflektion über die französische „Konsensgesellschaft”, bilden einen weiteren Schwerpunkt der Forschung,[65] die dafür u. a. den bereits angesprochenen Aufschwung der Untersuchung von Erinnerungsstrukturen nutzt. Das Interesse der Politikgeschichte an Fragen der politischen Kultur nimmt zu und greift mit der Sozialgeschichte in der Untersuchung der Populärkultur ineinander.[66] In der Sportgeschichte verbinden sich Verbandsgeschichte, Sozialverhalten und Freizeitgeschichte.[67] Die seit jeher facettenreiche Wirtschafts-, Unternehmens- und Technikgeschichte stellt z. B. in der Elektrizitätsforschung die Verbindung zur Sozialgeschichte her.[68] Internationale Vergleichsstudien, lange in Frankreich eher rar, greifen jetzt weit aus, beispielsweise in der Analyse demokratischer politischer Systeme.[69]Wenngleich nicht unbedingt programmatisch so formuliert, werden hier gerade die international einflussreichsten Aspekte der frühen Annales, mit ihrer Ausweitung und Vernetzung von Fragestellungen über die Grenzen von Teildisziplinen hinweg, auch in der Zeitgeschichtsforschung erkennbar.

Auch in der Geschichte der internationalen Beziehungen ist seit geraumer Zeit eine thematische und methodische Auffächerung zu beobachten. Das Zusammenwirken von Ökonomie, Finanzen, Verteidigungspolitik und Diplomatie hatte seit langem Interesse gefunden.[70] In jüngerer Zeit wachsen die Bemühungen, Forschungen zur der Innen-, Wirtschafts- und Außenpolitik mit mentalitäts- und perzeptionsgeschichtlichen Fragestellungen zu verbinden.[71] Kulturelle Dimensionen spiegeln sich ebenfalls in der Verfolgung internationaler Transferprozesse, z. B. im Fußball.[72] Internationale Themen gewinnen in Qualifikationsarbeiten auch dann an Raum, wenn diese an französischen Perspektiven orientiert sind.[73] Methodische Impulse zur Transferforschung kommen nicht zuletzt aus dem Sektor der Migrationsforschung. Das hängt zusammen mit dem öffentlich zunehmend reflektierten Spannungsverhältnis zwischen der alten französischen Tradition als Aufnahmeland für Asyl- und andere Hilfesuchende und jüngeren Abschottungstendenzen gegen die Immigration mit ihren oft wenig erfolgreich gesteuerten sozialen Folgen.[74] Die Lösung von frankreichzentrierten Perspektiven ist am weitesten in der Erforschung der europäischen Integration fortgeschritten. Konzise Synthesen informieren über die Geschichte der Integrationspolitik selbst, über die Entwicklung der Europaidee und über das politische System der Gemeinschaft.[75] Viel Pionierarbeit wurde bei der Erforschung der Gründungsphase der europäischen Institutionen in ihren politischen, ökonomischen, finanzpolitischen und institutionellen Zusammenhängen geleistet.[76]Das Verhältnis von europäischer Integration und bi- wie multilateralen, binnen- oder transkontinentalen Beziehungen erfährt breite Auffächerung.[77] Finanzpolitische Fragestellungen und kulturelle Felder werden systematisch angegangen, sozialgeschichtliche und regionalgeschichtliche methodische Ansätze in die Integrationsforschung eingebracht.[78] Europäisch konzipierte Umweltgeschichte greift ebenso bis in die Zeitgeschichte aus wie die Mediengeschichte.[79] Institutionelle internationale Kooperationsstrukturen prägen in den letzten Jahren die Forschung zunehmend auch inhaltlich. Auf die Rolle bedeutender Zentren wie der Ecole française de Rome wurde hingewiesen. Im deutschfranzösischen Bereich gilt das gerade für Themen zu besonders belasteten Vergangenheitsfeldern, deren sich das Deutsche Historische Institut Paris seit langem, auch in multilateraler Zusammenarbeit, annimmt.[80] Dass der Initiator des Instituts 1958-1964, Eugen Ewig, während der deutschen Besatzung durch risikoreiche Verteidigung von Kulturgütern in Lothringen hohes Ansehen in Frankreich errungen hatte und Karl-Ferdinand Werner, wie Ewig Mediävist und 1968-1989 Direktor, Frankreich bis in die Zeitgeschichte hinein souverän kennt, schuf Brücken, welche ihre Nachfolger ausbauten. Eine französische Eigenheit ist die Tradition der „civilisationnistes”, die abschließend nochmals gesondert hervorgehoben sei, da ihre Vertreter an der Internationalisierung der Forschung intensiv beteiligt sind. Es handelt sich häufig um Literaturwissenschaftler, gelegentlich auch um Fachhistoriker, die institutionell den Sprach- und Literaturwissenschaften zugehören, manchmal als Zusatzstudium Sciences Po absolviert haben und in historischen sowie politikwissenschaftlichen Gebieten arbeiten. Obwohl das Probleme der Fachidentität aufwerfen kann, spielen sie, zumal aufgrund der in den letzten Jahren gewachsenen Bedeutung kultureller Fragestellungen, eine zunehmende Rolle in der geschichtswissenschaftlichen und interdisziplinären Arbeit. Mit ihren spezifischen methodischen Prägungen haben sie inzwischen einen festen Platz in der Zeitgeschichtsforschung, vor allem über andere Länder. Das gilt mit der Ideengeschichte für einen Schnittpunkt von Geschichts- und Literaturwissenschaften, von weitgespannter Beziehungs- und Transferforschung über die Geschichte des Erziehungswesens bis zur Europaforschung.[81] Neuere geschichtswissenschaftliche Fragestellungen wie die Perzeptionsforschung haben in den Literaturwissenschaften eine längere Tradition, die für die Historiografie nutzbar gemacht wird.[82] Andere Werke betreffen klassische geschichtswissenschaftliche Themen.[83] Teile der französischen Zeitgeschichtsforschung sind insofern in einem besonderen Rahmen der Interdisziplinarität verankert.

