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Michael Wildt

„Volksgemeinschaft”

Version: 1.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 03.06.2014
https://docupedia.de//zg/Volksgemeinschaft

DOI: https://dx.doi.org/10.14765/zzf.dok.2.569.v1

Artikelbild: „Volksgemeinschaft”

„Volksgemeinschaft” als Versprechen von Inklusion ... Original-Bildunterschrift: „Zentralbild, 13.8.1943, II. Weltkrieg 1939-45 Unser Bild zeigt den politischen NS-Leiter Reichel (aus Erdmannsdorf in Sachsen) mit seiner Frau und seinen zwölf Kindern. Die Mutter trägt das 'Mutterkreuz'. Fünf Söhne sind bei der faschistischen deutschen Wehrmacht; der sechste ist beim Reichs-Arbeitsdienst. Die kleineren Kinder sind alle in faschistischen Jugendorganisationen” (Scherl Bilderdienst) Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0 DE)

„Volksgemeinschaft”, wie sie vom NS-Regime propagiert worden ist, hat es als soziale Wirklichkeit nicht gegeben. Nicht in der Feststellung eines sozialen Ist-Zustandes, sondern vielmehr in der Verheißung, in der Mobilisierung lag die politische Kraft. Michael Wildt plädiert in seinem Beitrag dafür, den Begriff der „Volksgemeinschaft“ praxeologisch zu verstehen und nach den Praktiken ihrer Herstellung zu fragen. In dieser analytischen Perspektive bildet „Volksgemeinschaft” keine festgefügte soziale Formation, sondern wäre vielmehr als soziale Praxis zu untersuchen.
„Volksgemeinschaft”

von Michael Wildt

Begriff

„Volksgemeinschaft” ist kein genuin nationalsozialistischer Begriff. Seine erste Hochkonjunktur verdankte er dem Ersten Weltkrieg.[1] Der Satz Wilhelms II. vom August 1914, dass er von nun an keine Parteien, sondern nur noch Deutsche kenne, erzielte weite Resonanz, weil er den Wunsch vieler Deutscher nach Gleichheit und Inklusion zu repräsentieren vermochte. Gerade Juden und Sozialdemokraten hofften, dass sie aufgrund ihrer patriotischen Haltung endlich von der Mehrheit der Gesellschaft als gleichwertig akzeptiert werden würden. Doch obwohl sich bald die Risse in der Kriegsgesellschaft zeigten, blieb die „Volksgemeinschaft” eine mächtige Formel, die immer wieder an den Mythos der Einigkeit des Volks im Sommer 1914 anknüpfen konnte.

Gerade die Vieldeutigkeit von „Volk” machte den Begriff im Unterschied zur „Nation” attraktiv, die vor allem an die Ambiguität von Staatsnation und Kulturnation gebunden war und stets auch einen Bezug zur klassischen Nation Frankreich und deren Hervorbringung durch die Revolution besaß. Nation war in weit stärkerem Maß an „Staat” gebunden als „Volk”. Und anders als „Nation” ließ sich „Volk” deutlich besser ethnisieren und biologisch-sozialdarwinistisch aufladen. Eric Hobsbawm hat darauf aufmerksam gemacht, dass ethnische Zugehörigkeit und der Sprachgebrauch gegen Ende des 19. Jahrhunderts zu zentralen Kriterien der Nationsbestimmung avancierten, wobei insbesondere diejenigen Gemeinschaftsverbände, die sich selbst zum Volk, zur Nation erklärten, ohne über einen eigenen Staat zu verfügen, das ethnische Argument in den Mittelpunkt stellten.[2]

Da sich die Deutschen angesichts ihrer staatlichen Zersplitterung lange Zeit nicht als klassische Staatsnation definieren konnten – anders als beispielsweise Frankreich oder Großbritannien –, waren auch sie für eine Ethnisierung des Volksbegriffs anfällig. Dem Konzept des Volks als demos, für das Rechtsgenossenschaft und staatsbürgerliche Gleichheit kennzeichnend sind, steht die Vorstellung vom Volk als ethnos gegenüber, in dem imaginierte Abstammungsgemeinschaften, Geschichtsmythen, Phantasmen von gemeinschaftlichem Blut und Boden miteinander verknüpft sind.

