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Zeithistorische Forschung Potsdam e.V.

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Achim Landwehr

Kulturgeschichte

Version: 1.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 14.05.2013
https://docupedia.de//zg/Kulturgeschichte

DOI: https://dx.doi.org/10.14765/zzf.dok.2.248.v1

Artikelbild: Kulturgeschichte

25. Januar 1973: VW-Werk, Wolfsburg. Schlachter beim Spritzen von Bock- und Currywurst, im Hintergrund für den Räuchervorgang aufgehängte Wurst. Fotograf: Lothar Schaack. Quelle: <a rel="nofollow" class="external text" href="http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_B_145_Bild-F038807-… Commons/Bundesarchiv, B 145 Bild-F038807-0021</a> (<a rel="nofollow" class="external text" href="https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en">CC BY-SA 3.0 DE</a>).

Auf die neuen politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen seit den 1990er-Jahren reagiert die Kulturgeschichte nicht nur mit einer umfassenden Ausweitung ihrer Themen, sondern auch mit einer Perspektivierung, die auf Sinngebungsformen und Bedeutungsnetze zielt, mit denen Gesellschaften der Vergangenheit ihre Wirklichkeiten ausgestattet haben. Achim Landwehr gibt in seinem Beitrag einen kurzen Überblick über die Geschichte der Kulturgeschichte, geht auf die zeitgenössischen Herausforderungen ein und benennt exemplarisch Themenbereiche, für die eine kulturhistorische Befragung zukünftig lohnend erscheint.

Kulturgeschichte

von Achim Landwehr

Kulturgeschichte und/als Zeitgeschichte

Mit Fug und Recht kann man die Entwicklung der jüngeren Kulturgeschichte in den beiden vergangenen Jahrzehnten mit spezifisch zeithistorischen Phänomenen in Verbindung bringen. Es wäre wenig überzeugend, wollte man die auffällige zeitliche Koinzidenz zwischen der Geburtsstunde der jüngeren Kulturgeschichte und den grundlegenden welthistorischen Umwälzungen der Jahre um 1990 als einen Zufall kennzeichnen.

Wollte man sie in aller Kürze bestimmen, dann wäre diese „Neue Kulturgeschichte” explizit nicht durch die Eingrenzung auf einen bestimmten Themenbereich, sondern durch eine Perspektivierung zu kennzeichnen, die auf Sinngebungsformen und Bedeutungsnetze zielt, mit denen Gesellschaften der Vergangenheit ihre Wirklichkeiten ausgestattet haben. Diese Perspektivierung weist bestimmte Parallelen zu längerfristigen Prozessen auf, die sich unter Stichworten wie dem „Ende der großen Erzählungen” oder „Globalisierung” fassen lassen und die für die zunehmende Bedeutung kulturhistorischer Fragestellungen sicherlich eine wichtige Rolle spielten. Denn damit verbanden sich einerseits kritische Einstellungen gegenüber einer Dominanz modernisierungstheoretischer Erklärungsmodelle,[1] die allzu einseitig auf den westlichen Entwicklungspfad in die Neuzeit setzten und die damit zusammenhängenden Ideale verabsolutierten. Andererseits konnte damit aber auch die Bedeutung nicht-westlicher Alternativen sichtbar gemacht werden, wie sie sich im Zuge weltweiter Vernetzungsprozesse zunehmend aufdrängten. „Der Westen”, der sich seit dem 18. Jahrhundert allmählich zum Maß aller historischen Entwicklungen aufgeschwungen hatte, unterwarf sich demnach einer zunehmenden Selbstkritik, wurde gleichzeitig aber auch von außen durch kritische Einwürfe in Frage gestellt: „Provincializing Europe”[2] ist ein Stichwort, das in der entsprechenden postkolonialen Debatte immer wieder fällt.

Diese eher langfristigen Prozesse wurden in gewisser Weise durch die Kulmination der Ereignisse der Jahre 1989-1991 befeuert. Denn schien es anfangs noch so, als ob der Fall der Mauer und der Zusammenbruch des Ostblocks den endgültigen Triumph einer westlich orientierten Modernisierungstheorie darstellten,[3] machte sich bald geschichtsphilosophischer Katzenjammer breit. Der historische Prozess verhielt sich keineswegs so, wie es zu erwarten gewesen wäre, weil nach dem Ende der großen ideologischen Auseinandersetzungen nicht die welthistorische Ruhe einer universalen Friedensordnung eintrat. Vielmehr kamen andere Konflikte auf, die sich mit den bisherigen Modellen nicht mehr so recht erklären ließen. Die Kriege um das ehemalige Jugoslawien legten von einem aufflammenden Nationalismus (der eigentlich in das 19. Jahrhundert zu gehören schien) ebenso eindrücklich Zeugnis ab wie die nationalen Unabhängigkeitsbestrebungen in anderen Teilen der Welt, insbesondere im Machtbereich der zerbröckelnden UdSSR. Zugleich meldete sich jedoch eine andere Untote wieder, von der man eigentlich gedacht hatte, sie habe aufgrund der Französischen Revolution und all ihrer langfristigen Folgeerscheinungen schon längst das Zeitliche gesegnet. Doch die Religion stand mit einem Mal quicklebendig wieder auf der welthistorischen Bühne und macht seither keine Anstalten, von dort wieder zu verschwinden.[4]

Was hat nun all dies mit Kulturgeschichte zu tun? Die Lehre, die man aus diesen Entwicklungen und Ereignissen ziehen kann, besteht in einer Veränderung der Perspektive. Wenn man mit den bisherigen Möglichkeiten zur Beschreibung historischer Vorgänge einen nach westlichen Maßstäben rational handelnden Menschen (der tendenziell eher männlich und weiß war) voraussetzte, der zudem aufgeklärten und ökonomischen Maximen verpflichtet war, und wenn man diesen Idealtyp im Hinblick auf seine politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Stellung untersuchte, dann musste zwangsläufig etwas fehlen, wenn sich dieser Mensch nicht mehr so verhielt, wie man das von ihm erwartete. Eine kulturelle Perspektivierung, die sich auf diese bisher vernachlässigten Aspekte konzentrierte, drängte sich mit Macht auf.