In der Bilanz hat die Innovationskraft der französischen Historiografie, von einigen herausragenden Forschern abgesehen, die Zeitgeschichtsforschung in der Nachkriegszeit erst mit erheblicher Verzögerung erreicht, dann jedoch zu einer thematisch und methodisch überaus breitgefächerten Produktion geführt. Institutionelle Faktoren spielten dabei sowohl in retardierendem wie später in vorantreibendem Sinn eine erhebliche Rolle. Ähnliches gilt für die Internationalisierung der Forschungspraxis, die in den letzten beiden Jahrzehnten institutionell und inhaltlich erheblich vorangeschritten ist. Internationale Perspektiven hängen allerdings nach wie vor oft eng mit nationalen Problemen und Fragestellungen zusammen, wie seit jeher in der Kolonialgeschichte. Internationale Kooperationen, die sich aus Sachthemen ergeben, implizieren nicht immer auch eine intensive Beschäftigung mit dem anderen Land und seiner Forschung; die Fülle von internationalen Kontakten, die sich mit dem Namen der Annales verbinden, hatte häufig eher eine Beschäftigung der Ausländer mit der französischen Historiografie als umgekehrt zur Folge.[84] Dem entsprach auch die staatliche Stipendienpolitik, die für Ausländer generell großzügiger war als für die eigenen Staatsbürger. Die Rezeption fremdsprachiger Forschungsergebnisse bleibt in manchen Teildisziplinen auch dann immer noch verhalten, wenn sie Frankreich selbst betreffen. Selbst in den internationalen Beziehungen, gegenstandsbedingt besonders offen, gilt das vorrangige Interesse vielfach der französischen Politik. Doch hat die weitgefächerte institutionelle Öffnung der letzten zwei bis drei Jahrzehnte auch insofern inhaltliche Folgen, als junge Forscherinnen und Forscher, und damit die Träger der Wissenschaft in den nächsten Generationen, solche neuen Strukturen nutzen, in weit größerer Zahl als früher im Ausland studieren und dort Anstöße für ihre Qualifikationsarbeiten erhalten. Die Umbrüche sind tiefgreifend: Die von Hartmut Kaelble im sozial- und wirtschaftsgeschichtlichen Bereich analysierten langfristigen europäischen Konvergenzprozesse haben in vielfältiger Weise auch die Wissenschaft erfasst.

Empfohlene Literatur zum Thema

Gérard Noiriel, Qu'est-ce que l'histoire contemporaine, Hachette Education, Paris 2011, ISBN 9782011450722.

Pierre Nora (Hrsg.), Les lieux de mémoire, 7 Bde., Gallimard, Paris 1988-92.

Lutz Raphael, Die Erben von Bloch und Febvre. Annales-Geschichtsschreibung und nouvelle histoire in Frankreich 1945-1980, Klett-Cotta, Stuttgart 1994, ISBN 9783608913040.

Laurence Van Ypersele (Hrsg.), Questions d'histoire contemporaine : Conflits, mémoires et identité, PUF, Paris 2006, ISBN 9782130554738.

Zitation

Rainer Hudemann, Frankreich - Histoire du Temps présent zwischen nationalen Problemstellungen und internationaler Öffnung, Version: 1.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 19.9.2011, URL: http://docupedia.de/zg/Frankreich_-_Histoire_du_Temps_present (Wiederveröffentlichung von: Rainer Hudemann, Histoire du Temps présent in Frankreich. Zwischen nationalen Problemstellungen und internationaler Öffnung, in: Alexander Nützenadel/Wolfgang Schieder (Hrsg.), Zeitgeschichte als Problem. Nationale Traditionen und Perspektiven in Europa, Göttingen 2004, S. 175-200.)

