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Angelika Epple

Globalisierung/en

Version: 1.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 11.06.2012
https://docupedia.de//zg/Globalisierung

DOI: https://dx.doi.org/10.14765/zzf.dok.2.273.v1

Artikelbild: Globalisierung/en

Obaysch, erstes Nilpferd des London Zoo, 1852. Foto: Don Juan Carlos Maria Isidro de Borbón <a rel="nofollow" class="external text" href="http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Obaysch_1852.jpg?uselang=de">Wik… Commons</a> (<a rel="nofollow" class="external text" href="http://de.wikipedia.org/wiki/Gemeinfreiheit#Public_Domain">gemeinfrei</…;)<br>Obaysch ist eine kleine Insel im Weißen Nil (Sudan). Sie war Geburtsort und Namensgeberin eines bis heute in London berühmten Flusspferdes <a href="#Bildlegende">mehr...</a>

Globalisierung ist in Wissenschaft und Feuilleton ein allgegenwärtiger Begriff. Angelika Epple diskutiert in ihrem Beitrag die wichtigsten Merkmale des Globalisierungsphänomens und bietet einen einführenden Überblick in die neuere Forschung. Das weit verbreitete Unbehagen am Globalisierungsbegriff macht sich bei den meisten seiner Kritiker daran fest, dass er eine lineare historische Entwicklung in der Tradition der Modernisierungstheorie impliziert. Epple plädiert deshalb dafür, den Begriff im Plural zu verwenden, da es sich um einen asymmetrischen und vielschichtigen Verflechtungsprozess unterschiedlicher Geschwindigkeiten handelt, der von Individuen und Kollektiven vorangetrieben, gebremst, transformiert und verändert werden kann.

Globalisierung/en

von Angelika Epple

Der Begriff „Globalisierung” ist in Wissenschaft und Feuilleton allgegenwärtig. Und dennoch herrscht keinerlei Einigkeit, was unter ihm zu verstehen oder wie die Geschichte der Globalisierung zu schreiben sei. Viele bezeichnen mit „Globalisierung” schlicht eine wirtschaftliche Entwicklung, die die Welt enger zusammenrücken ließ. Eine solche Globalisierungsgeschichte könnte im 16. Jahrhundert beginnen, als sich zum ersten Mal mit dem Silberhandel ein Handelsnetz um die ganze Welt erstreckte. Man könnte jedoch auch argumentieren, dass erst mit dem Aufkommen global handelnder Netzwerke, mit den Chartered Companies im 17. Jahrhundert oder den ersten Multinationals im 19. Jahrhundert die Globalisierung eingesetzt habe.[1]

Die Konzentration auf eine ausschließlich wirtschaftliche Entwicklung wäre jedoch eine starke Engführung des Begriffs. Man denke nur an das Völkerrecht, das im Zeichen des Kolonialismus seit der spanischen Spätscholastik diskutiert wurde, an die Uniformierung von Kleidungs- und Verhaltensweisen in der internationalen Diplomatie, aber auch an mediale Weltereignisse und viele andere wichtige Entwicklungen, die in einer von ökonomischen Themen dominierten Globalisierungsgeschichte keinen Platz hätten. Eine Begriffsbestimmung sollte also umfassender sein und alle denkbaren historischen Themen einbeziehen.

Eine mögliche erste Definition lautete dann: Globalisierung bezeichnet die Entwicklung globaler Interaktionen. Dabei kann es sich um eine Intensivierung dieser Interaktionen handeln – im wirtschaftlichen oder technologischen Bereich war dies meist der Fall – oder um eine, vielleicht auf bestimmte Phasen beschränkte Auseinanderentwicklung, um eine umfassende Beschleunigung oder um eine Verlangsamung. Umfassende Globalisierungsgeschichte ist somit ein Unterthema der Globalgeschichte,[2] ein Unterthema, das auf die Prozesshaftigkeit der Globalgeschichte fokussiert. Eine solche Begriffsdefinition wirft jedoch weitere Fragen auf.

Was genau soll „das Globale” sein, auf das der Begriff verweist? Ist Globalität eine räumliche Kategorie und schließt alle Kontinente, Weltregionen, Länder, Städte, Dörfer, Landschaften, Berge, Täler, Seen, Bäche und Meere ein? Oder bezieht sich „Globalität” auf alle Lebewesen, auf Mentalitäten, Handlungen, Praktiken? Diese Fragen teilt die Globalisierungs- mit der Globalgeschichte. Darüber hinaus ist der Begriff „Globalisierung” mit der zusätzlichen Schwierigkeit behaftet, dass er als Prozessbegriff eine historische Entwicklung mit einem einzigen Terminus fassen will. Ist das theoretisch und historisch gesehen sinnvoll? Werden mit ihm nicht historische Komplexität, Widersprüchlichkeit, gegenläufige Tendenzen und Zufälligkeit glatt gebürstet und verfälscht? Pointiert wird diese doppelte Skepsis von Frederick Cooper auf den Punkt gebracht: Er habe zwei Probleme mit dem Konzept der Globalisierung, „first the ‚global', and second the ‚ization'”.[3]

Eine überzeugende Begriffsdefinition muss sich an diesen berechtigten Kritikpunkten messen lassen. Sie könnte folgendermaßen lauten: Globalisierung ist ein asymmetrischer, pluralistischer, nicht-linearer, nicht-teleologischer und ein vielschichtiger Verflechtungsprozess unterschiedlicher Geschwindigkeiten, der von Individual- und Kollektivakteuren vorangetrieben, gebremst, transformiert und verändert wird. Es ist daher sinnvoll, den Begriff im Plural zu verwenden und von „Globalisierungen” zu sprechen. Mit der Verwendungsweise im Plural kann zugleich dem Anliegen Ausdruck verliehen werden, dass es keine eindimensionale allumfassende Entwicklung mit einheitlicher Periodisierung geben kann.[4] Periodisierungen, das ureigene Geschäft von Historikern, werden dann zu einer Frage des jeweiligen Themas. Sie werden in Südkorea anders ausfallen als in Ost-Westfalen-Lippe.

Um dieses Definitionsangebot von Globalisierung/en einzuholen, möchte ich im Folgenden verschiedene Vorschläge vorstellen, wie Globalisierung – sei es im Singular, sei es im Plural – sowohl konzeptionell als auch historisch bestimmt worden ist. Zur Eröffnung der Debatte stelle ich wesentliche Merkmale der Globalisierung für schnelle Leser vor. Im Anschluss diskutiere ich die langen Schatten der Modernisierungstheorie exemplarisch anhand wichtiger soziologischer Globalisierungskonzepte und ausgewählter Kritiker. In einem nächsten Schritt wende ich mich dann den derzeitig viel diskutierten historischen Großentwürfen zu und frage, welchen Globalisierungsbegriff sie entwickeln oder voraussetzen. Zwar werden diese Geschichtsentwürfe häufig anderen Gebieten – sei es der Imperien-, Verflechtungs- oder Globalgeschichte – zugeordnet, hier werden sie jedoch auf ihr Globalisierungsverständnis hin befragt.[5] Dies führt mich abschließend zu der Definition der Globalisierung als eines vielschichtigen Verflechtungsprozesses unterschiedlicher Geschwindigkeiten und gegenläufiger Bewegungen zurück und erlaubt mir ein kurzes Fazit „von unterwegs”.