Eine (sehr) kurze Geschichte der Kulturgeschichte

Dabei sah (und sieht sich bis heute) der kulturhistorische Ansatz mit einem nicht ganz unwesentlichen Problem konfrontiert. Der noch verhältnismäßig frische Anstrich der Kulturgeschichte (zumindest in den zeitlichen Dimensionen der Wissenschaftsgeschichte) macht ihre Einordnung zuweilen nicht ganz einfach. Man hat es mit dem einigermaßen paradoxen Phänomen zu tun, dass es sich gleichzeitig um eine recht aktuelle Entwicklung und um eine sehr altehrwürdige, auf Jahrhunderte zurückblickende Tradition handelt. Das erleichtert das Verständnis nicht unbedingt und erfordert immer wieder Klärungsbedarf.

Man kann in einer Geschichte der Kulturgeschichte sehr vereinfachend drei Phasen hervorheben, in denen sich ihre Fragestellungen einer bemerkenswerten, wenn auch nicht immer unumstrittenen Beliebtheit erfreuten. Lässt man den Umstand beiseite, dass kulturhistorische Überlegungen schon seit Herodot zur historiografischen Praxis des Abendlandes gehören, so kann von einer Kulturgeschichte im engeren Sinn etwa seit der Mitte des 18. Jahrhunderts gesprochen werden. Im engeren Sinn deswegen, weil sich seitdem geschichtswissenschaftliche Unternehmungen ausfindig machen lassen, die sich mehr oder minder explizit von Fragestellungen abgrenzten, die einem vornehmlich ereignis-, politik- oder diplomatiegeschichtlichen Ansatz verpflichtet waren. Dabei war noch eher selten vom Kulturbegriff oder von Kulturgeschichte die Rede. Aber die ausdrücklich weit gefassten Untersuchungsansätze einer „Scienza Nuova” („Neue Wissenschaft” 1725/1744) von Giambattista Vico oder einer „philosophie de l'histoire”, wie sie von Voltaire vertreten wurde, lassen sich in die Ahnenreihe der Kulturgeschichte einreihen, ohne die Autoren damit in ungerechtfertigter Weise zu vereinnahmen.[5] Denn in ihrem Bemühen, die Perspektive deutlich zu erweitern und sich nicht auf die Geschichte der Herrschenden zu konzentrieren, sondern stattdessen bleibende kulturelle Leistungen, geistige Entwicklungen, technische Erfindungen oder auch wirtschaftliche Prozesse in den Mittelpunkt zu rücken, haben sie mehr als nur wichtige Grundlagen für die weitere Entwicklung gelegt. Johann Christoph Adelung war dann der Erste, der im deutschen Sprachraum explizit von einer „Geschichte der Cultur des menschlichen Geschlechts” (1782) sprach.[6]

Deutlich nachhaltiger, nämlich noch bis in die Gegenwart des 21. Jahrhunderts hineinwirkend, waren die kulturgeschichtlichen Unternehmungen, die seit der Mitte des 19. und bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts initiiert wurden. Diese prägen in einem nicht unwesentlichen Maß das Bild von der Kulturgeschichte bis heute, da in diesem Zeitraum Autoren wie Jacob Burckhardt oder Johan Huizinga aktiv waren, deren Werke man immer noch in den Regalen gut sortierter Buchhandlungen findet. Burckhardts „Kultur der Renaissance in Italien” (1860) oder Huizingas „Herbst des Mittelalters” (1919) werden beständig neu aufgelegt, aber auch die Arbeiten von Karl Lamprecht, die heute nur noch unter Spezialisten Aufmerksamkeit erfahren, haben zumindest im Rahmen des sogenannten Methodenstreits ihre tiefen Spuren hinterlassen.[7]

„Kultur” war als begriffliche Leitkategorie aber nicht nur im Rahmen der (sich nun tatsächlich selbst so bezeichnenden) Kulturgeschichte von Bedeutung, sondern spielte um 1900 in einem sehr umfänglichen Sinn in zahlreichen Diskussionen eine tragende Rolle. Dabei zeigen sich durchaus Parallelen zwischen der kulturhistorischen Konjunktur um 1900 mit derjenigen um 2000. Beide speisen sich nämlich zu einem erheblichen Grad aus der Wahrnehmung krisenhafter Entwicklungen, die nach einer (anderen) Antwort verlangen. Um 1900 waren es auch noch die Fernwirkungen der Französischen Revolution, die zu verarbeiten waren, konkreter jedoch die Auswirkungen der Industrialisierung, die „soziale Frage”, der Widerstreit ideologisch aufgeladener Weltbilder, der Imperialismus und nicht zuletzt die Umwälzungen des Weltbilds durch die Einstein'sche Physik, die für Verunsicherung sorgten. Der Kulturbegriff konnte dabei als Lösungsvorschlag sicherlich keinen Alleinvertretungsanspruch erheben, war in entsprechenden Diskussionen jedoch prominent vertreten. Er sollte die Antwort sein auf eine wahrgenommene Sinnleere und den Verlust eines einheitlichen Weltbilds – wenn dieser Weg auch wesentlich häufiger im Rahmen einer Kultursoziologie (Karl Mannheim, Georg Simmel, Max Weber, Norbert Elias) oder Kulturphilosophie (Ernst Cassirer) gegangen wurde als im Zusammenhang einer Kulturgeschichte.[8]