Auch als durch die Revolution 1918/19 und die Verfassung der Weimarer Republik das „Volk” als Staatsvolk die politische Arena betrat und mehr als ein Jahrhundert nach der Französischen Revolution auch in Deutschland das Gottesgnadentum für illegitim und stattdessen das Volk zum Souverän erklärt wurde, blieb die „Volksgemeinschaft” auf der politischen Agenda. Freilich war diese Ambivalenz in der Verfassung selbst angelegt, konstituierte sie doch nicht allein das Staatsvolk, das in freier, geheimer und gleicher Wahl seine Repräsentanten im Reichstag bestimmte, sondern verankerte in der Präambel ein vorkonstitutionelles Volk, das schon vorher existiert und sich, wie es im Text hieß, diese Verfassung gegeben habe. Hinzu kamen die verfassungsrechtlich installierten anti-repräsentativen Widerlager wie die autoritäre Stellung des Reichspräsidenten, der plebiszitär, „vom ganzen deutschen Volk”, gewählt werden sollte. Die ernst gemeinten Versuche von Hugo Preuß, Friedrich Meinecke, Friedrich Ebert und anderen Republikanern, die Deutschen über den Begriff der Volksgemeinschaft an die neue Verfassung zu binden, waren zum Scheitern verurteilt, da zu einer repräsentativen Demokratie untrennbar die Existenz politischer Parteien wie der Parteienstreit gehörten und eine staatsbürgerliche Republik nicht in Volkseinheit und Gemeinschaft aufgelöst werden kann.

„Volksgemeinschaft” wurde in Deutschland schon vor 1933 zu einer, wie Hans-Ulrich Thamer hervorhebt, „beherrschenden politischen Deutungsformel”[3]. Die liberalen Parteien betonten den sozialharmonischen inkludierenden Aspekt „über die Klassen” hinweg. Für die Sozialdemokraten hatte sich die Arbeiterklasse mittlerweile zum Volk der Schaffenden ausgeweitet, die einer kleinen und ungerechtfertigt mächtigen Minderheit von Monopolkapitalisten und Großgrundbesitzern gegenüberstanden. Und selbst diese Minorität könnte, so die Vorstellung, wenn sie einer wirklichen Arbeit nachginge, Teil einer sozialistischen Volksgemeinschaft werden. In den Reden Friedrich Eberts als Reichspräsident hatte die „Volksgemeinschaft” als Inklusion aller Schaffenden ihren festen Platz.

Dagegen begriff die politische Rechte, insbesondere die Nationalsozialisten, bei aller Inklusionsrhetorik die „Volksgemeinschaft” vor allem in ihrer exkludierenden Dimension. Nicht so sehr die Frage, wer zur „Volksgemeinschaft” gehörte, stand obenan als vielmehr, wer nicht zu ihr gehören durfte: eben jene bereits sprachlich ausgegrenzten sogenannten Gemeinschaftsfremden, allen voran die Juden. Der Antisemitismus spielte dabei die entscheidende Rolle.[4] „Staatsbürger kann nur sein, wer Volksgenosse ist. Volksgenosse kann nur sein, wer deutschen Blutes ist, ohne Rücksichtnahme auf Konfession. Kein Jude kann daher Volksgenosse sein.” – So hieß es klar und deutlich im Parteiprogramm der NSDAP aus dem Jahre 1920.[5]

... „Volksgemeinschaft” als Praxis der Exklusion
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1939: „Ausgesiedelte” polnische Familie (Matschak) aus Skaradsch, Fotograf: Wilhelm Holtfreter, Bestand: Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums - Bildbestand (R 49 Bild) Quelle  ([https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en CC BY-SA 3.0 DE]): [http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_R_49_Bild-0129,_Ausgesiedelte_polnische_Familie.jpg Wikimedia Commons/Bundesarchiv].

... „Volksgemeinschaft” als Praxis der Exklusion


 

1939: „Ausgesiedelte” polnische Familie (Matschak) aus Skaradsch, Fotograf: Wilhelm Holtfreter, Bestand: Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums - Bildbestand (R 49 Bild) Quelle (CC BY-SA 3.0 DE): Wikimedia Commons/Bundesarchiv.