Merkmale der Globalisierung für schnelle Leser

In ihrer ebenso knappen wie gelungenen Einführung in die „Geschichte der Globalisierung” machen Jürgen Osterhammel und Niels P. Petersson drei Merkmale aus, die als kleinster gemeinsamer Nenner unterschiedlicher historischer Globalisierungsbefunde gelten können:[6] erstens der Bedeutungsverlust von Nationalstaaten durch die Verschiebung des Machtverhältnisses zwischen Staaten und Märkten zugunsten letzterer, zweitens die von Roland Robertson betonte Gleichzeitigkeit von Homogenisierung und Heterogenisierung in kultureller Hinsicht[7] und schließlich drittens die von David Harvey als „space-time-compression” bezeichnete Veränderung des Raum-Zeit-Verhältnisses.[8]

Mit dieser basalen Bestimmung ist schon viel gewonnen, wenn man sich im Dickicht der Begrifflichkeiten nicht verfangen möchte. Überzeugend ist die reflexive Erweiterung, die der Begriff durch Osterhammel/Petersson im Folgenden erfährt. Sie verwenden ihn wie einen „Suchscheinwerfer”, mit dem sie „in die Vergangenheit hineinleuchten, ohne das Ergebnis der Suche bereits vorwegzunehmen”. [9] Diese Überlegung verdeutlicht, warum es keine rein inhaltliche Definition von Globalisierung geben kann. John Darwin knüpft an diese Überlegung an, wenn er in der Einleitung zu „After Tamerlane” die grundlegende Ambivalenz des Begriffs betont: „Globalisierung” klinge, als bezöge sich der Begriff ausschließlich auf einen Prozess. Gleichzeitig verwendeten wir ihn aber, um auf einen Zustand zu verweisen. Globalisierung bezeichne unsere Gegenwart der „globalisierten Welt”. Daraus ergibt sich, dass unsere Gegenwartsdiagnose den historischen Befund wesentlich mitbestimmt.

Mit Darwin lässt sich nicht nur dieser Gedanke Osterhammels/Peterssons weiterführen, sondern auch zeigen, dass die Liste der drei Merkmale der Globalisierung leicht zu erweitern ist. Darwin nennt sechs Charakteristika, mit denen sich der gegenwärtige Zustand der Globalisierung fassen lasse: erstens das Aufkommen eines einzigen globalen Marktes, zweitens die intensive Interaktion zwischen räumlich weit entfernten Staaten, drittens die tiefe Durchdringung der meisten Kulturen durch global organisierte Medien, viertens das enorme Ausmaß von Migration und Diasporen, fünftens die Emergenz einer einzigen Hyperpower nach dem Ende des Kalten Krieges und schließlich sechstens die dramatische Wiederkehr von China und Indien als Produktionsländer.[10] Das bei Osterhammel/Petersson pointierte Merkmal des Wechselverhältnisses von Homo- und Heterogenisierung in kultureller Hinsicht wird hier zugunsten einer stärkeren politischen Akzentuierung (Hyperpower) in den Hintergrund gedrängt. Dass die Bedeutung der Märkte zunehme, wird auf die These der Herausbildung eines einzigen globalen Marktes zugespitzt.

Darwin reagiert damit, allerdings ohne dies explizit so zu formulieren, auf das Spannungsverhältnis von „global” und „ization”, auf das ich oben mit den Worten Frederick Coopers aufmerksam gemacht habe. Das „global” wird bei ihm durch die sechs Charakteristika definiert, mit denen er die Gegenwart umfassend zu beschreiben glaubt. Die große Bedeutung der Gegenwartsanalyse wirft allerdings für Historiker/innen schwierige Fragen auf. Wird in der Darwin'schen Definition der Prozess der Globalisierung nicht schlicht zur Vorgeschichte der gegenwärtigen, angeblich globalen Welt? Kann es mit ihr überhaupt gelingen, eine nicht-lineare Globalisierungsgeschichte zu verfassen? Im Grunde verweist dieses Dilemma auf die in der Osterhammel/Petersson'schen Definition gelassene Lücke: Kann ein „Suchscheinwerfer”, der nach Globalisierung in der Vergangenheit Ausschau hält, Geschichte tatsächlich ergebnisoffen erforschen, beschreiben und analysieren?

Globalisierung und der lange Schatten der Modernisierungstheorie

Seit den 1970er-Jahren wurde sehr viel mehr über Globalisierung theoretisiert, als dass ihre Geschichte empirisch eingeholt worden wäre. Wie bunt der Reigen der Theoretiker ist, zeigt jüngst ein von Ulf Engel und Matthias Middell herausgegebener Band, der 26 Porträts von Globalisierungstheoretikern unterschiedlicher Disziplinen enthält und als weiterzuführendes Projekt angelegt ist.[11] Zu Recht betonen die Herausgeber, der Begriff sei schillernd, eine Diagnose, die sich mit Blick auf die vorgestellten Entwürfe schnell bestätigen lässt. Leider ziehen die Herausgeber in ihrer Einleitung daraus die Konsequenz, sich bewusst von dem Anliegen abzuwenden, Globalisierung definieren zu wollen. Stattdessen einigen sie sich auf bestimmte Gesichtspunkte, unter denen „Bruchzonen der Globalisierung” betrachtet werden sollen: globale Verflechtung als Dialektik von flows und controls, Betonung der weltregionalen Unterschiedlichkeit, die Neuerörterung von Struktur und Ereignis und schließlich die Dialektik von De- und Reterritorialisierung.[12]

So bedauerlich eine Definitionsabstinenz sein mag, so ist sie doch eine verständliche Reaktion, betrachtet man die Definitionseuphorie zu Beginn der Globalisierungsdebatte. Die Klassiker der Globalisierungstheorien, häufig Soziologen, haben den Begriff mit einer doppelten Problematik belastet. Er kam in den 1960er-Jahren auf, wurde in der ökonomischen, ab den 1970er-Jahren in der soziologischen Diskussion aufgegriffen und in den 1990er-Jahren zum akademischen Modewort quer durch alle Disziplinen. Zumindest in den Anfängen war die Debatte um den Prozess der Globalisierung von Modernisierungstheorien geprägt,[13] bis der Begriff der Globalisierung den der Modernisierung weitgehend semantisch verdrängt hat.[14] Eine so verstandene Modernisierung/Globalisierung geht davon aus, dass es einen, wenn nicht festgelegten, so doch bevorzugten Weg von der Vormoderne zur Moderne hin zu unserer Gegenwart gäbe. Es würde an dieser Stelle zu weit führen, aus welchen Ingredienzien sich diese Theorie speist. Entscheidend für die daraus resultierenden Geschichtsentwürfe ist, dass gegenläufige Entwicklungen als unwesentlich für den historischen Verlauf angesehen und aus den Analysen ausgeschlossen werden. Gegenentwicklungen, Widerstände, Emergenz von Neuem konnten durch die Brille der Modernisierungs-/Globalisierungsgeschichte kaum erkannt werden. Schlimmer noch – und daher wird diese Kritik nicht zufällig prominent von dem Afrikahistoriker Cooper geäußert –, alle Regionen und Gesellschaften, die tatsächlich oder vermeintlich nicht von diesem Prozess erfasst wurden oder ihn scheinbar nicht beeinflussten, wurden als vormoderne, traditionale Gesellschaften mithin als unbedeutsam abqualifiziert.[15]

Auch wenn sich anspruchsvolle Großentwürfe von Historikern gegen einen zielgerichteten Prozess der Globalisierung in Richtung Moderne wenden, verdunkelt der lange Schatten der Modernisierungstheorie dennoch manche ihrer Entwürfe. Ganze Weltregionen, meist Afrika und Lateinamerika, werden ausgeblendet. Daraus leitet sich der zweite Kritikpunkt an den früheren Globalisierungskonzepten direkt ab: Der Begriff „Globalisierung” ist innerhalb eines akademischen Settings entstanden, das ihn zugleich mit einer historischen Interpretation belastet, die heute kaum noch geteilt wird. Europa und in Folge die USA, so die Annahme, seien das Zentrum der Weltgeschichte. Europa habe mithin die Welt zu einer Welt gemacht. Auch wenn Globalisierungshistoriker (wie Christopher Bayly und John Darwin) diese Sicht nicht vollständig stützen, sind sie doch davon geprägt oder schreiben (wie Reinhard Wendt und Jane Burbank/Frederick Cooper) gegen die Gleichsetzung von westlicher Modernisierung und Globalisierung empirisch fundiert an.