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Anmerkungen

    1. Vgl. beispielsweise die prägnanten Positionen in: Ecrire l'histoire du temps présent. En hommage à François Bédarida, Hrsg. v. Institut d'Histoire du Temps présent, Paris 1993. Bei dem vorliegenden Artikel handelt es sich um eine Wiederveröffentlichung von: Rainer Hudemann, Histoire du Temps présent in Frankreich. Zwischen nationalen Problemstellungen und internationaler Öffnung, in: Alexander Nützenadel/Wolfgang Schieder (Hrsg.), Zeitgeschichte als Problem. Nationale Traditionen und Perspektiven in Europa, Göttingen 2004, S. 175-200.
    2. Einen Überblick über das Selbstverständnis großer Teile des Faches gibt F. Bédarida (Hrsg.), L'histoire et le métier d'historien en France 1945-1995, Paris 1995.
    3. Aus Raumgründen kann nur typologisch und methoden- sowie strukturorientiert vorgegangen werden. Jede genannte Publikation steht daher exemplarisch für zahlreiche weitere Arbeiten ähnlichen Typs, ein einzelnes Werk oft für ein breites Oeuvre einer Autorin oder eines Autors. Die Auswahl bedeutet somit keinerlei qualitatives Urteil über andere Forschungen.
    4. So programmatisch D. Peschanski, M. Pollack u. H. Rousso, Le temps présent, une démarche historienne à l'épreuve des sciences sociales, in: dies. (Hrsg.), Histoire politique et sciences sociales, Brüssel 1991, S. 14-36, Zitate S. 15.
    5. So als verantwortlicher Herausgeber R. Girault, Histoire contemporaine - Perspectives d'ensemble, in: Comité français des Sciences historiques (Hrsg.), La recherche historique en France depuis 1965, Paris 1980, S. 38-42, hier: S. 39. Der Band schloß an die wesentlich umfangreichere, eine Fülle von institutionellen Daten enthaltende Enquete an: dass. (Hrsg.), La recherche historique en France de 1940 à 1965, Paris 1965. Zur Diskussion um Histoire immédiate, Histoire de l'immédiat, Histoire proche und Histoire du temps présent: A. Chauveau u. P. Tétart (Hrsg.), Questions à l'histoire des temps présents, Brüssel 1992.
    6. Eine umfassende Synthese der Diskussionen und wichtigsten Forschungschwerpunkte gibt G. Noiriel, Qu'est-ce que l'histoire contemporaine, Paris 1998.
    7. Vgl. dazu Detlev Mares, Too Many Nazis? Zeitgeschichte in Großbritannien, in: Alexander Nützenadel/Wolfgang Schieder (Hrsg.), Zeitgeschichte als Problem. Nationale Traditionen und Perspektiven der Forschung in Europa (= Geschichte und Gesellschaft, Sonderheft 20), Göttingen 2004, S. 128-148. Sie jetzt auch bei Docupedia: ders., Großbritannien - "Contemporary History" jenseits von Konsens und Niedergang, Version: 1.1, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 3. 6.2011, URL: https://docupedia.de/zg/Grossbritannien_-_Contemporary_History_jenseits_von_Konsens_und_Niedergang?oldid=78889.
    8. S. Berstein, Le modèle républicain: une culture politique syncrétique, in: ders. (Hrsg.), Les cultures politiques en France, Paris 1999, S. 113-43, hier: S. 114. Vgl. umfassend dazu ders. u. O. Rudelle (Hrsg.), Le modèle républicain, Paris 1992. Zur politisch-gesellschaftlichen Funktion von Historikern vgl. in langfristiger Perspektive auch O. Dumoulin, Le rôle social de l'historien. De la chaire au prétoire, Paris 2003.
    9. R. Aron, Histoire de Vichy, Paris 1954.
    10. E. Picard, Des usages de l'Allemagne. Politique culturelle française en Allemagne et rapprochement franco-allemand 1945-1963. Politique publique, trajectoires, discours, Thèse de doctorat Sciences Po Paris 1999, online unter: http://tel.archives-ouvertes.fr/tel-00267294/fr.
    11. H. Michel u. B. Mirkine-Guetzévitch (Hrsg.), Les Idées politiques et sociales de la Résistance, Paris 1954. Zur Geschichte des CHDGM s. mit klaren persönlichen Akzentsetzungen H. Michel, Le Comité d'Histoire de la Deuxième Guerre Mondiale, in: Revue d'Histoire de la Deuxième Guerre Mondiale No. 124, Okt. 1981, S. 1-17.
    12. Peschanski u. a. (Hrsg.), Histoire politique et sciences sociales; D. Veillon, La mode sous l'Occupation. Débrouillardise et coquetterie dans la France en guerre (1939-1945), Paris 1990; D. Voldman, La reconstruction des villes françaises de 1940 à 1954. Histoire d'une politique, Paris u. Montreal 1996.