 

Gemeinschaft, hat Helmuth Plessner als klug beobachtender Zeitgenosse zu Recht konstatiert, war das „Idol dieses Zeitalters”.[6] Seit dem 19. Jahrhundert bildete in Deutschland „Gemeinschaft” den Gegenbegriff zu „Gesellschaft” – als Ausdruck für die Kritik an der rasanten Dynamisierung und Pluralisierung von Sozialverhältnissen im Zuge von Industrialisierung, Säkularisierung, Marktorientierung und politischem Liberalismus. „Die Sehnsucht nach Gemeinschaft entspringt immer der Reaktion gegen eine als schlecht empfundene Gegenwart. Somit ist die Wirklichkeit solcher Gemeinschaftsmodelle nicht in der Vergangenheit zu suchen, auf die sie sich in der Regel beziehen, sondern in der Gegenwart.”[7] „Gemeinschaft” wird stets im Horizont der modernen „Gesellschaft” eingeklagt und ist genuiner Teil des selbstvergewissernden Krisendiskurses der Moderne. Niemand hat diesen Gegensatz wortreicher zu Papier gebracht als Ferdinand Tönnies, dessen 1887 erstmals erschienenes Buch „Gemeinschaft und Gesellschaft” den Nerv der Zeit traf und gesellschaftliche Diskussionen fortan bestimmte.

Im Begriff der „Gemeinschaft” bündelten sich Hoffnungen auf die Überwindung von Entfremdung, in revolutionärer wie restaurativer Hinsicht. Diese Ambivalenz, sowohl wiederherzustellen, was als verloren galt, wie auch in der Zukunft herbeizuführen, was als soziale Ordnung erstrebenswert sei, war dem Begriff der „Gemeinschaft” von Anfang an inhärent. Deshalb würde man den Begriff der „Volksgemeinschaft” missverstehen, nähme man ihn als Beschreibung einer tatsächlich existierenden gesellschaftlichen Realität. Nicht in der Feststellung eines sozialen Ist-Zustandes, sondern vielmehr in der Verheißung, in der Mobilisierung lag die politische Kraft der Rede von der „Volksgemeinschaft”.


 

Deutungskontroverse

Dennoch galt der Begriff den Historikern lange Zeit als bloße Propagandaformel, deren angebliche Schlagkraft vornehmlich durch nationalsozialistische Selbstzeugnisse belegt werde. „Was spricht eigentlich dafür”, fragte Heinrich August Winkler 1977, „die gesellschaftspolitischen Parolen der Nationalsozialisten zum Nennwert zu akzeptieren?”[8] In dem gesellschaftlichen Umfeld der 1970er-Jahre, in dem eine Mehrheit der Zeitgenossen den Nationalsozialismus noch persönlich erlebt hatte und mit der „Volksgemeinschaft” häufig positive Erinnerungen verband, suchten die Sozialhistoriker diese mit sozial-statistischen Parametern als realitätsfernes Propagandakonstrukt zu entlarven, um damit nicht zuletzt einer möglichen Beschönigung des Nationalsozialismus zu begegnen. Ganz in diesem Sinne plädierte Hans Mommsen noch unlängst dafür, auf den Begriff der „Volksgemeinschaft”, der propagandistisch eingefärbt sei, im analytischen Kontext zu verzichten.[9]

Nachdem zu Beginn der Debatte die Wogen noch hochschlugen und insbesondere auf der Londoner Konferenz „German Society in the Nazi Era. ‚Volksgemeinschaft’ between Ideological Projection and Social Practice” im März 2010 die Meinungen aufeinanderprallten,[10] scheint mittlerweile Pragmatismus eingekehrt zu sein. Skeptiker wie Befürworter des analytischen Umgangs mit dem Begriff „Volksgemeinschaft” streichen Erkenntnisgewinne und -grenzen heraus, erkennen einerseits Aufschlüsse an, die mit dem Begriff möglich werden, und dämpfen andererseits Erwartungen, mit der „Volksgemeinschaft” den Stein der Weisen gefunden zu haben. Detlef Schmiechen-Ackermann resümierte jüngst, es sei vermessen, „von den derzeit laufenden Forschungen, die das Phänomen der Binde- und Integrationskräfte des Nationalsozialismus unter dem heuristisch verwendeten Leitbegriff der ‚Volksgemeinschaft’ vorübergehend in den Mittelpunkt neuer Forschungen rücken wollen, nun zu erwarten, dass auf dieser Basis jeder Aspekt der nationalsozialistischen Herrschaft erklärt werden könnte. Vielmehr wird mit dieser Forschungsstrategie darauf gezielt, einen bislang vernachlässigten Bereich der NS-Forschung voranzutreiben.”[11]