Wirkungsmächtig wurde die Verbindung von westlicher Modernisierung und Globalisierung von Anthony Giddens in die soziologische Diskussion eingeführt: Die Moderne sei in ihrem inneren Wesen auf Globalisierung angelegt, insofern als das soziale Leben an einem bestimmten Ort und in einer bestimmten Situation zunehmend durch Interaktionen über weite Entfernungen hinweg geprägt sei. Diese gegenseitige Beeinflussung weit entfernter Orte fasst Giddens in einem dialektischen Prozess als „Ent-bettung” und „Rück-bettung”: Lokale Ereignisse können weit entfernte beeinflussen, müssen dort aber lokal eingebettet werden. Die Ausdehnung sozialer Beziehungen gehe daher mit dem Druck einer größeren Autonomie lokaler und regionaler Identität einher.[16]

Auf den ersten Blick erscheint eine solche Definition von Globalisierung nicht eurozentrisch. Dass sich weit entfernte Orte gegenseitig beeinflussen, ist ein Charakteristikum der globalisierten Welt, das kaum zu leugnen ist und vermeintlich ohne weltregionale Einfärbung auskommt. Erst auf den zweiten Blick wird deutlich, dass sich in der soziologischen auch eine historische These verbirgt, die ein eurozentrisches Geschichtsbild mittransportiert. Es ist die selbstverständlich in Europa verortete Moderne, die nach Giddens Diffusionskräfte entwickelt und in ihrem inneren Wesen auf Globalisierung angelegt ist. Diese Auffassung verbreitete sich schnell, obwohl zeitgleich die Kritik am Begriff der Moderne immer prägnanter formuliert wurde. Der Soziologe Paul Gilroy zum Beispiel hat die Grundfesten dieser Vorstellung mit der Studie „The Black Atlantic” zutiefst erschüttert.[17] Er argumentiert darin in kritischer Auseinandersetzung mit europäischen Philosophen wie Locke, Burke, Hegel, Kant und Nietzsche, dass Sklaverei, Terror und Gewalt zum Projekt der Moderne selbst gehören und ein „doppeltes Bewusstsein” (W.E.B. Du Bois) afrikanischer Diasporaintellektueller erzeugten.[18] Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts habe sich daraus eine „Gegen-Moderne” entwickelt, die zu einer schwarzen Lesart der Hegel'schen Herr-Knecht-Dialektik geführt habe. Es gibt demnach keine eindeutig „westliche” Moderne, die sich global ausgebreitet hat. Verflechtungen werden bei Gilroy historisiert, aber nicht in dem Globalen aufgelöst. Er zieht ähnliche Konsequenzen wie Cooper und löst das Transnationale in den hybriden Verflechtungsraum des „Black Atlantic” auf, ohne es an das Globale zurückzubinden.[19]

Solche empirisch validen, historischen Überlegungen fanden jedoch in das Globalisierungsverständnis vieler Soziologen keinen Eingang. So hat zum Beispiel Ulrich Beck mit klugen Argumenten auf die politische Dimension der Globalisierung abgehoben, indem er Globalisierung als Prozess fasste, der die Souveränität des Nationalstaates durch transnationale Akteure und Netzwerke unterwandere.[20] Das Historische des Transnationalen (siehe Gilroy) wird dabei völlig übersehen. Stattdessen unterstellt Beck einer staatlichen Ordnung (id est dem Nationalstaat) im ersten Schritt eine dominante Bedeutung, um dann im zweiten Schritt zu behaupten, diese Bedeutung löse sich nun auf. Beides sind historische Befunde, an denen Arbeiten von Darwin, Bayly, Burbank/Cooper, Gilroy, Osterhammel, Wendt erhebliche Zweifel wecken. Das heißt keineswegs, dass in soziologischen Entwürfen nicht auch viele wichtige und weiterführende Gedanken formuliert worden wären. Ulrich Beck war es, der in diesem Zusammenhang auf den „methodischen Nationalismus” der Soziologie hinwies und die viel zitierte Vorstellung des „Container-Modells” kritisierte.[21] Weder Gesellschaften noch Nationen seien als geschlossene Behälter (Container) zu verstehen, deren Inhalt störungsfrei untersucht werden könne.

Das transnationale Paradigma hat daher zu recht im Anschluss über viele Jahre die Diskussion dominiert. Eine Verbindung mit Global- oder Globalisierungsgeschichte wurde dabei nicht notwendiger Weise angestrebt. Das transnationale Paradigma hat zwar das Interesse an der Analyse von Netzwerken neu belebt, die Fragen nach dem Globalen traten jedoch häufig in den Hintergrund. Wie immer gibt es auch hier prominente Ausnahmen. Manuel Castells verband eine Theorie der Globalisierung mit einem grundlegend transnationalen Ansatz. In seinem Werk über die Netzwerkgesellschaft hat er den Anspruch, die informationstechnische Revolution seit den 1970er-Jahren als Zeitalter der Globalisierung auszuweisen. Sein Verständnis von Lokalisierung wie das von Globalisierung bleiben allerdings gleichermaßen unpräzise. In seiner historischen Herleitung der Informationsrevolution greift er auf ein – in der Geschichtswissenschaft längst überkommenes – einseitig technisch orientiertes, eurozentristisches Verständnis der Industrialisierung zurück.[22]

Sollte der Versuch, Globalisierung theoretisch wie historisch überzeugend zu fassen, also aufgegeben werden? Wolfgang Knöbl führt uns in seiner wegweisenden Studie über die „Kontingenz der Moderne” vor Augen, worunter bisherige Versuche leiden. Er kommt darin zu einem wenig schmeichelhaften, aber überzeugenden Urteil über die Globalisierungstheoretiker seitens der Soziologie: Sie hätten die Schwächen der Modernisierungstheorie in keiner Weise behoben, sondern stattdessen einen problematischen, weil normativen Prozessbegriff durch einen „theoretisch relativ inhaltsarmen Begriff” ersetzt. Globalisierung bleibe mithin mehr eine Beschreibungskategorie als ein theoretisches Konzept.[23] Für Knöbl sind es, wie er am Beispiel der historischen Entwicklung der „Americas” vorführt, empirische Befunde der globalgeschichtlich orientierten Regionalgeschichten, die entscheidende Impulse für „kontingenzsensible Interpretationen”[24] der Vergangenheit lieferten. Historiker/innen kann eine solche Argumentation nur überzeugen.

So lässt sich für die Begriffsbestimmung festhalten, dass es zum einen notwendig ist, den Begriff der Globalisierung aus der Modernisierungstheorie zu lösen, und dass zum anderen die Heterogenität der unter dem Begriff des „Globalen” subsumierten Phänomene nicht geschliffen werden darf. Derzeitig scheint dieses Problem zu den fruchtbarsten Forschungskontroversen der Soziologie zu gehören.[25] Schauen wir nun aktuelle Geschichtsentwürfe an. Was setzen sie der Modernisierungstheorie entgegen? Wie fassen sie Globalisierung empirisch?

Globalisierungsgeschichte als Imperiengeschichte

John Darwins Konzeption der Globalisierung als Zustand haben wir schon kennengelernt, aber Darwin wäre kein Historiker, wenn er diesem globalisierten Zustand nicht eine Geschichte verleihen wollte. Seine Globalisierungsgeschichte kommt im Gewand der Imperiengeschichte daher und, wie im Laufe seiner Darstellung deutlich wird, orientiert sich stark an der Geschichte des British Empire. Darwin arbeitet sich in mehrfacher Hinsicht an modernisierungstheoretisch inspirierten Geschichtsentwürfen ab. Zunächst geht es ihm darum zu zeigen, dass es sich um eine lange, verschlungene und oft gewaltsame Geschichte handele, die von plötzlichen, unvorhersehbaren glücklichen oder unglücklichen Wendungen gezeichnet sei. Der Modernisierungstheorie mit ihrem linearen oder gar teleologischen Geschichtsentwurf erteilt er damit genauso eine Absage, wie er sich auch gegen eine Reduktion der Globalisierung auf das Entstehen eines freien Marktes, auf die Geschichte des Kapitalismus oder auf den Aufstieg des Westens wendet. Wertvoll ist die Erkenntnis, wie beschränkt und, historisch gesehen, jung die Macht von Nationalstaaten ist. Die Tatsache, wie stark Globalisierung von Wanderungsbewegungen und Diasporen geprägt ist, und die Durchlässigkeit von Grenzen treten dagegen in den Vordergrund. Indem er auf die Verbundenheit („connectedness”) des frühneuzeitlichen Europas und Asiens abhebt, lässt er die Geschichte der europäischen Expansion in einem neuen Licht erscheinen.