Faschismus und Zweiter Weltkrieg haben diese Debatten und Traditionen nachhaltig unterbrochen, sodass es einige Jahrzehnte brauchte, um kulturhistorische Fragen wieder prominenter in den Vordergrund zu rücken. Die Aktualität sozial- und wirtschaftshistorischer Ansätze machte die Kulturgeschichte phasenweise vergessen. Doch da man in Auseinandersetzung mit der Sozialgeschichte, ja im eigentlichen Sinn sogar aus den Kreisen der Sozialgeschichte heraus auch immer wieder Unbehagen hinsichtlich thematisch-methodischer Schwerpunkte äußerte, entwickelten sich seit den 1970er-Jahren allmählich Alternativen, die für eine „Wiedergeburt” der Kulturgeschichte von großer Bedeutung waren. Angesprochen sind hierbei die Forschungen aus dem Kontext der Mentalitätengeschichte, vor allem aber die Diskussionen, die sich um Mikrohistorie, Historische Anthropologie und Alltagsgeschichte entwickelt haben.[9]

Diese Ansätze sind mit der Kulturgeschichte jüngeren Datums sicherlich nicht gleichzusetzen (das würde allein schon deren Eigenwert übersehen), machten jedoch auf grundsätzliche Aspekte aufmerksam, die auch in der kulturhistorischen Diskussion von erheblicher Bedeutung sind. Vor allem eint sie der Versuch zu einer ausgewogeneren Betrachtung, die gleichzeitig sowohl übergeordnete Prozesse und Strukturen als auch den Lebensalltag der Menschen und den kleinräumigen Untersuchungsraum in den Blick nimmt. Makro- und Mikroperspektive zu verbinden ist dabei sicherlich ein anspruchsvolles Unterfangen, stellt aber als Folgerung aus den Diskussionen der 1980er-Jahre eine wesentliche Anforderung an die Kulturgeschichte dar. Zudem hat die Kulturgeschichte auch in methodisch-theoretischer Hinsicht von den Arbeiten aus dem Umfeld der Historischen Anthropologie profitiert, denn mit ihrem Bezug auf ethnologische Ansätze wurden eurozentristische Grundlagen ebenso hinterfragt wie Probleme von Differenz und Fremdheit in den Vordergrund gerückt.[10] In diesem Zusammenhang haben auch die weit reichenden Debatten um Poststrukturalismus und Diskurstheorie (Michel Foucault, Pierre Bourdieu) einen mittelbaren, aber nichtsdestotrotz wesentlichen Einfluss gehabt.[11]


Kulturgeschichte als Perspektivierung

Damit wären erste Hinweise gegeben, wodurch sich die jüngere Kulturgeschichte auszeichnet. Denn auch und gerade angesichts ihrer weit zurückreichenden Traditionen muss man immer wieder betonen, dass die „Neue Kulturgeschichte” sich zwar durchaus auf ihre Vorläufer bezieht, zugleich jedoch ein eigenes Profil entwickelt hat, mit dem sie sich deutlich von älteren Ansätzen unterscheidet. Die Selbstbezeichnung einer „Neuen” Kulturgeschichte ist daher kein Etikettenschwindel, ist auch nicht vornehmlich chronologisch zu verstehen, sondern markiert entscheidende konzeptionelle Differenzen.

Am deutlichsten lässt sich dieser Unterschied anhand der Perspektivierung und des Gegenstands der Kulturgeschichte machen. Anders als ältere Kulturgeschichten definiert die jüngere nämlich nicht mehr einen bestimmten Lebensbereich der Kultur, um diesen dann zu ihrem Gegenstand zu erheben. Häufig wurde – und wird bis zum heutigen Tag – der Kurz- und Fehlschluss begangen, die „Kultur” der Kulturwissenschaften und Kulturgeschichte gewissermaßen ex negativo zu definieren, insofern sie dasjenige repräsentieren soll, das übrig bleibt, nachdem man Politik, Gesellschaft, Wirtschaft, Recht, Technik und alle weiteren „harten” Fakten des Lebens subtrahiert hat. Kultur wäre dann mehr oder minder mit dem Feuilleton identifiziert. Aber einer solchen unfreiwilligen Selbstbeschränkung will sich die jüngere Kulturgeschichte nicht unterwerfen. Sie bestimmt ihr Selbstverständnis daher explizit nicht über einen bestimmten Gegenstandsbereich. Ja, man muss deutlich festhalten, dass die Kulturgeschichte überhaupt keinen bestimmten Gegenstandsbereich hat. Vielmehr zeichnet sie sich durch eine spezifische Perspektivierung aus, die sie auf sämtliche Bereiche des (historischen) Lebens anzuwenden versucht. Insofern sollte es auch zu den Selbstverständlichkeiten gehören, beispielsweise Kulturgeschichten der Technik, der Politik oder der Wirtschaft in Angriff zu nehmen.

Wie ist nun diese kulturhistorische Perspektive beschaffen? Auch wenn die jüngere Kulturgeschichte den Anspruch erhebt, sich auf allen Themenfeldern zu tummeln, so interessiert sie sich dabei jeweils für ganz bestimmte Probleme. Ihre Fragen richten sich auf die Sinnmuster und Bedeutungskontexte, mit denen Gesellschaften der Vergangenheit ihre Welt ausgestattet haben, um sie auf diesem Weg überhaupt erst zu „ihrer” Welt zu machen. Dem liegt die grundsätzliche kulturwissenschaftliche Einsicht zugrunde, dass kein Mensch und keine soziale Gruppe umhinkommen, in Auseinandersetzung mit ihrer Umwelt dieser Umwelt bestimmte Bedeutungen zuzuschreiben. Eben das ist es, was nach Ernst Cassirer den Menschen als kulturelles Wesen (animal symbolicum) kennzeichnet. Kultur ist daher nicht als zusätzliches Luxusgut oder als sekundärer Überbau misszuverstehen, sondern stellt für den Menschen eine Überlebensnotwendigkeit dar.