Unstrittig unter allen Autorinnen und Autoren ist, dass es die „Volksgemeinschaft”, wie sie vom NS-Regime propagiert worden ist, als soziale Wirklichkeit nicht gegeben hat. Entgegen dem von Hitler und Goebbels immer wieder beschworenen Ende des Klassenkampfes und der Einheit aller Arbeiter der Stirn und der Faust sowie der Unternehmer blieben die strukturellen Unterschiede und sozialen Asymmetrien zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, Kleingewerbetreibenden und Großbetrieben, selbstständigen Kleinbauern und Großgrundbesitzern auch im Nationalsozialismus erhalten.

Einig sind sich alle Kontrahenten auch, dass „Volksgemeinschaft” eine nationalsozialistische Propagandaformel gewesen ist, die gegen Klassenkampf und Parteienhader die Einheit und nationale Geschlossenheit beschwor. Doch springen dann sogleich unterschiedliche Standpunkte ins Auge. Für Hans Mommsen ist „Volksgemeinschaft” vor allem ein nationalsozialistisches Schlagwort gegen die bürgerliche Wertewelt. Ein Paradox habe darin bestanden, dass trotz dieser bewussten Wendung gegen den bürgerlichen Individualismus „das Versprechen der NS-Propaganda, den Klassenkampf aufzuheben, namentlich im gehobenen Bürgertum auf ungeteilte Sympathie” gestoßen sei.[12]

Dass die Nationalsozialisten den Begriff propagandistisch nutzten, steht außer Zweifel. Aber es ist auch nicht zu übersehen, dass große Teile der deutschen Bevölkerung in der „Volksgemeinschaft” ein erstrebenswertes soziales Ziel sahen, auch wenn sie mit diesem Begriff teilweise durchaus unterschiedliche Inhalte verbanden. Dennoch ergaben sich dadurch Anschlussmöglichkeiten, Übereinstimmungsmodi mit dem NS-Regime, die für die Analyse von Herrschaft und Gesellschaft im Nationalsozialismus wichtig sind. Norbert Frei hat deshalb die Erfahrungsgeschichte in den Mittelpunkt seiner Betrachtung gestellt und im Anschluss an Martin Broszat darauf hingewiesen, dass die Mobilisierungsanstrengungen des NS-Regimes, wie sie zum Beispiel im Arbeitsdienst oder den Kampagnen für das Winterhilfswerk zum Ausdruck kamen, in der deutschen, nicht-jüdischen Bevölkerung jenseits weiterhin bestehender materieller und sozialer Ungleichheiten eine „gefühlte Gleichheit” entstehen ließen, die zu einem bedeutsamen Loyalitätselement wurde.[13] Hans-Ulrich Wehler hat in seiner deutschen Gesellschaftsgeschichte unterstrichen, dass der mit der „Volksgemeinschaft” verbundene „Modernitätsappeal” und Mobilisierungsschub eine Transformationsdynamik auslöste, die entscheidend, insbesondere bei den jüngeren Generationen, zur Legitimation des Regimes beitrug – ein Gedanke übrigens, der auch schon bei Martin Broszat auftaucht.[14] „Die Frage nach der ‚Volksgemeinschaft’”, so Norbert Frei, „führt zum Kern des Problems.”[15]

Entgegen einem von Götz Aly vertretenen Ansatz, eine bewusst gegen das Bürgertum gerichtete Politik des „Volksstaats” habe den Nationalsozialismus in die Kontinuität jener Bewegungen für soziale Gleichheit, ja sozialistische Egalität gestellt,[16] war die nationalsozialistische „Volksgemeinschaft”, deren propagandistisches Bild die Überwindung aller Klassenschranken und völkische Einheit in den Mittelpunkt stellte, von neuen Ungleichheiten strukturiert. Mit der Inklusion der „Volksgenossen” gingen nicht zuletzt massive Prozesse der Ausgrenzung einher. Schon in den frühen 1980er-Jahren wies Detlev Peukert auf diesen Dualismus von „Volksgenossen” und „Gemeinschaftsfremden” hin.[17] Doch selbst die „Volksgenossen” waren keine Bürger mit verbrieften Freiheitsrechten, es ging nicht um Gleichheit von Individuen. Vielmehr bildete das Volk, und zwar im organischen-biologistischen Sinn als „Volkskörper”, das Zentrum der „Volksgemeinschaft”. „Du bist nichts, dein Volk ist alles”, lautete der Kernsatz des Regimes. Nicht egalitärer Stillstand, sondern rassistische Mobilisierung kennzeichnete die „Volksgemeinschaft”, nicht nationaler Sozialismus als vielmehr Leistungssteigerung zugunsten der Entwicklung des deutschen „Volkskörpers”.[18]