    13. Unter seinen frühen Büchern: A. Grosser, La IVe République et sa politique extérieure, Paris 1961,31972.
    14. P. Favre, La science politique en France, in: La science politique en Europe. Formation, coopération, perspectives, Hrsg. v. Fondation Nationale des Sciences Politiques, Paris 1996.
    15. Der Autoren- und Sachkatalog ist seit kurzem über www.sciences-po.fr allgemein zugänglich.
    16. Vgl. dazu prägnant P. Nora, De l'histoire contemporaine au présent historique, in: Ecrire l'histoire, S. 43-47; umfassend zu den Annales L. Raphael, Die Erben von Bloch und Febvre. Annales-Geschichtsschreibung und nouvelle histoire in Frankreich 1945-1980, Stuttgart 1994, zum Gegenwartsbezug z. B. S. 213 ff.
    17. J. Lacouture, L'histoire immédiate, in: J. Le Goff, R. Chartier u. J. Revel (Hrsg.), La nouvelle histoire, Paris 1978, S. 270-93.
    18. Rasch zum Klassiker geworden: R. Nora (Hrsg.), Les lieux de mémoire, 7 Bde., Paris 1988-1992. Anwendung des Konzepts in deutsch-französischer Kooperation: E. François u. H. Schulze (Hrsg.), Deutsche Erinnerungsorte, 3 Bde., München 2001.
    19. Vgl. die umfassende Bilanz von J. Revel u. Nathan Wachtel (Hrsg.), Une école pour les sciences sociales. De la VIe section à l'Ecole des Hautes Études en Sciences Sociales, Paris 1996; hier sind eigene Kapitel den Annales (B. Lepetit), der Sozial- (J. Revel) und der Kulturgeschichte (R. Chartier) gewidmet, nicht aber dem Temps présent.
    20. M. Ferro, Pétain, Paris 1987; ders. Cinéma et histoire, Neuausg. Paris 1994.
    21. Die vorzügliche Übersicht des DAAD: Geschichtswissenschaften in Frankreich. Verzeichnis der Forschungszentren, Historikerverbände und gelehrten Gesellschaften, zusammengestellt von G. Verheyen, Bonn 1993, wurde leider bislang nicht aktualisiert.
    22. U.a. in französisch-luxemburgischer Kooperation R. Poidevin u. G. Trausch (Hrsg.), Les relations franco-luxembourgeoises de Louis XIV à Robert Schuman, Metz 1978; S. Schirmann (Hrsg.), Organisations internationales et architectures européennes 1929-1939, Metz 2003.
    23. U.a. A. Bechelloni, M. Dreyfus u. R. Milza (Hrsg.), L'intégration italienne en France. Un siècle de présence italienne dans trois régions françaises (1880-1980), Brüssel 1995; R. Milza, Mussolini, Paris 1999.
    24. Vgl. E-D. Liechtenhan (Hrsg.), Europe 1946. Entre le deuil et l'espoir, Brüssel 1996.
    25. sup> A. Corvisier (Hrsg.), Histoire militaire de la France, 4 Bde., Paris 1992-1994; Bd. IV (Hrsg. A. Martel) betrifft die Zeit seit 1940. Im Überblick vgl. R Contamine, L'histoire militaire, in: Bédarida (Hrsg.), Métier, S. 359-67.
    26. Un siècle de protection sociale en Europe, Hrsg. v. Comité d'Histoire de la Sécurité sociale, Paris 2001.
    27. Vgl. die Beiträge in: Un regard français sur l'Allemagne. Le cas du Centre d'Etudes Germaniques, Revue d'Allemagne 34 No. 3. 2002; die Zeitschrift wird weitergeführt. Der Deutschlandforschung dienen gleichfalls die Zeitschriften Allemagne d'aujourd'hui (J. Vaillant) und Documents (H. Ménudier in Nachfolge von J. Rovan).
    28. Zu den ersten Publikationen des CIERA gehören die im März 2002 in Paris abgehaltenen interdisziplinären Assises de la recherche française sur l'Allemagne, in: Allemagne d'aujourd'hui No. 201. 2002; den Bericht für die Geschichtswissenschaft erstattete Jean Solchany. In Kürze erscheint eine Enquete zur französischen Deutschlandforschung; das Frankreich-Zentrum der Universität Leipzig hat 2003 eine Parallel-Enquete zur deutschen Frankreich-Forschung vorgelegt.