September 1940: Jack Whinery,
September 1940: Jack Whinery, "Homesteader", mit seiner Frau und seinem jüngsten Kind von fünf Kindern, Pie Town, New Mexico. Fotograf: Russell Lee (1903-1986). Quelle: Library of Congress, Prints and Photographs Division, Washington. Flickr (gemeinfrei).


In diesem Sinne fragt die jüngere Kulturgeschichte nach den Formen, mit denen Gesellschaften der Vergangenheit ihre Wirklichkeiten überhaupt erst zu sinnvollen Wirklichkeiten gestaltet haben, nach den Transformationen, denen diese Weltdeutungen unterworfen waren, nach den Bedingungen und Möglichkeiten, unter denen sie entworfen werden konnten, sowie nach den vielfachen Auswirkungen (beispielsweise auch und gerade politischer Art), die sie hatten. Unter Kulturen versteht die jüngere Kulturgeschichte deshalb Sinn- und Unterscheidungssysteme, die als spezifische Formen der Weltinterpretation dienen und im historischen Verlauf hervorgebracht und verändert werden.[12]

Eben diese spezifische Perspektivierung hat aber auch dazu geführt, dass es während der 1990er-Jahre zu einer derjenigen „Grundlagendebatten” kam, von denen man den Eindruck gewinnen kann, dass sie sich insbesondere innerhalb der deutschen Geschichtswissenschaft großer Beliebtheit erfreuen.[13] (Nicht dass etwas gegen geschichtswissenschaftliche Grundlagendebatten per se spräche – ganz im Gegenteil sind sie von großer Wichtigkeit, um zur beständigen Reflexion des eigenen Tuns beizutragen. Aber die Unbedingtheit, mit der nicht selten der „eigene” Ansatz als der einzig richtige und alle anderen als fundamentale Gefährdung des Wissenschaftsstatus der Geschichtswissenschaft apostrophiert werden, scheint mir dann doch eher kontraproduktiv zu sein.[14] Lorraine Daston hat dies passenderweise mit einer Duellszene aus einem Western umschrieben.[15]) In regelmäßigen Abständen wurde die Frage aufgeworfen, ob die Kulturgeschichte nicht eine grundsätzliche Bedrohung für die Geschichtswissenschaft darstelle, ob sie nicht der Beliebigkeit, der gefälligen Erzählung, den „kleinen” und „weichen” Themen Tür und Tor öffne, um gleichzeitig den „harten” Themen der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Auseinandersetzungen oder den Problemen der großen historischen Prozesse auszuweichen.[16] Sollte es jemals eine solche von der Kulturgeschichte ausgehende Gefahr gegeben haben, scheint sie die Geschichtswissenschaft bisher recht gut verkraftet zu haben.


Themen der Kulturgeschichte

Wenn man die Geburtsstunde der jüngeren Kulturgeschichte in etwa auf die Jahre um 1990 ansetzen möchte, dann kann man den von Lynn Hunt herausgegebenen Sammelband „The New Cultural History” als offizielle Geburtsurkunde ansehen.[17] Diese Veröffentlichung wirkte als eine Art Brennglas, insofern hier Themen und Ansätze aufgegriffen wurden, die sich insbesondere während der 1980er-Jahre entwickelt hatten,[18] zugleich aber auch Perspektiven in die Zukunft einer „Neuen Kulturgeschichte” entworfen wurden, die sich als nachhaltig erwiesen. Konsequenterweise wurde dieser Sammelband daher auch zu einem immer wieder zitierten Bezugspunkt in kulturgeschichtlichen Grundlagendebatten. Wirft man einen Blick in sein Inhaltsverzeichnis, erhält man bereits einen ersten Einblick von der spezifischen Verfassung der jüngeren Kulturgeschichte.

Demnach gehört die theoretische Reflexion zu den unabdingbaren Grundlagen der Kulturgeschichte, wobei die Beiträge des Bandes auch deutlich machen, auf welchen Fundamenten hier aufgebaut wird. Der Poststrukturalismus ist mit Michel Foucault ebenso vertreten wie die Ethnologie, die Historische Anthropologie und eine literaturwissenschaftlich inspirierte Geschichtstheorie, wie sie unter anderem von Hayden White und Dominick LaCapra vertreten wird. Damit ist die theoretische Unterfütterung der Kulturgeschichte sicherlich noch nicht umfassend abgesteckt, aber wichtige Bezugspunkte sind benannt, die auch in der später folgenden Diskussion um die Kulturgeschichte immer wieder eine Rolle spielen sollten. Bei den empirischen Studien, die in exemplarischer Weise Berücksichtigung fanden, zeigt sich Ähnliches. Hier geht es um Repräsentationen sozialer Ordnung, um den praktischen Umgang mit Texten, um die Geschichte des Körpers sowie um die Frage, wie im Kontext des frühneuzeitlichen Hofes Kultur sichtbar gemacht wurde.

Selbstredend handelt es sich bei diesen vier Themen nicht um einen umfänglichen Katalog kulturhistorischer Interessen. Aber mit ihrer Behandlung wurde mehr als nur eine dezente Duftmarke gesetzt. Damit verbindet sich die deutliche Aussage, dass die Kulturgeschichte sich um Themen kümmert, die in den eher politik-, sozial- und wirtschaftshistorischen Ansätzen kaum Berücksichtigung finden, deren grundlegende historische Relevanz (Repräsentation, Medien, Körper, Bild) aber nicht zu übersehen ist. Mit diesem Sammelband war daher ein markanter Auftakt für eine geschichtswissenschaftliche Reorientierung gesetzt. Das Stichwort der (Neuen) Kulturgeschichte zimmerte einen Rahmen, in den sich die zahlreichen und bereits etablierten Unternehmungen einfügen konnten, die das Spektrum des geschichtswissenschaftlichen Arbeitens deutlich erweitern wollten.