Die Untersuchung der „Volksgemeinschaft” heißt daher nicht, einem nationalsozialistischen Propagandabegriff aufzusitzen oder die gesellschaftliche Wirklichkeit zu verkennen, sondern im Gegenteil von der gesellschaftlichen Wirklichkeit auszugehen und Dimensionen von Zustimmung und Abwehr, Mitmachen und Verweigern, Anteil nehmen und Wegschauen zu erkunden. Im Mittelpunkt der Analyse steht die soziale Praxis, weil im Prozess des Herstellens von „Volksgemeinschaft”, in der, wie es Martin Broszat einmal genannt hat, „Umfunktionierung der überkommenen bürgerlichen Gesellschaft zu einer moralisch freigesetzten Leistungsgesellschaft”,[19] die spezifischen Merkmale der nationalsozialistischen „Volksgemeinschaft” sichtbar werden.


 

„Volksgemeinschaft” als soziale Praxis

Der Bruch 1933 mit der rechtsstaatlichen Verfasstheit der deutschen Republik bot zahlreichen Eliten den „Ermöglichungsraum”, den sie immer gefordert hatten. Endlich glaubten Ärzte, den deutschen „Volkskörper” heilen zu können, und sie erhielten mit dem „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses” vom Juli 1933, das erstmals in Deutschland die Zwangssterilisation gegen den Willen der Menschen erlaubte, die Gelegenheit dazu. Allein in den ersten drei Jahren verhandelten die neu gebildeten sogenannten Erbgesundheitsgerichte, denen neben einem Richter zwei Ärzte angehörten, annähernd 224.000 Fälle und erkannten in 199.000 Fällen, d.h. in 90 Prozent, auf Sterilisation.[20] Kriminalpolizisten erhielten die Möglichkeit, nicht mehr eingeschränkt durch Recht und Gesetz eine „Volksgemeinschaft ohne Verbrecher” (Patrick Wagner) herstellen zu können, und übernahmen bereitwillig kriminalbiologische Prämissen, mit denen rassistisch definierte gesellschaftliche Gruppen als „Asoziale” in Konzentrationslager interniert und ausgemerzt wurden.[21] Beamte der Wohlfahrtsbehörden teilten ihre Klientel nicht mehr nach Bedürftigkeit, sondern nach Arbeitsfähigkeit, ganz nach dem Motto, dass, wer nicht arbeiten könne, auch nicht zu essen brauche. Und auch hier bestimmten rassistische Kriterien bald die Selektion der volksgemeinschaftlich „Nützlichen” von den „Gemeinschaftsfremden”.[22] Selbst Steuerbeamte besaßen mit dem „Steueranpassungsgesetz” von 1934, dem zufolge die Steuergesetze nach nationalsozialistischer Weltanschauung auszulegen seien, alle Freiheit, statt Gleichheit aller Bürgerinnen und Bürger vor dem Gesetz nun gerade die Ungleichheit, sprich besondere steuerliche Belastung, insbesondere von Juden, selbstständig durchzusetzen.[23] „Volksgemeinschaft” bedeutet auch Selbstermächtigung, die rassistische Öffnung von Handlungsoptionen.