Europas welthistorische Bedeutung wird damit zugleich relativiert. Das Gravitationszentrum der modernen Weltgeschichte, so seine Hauptthese, habe in Eurasien gelegen. Die „eurasische Revolution” habe die Welt zwischen 1750 und 1830 so verändert, dass die nun von Europa dominierten Imperien des 19. Jahrhunderts hätten entstehen können. Unter der „eurasischen Revolution” fasst Darwin das Ineinanderwirken geopolitischen, ökonomischen und kulturellen Wandels. Hier entfaltet er ein für die Globalisierung grundlegendes historisches Argument, das Kenneth Pomeranz in die Debatte eingebracht hat: Das geopolitische Gleichgewicht der Kräfte habe sich erst um 1800 zugunsten Europas verschoben. Erst dann habe die ökonomische Vorherrschaft, die „Great Divergence” begonnen, mit der sich der Lebensstandard in Europa im Vergleich zu Asien dramatisch erhöhte.[26] Geopolitische und ökonomische Revolution hatten jedoch nur aufgrund einer dritten Umkehr wirksam werden können, die auf der kulturellen Ebene stattgefunden habe: Das neu entstehende Selbstverständnis einer überlegenen europäischen Zivilisation habe wesentlich zum neuen Ungleichgewicht beigetragen, so Darwin. Knapp einhundert Jahre nach einer weiteren Expansionswelle des „Greater Europe” (inklusive Nordamerika) ab den 1880er-Jahren habe sich dann der „knowledge gap” zwischen den Europäern und der „non-Western world” so sehr verbreitert, dass sich deren Überlegenheit bis hin zum Zweiten Weltkrieg verfestigte.

Was Darwins Erzählung auszeichnet, ist der Versuch, mit den Grenzen der Imperien immer auch die Geschichte der Globalisierung in ihre Grenzen zu verweisen. Eine genauere Betrachtung Asiens zeige zum Beispiel, dass das 19. Jahrhundert eine Geschichte der „Asian persistance and not of Asian defeat”[27] gewesen sei. Erst gegen Ende des 20. Jahrhunderts habe ein neuerliches geopolitisches Erdbeben die Welt grundlegend verändert: Nach der „Great Divergence” im 19. Jahrhundert, nach dem unvergleichlichen Aufstieg der USA in wirtschaftlicher und politischer Hinsicht im 20. Jahrhundert und nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und der wirtschaftlichen Öffnung Chinas sei erstmalig eine große „globale Konvergenz” entstanden. Darwin kommt damit bei seinem Ausgangspunkt der globalisierten Gegenwart an. In einem Satz lässt sich Darwins historische Diagnose folgendermaßen zusammenfassen: Die Geschichte der Globalisierung ist ein nicht-linearer, von Kontingenzen und Widerstand geprägter, von Eurasien vorangetriebener Prozess, der einen globalen Markt, globale Medien, weltweite Interaktion und Verbindungen sowie eine Wiederkehr Asiens als globalem Player entstehen ließ.

So überzeugend seine Ausführungen über weite Strecken sind, so sind auch die Kosten des historischen Wurfs nicht unbeträchtlich: Statt eines naiven Eurozentrismus in der Tradition der Kolonialgeschichte liefert er einen „Eurasozentrismus”, der ganze Weltregionen wie Afrika und Lateinamerika ausblendet. Ebenso schwerwiegend ist meines Erachtens ein anderer Kritikpunkt: Die Betonung der Verbundenheit eines „eurasischen Raumes” bietet bei ihm kaum Einblicke in Verflechtungen, Rückwirkungen, asymmetrische Durchdringungen und Beeinflussungen. Akteure werden, wenn es nicht gerade um vermeintlich zentrale Herrscherpersönlichkeiten geht, vollkommen ausgeblendet.

Wie sehr das jeweilige Gegenwartsverständnis die Geschichtserzählung beeinflusst, zeigt ein Blick in einen anderen imperialgeschichtlichen Großentwurf,[28] den Ian Morris vorgelegt hat. Wie Darwin setzt auch Morris den Beginn des 21. Jahrhunderts als Endpunkt seiner Erzählung. Die heutige globalisierte Welt sieht sich, so Morris, einem zweifachen Bedrohungsszenarium gegenüber: einem Atomkrieg oder einer globalen Umweltkatastrophe. Zwar geht in seiner eigenwilligen Definition des „Westens” die Geschichte viele Jahrhunderte ebenfalls von Eurasien aus, sie ist aber weder von Zufall/Kontingenz noch von Teleologie beherrscht. Eine spezifische Mischung aus Biologie („Menschen sind schlaue Schimpansen”) und Soziologie (gesellschaftliche Veränderungen) hätten eine Entwicklung provoziert, die von Gesetzmäßigkeiten geprägt sei. In ihr erkennt Morris ein Drehbuch, das im Osten wie im Westen eine gleiche Art von Geschichte hervorgebracht habe – wenn auch nicht notwendig zur gleichen Zeit und in der gleichen Geschwindigkeit.[29] Die Vormachtstellung des Westens, so seine Hauptthese, liege deshalb in einem Dritten begründet: der Geografie.

Auch hier gibt es Ähnlichkeiten zu Darwins Argumentation: Die örtlichen Umstände (Kohlevorkommen) hätten zur Dominanz des Westens und zur „großen Divergenz” in der Entwicklung des bis dato gleichen Lebensstandards in Ost und West geführt. Die angeblich einzigartigen „westlichen Werte” wie Freiheit, Vernunft und Toleranz, die für Vertreter der Modernisierungstheorie wesentliche Bausteine darstellten, spielten in der Globalisierungsgeschichte, so Morris, keine überragende Rolle. Globalisierung reduziert Morris auf einen räumlichen „Schrumpfungsprozess” der Welt von „large” über „middle” zu „small” und „tiny”.[30] Das ist eine ärgerliche Verkürzung eines komplexen Prozesses. Sprachlich witzig und originell von der Anlage her, behandelt das Buch ausschließlich politische Herrschaft und überzeitliche Gesetzmäßigkeiten. So zeigt sich bei Morris noch deutlicher als bei Darwin, dass eine Globalisierungsgeschichte im Gewande der Imperiengeschichte dazu neigt, erneut monolithische Einheiten ins Zentrum der Analyse zu stellen, obwohl doch beide gegen schlichte Modernisierungsannahmen anschreiben. Gibt es überzeugendere Anstrengungen, eine Globalisierungsgeschichte zu schreiben, die der Vielfalt der Prozesse, den gegenläufigen Tendenzen, den unterschiedlichen Teilbereichen und vor allem den menschlichen Akteuren jenseits großer Männer näherkommt?