    29. Im Auftrag des Komitees erschienen zweisprachig: Eliten in Deutschland und Frankreich im 19. und 20. Jahrhundert — Strukturen und Beziehungen, Bd. I, Hrsg. v. R. Hudemann u. G.-H. Soutou, München 1994, Bd. II, Hrsg. v. L. Dupeux, R. Hudemann u. F. Knipping, ebd. 1996; C. Baechler u. K.-J. Müller (Hrsg.), Dritte in den deutsch-französischen Beziehungen, ebd. 1996; I. Mieck u. P. Guillen (Hrsg.), Nachkriegsgesellschaften in Deutschland und Frankreich im 20. Jahrhundert, ebd. 1998; dies. (Hrsg.), Deutschland, Frankreich, Rußland: Begegnungen und Konfrontationen, ebd. 2000. In Vorbereitung sind u. a. Bände zur Bildungsgeschichte und zu den Beziehungen beider Länder zum nordamerikanischen Subkontinent.
    30. J. Meyer, Le poids de l'Etat, Paris 1983.
    31. E. Braudel u. E. Labrousse (Hrsg.), Histoire économique et sociale de la France; Bd. 4.1 — 4.3: L'Ere industrielle et la société d'aujourd'hui 1880-1980, Paris 1979-1982.
    32. Die um 1994 endenden Statistiken bei G. Noiriel, Histoire contemporaine, S. 129 ff. zeigen, dass die Wirkung der Annales zumindest im Hinblick auf ihren Anteil an der Zahl der insgesamt in Frankreich angefertigten Dissertationen und Habilitationen nicht überschätzt werden sollte; die Zahlen weisen die Zeitgeschichte aber nicht getrennt aus.
    33. A. Siegfried, Tableau politique de la France de l'Ouest sous la Troisième République, Paris 1913,21964.
    34. Scharfe Selbstkritik in dieser Hinsicht bei Favre, Science politique.
    35. P. Renouvin u. J.-B. Duroselle, Introduction a l'histoire des relations internationales, Paris 1964,41991.
    36. R. Rémond (Hrsg.), Pour une histoire politique, Paris 1988; S. Berstein u. P. Milza (Hrsg.), Axes et méthodes de l'histoire politique, Paris 1998.
    37. Zur Abneigung gegen „Geschichtsphilosophie” (im Original deutsch) vgl. kritisch etwa Jean Glénisson, L'historiographie française contemporaine: tendances et réalisations, in: La recherche historique en France de 1940 à 1965, S. IX-LXIV, hier S. IX f.
    38. Jeder zitierte Titel steht, auch wenn er aus Raumgründen nicht genauer charakterisiert werden kann, im jeweiligen Zusammenhang für einen inhaltlichen, methodischen oder geographischen Typus von Publikation.
    39. Vgl. u. a. R. Rémond u. J.-F. Sirinelli, Notre siècle de 1918 à 1995 (= Jean Favier Hrsg., Histoire de France, Bd. 6), Paris 21996; dt. Ausg. der 1. Auflage 1988: Frankreich im 20. Jahrhundert, 2 Bde., Stuttgart 1993-1995. Methodisch weit gespannt sind die betreffenden Bände 13-20 der Nouvelle Histoire de la France contemporaine. Sozialgeschichtlich orientiert: Y. Lequin (Hrsg.), Histoire des Français. XIXe—XXe siècles, 3 Bde., Paris 1983-1984. M. Cointet, Histoire culturelle de la France 1918-1958, Paris 21989.
    40. A. Prost, Petite Histoire de la France au XXe siècle, Paris 52000; F. Caron, Histoire économique de la France. XIXe-XXe siècles, Paris 31995; in Öffnung zu Fragestellungen politischer Kultur: J.-F. Sirinelli (Hrsg.), Dictionnaire historique de la vie politique française au XXe siècle, Paris 1995.
    41. G. Hermet, L'Espagne au XXe siècle, Paris 1992, mit einem anregenden Schwerpunkt auf der politischen und gesellschaftlichen Macht der Kirche (vgl. ders., Les catholiques dans l'Espagne franquiste, 2 Bde., Paris 1980-81); problemorientiert J. Marcadé, Le Portugal au XXe siècle 1910-1985, Paris 1988; im gerafften Überblick M.-T. Bitsch, Histoire de la Belgique, Paris 1992; A. Wahl, Histoire de la République fédérale d'Allemagne, Paris42000; stark problem- und forschungsorientiert: J. Solchany, L'Allemagne au XXe siècle. Entre singularité et normalité, Paris 2003.
    42. F. Bédarida, La société anglaise du milieu du XIXe siècle à nos jours, Paris 1976, aktualisierte Ausg. 1990; P. Guillen, La question allemande (1945-1995), Paris 1996; L. Du-peux, Histoire culturelle de l'Allemagne 1919-1960, Paris 1989; M. Hau, Histoire économique de l'Allemagne. XIXe—XXe siècles, Paris 1994.