Möchte man also einige Schwerpunktbereiche der kulturhistorischen Beschäftigung benennen, so gilt es zu beachten, dass die jüngere Kulturgeschichte diese Themen natürlich nicht erst „erfunden” hat, sondern vielfach eine Fusion bereits vorhandener Fragestellungen mit dem theoretisch-methodischen Angebot der Kulturgeschichte stattgefunden hat. Insofern fanden Aspekte geschichtswissenschaftlichen Arbeitens, die bis dahin eher neben den etablierten Teilbereichen existierten, im Rahmen der Kulturgeschichte eine neue Heimat.

Dies trifft unter anderem für Themen zu, die schon lange zu den etablierten Teilfächern der Geschichtswissenschaft gehören, wie die Geschichte von Erinnerung und Gedächtnis, die Körpergeschichte oder die Frauen- und Geschlechtergeschichte. Damit sind jeweils Aspekte bezeichnet, die einerseits quer zu den etablierten Bereichen historischen Arbeitens stehen, die andererseits aber genau dadurch grundlegende Fragen vergangenen (und gegenwärtigen) Lebens in den Mittelpunkt rücken. Insbesondere die Leistungen im Rahmen der Körper- und Geschlechtergeschichte können auf einen grundlegenden Aspekt kulturhistorischer Ansätze hinweisen: Sie sind nämlich im besten Fall in der Lage, Aspekten menschlichen Lebens eine Historizität zu verleihen, oder besser gesagt: eine Historizität zurückzugeben, die man nur allzu leicht übersieht. Mit einer traditionell etablierten und weithin geschulten Aufmerksamkeit für das Ereignishafte, im Zweifelsfall sogar für das politisch Bedeutsame, drohen andere Aspekte als historisch immobil in Vergessenheit zu geraten. Der Körper und das Geschlecht gehören sicherlich dazu, da man ihnen zunächst einmal keine „Geschichte” in einem traditionellen historischen Sinn zuzuweisen vermag. Die kulturhistorische Perspektive eröffnet jedoch die Möglichkeit, gerade die unterschiedlichen Bedeutungszuschreibungen sichtbar zu machen, die sich jeweils damit verbinden. Dadurch wird deutlich, welchen teils massiven historischen Transformationen auch und gerade solche Bereiche unterworfen sind, die keine Geschichte zu haben scheinen.[19]

Auch im Bereich der Geschichte von Erinnerung und Gedächtnis[20] oder – um einen anderen wichtigen Themenbereich zu nennen – in der Wissenschaftsgeschichte ist es fraglos so, dass sie nicht erst durch die Kulturgeschichte in den Vordergrund gerückt wurden oder ausschließlich unter kulturhistorischen Vorzeichen zu betreiben sind. Aber im Kontakt dieser Themenstellungen mit der Kulturgeschichte kam es einerseits zu fruchtbaren Amalgamierungen, andererseits zu bedeutsamen Neuorientierungen. Zumindest in bestimmten Bereichen der Wissenschaftsgeschichte hat der kulturhistorische Ansatz einen erheblichen Stellenwert, insofern weniger nach einer Fortschrittsgeschichte wissenschaftlichen Wissens gefragt wird, sondern nach den Funktionen und Mechanismen, die als „Wissen” anerkannte Formen der Weltinterpretation für bestimmte Gesellschaften übernehmen. Wie etwas zum Wissen wird, wie es den Status erlangt, als Wissen gelten zu können, oder wieso andere Möglichkeiten des Wirklichkeitsverständnisses diesen Status nicht erlangen und sogar verlieren, das sind unter anderem Probleme, die eine kulturhistorisch inspirierte Wissenschaftsgeschichte umtreiben.[21]

Anstelle einer Auflistung zahlreicher möglicher oder auch bereits bearbeiteter Bereiche der Kulturgeschichte soll ein Thema zumindest noch kurz benannt werden, das sich mit einem anderen Zugang zum historischen Material verbindet und dem in den vergangenen Jahren ebenfalls große Aufmerksamkeit zuteilwurde. Die Thematisierung von Bildlichkeit (im Zusammenhang des iconic oder pictorial turn) hat erstens einen Bereich der historischen Überlieferung auf neue Art und Weise in den Mittelpunkt gerückt, insofern hier nicht mehr (nur) nach ästhetischen Wertigkeiten und kunsthistorischen Einordnungen gefragt wird, sondern Bildlichkeit in all ihren vielfältigen Formen wesentlich ernster genommen wird, wenn es um Zugänge zu vergangenen Bedeutungswelten geht. Zweitens erfährt damit aber auch die mit Sinn aufgeladene Ausdrucksmöglichkeit „Bild” mit all ihren Facetten in anderer Art und Weise Aufmerksamkeit. Denn Bilder sind damit nicht mehr nur illustrierendes oder schmückendes Beiwerk, sondern werden als Möglichkeit ernst genommen, spezifische Weltverhältnisse zum Ausdruck zu bringen. Es geht also nicht mehr nur darum, die etablierte Textfixierung zu ergänzen. Vielmehr fordert die Ubiquität von Bildern dazu heraus, Verhältnisse zwischen Bild und Abgebildetem auszuloten, die spezifische Medialität und Eigensinnigkeit von Bildern zu thematisieren sowie deren vielfältige Rezeptionsformen und Wahrnehmungsweisen zu berücksichtigen.[22]


Quo vadis Kulturgeschichte?

Es wäre jedoch verfehlt, hier ausschließlich das Loblied auf die jüngere Kulturgeschichte zu singen. Es ist auch erforderlich, dass sich die Kulturgeschichte immer wieder selbst befragt, ob sie ihren eigenen Ansprüchen gerecht wird und wo es möglicherweise Fehlentwicklungen beziehungsweise Versäumnisse gibt. Und auch hier gilt es, gerade mit Blick auf die weitere mögliche Entwicklung dieses Ansatzes Bilanz zu ziehen.