Globalisierungsgeschichte als Verflechtungsgeschichte

Wie komplex sich im Vergleich zu Morris eine auf Verflechtungen und Verbindungen hin orientierte Globalisierungsgeschichte ausnimmt, zeigt der Blick auf zwei weitere Bücher. Christopher A. Bayly[31] behandelt in „Die Geburt der modernen Welt”, wie bereits der englische Untertitel des Originals betont, „globale Verbindungen und Vergleiche”. Wie Darwin hat er ein differenziertes Verständnis von globalisierter Welt und dem Prozess der Globalisierung. Der Gegenwartsentwurf beruht auf der Vorstellung, dass sich in Fragen des Staates, der Religion, der politischen Ideologien, des Wirtschaftslebens und der Körperpraktiken eine weltweite Uniformität herausgebildet habe.[32] Diese Uniformität sei auf die zunehmenden Verbindungen zwischen verschiedenen menschlichen Gesellschaften zurückzuführen. Der Prozess der Globalisierung gehe allerdings nicht in der Zunahme der Uniformität auf. Zugleich sei nämlich, so Bayly, der Sinn für Differenz und der Antagonismus, insbesondere zwischen Eliten, gestärkt worden.

Das Ineinandergreifen dieser beiden Kräfte sowie die genaue Bestimmung ihres Verhältnisses wird von Bayly theoretisch leider nicht weiter ausgeführt. Dennoch gelingt es ihm, empirisch zu zeigen, dass der Prozess der Globalisierung, wie dies Roland Robertson schon betont hatte,[33] keine schlichte Homogenisierung der Welt ist, sondern dass häufig Neues entsteht oder neue Differenzen markiert werden müssen. Die europäische Expansion zum Beispiel habe Staatenbildung von Persien bis nach Japan stimuliert. Dabei hätten sich je neue Mischverhältnisse und neue Formen der Staatlichkeit ausgebildet.[34] Die zunehmende internationale Uniformität sei im 19. Jahrhundert mit wachsenden Konflikten zwischen fest umrissenen Nationalstaaten einhergegangen.[35] Homogenisierung und Heterogenisierung, so möchte ich Bayly zuspitzen, bedingen sich gegenseitig. Die beiden Begriffe sollten, und hier gehe ich über Bayly hinaus, analytisch ausgewiesen und nicht dem Uniformierungsbegriff subsumiert werden. Sie sind nicht nur auf Entwicklungen in kultureller Hinsicht (vgl. die zitierte Merkmalsbeschreibung von Osterhammel/Petersson) zu beziehen, sondern sind ein grundlegender Motor von Globalisierungsprozessen. Globalisierung ist ein dialektischer Prozess von Annäherung und Abstoßung – ein Gedanke, den ich im Fazit erneut aufgreifen werde.

Baylys Globalisierungsgeschichte bietet wie Darwins Darstellung eine klare Großerzählung. Während bei Darwin der Aufstieg und letztlich die Durchsetzungsfähigkeit des Doppelkontinents Eurasien im Vordergrund stehen, bietet Bayly mit der Uniformierungsthese eine Großerzählung, die mehr umfasst als politische Herrschaft. Mit klaren Worten wendet auch er sich gegen die Vorstellung, Europa sei das Zentrum der Globalisierung seit 1500 gewesen. In einer Phase der Vorgeschichte und in Anschluss der „archaischen Globalisierung” in der Frühen Neuzeit, so führt er aus, sei die „Expansion Europas” lediglich eines von mehreren zeitgenössischen Beispielen der Globalisierung. Vor allem sei sie nicht Zeichen eines im Entstehen begriffenen Weltsystems, sondern von Vermischung und Hybridität geprägt.[36] Dem Wallerstein'schen Befund, demzufolge sich in Europa der Kapitalismus herausgebildet und aufgrund seiner inneren Logik zur Expansion über die ganze Welt verbreitet habe,[37] aber auch anderen Modernisierungstheorien wird also eine klare Absage erteilt. Im 19. Jahrhundert habe sich, so Bayly, eine internationale Gesellschaft ausgebildet, die mittelfristig von Europa aus dominiert worden sei.

Bayly betont dabei, dass die Charakteristika der „archaischen Globalisierung” ungeheure Beharrlichkeit gehabt hätten. Globale „archaische” Verbindungen, wie sie in dieser Phase durch Religion, Wirtschaft und weltweite Körperpraktiken ausgebildet worden seien, unterstützten die neue internationale Ordnung noch weit bis ins 19. Jahrhundert hinein.[38] Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hätten der Aufstieg des Staates, die Entstehung allgemeiner Konzepte von Religion und Nation und die Ausbreitung der kapitalistischen Wirtschaft zu einer immer größeren weltweiten Uniformität geführt. Zugleich seien die Gesellschaften aber auch komplexer und vielfältiger geworden.[39] Baylys Globalisierungsgeschichte, die überwiegend das 19. Jahrhundert behandelt, zielt darauf, einerseits sich überschneidende Netzwerke globaler Reichweite zu beschreiben und gleichzeitig die Machtunterschiede herauszuarbeiten. Nicht Wirtschaft, nicht Politik, nicht Kultur allein können Motor dieser Geschichte sein, sondern nur ein Ineinanderwirken verschiedener Kräfte, deren wichtigste, Bayly zufolge, die weltweite, keineswegs auf das protestantische Europa beschränkte „Revolution des Fleißes” (Jan de Vries) seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert darstellt.[40]

Bisher dürfte klar geworden sein, dass „Globalisierung” nicht auf das 20. Jahrhundert zu reduzieren ist. Und dennoch gibt es auch Verflechtungsgeschichten, die den Begriff dafür reservieren, ohne die jahrhundertealte Vorgeschichte zu negieren. Reinhard Wendts Ziel ist es, die Herausbildung eines globalen Interaktionsraums seit dem Kolonialismus nachzuzeichnen, der sich in der Folge zur Globalisierung Ende des 20. Jahrhunderts ausgewachsen habe.[41] Dabei geht Wendt den verschlungenen Wegen einzelner Menschen und kollektiver Akteure ebenso nach, wie er den Transfer von Ideen, Wissen, Technik und Waren nachzeichnet. Stets um Multiperspektivität bemüht, zeigt er Verflechtungen und Bewegungen in beiderlei Richtungen: Süd-Nord und Nord-Süd.

Überzeugend wählt er dabei eine sich überlappende Chronologie: das Zeitalter des Kronmonopolismus (1492-1820), die Zeit der „Chartered Companies” (1600-1857), die Phase der europäischen Dominanz (1857-1930) und schließlich Dekolonisation, Neokolonialismus, Globalisierung (1930-Gegenwart). Obwohl er also im hier vorgeschlagenen Sinne eine Globalisierungsgeschichte seit dem frühen 16. Jahrhundert schreibt, behält er selbst den Begriff „Globalisierung” erst dem ausgehenden 20. Jahrhundert vor, da sich hier die früheren Entwicklungen in ungekanntem Maße verstärkt hätten. Im ökonomischen Bereich profitierten überwiegend Unternehmen des globalen Nordens. Die Politik habe dem mit Deregulierungen – hier verweist er auf Weltbank, IWF, WTO – den Weg gebahnt.[42] Globalisierung setze Menschen in Bewegung, Arbeitsmigranten, Touristen, Flüchtlinge, Exilanten, aber auch kulturelle Entwicklungen lösten sich von einem festen Ort. Dies gelte für die Menschenrechte wie für die Geschlechtergleichheit, für die Demokratie wie für Lebensstile und Essgewohnheiten.

Im Gegensatz zu Bayly, dessen Uniformierungsthese er zurückweist, betont Wendt, dass dem Lokalen und dem Partikularen neue Aufmerksamkeit geschenkt würde, weil das Lokale gerade nicht das Traditionale sei, sondern ebenso Neues, Hybrides hervorbringe. Seine Großerzählung hat somit eine ganz andere, geradezu konträre Pointe: Die Begegnung des Lokalen mit dem Globalen war immer von mestizaje, Kreolisierung und Hybridisierung gekennzeichnet. Dass dies heutzutage mehr ins Bewusstsein der Wissenschaftler gelange, liege daran, dass es sich diese Prozesse nun auch in den Ländern des Nordens abspielten.[43] Obwohl in diesem Buch viel von europäischen Akteuren die Rede ist und es von einem deutschen Historiker für ein deutsches Lesepublikum verfasst wurde, hat Wendt dem Eurozentrismus und der Modernisierungstheorie eine überzeugende Absage erteilt. Sein Buch kommt über viele Jahrhunderte ohne den Begriff „Globalisierung” aus. Folgt daraus ein Verzicht auf das Globalisierungsparadigma?