    43. Problemorientierter Überblick von N. Rousselier in Bédarida (Hrsg.), Métier, S. 127-46. Es ist bedauerlich, dass die Revue historique seit einem guten Jahrzehnt die früher breitgefächerte und systematische Forschungsinformation ausgedünnt hat, von Teildisziplinen wie der Musikgeschichte abgesehen. Für den Gesamtbereich der Geschichtswissenschaften fehlt in Frankreich damit ein zentrales Informations- und Rezensionsorgan, wie es viele andere Länder aufweisen.
    44. P. Ory, Les collaborateurs 1940-1945, Paris 1976; D. Veillon, La Collaboration. Textes et débats, Paris 1984.
    45. R. Paxton, Vichy France: Old Guard and New Order, 1940-1944, New York 1972, frz.: La France de Vichy, Paris 1973; vgl. Rez. von G. Soutou in: Revue Historique 254. 1975, S. 494-500.
    46. Unter den frühen wissenschaftlichen Arbeiten: C. Lévy u. P. Tillard, La grande rafle du Vel d'Hiv (16 juillet 1942), Paris 1967, 21992. Besonders öffentlichkeitswirksam wurden die Publikationen des Rechtsanwaltes S. Klarsfeld, u. a.: Mémorial de la déportation des juifs de France, Paris 1978. Spiegel der wachsenden Zusammenarbeit von Regierung und Wissenschaft, hier hinsichtlich der umstrittenen damaligen Erfassung jüdischer Bürger durch die Verwaltung: Le „Fichier Juif”. Rapport de la commission présidée par René Rémond au Premier Ministre, Paris 1996.
    47. B. Lambauer, Otto Abetz et les Français ou l'envers de la Collaboration, Paris 2001.
    48. J.-P. Brunet, Jacques Doriot. Du communisme au fascisme, Paris 1986; J.-P. Azéma u. F. Bédarida (Hrsg.), La France des années noires, 2 Bde., Paris 1993, Neuausg. 2002; M.O. Baruch, Servir L'État français. L'administration en France de 1940 à 1944, Paris 1997; ders., Le Régime de Vichy, Paris 1996, dt. Stuttgart 2000.
    49. M. Margairaz, L'État, les finances et l'économie. Histoire d'une conversion 1932-1952, 2 Bde., Paris 1991; P. Mioche, Le Plan Monnet. Genèse et élaboration 1941-1947, Paris 1987; C. Andrieu, La Banque sous l'Occupation. Paradoxes de l'histoire d'une profession 1936-1946, Paris 1990; J.-M. Dreyfus, Pillages sur ordonnances. Aryanisation et restitution des banques en France 1940-1953, Paris 2003.
    50. J.-P. Rioux (Hrsg.), La vie culturelle sous Vichy, Brüssel 1990; F. Muel-Dreyfus, Vichy et l'éternel féminin, Paris 1996.
    51. H. Rousso, Le Syndrome de Vichy de 1944 à nos jours, Paris 1990; A. Wahl (Hrsg.), Mémoire de la Seconde Guerre Mondiale, Metz 1984, unter anderem die besonders tabu-belastete Problematik der für die Wehrmacht zwangsrekrutierten Elsässer und Lothringer aufarbeitend. Zu den vielen Schattierungen von „Kollaboration” im Alltag: P. Laborie, L'opinion française sous Vichy, Paris 1990, sowie J.-P. Azéma u. F. Bédarida (Hrsg.), Le régime de Vichy et les Français, Paris 1992.
    52. R. u. M. Cornevin, Geschichte Afrikas von den Anfängen bis zur Gegenwart, Frankfurt u. a. 1980.
    53. Charakteristisch dafür etwa das Werk von C. Coquery-Vidrovitch, u. a.: Afrique noire. Permanences et ruptures, Paris 21992; F. Bernault, Démocraties ambiguës en Afrique centrale. Congo-Brazzaville, Gabon: 1940-1965, Paris 1996.
    54. Zahlreiche Ansätze dazu, gerade auch von in Frankreich ausgebildeten Historikern, beispielsweise in: Histoire générale de l'Afrique, Bd. 8: L'Afrique depuis 1935, Hrsg. im Auftrag der UNESCO v. Ali A. Mazrui u. C. Wondji, Paris 1998.
    55. J. Marseille, Empire colonial et capitalisme français, Paris 1984.
    56. Im Überblick z. B. D. Bouche, Histoire de la colonisation française, Bd. 2: Flux et reflux (1815-1962), Paris 1991; C. Coquery-Vidrovitch u. C.-R. Ageron, Histoire de la France coloniale, Bd. 3: Le déclin, Paris 1991; C.-R. Ageron, La décolonisation française, Paris 1991.
    57. H. Alleg (Hrsg.), La guerre d'Algérie, 3 Bde., Paris 1981; C.-A. Julien, Le Maroc face aux impérialismes 1415-1956, Paris 1978.