Setzt man – wie nun schon mehrfach erwähnt – die Geburtsstunde der jüngeren Kulturgeschichte um 1990 an, dann haben wir es inzwischen mit einer jungen Erwachsenen zu tun, die sich bei gewissen Fehlern nicht mehr mit ihrer Jugendlichkeit und Unerfahrenheit herausreden kann, sondern ihr Leben selbstverantwortlich in die Hand nehmen muss. Und wenn man einen Blick auf die Bilanz des bisherigen kulturhistorischen Arbeitens wirft, so gibt es sicherlich einiges auf der Haben-Seite zu verbuchen. Defizite können jedoch nicht übersehen werden. Dies betrifft zunächst und vor allem den selbst gestellten Anspruch, sich nicht mehr auf einen bestimmten Ausschnitt vergangener Wirklichkeit beschränken zu lassen, sondern mittels einer kulturhistorischen Perspektive sämtliche Bereiche der Vergangenheit zu betrachten.

Dieser Anspruch ist teilweise eingelöst worden, aber keineswegs voll umfänglich. Es gibt in unterschiedlichen Bereichen recht erfolgreiche Unternehmungen, den kulturhistorischen Ansatz auf Themen zu übertragen, wo er bisher weniger beheimatet war. Dies trifft insbesondere auf die Kulturgeschichte des Politischen zu, wo sich in den vergangenen Jahren eine recht intensive Diskussion entwickelt hat. Hierbei geht es weniger darum, einen Teilbereich der Politik – beispielsweise im Sinne symbolischer Politikformen – auszuloten. Vielmehr ist das Politische als Ganzes in den Blick zu nehmen, das durch eine Vielzahl politisch handelnder Akteure gekennzeichnet ist (und das sind bei weitem nicht nur Vertreter/innen der Berufsgruppe „Politiker/innen”), die im Mit- und Gegeneinander symbolische Ordnungen und Organisationsformen des Sozialen hervorbringen, die in ihrer institutionalisierten Form als „das Politische” verstanden werden können.[23]

Deutlich zaghafter sind hingegen die Versuche, in anderen Themenfeldern Ähnliches zu unternehmen. Während eine „Kulturgeschichte des Politischen” immerhin schon über eine etablierte Selbstbezeichnung verfügt, kann man die Unsicherheit kulturhistorischen Fragens in anderen Themenbereichen bereits daran erkennen, dass ihnen eine solche Titulatur fehlt. So gibt es zwar in der Zusammenarbeit von Kulturgeschichte und Wirtschaftsgeschichte erste zarte Pflänzchen zu beobachten, die aber so unscheinbar sind, dass man sich noch nicht recht auf einen Namen einigen konnte: Kulturgeschichte des Ökonomischen? Wirtschaftskulturgeschichte? Dabei verspricht gerade dieser Bereich – auch aufgrund immer wieder aktuell werdender Turbulenzen im gegenwärtigen Wirtschaftsgeschehen – besonders spannende Einsichten, wenn danach gefragt wird, mit welchen Wertigkeiten ökonomisches Handeln verbunden wird. Welche Bedeutungen werden Aspekten zugeschrieben wie Gemeinnutz und Eigennutz, Reichtum und Armut, überlebensnotwendigem Auskommen und Überfluss, Eigentum und Besitzlosigkeit?[24]

Die Möglichkeiten der kulturhistorischen Befragung sind im Ökonomischen sicherlich so zahlreich wie im Sozialen, doch auch auf dieses Terrain hat sich die Kulturgeschichte noch nicht so recht vorgewagt. Traditionellerweise ist „die Gesellschaft” ein Themenfeld der Sozialgeschichte, aber da es sich bei diesem Objekt genauso wie bei „dem Staat” oder „der Wirtschaft” um ein soziokulturelles Konstrukt handelt, ist es nicht nur möglich, sondern unweigerlich notwendig, entsprechende kulturhistorische Fragen zu stellen. Dabei ginge es natürlich auch um soziale Schichtungen oder gesellschaftliche Konflikte, aber immer vor dem Hintergrund des Interesses für die sozialen Modellierungen und Bedeutungszuschreibungen, die damit einhergehen. Da „Gesellschaft” sich keineswegs von selbst versteht, muss man immer wieder neu die Frage stellen, wie dieses fragile symbolische Gebilde institutionell gefestigt und in kulturelle Sinnmuster eingepasst wird.[25]

Von bestimmten Themenbereichen zu behaupten, sie wären bisher noch gänzlich unbeachtet geblieben, wird zumeist umgehend Lügen gestraft. Denn natürlich finden sich in der weit aufgefächerten Wissenschaftslandschaft immer Beispiele dafür, dass man ein „noch nie” durch ein „teilweise doch schon” ersetzen kann. Aber der allgemeine Eindruck wird kaum trügen, dass es Themenfelder gibt, in denen die Kulturgeschichte bisher kaum Fuß fassen konnte oder wollte. Dazu gehören so zentrale Bereiche wie das Recht oder die Technik. Deren Relevanz muss man kaum betonen, und auch die Möglichkeiten kulturhistorischen Befragens liegen hier auf der Hand. Das weitgehende Fehlen entsprechender Kulturgeschichten zeigt jedoch, dass auch nach zwei Jahrzehnten kulturhistorischen Arbeitens noch mehr als genug Aufgaben warten.


Empfohlene Literatur zum Thema

Peter Burke, Was ist Kulturgeschichte?, Suhrkamp, Frankfurt a. M. 2005, ISBN 9783518584422.

Christoph Conrad, Martina Kessel, Kultur und Geschichte. Einblicke in eine alte Beziehung, Reclam, Stuttgart 1998, ISBN 9783150096383.

Ute Daniel (Hrsg.), Kompendium Kulturgeschichte. Theorien, Praxis, Schlüsselworte, Suhrkamp, Frankfurt a.M. 2001, ISBN 9783518291238.

Hans-Ulrich Wehler, Wolfgang Hardtwig (Hrsg.), Kulturgeschichte Heute, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1996, ISBN 9783525364161.