Verzicht auf das Globalisierungsparadigma?

Mit einem klaren „Ja” würden dies Jane Burbank und Frederick Cooper beantworten. Die Expertin für das russische Weltreich und der Afrikahistoriker bieten in ihrem jüngsten Buch „Empires in World History”[44] eine Geschichte, die sich wie bei Darwin und Morris an der Abfolge der großen Imperien orientiert. Ins Zentrum ihrer Studie stellen sie imperiale Staatsformen und deren Repertoire an Handlungsweisen. Auch sie überwinden den Eurozentrismus via Imperiengeschichte, ersetzen ihn jedoch nicht durch einen Eurasozentrismus. Die sogenannte europäische Expansion wird in ihrer Darstellung zu einer Reaktion auf den durch das Mongolen- und in Nachfolge durch das Osmanische Reich ausgeübten Druck, der den Landweg ins China der Ming- und später der Qingdynastie erschwerte. Die Debatte um die „große Divergenz” aufgreifend, erweitern sie die häufig auf wirtschaftliche Argumente reduzierte Diskussion um eine wichtige Komponente: Sie heben die Bedeutung von Vorstellungswelten hervor: Nur weil das niemals ganz von politischer Herrschaft durchdrungene Britische Weltreich als moralischer Raum vorgestellt wurde, sei es möglich gewesen, die Abschaffung der Sklaverei trotz finanzieller Verluste durchzusetzen. Im Gegensatz zu Bayly, der mit dem entliehenen Theorem der „Revolution des Fleißes” der Geschichte eine klare Richtung verleiht, lässt sich bei Burbank/Cooper eine solche nicht finden. Imperien lösen sich gegenseitig ab, entstehen und vergehen, ohne dass die Reihung eine Entwicklungslinie ergeben würde. Und genau dies ist ihr Argument, warum eine Globalisierungsgeschichte den historischen Verlauf in ein unangemessenes Prokrustesbett zwängen würde.

Der imperiale Staat, so eine ihrer Hauptthesen, integriere – im Gegensatz zum Nationalstaat – immer neue Völker und erhalte dabei Hierarchien und Unterscheidungen aufrecht oder erzeuge immer neue. Statt einer Bayly'schen Uniformierung stellen sie die Politik der Differenz („politics of difference”) ins Zentrum. Diese konsequente Sichtweise auf den Gegensatz von heterogenen Imperien und nach Homogenität strebenden Nationalstaaten ist äußerst erhellend. Obwohl sich Burbank/Cooper also einer Großerzählung verweigern, lässt sich doch eine große These ableiten: Imperien eröffnen Räume, gedachte wie reale, und diese Räume begünstigen Verflechtungen und Verbindungen. Was Burbank/Cooper allerdings ablehnen, ist die Vorstellung eines gerichteten Prozesses. Und hier wird der Unterschied zur Globalisierungsgeschichte à la Darwin oder Bayly deutlich. Ihr Buch, eine gut lesbare, besonders für die Lehre geeignete Weltgeschichte, verweigert sich dem Globalisierungsparadigma explizit. Dies liegt nicht nur daran, dass sie sich gegen eine der Geschichte eingeschriebene Prozesshaftigkeit wenden. Es liegt auch daran, dass ihr Gegenwartsbefund ein anderer ist. Ihre Gegenwart würden sie nicht als globalisierten Zustand bezeichnen. Aber auch historisch lässt sich ihrer Meinung nach kein Globalisierungsprozess ausmachen. Globalisierung schreiben sie, wenn sich der Begriff nicht ganz vermeiden lässt, daher stets in Anführungszeichen. Sie betonen, dass selbst während des europäischen Hochimperialisimus weder politische Institutionen noch kapitalistische Ökonomien die Völker der Welt in ein einziges, von Europa ausgeworfenes Netz verwoben hätten. Genau dies aber implizierten die "images of 'globalization'". Statt eines allumfassenden und alles durchwirkenden Netzes ließen die europäischen Imperien fragmentierte Gesellschaften und eine große Disparität unterschiedlicher ökonomischer Bedingungen entstehen.[45]

Auch ein anderes, zu Recht hochgelobtes Buch „Die Verwandlung der Welt” von Jürgen Osterhammel entzieht sich dem Globalisierungsparadigma bewusst.[46] Es lässt sich zwar als Globalgeschichte, nicht aber als Globalisierungsgeschichte im hier diskutierten Sinne lesen. Und dennoch lässt sich an ihm – im Gegensatz zu „Empires” von Burbank/Cooper – zeigen, wie eine Globalisierungsgeschichte auszusehen hätte. „Die Verwandlung der Welt” wendet sich explizit gegen eine Großerzählung à la Bayly und erst recht gegen eine eindimensionale Prozesshaftigkeit der Geschichte. In den zwei Hauptteilen untersucht Osterhammel acht unterschiedliche Panoramen (z.B. „Sesshafte und Mobile”, „Städte” oder „Mächtesysteme” und „Revolutionen”) sowie sieben Themen (z.B. „Arbeit”, „Wissen”, „Hierarchien”) und verleiht jedem dieser Teilbereiche eine eigene Erzählung mit eigenen Tempi, Rhythmen, Binnenperiodisierungen. Wenn man dieses Buch unter das Globalisierungsparadigma fassen wollte, dann wäre dies nur möglich, wenn man den Globalisierungsbegriff pluralisierte, zahlreiche Globalisierungen unterschiede, ohne auf eine allumfassende, holzschnittartige Meta-Erzählung zu rekurrieren. Göran Therborn, der sich in anderem Zusammenhang ebenfalls für diesen Vorschlag stark gemacht hat, betont, dass der Singular die Gegenläufigkeit von Globalisierung und De-globalisierung in eine einzige umfassende Bewegung auflöse. Die Pluralisierung dagegen verhindere die Vorstellung, es gebe einen allumfassenden Prozess einer zielorientierten Globalisierung.[47] Und genau hierin sehe ich die Möglichkeit, zu einer überzeugenden Begriffsdefinition zu gelangen.

Ein Fazit von unterwegs

Das Unbehagen am Globalisierungsbegriff macht sich bei den meisten seiner Kritiker daran fest, dass er „Globalisierung” als eine lineare historische Entwicklung in der Tradition der Modernisierungstheorie darstelle. Meist von einem mehr oder weniger expliziten Eurozentrismus ausgehend, hebe er, den Kritikern zufolge, auf eine zunehmende Integration der Welt in ein Weltsystem oder eine Weltgesellschaft ab. Stattdessen solle deutlich gemacht werden, dass sich der Prozess der Globalisierung durch gegenläufige Tendenzen, durch Widerstände, durch die Entstehung von Neuem, durch Kontingenzen, Ambivalenzen und Phasen der De-globalisierung auszeichne. Diese seien kaum unter einem Oberbegriff zu fassen.

Eine Pluralisierung des Begriffs hilft, unterschiedliche Schichten der Globalisierung zu erfassen, auch wenn er dabei rein logisch auf den Singular verwiesen bleibt. Globalisierung ist ein sich intensivierender Prozess, der die Welt näher zusammenrücken lässt. Allerdings erfasst dieser Prozess nicht alle Menschen, Regionen, Gesellschaften gleichermaßen, und Globalisierung geht nicht in dem Prozess einer Verdichtung auf. Sie lässt zugleich die Welt auseinanderrücken. Dies lässt sich besser erkennen, wenn zwischen unterschiedlichen Globalisierungen unterschieden wird.