    58. J. Dalloz, La guerre d'Indochine 1945-1954, Paris 1987, Ndr. 1998; D. Artaud u. L. Kaplan (Hrsg.), Diên Biên Phu. L'Alliance atlantique et la défense du Sud-Est asiatique, Lyon 1989.
    59. J.-P. Rioux (Hrsg.), La guerre d'Algérie et les Français, Paris 1990; H. Hamon u. P. Rotman, Les porteurs de valises. La résistance française à la guerre d'Algérie, Paris 21982.
    60. Synthesen der breit gefächerten Arbeiten bei B. Stora, Histoire de la guerre d'Algérie (1954-1962), Paris 21995, und A.-G. Slama, La guerre d'Algérie. Histoire d'une déchirure, Paris 1996.
    61. J.-P. Brunet, Charonne. Lumières sur une tragédie, Paris 2003, zu der Verfolgung in Paris 1962.
    62. R. Rémond, La droite en France, Paris 1954 (seit der 4. Aufl. 1982: Les droites en France); J. Touchard, La gauche en France depuis 1900, Paris 1977; J.-F. Sirinelli (Hrsg.), Histoire des droites en France. De la Révolution à nos jours, 3 Bde., Paris 1992; E Roth (Hrsg.), Les modérés dans la vie politique française 1870-1965, Nancy 2000; L. Dupeux, Aspects du fondamentalisme national en Allemagne de 1890 à 1945, Straßburg 2001; J.-P. Cahn, Le Parti social-démocrate allemand et la fin de la Quatrième République française (1954-1958), Bern u. a. 1996; A. Wahl, Les forces politiques en Allemagne. XIXe—XXe siècle, Paris 1999.
    63. S. Courtois u. M. Lazar, Maisons rouges. Les partis communistes français et italien de la Libération à nos jours, Paris 1992; J.-J. Becker, Le Parti communiste veut-il prendre le pouvoir? La stratégie du PCF de 1930 à nos jours, Paris 1981; P. Buton, Les lendemains qui déchantent. Le Parti Communiste Français à la Libération, Paris 1993; P. Broué, Communistes contre Staline. Massacre d'une génération, Paris 2003.
    64. Léon Blum Chef de Gouvernement 1936-1937, Paris 1967; Le gouvernement de Vichy 1940-1942, Paris 1972; De Gaulle en son siècle, Hrsg. v. Institut Charles de Gaulle, 6 Bde., Paris 1992; Georges Pompidou et l'Europe, Hrsg. v. Association Georges Pompidou, Brüssel 1995; S. Berstein, P. Milza u. J.-L. Bianco (Hrsg.), Les années Mitterrand. Les années du changement (1981-1984), Paris 2001; in Kürze erscheinen die Beiträge eines Kolloquiums zu dem ersten Premierminister der V. Republik Michel Debré (2002).
    65. P. Barrai, Les agrariens français de Méline à Pisani, Paris 1968; S. Guillaume, Le consensus à la française, Paris 2002.
    66. J.-P. Rioux u. J.-F. Sirinelli (Hrsg.), Histoire culturelle de la France, Bd. 4: Le temps des masses. Le XXe siècle, Paris 1998; dies (Hrsg.), La culture de masse en France de la Belle Époque à aujourd'hui, Paris 2002.
    67. A. Wahl (Hrsg.), Des jeux et des sports, Metz 1986; A. Rauch, Vacances en France de 1830 à nos jours, Paris 1996; J.-F. Sirinelli, Les baby—boomers. Une génération, 1945 — 1969, Paris 2003.
    68. P. Fridenson, Histoire des usines Renault, Bd. 1, Paris 1972, Ndr. 1998 (Bd. 2 vor dem Abschluß); A.-S. Perriaux, Renault et les sciences sociales 1948-1991, Paris 1999; E. Bussière, Paribas, 1872-1992: L'Europe et le monde, Antwerpen 1992; A. Beltran u. P.A. Carré, La fée et la servante. La société française face à l'électricité. XIXe—XXe siècle, Paris 1991.
    69. S. Berstein (Hrsg.), La démocratie libérale, Paris 1998; M.-A. Matard-Bonucci (Hrsg.), La démocratie au XXe siècle. Europe de l'Ouest et États-Unis, Paris 2000.
    70. J. Bariéty, Les relations franco-allemandes après la Première guerre mondiale 10 novembre 1918 — 10 janvier 1925, Paris 1977; G.-H. Soutou, L'alliance incertaine. Les rapports politico-stratégiques franco-allemands 1954-1996, Paris 1996; ders., La guerre de Cinquante Ans. Les relations Est-Ouest 1943-1990, Paris 2001; M. Vaïsse, La grandeur: Politique étrangère du Général de Gaulle, 1958-1969, Paris 1998.
    71. R. Frank, La hantise du déclin. Le rang de la France en Europe 1920-1960: Finances, défense et identité nationale, Paris 1994; J.-P. Cahn u. K.-J. Müller, La République fédérale d'Allemagne et la Guerre d'Algérie (1954-1962). Perception, implication et retombées diplomatiques, Paris 2003.