Lynn Hunt (Hrsg.), The New Cultural History, Berkeley 1989.

Achim Landwehr, Kulturgeschichte, UtB, Stuttgart 2009, ISBN 9783825230371.

Achim Landwehr, Stefanie Stockhorst, Einführung in die Europäische Kulturgeschichte, UtB, Paderborn 2004, ISBN 9783825225629.

Pascal Ory, L‘histoire culturelle, 2. Auflage. PUF, Paris 2007, ISBN 9782130586517.

Wolfgang E.J. Weber, Silvia Serena Tschopp, Grundfragen der Kulturgeschichte, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2006, ISBN 9783534174294.

Zitation
Achim Landwehr, Kulturgeschichte, Version: 1.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 14.5.2013, URL: http://docupedia.de/zg/Kulturgeschichte

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Anmerkungen

    1. Nina Degele/Christian Dries, Modernisierungstheorie, München 2005.
    2. Dipesh Chakrabarty, Provincializing Europe. Postcolonial Thought and Historical Difference, Princeton/Oxford 2000.
    3. Francis Fukuyama, Das Ende der Geschichte. Wo stehen wir?, München 1992.
    4. Auf höchst problematische, aber sehr öffentlichkeitswirksame Weise wurden diese Zusammenhänge aufgegriffen bei Samuel Phillips Huntington, Kampf der Kulturen. Die Neugestaltung der Weltpolitik im 21. Jahrhundert, München 2002. Kritisch dazu: Amartya Sen, Die Identitätsfalle. Warum es keinen Krieg der Kulturen gibt, München 2010.
    5. Thomas Jung, Geschichte der modernen Kulturtheorie, Darmstadt 1999.
    6. Hans Schleier, Geschichte der deutschen Kulturgeschichtsschreibung. Bd. 1: Vom Ende des 18. bis Ende des 19. Jahrhunderts, Waltrop 2003.
    7. Felix Gilbert, Geschichte: Politik oder Kultur? Rückblick auf einen klassischen Konflikt, Frankfurt a.M./New York/Paris 1992; Hans Schleier, Historisches Denken in der Krise der Kultur. Fachhistorie, Kulturgeschichte und Anfänge der Kulturwissenschaften in Deutschland, Göttingen 2000; Friedrich Jaeger, Bürgerliche Modernisierungskrise und historische Sinnbildung. Kulturgeschichte bei Droysen, Burckhardt und Max Weber, Göttingen 1994; Christoph Strupp, Johan Huizinga. Geschichtswissenschaft als Kulturgeschichte, Göttingen 2000; Ines Mann/Rolf Schumann, Karl Lamprecht. Einsichten in ein Historikerleben, Leipzig 2006.
    8. Klaus Lichtblau, Kulturkrise und Soziologie um die Jahrhundertwende. Zur Genealogie der Kultursoziologie in Deutschland, Frankfurt a.M. 1996; Rüdiger vom Bruch/Friedrich Wilhelm Graf/Gangolf Hübinger (Hrsg.), Kultur und Kulturwissenschaften um 1900. Bd. 1: Krise der Moderne und Glaube an die Wissenschaft, Stuttgart 1989; Rüdiger vom Bruch/Friedrich Wilhelm Graf/Gangolf Hübinger (Hrsg.), Kultur und Kulturwissenschaften um 1900. Bd. 2: Idealismus und Positivismus, Stuttgart 1997; Georg Bollenbeck, Warum der Begriff „Kultur“ um 1900 reformulierungsbedürftig wird, in: Christoph König/Ernst Lämmert (Hrsg.), Konkurrenten in der Fakultät. Kultur, Wissen und Universität um 1900, Frankfurt a.M. 1999, S. 17-27; Notker Hammerstein (Hrsg.), Deutsche Geschichtswissenschaft um 1900, Stuttgart 1988.
    9. Ulrich Raulff, Mentalitäten-Geschichte. Zur historischen Rekonstruktion geistiger Prozesse, Berlin 1987; Jürgen Schlumbohm (Hrsg.), Mikrogeschichte – Makrogeschichte. Komplementär oder inkommensurabel?, 2. Aufl., Göttingen 2000; Otto Ulbricht, Mikrogeschichte. Menschen und Konflikte in der Frühen Neuzeit, Frankfurt a.M. 2009; Winfried Schulze (Hrsg.), Sozialgeschichte, Alltagsgeschichte, Mikro-Historie. Eine Diskussion, Göttingen 1994; Gert Dressel, Historische Anthropologie. Eine Einführung, Wien/Köln/Weimar 1996; Jakob Tanner, Historische Anthropologie zur Einführung, Hamburg 2004; Aloys Winterling (Hrsg.), Historische Anthropologie, Stuttgart 2006; Alf Lüdtke (Hrsg.), Alltagsgeschichte. Zur Rekonstruktion historischer Erfahrungen und Lebensweisen, Frankfurt a.M./New York 1989.
    10. Ute Daniel, Kompendium Kulturgeschichte. Theorien, Praxis, Schlüsselwörter, Frankfurt a.M. 2001, S. 233-254; Achim Landwehr/Stefanie Stockhorst, Einführung in die Europäische Kulturgeschichte, Paderborn u.a. 2004, S. 336-359.
    11. Johannes Angermüller, Nach dem Strukturalismus. Theoriediskurs und intellektuelles Feld in Frankreich, Bielefeld 2007.
    12. Daniel, Kompendium Kulturgeschichte, S. 7-25; Landwehr/Stockhorst, Einführung in die Europäische Kulturgeschichte, S. 7-24; Achim Landwehr, Kulturgeschichte, Stuttgart 2009, S. 7-17.
    13. Vgl. für den englischsprachigen Bereich: Richard J. Evans, Fakten und Fiktionen. Über die Grundlagen historischer Erkenntnis, Frankfurt a.M./New York 1999.