Neben der Pluralisierung scheint es ebenfalls notwendig, sich der doppelten Bedeutung des Begriffs als eines historischen Prozesses und als einer Zustandsbeschreibung der gegenwärtigen Welt bewusst zu sein. Die von Osterhammel/Petersson geforderte reflexive Wende, also das Nachdenken über den eigenen Standort und dessen Beeinflussung der historischen Erkenntnis, kann nicht stark genug betont werden. Ein Vergleich der imperialgeschichtlichen Globalisierungserzählungen von Darwin und Morris hat die Notwendigkeit der Standortbestimmung und deren Auswirkung auf die historischen Befunde klar hervortreten lassen. Da Morris die Gegenwart auf zwei Bedrohungsszenarien reduziert, fällt auch seine Globalisierungsgeschichte eindimensional aus. Darwin dagegen sieht erst in der Gegenwart die Nachwirkungen der weltweiten Spaltung „After Tamerlane” aufgelöst und erkennt eine globale Konvergenz ab dem Ende des 20. Jahrhunderts. Burbank/Cooper, die sich zwar ebenfalls an Imperien abarbeiten, können in ihrer Gegenwart kein Globales, dem eine eigene, neue Qualität zugeschrieben werden müsste, erkennen. Ihre Erzählung gerät dadurch zu einem immer wieder neu zu erklärenden Auf und Ab von Imperien und Machtverhältnissen. Die berechtigte Kritik an einem alles überwölbenden eindimensionalen Prozessbegriff geht dabei allerdings auf Kosten der historischen Erklärungskraft.

Eine hilfreiche Globalisierungsdefinition müsste stattdessen eine analytische Begrifflichkeit entfalten, die den Gegenwartsbefund ("globalisierter Zustand") nicht als Endpunkt der Erzählung voraussetzt; sie dürfte nicht die Sichtweise bestimmter weltregional verorteter sozialer Schichten verallgemeinern. Dazu sollten Kategorien entwickelt werden, die selbst keine implizite eurozentrische Geschichtsinterpretation enthalten. Auch sollten sie sich nicht in den Fallstricken der Modernisierungstheorie verfangen, die einen bestimmten Gang der Geschichte immer schon in die historischen Studien hineintransportierte. Analytische (d.i. unhistorische) Kategorien erleichtern es, Geschichte ergebnisoffen zu schreiben. Diesen Anforderungen entsprechen die analytischen Begriffe „Homogenisierung” und „Heterogenisierung”. Sie bezeichnen das dialektische Wechselspiel von Annäherung und Abstoßung, mithin einen Mechanismus, der immer neue Interaktionen provoziert, aber selbst kein Ende der Geschichte vorwegnimmt.

Die Diskussion der historischen Globalisierungsstudien hat ergeben, dass Globalisierung ein kontingenter und ambivalenter Prozess ist. Wenn Globalisierungsgeschichte zugleich erklärenden Charakter haben möchte, dann reicht es nicht aus, bei der notwendigen Schilderung historischer Kontingenz stehenzubleiben. Stattdessen sollte es darüberhinaus darum gehen, das dialektische Verhältnis von Annäherung und Abstoßung, von Homogenisierung und Heterogenisierung als Antriebskraft menschlichen Handelns und als Motor unterschiedlicher Globalisierung/en auszumachen.

Ich kehre damit zu meiner Definition, die ich am Anfang vorweggenommen habe, zurück. Globalisierung ist als ein pluralistischer, nicht-linearer, nicht-teleologischer und als ein vielschichtiger und asymmetrischer Verflechtungsprozess unterschiedlicher Geschwindigkeiten zu denken, der von Individual- und Kollektivakteuren vorangetrieben, gebremst, transformiert und verändert wird. Um die jeweiligen Schichten analysieren zu können, ist es sinnvoll, den Begriff im Plural zu verwenden und von Globalisierungen zu sprechen.


Bildlegende:

Obaysch war das erste „Hippo“, das in England (seit prähistorischer Zeit) zu sehen war. Die Fotografie stammt von Don Juan Carlos, dem Grafen von Montizón (1822-87), der die Attraktion im Zoologischen Garten, Regent’s Park, London 1852 festhielt (Photo-graphic Album for the Year 1855, London 1855). Die Besucherzahlen verdoppelten sich nach Obayschs Ankunft innerhalb kürzester Zeit. Obaysch war die Gegengabe des islamischen Vizekönigs Abbas Pasha von Ägypten und Sudan für englische Wind- und schottische Hirschhunde (deerhounds), die er vom britischen Konsul Sir Charles Augustus Murray erhalten hatte. Seine Reise führte ihn über Kairo nach Southhampton und schließlich nach London. „Victorian England’s Hippomania“ , Ausbau weltweiter Verkehrswege (Dampfschifffahrt), technische Innovation (Fotografie) und das wachsende British Empire sind gemeinsam in diesem Bild eingefangen. Sind Obayschs Leben hinter Gittern und seine begeisterten Bewunderer zugleich Sinnbild der Globalisierung und ihrer weltweiten Asymmetrien?

Empfohlene Literatur zum Thema

Christopher A. Bayly, Die Geburt der modernen Welt. Eine Globalgeschichte 1780-1914, Campus, Frankfurt a. M. 2006, ISBN 9783593387246.

John Darwin, After Tamerlane: the global history of empire since 1405, Allen Lane, London 2007, ISBN 9780713996678.

Jörg Dürrschmidt, Globalisierung, transcript, Bielefeld 2002, ISBN 9783933127105.

Peter E. Fäßler, Globalisierung. Ein historisches Kompendium, UtB, Köln u.a. 2007, ISBN 9783825228651.

Jürgen Osterhammel, Niels P. Petersson, Geschichte der Globalisierung. Dimensionen, Prozesse, Epochen, 4. Auflage. Beck, München 2007, ISBN 9783406480201.

Reinhardt Wendt, Vom Kolonialismus zur Globalisierung. Europa und die Welt seit 1500, UtB, Paderborn 2007, ISBN 9783825228897.

Zitation
Angelika Epple, Globalisierung/en, Version: 1.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 11.6.2012, URL: http://docupedia.de/zg/Globalisierung