    72. A. Wahl (Hrsg.), Sports et relations internationales, Metz 1994. Methodische Anstöße gab wiederholt die Zeitschrift Relations internationales.
    73. Um noch einmal sachlich unterschiedlich orientierte Beispiele aus der Deutschlandforschung heranzuziehen: C. Defrance, La politique culturelle de la France sur la rive gauche du Rhin 1945-1955, Straßburg 1994; S. Schirmann, Les relations économiques et financières franco—allemandes: 24 décembre 1932-1er septembre 1939, Paris 1995; S. Lefèvre, Les relations économiques franco—allemandes de 1945 à 1955, Paris 1998; G. RoucheMaelstaf, Les responsables français, le statut international de l'Allemagne et le problème de l'unité allemande (1945-1955), Paris o. J. (2000).
    74. Patrick Weil, La France et ses étrangers. L'Aventure d'une politique de l'immigration de 1938 à nos jours, Paris 1991; G. Noiriel, La Tyrannie du National. Le droit d'asile en Europe, Paris 1991, dt. Lüneburg 1994; J.-P. Brunet (Hrsg.), Immigration, vie politique et populisme en banlieue parisienne (fin XIXe—XXe siècles), Paris 1995.
    75. Breit angelegt P. Gerbet, La construction de l'Europe, Paris 1994; konzentriert M.-T. Bitsch, Histoire de la construction européenne de 1945 à nos jours, Brüssel 2001; E. du Réau, L'idée d'Europe au XXe siècle, Brüssel 2001; J.-L. Quermonne, Le système politique de l'Union européenne, Paris 1994.
    76. R. Poidevin, Robert Schuman homme d'Etat 1886-1963, Paris 1986; ders. u. D. Spierenburg, Histoire de la Haute Autorité de la Communauté Européenne du Charbon et de l'Acier, Brüssel 1993.
    77. P. Mélandri, Les États-Unis face à l'unification de l'Europe 1945-1954, Paris 1980; G. Bossuat, La France, l'aide américaine et la construction européenne 1944-1954, Paris 1997; M.-T. Bitsch (Hrsg.), Le couple France-Allemagne et les institutions européennes. Une postérité pour le plan Schuman? Brüssel 2001.
    78. S. Schirmann, Crise, coopération économique et financière entre États européens 1929-1933, Paris 2000. Den Methodenfächer spiegelt der von R. Girault 1990 angeregte internationale Forschungsverbund wider: R. Girault (Hrsg.), Identité et conscience européennes au XXe siècle, Paris 1994, sowie die von R. Frank und M.-T. Bitsch geprägte Nachfolgegruppe zur Rolle der Regionen in Europa. Daraus hervorgegangen z. B. in französisch-belgischer Kooperation: E. Bussière u. M. Dumoulin (Hrsg.), Milieux économiques et intégration européenne en Europe occidentale au XXe siècle, Arras 1998.
    79. In französisch-schweizerischer Kooperation: R. Delort u. F. Walter, Histoire de l'environnement européen, Paris 2001; L. Gervereau, Histoire du visuel au XXe siècle, Paris 22003.
    80. Vgl. C. Carlier u. S. Martens (Hrsg.), La France et l'Allemagne en guerre. Septembre 1939 — novembre 1942, Paris 1990; S. Martens u. M. Vaïsse (Hrsg.), Frankreich und Deutschland im Krieg (November 1942-Herbst 1944), Bonn 2000.
    81. Auf Deutschland bezogene Beispiele: M. Grunewald u. J. Schlobach (Hrsg.), Médiations — Vermittlungen. Aspekte der deutsch-französischen Beziehungen vom 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart, 2 Bde., Bern u. a. 1992; J. Gandouly, Pédagogie et enseignement en Allemagne de 1800 à 1945, Straßburg 1997; J. Nurdin, Le rêve européen des penseurs allemands (1700-1950), Lille 2003.
    82. H. Miard-Delacroix, Question nationale allemande et nationalisme. Perceptions françaises d’une problématique allemande au début des années cinquante, Villeneuve d’Ascq 2004.
    83. Der methodische Fächer ist breit: A. Lattard, Gewerkschaften und Arbeitgeber in Rheinland-Pfalz unter französischer Besatzung 1945 bis 1949, Mainz 1988; G. Krebs u. G. Schneilin (Hrsg.), L'Allemagne 1945-1955. De la capitulation à la division, Asnières 1996; M. Hubert, L'Allemagne en mutation. Histoire de la population allemande depuis 1815, Paris 1995.
    84. Vgl. etwa die Kommentare von H. Kaelble, stets ein ebenso kritischer wie wohlwollender Beobachter, in: Bédarida (Hrsg.), Métier, S. 405-408.