    14. Vgl. vor allem die Beiträge von Hans-Ulrich Wehler, Die Herausforderung der Kulturgeschichte. München 1998; Hans-Ulrich Wehler, Das Duell zwischen Sozialgeschichte und Kulturgeschichte. Die deutsche Kontroverse im Kontext der westlichen Historiographie, in: Francia 28 (2001), H. 3, S. 103-110; Hans-Ulrich Wehler, Ein Kursbuch der Beliebigkeit. Eine neue Kulturgeschichte lässt viele Blumen blühen – aber die schönsten leider nicht, in: Bettina Hitzer/Thomas Welskopp (Hrsg.), Die Bielefelder Sozialgeschichte. Klassische Texte zu einem geschichtswissenschaftlichen Programm und seinen Kontroversen, Bielefeld 2010, S. 427-432.
    15. Lorraine Daston, Die unerschütterliche Praxis, in: Rainer Maria Kiesow/Dieter Simon (Hrsg.), Auf der Suche nach der verlorenen Wahrheit. Zum Grundlagenstreit in der Geschichtswissenschaft, Frankfurt a.M./New York 2000, S. 13-25, hier S. 15.
    16. Verschiedene Beiträge zu dieser Auseinandersetzung finden sich beispielsweise bei Kiesow/Simon (Hrsg.), Auf der Suche nach der verlorenen Wahrheit.
    17. Lynn Hunt (Hrsg.), The New Cultural History, Berkeley/Los Angeles/London 1989.
    18. Literaturangaben zu Mikrohistorie, Alltagsgeschichte und Historischer Anthropologie finden sich unter Fußnote 9. Zum New Historicism vgl. Moritz Baßler (Hrsg.), New Historicism. Literaturgeschichte als Poetik der Kultur, Frankfurt a.M. 1995; Catherine Gallagher/Stephen Greenblatt, Practicing New Historicism, Chicago 2000.
    19. Maren Lorenz, Leibhaftige Vergangenheit. Einführung in die Körpergeschichte, Tübingen 2000; Hans Medick/Anne-Charlott Trepp (Hrsg.), Geschlechtergeschichte und allgemeine Geschichte. Herausforderungen und Perspektiven, Göttingen 1998; Claudia Opitz-Belakhal, Geschlechtergeschichte, Frankfurt a.M. 2010.
    20. Jan Assmann, Das kulturelle Gedächtnis. Schrift, Erinnerung und politische Identität in frühen Hochkulturen, München 1999; Aleida Assmann, Erinnerungsräume. Formen und Wandlungen des kulturellen Gedächtnisses, München 1999.
    21. Michael Hagner (Hrsg.), Ansichten der Wissenschaftsgeschichte, Frankfurt a.M. 2001; Richard van Dülmen/Sina Rauschenbach (Hrsg.), Macht des Wissens. Die Entstehung der modernen Wissensgesellschaft, Köln/Weimar/Wien 2004; Rainer Schützeichel (Hrsg.), Handbuch Wissenssoziologie und Wissensforschung, Konstanz 2007.
    22. Gottfried Boehm, Was ist ein Bild?, München 1994; Peter Burke, Augenzeugenschaft. Bilder als historische Quellen, Berlin 2003; Horst Bredekamp, Theorie des Bildakts. Frankfurter Adorno-Vorlesungen 2007, Berlin 2010. Siehe auch Gerhard Paul, Visual History, in: Docupedia-Zeitgeschichte, Version 2.0, online unter http://docupedia.de/zg/Visual_History.
    23. Thomas Mergel, Überlegungen zu einer Kulturgeschichte der Politik, in: Geschichte und Gesellschaft 28 (2002), S. 574-606 (siehe auch seinen Beitrag „Kulturgeschichte der Politik“ auf Docupedia: http://docupedia.de/zg/Kulturgeschichte_der_Politik_Version_2.0_Thomas_Mergel); Achim Landwehr, Diskurs – Macht – Wissen. Perspektiven einer Kulturgeschichte des Politischen, in: Archiv für Kulturgeschichte 85 (2003), S. 71-117; Barbara Stollberg-Rilinger (Hrsg.), Was heißt Kulturgeschichte des Politischen? Berlin 2005; Ute Frevert/Heinz-Gerhard Haupt (Hrsg.), Neue Politikgeschichte. Perspektiven einer historischen Politikforschung, Frankfurt a.M./New York 2005; Christophe Prochasson, Une histoire culturelle de la politique, in: Historical Reflections – Réflexions historiques 26 (2000), S. 93-125. Kritisch hierzu: Andreas Rödder, Klios neue Kleider. Theoriedebatten um eine neue Kulturgeschichte der Politik in der Moderne, in: Historische Zeitschrift 283 (2006), S. 657-688.
    24. Hartmut Berghoff/Jakob Vogel (Hrsg.), Wirtschaftsgeschichte als Kulturgeschichte. Dimensionen eines Perspektivenwechsels, Frankfurt a.M./New York 2004; Wolfgang Reinhard/Justin Stagl (Hrsg.), Wirtschaftsanthropologie. Geschichte und Diskurse, Wien/Köln/Weimar 2006; Susanne Hilger/Achim Landwehr, Wirtschaft – Kultur – Geschichte. Positionen und Perspektiven, Stuttgart 2011; Irene Finel-Honigman, A Cultural History of Finance, London 2010.
    25. Carola Lipp, Kulturgeschichte und Gesellschaftsgeschichte – Mißverhältnis oder glückliche Verbindung?, in: Paul Nolte u.a. (Hrsg.), Perspektiven der Gesellschaftsgeschichte, München 2000, S. 25-35; Phil Withington, Society in Early Modern England. The Vernacular Origins of some Powerful Ideas, Cambridge 2010; Achim Landwehr, Foucault und die Ungleichheit. Zur Kulturgeschichte des Sozialen, in: Zeitsprünge 15 (2011), S. 64-84.