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Anmerkungen

    1. Kenneth Pomeranz/Steven Topik (Hrsg.), The World that Trade Created. Society, Culture, and the World Economy. 1400 to the Present, New York/London 2006, S. XI; Alfred D. Chandler/Bruce Mazlish (Hrsg.), Leviathans: Multinational Corporations and the New Global History, Cambridge 2005; Harold James, The End of Globalization. Lessons from the Great Depression, Cambridge/Mass. 2001.
    2. Daran zeigt sich, dass sich das Verhältnis von Globalisierungs- und Globalgeschichte geradezu umgekehrt hat. Dominic Sachsenmaier hat darauf hingewiesen, dass zu Anfang die Globalgeschichte auf Globalisierungsgeschichte ausgerichtet gewesen sei, dann aber ihr thematisches Feld enorm erweitert habe, vgl. Dominic Sachsenmaier, Global History, Version: 1.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 11. 2.2010, online unter https://docupedia.de/zg/Global_History?oldid=75519.
    3. Frederick Cooper, Globalization, in: ders., Colonialism in Question. Theory, Knowledge, History, Berkeley 2005, S. 91-112, hier S. 91.
    4. Vgl. Göran Therborn, Globalizations. Dimensions, Historical Waves, Regional Effects, Normative Governance, in: International Sociology 15 (2000), H. 2, S. 151-179; Jürgen Osterhammel, Globalizations, in: Jerry H. Bentley, The Oxford Handbook of World History, Oxford 2011, S. 89-104, hier S. 97.
    5. Für einen Überblick über die neuere Imperiengeschichte siehe Jörn Leonhard/Ulrike von Hirschhausen, Zwischen Historisierung und Globalisierung. Titel, Themen und Trends der neueren Empire-Forschung, in: Neue Politische Literatur 56 (2011), H. 3, S. 389-404; zur Globalgeschichte siehe Sachsenmaier, Global History; zur Neueren Kolonialgeschichte siehe Ulrike Lindner, Neuere Kolonialgeschichte und Postcolonial Studies, Version: 1.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 15. 4.2011, online unter https://docupedia.de/zg/Neuere_Kolonialgeschichte_und_Postcolonial_Studies?oldid=77732.
    6. Jürgen Osterhammel/Niels P. Petersson, Geschichte der Globalisierung. Dimensionen, Prozesse, Epochen, München 2003.
    7. Roland Robertson/Habib Haque Khondker, Discourses of Globalization. Preliminary Considerations, in: International Sociology 13 (1998), H. 1, S. 25-40. Robertson hat in diesem Zusammenhang den für den Globalisierungsdiskurs wichtigen Begriff der „Glocalisation“ geprägt, siehe ders., Glocalization. Time-Space and Homogeneity-Heterogeneity, in: ders./Mike Featherstone/Scott Lash (Hrsg.), Global Modernities, London 1995, S. 25-44.
    8. David Harvey, The Condition of Postmodernity. An Enquiry into the Origins of Cultural Change, Cambridge 1989.
    9. Osterhammel/Petersson, Geschichte der Globalisierung, S. 11-15.
    10. John Darwin, After Tamerlane. The Rise and Fall of Global Empires, 1400-2000, London 22008 (1. Aufl. 2007), S. 7.
    11. Ulf Engel/Matthias Middell (Hrsg.), Theoretiker der Globalisierung, Leipzig 2010.
    12. Ebd., S. 23.
    13. Eine gelungene Einführung in die soziologische Diskussion bis 2000 gibt Jörg Dürrschmidt, Globalisierung, Bielefeld 2002.
    14. Hartmann Tyrell, Singular oder Plural – Einleitende Bemerkungen zu Globalisierung und Weltgesellschaft, Zeitschrift für Soziologie. Sonderheft „Weltgesellschaft“ (2005), S. 1-50, hier S. 4f.
    15. Leider kann ich an dieser Stelle nicht ausführen, sondern nur darauf hinweisen, dass es sich dabei um die Wiederkehr des Topos der „people without history“ handelt. Einführend hierzu: Angelika Epple, The Global, the Transnational, and the Subaltern. The Limits of History beyond the National Paradigm, in: Anna Amelina/Thomas Faist/Devrimsel D. Nergiz (Hrsg.), Beyond Methodological Nationalism. Research Methodologies for Transnational Studies, London 2012, S. 241-276.
    16. Anthony Giddens, Konsequenzen der Moderne, Frankfurt a. M. 1996 (zuerst engl. 1990), S. 84-86.
    17. Paul Gilroy, The Black Atlantic. Modernity and Double Consciousness, Cambridge/MA 1993.
    18. Zu Du Bois’ Konzept des „double consciousness“, vgl. Gilroy, ebd., S. 117-124.
    19. Dass Gilroys „Black Atlantic“ an den Begriff der westlichen Moderne gebunden bleibt, wurde in Folge ebenfalls kritisiert, vgl. z.B. Sibylle Fischer, Modernity Disavowed. Haiti and the Cultures of Slavery in the Age of Revolution, Durham 2004, S. 37.
    20. Ulrich Beck, Was ist Globalisierung? Irrtümer des Globalismus – Antworten auf Globalisierung, Frankfurt a. M. 1997.
    21. Beck, Was ist Globalisierung?
    22. Vgl. Manuel Castells, Das Informationszeitalter, Bd.1: Der Aufstieg der Netzwerkgesellschaft, Opladen 2001 (zuerst engl. 1996), S. 37-42.
    23. Wolfgang Knöbl, Die Kontingenz der Moderne. Wege in Europa, Asien und Amerika, Frankfurt a. M. 2007, S. 59.
    24. Ebd., S. 315.
    25. Vgl. z.B. die erhellende Auseinandersetzung mit der Kritik am Globalisierungsbegriff, in: Bettina Heintz/Tobias Werron, Wie ist Globalisierung möglich? Zur Entstehung globaler Vergleichshorizonte am Beispiel von Wissenschaft und Sport, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie63 (2011), S. 359–394. Um am Begriff der Globalisierung festhalten und dennoch eine offene, nicht teleologische bestimmte vergangene Zukunft in die Geschichte hineintragen zu können, analysieren die Autoren Globalisierung als ein “unwahrscheinliches Phänomen”. Dabei wenden sie den Begriff der Globalisierung kommunikationstheoretisch, indem sie unter Globalisierung das Entstehen potentiell globaler Vergleichszusammenhänge fassen.
    26. Vgl., ebd., S. 475; Kenneth Pomeranz, The Great Divergence. China, Europe, and the Making of the Modern World Economy, Princeton 2001. Empirisch fundierte Kritik hat der Ansatz unter anderem von Peer Vries erfahren, siehe ders., Zur politischen Ökonomie des Tees, Wien 2009; für eine überzeugend abwägende Position und einen gelungenen Überblick, siehe: Patrick O’Brien, Langfristiges ökonomisches Wachstum in der Weltgeschichte. Ein Literaturüberblick, in: Jürgen Osterhammel (Hrsg.), Weltgeschichte. Basistexte, Stuttgart 2008, S. 165-185.
    27. Darwin, After Tamerlane, S. 496.
    28. Ian Morris, Wer regiert die Welt? Warum Zivilisationen herrschen oder beherrscht werden, Frankfurt a. M. 2011 (zuerst engl. 2010).
    29. Vgl. Morris, Wer regiert die Welt?, S. 323.
    30. Ebd., S. 592 (die englischen Wörter werden auch in der deutschen Ausgabe verwendet).
    31. Christopher A. Bayly, Die Geburt der modernen Welt. Eine Globalgeschichte, 1780-1914, Frankfurt a. M. 2006 (zuerst engl. 2004 unter dem Titel: The Birth of the Modern World, 1780-1914. Global Connections and Comparisons).
    32. Vgl. Bayly, Moderne Welt, S. 13.
    33. Robertson, Discourses on Globalisation; ders., Glocalization.
    34. Vgl. Bayly, Moderne Welt, S. 318.
    35. Ebd., S. 294.
    36. Ebd., S. 64.
    37. Immanuel Wallersteins Globalisierungstheorie war insbesondere für die Anfangsphase der Diskussion von großer Bedeutung: Es sei der inneren Logik des Kapitalismus zu expandieren geschuldet, dass ein weltweiter Integrationsprozess in Gang gesetzt worden sei, der zu einer weltweiten Arbeitsteilung zwischen Zentrum, Semiperipherie und Peripherie geführt habe. Ders., Das moderne Weltsystem, 3 Bde., Wien 2004 (1. Aufl. der Bde. 1974, 1980, 1989). Sie geriet jedoch aufgrund ihrer Monokausalität und ihrer empirisch nicht zu haltenden Grundannahme, es habe bereits ab dem 16. Jahrhundert ein ökonomisches Weltsystem gegeben, schnell in die Kritik. Vgl. Wolfgang Knöbl, Die Kontingenz der Moderne, S. 118-133.
    38. Bayly, Moderne Welt, S. 289.
    39. Ebd., S. 603.
    40. Jan de Vries, The Industrial Revolution and the Industrious Revolution, in: Journal of Economic History 54 (1994), S. 249-270.
    41. Reinhard Wendt, Vom Kolonialismus zur Globalisierung. Europa und die Welt seit 1500, Paderborn u.a. 2007.
    42. Wendt, Vom Kolonialismus zur Globalisierung, S. 328.
    43. Ebd., S. 330.
    44. Jane Burbank/Frederick Cooper, Empires in World History. Power and the Politics of Difference, Princeton 2010.
    45. Ebd., S. 289.
    46. Jürgen Osterhammel, Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts, München 2008.
    47. Göran Therborn, Globalizations. Dimensions, Historical Waves, Regional Effects, Normative Governance, in: International Sociology 15 (2000), H. 2, S. 151-179. Jürgen Osterhammel, Globalizations, in: Jerry H. Bentley, The Oxford Handbook of World History, Oxford 2011, S. 89-104.