Der Nationalsozialismus bot ebenso „Ermöglichungsräume” der Gewalt.[24] Durch Gewalt ließ sich zugleich die angestrebte „Volksgemeinschaft” sichtbar machen, indem durch politische Aktionen die Grenze zwischen „uns” und den „Volksfeinden” scharf und unüberbrückbar gezogen wurde. Antisemitismus konstituierte die nationalsozialistische „Volksgemeinschaft”, er befeuerte auch deren Radikalität und Destruktionspotenzial. In der politischen Praxis vor Ort hieß das zunächst, soziale Distanz herzustellen, jedwede Solidarität und jede Form von Mitleid mit den Verfolgten zu stigmatisieren, um die jüdischen Nachbarn zu isolieren und für rechtlos, ja vogelfrei zu erklären. So blieb der Boykott jüdischer Geschäfte keineswegs auf den 1. April 1933 beschränkt, sondern stellte gerade in der Provinz, in den kleinen Städten und Orten, ein wirksames Aktionsfeld gegen die jüdischen Nachbarn dar. Mit dem Boykott ließen sich diverse Aktionsformen ausprobieren: von öffentlichen Plakaten und Transparenten über das Postenstehen direkt vor dem Laden, die Aufforderung das Geschäft nicht zu betreten, bis hin zu Beschimpfungen und Anwendung von Gewalt.[25]

Pogrom in Berlin, Juni 1938: Möbelhaus Adolf Brünn jr, Berliner Allee 29-31 (Weißensee) Fotograf: Hans Spieldoch, © Stiftung Neue Synagoge Berlin - Centrum Judaicum, mit freundlicher Genehmigung. 
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Im Sommer 1938 kam es zu pogromartigen Übergriffen in Berlin, bei denen jüdische Geschäfte durch Schmierereien „markiert” wurden. Im Centrum Judaicum in Berlin befinden sich zwei Konvolute von Fotos, die während des Pogroms gemacht wurden. Sie stammen zum Teil wahrscheinlich von dem jüdischen Berliner Fotografen Hans Spieldoch, dem es später gelang zu emigrieren. Zu den Fotos und ihren Kontexten: Christoph Kreutzmüller/Hermann Simon/Elisabeth Weber, Ein Pogrom im Juni. Fotos antisemitischer Schmierereien in Berlin, 1938, Berlin 2013.

Pogrom in Berlin, Juni 1938: Möbelhaus Adolf Brünn jr, Berliner Allee 29-31 (Weißensee) Fotograf: Hans Spieldoch, © Stiftung Neue Synagoge Berlin - Centrum Judaicum, mit freundlicher Genehmigung.


 

Im Sommer 1938 kam es zu pogromartigen Übergriffen in Berlin, bei denen jüdische Geschäfte durch Schmierereien „markiert” wurden. Im Centrum Judaicum in Berlin befinden sich zwei Konvolute von Fotos, die während des Pogroms gemacht wurden. Sie stammen zum Teil wahrscheinlich von dem jüdischen Berliner Fotografen Hans Spieldoch, dem es später gelang zu emigrieren. Zu den Fotos und ihren Kontexten: Christoph Kreutzmüller/Hermann Simon/Elisabeth Weber, Ein Pogrom im Juni. Fotos antisemitischer Schmierereien in Berlin, 1938, Berlin 2013.


 

Neben den gewalttätigen Boykottaktionen nahmen im Sommer 1935 – also mehrere Monate vor den „Nürnberger Gesetzen”, die im September erlassen wurden – ebenso Kampagnen zur Anprangerung von Liebesbeziehungen zwischen Juden und Nicht-Juden als „Rassenschande” zu. Überall im Reich wurden solche Beschuldigungen erhoben, die stets mit aggressiven öffentlichen Angriffen in Zeitungen und Flugblättern oder mit Demonstrationen einhergingen, bei denen die angeblichen „Rasseschänder” mit Gewalt durch die Stadt geführt wurden. Betrachtet man die Bilder von jenen Umzügen, die am helllichten Tag in aller Öffentlichkeit stattfanden, so fallen die Mengen auf, die solche Umzüge begleiteten: Frauen, Kinder, Jugendliche laufen mit, lachen, verhöhnen, beschimpfen, bespucken die Opfer.[26] Die Schaulustigen, Neugierigen und Passanten, wie auch immer ihre innere Einstellung zum Geschehen gewesen sein mag, stellten ein unverzichtbares Element dieser Aktionen dar, die in aller Öffentlichkeit stattfanden, um eben diese Öffentlichkeit fundamental zu verändern. Das NS-Regime vergemeinschaftete die Gewalt und ließ die „Volksgenossen” an ihr partizipieren. Jede Gewaltaktion durchbrach Grenzen und veränderte, indem sie geschehen konnte, ohne dass der Rechtsbruch geahndet wurde, die Ordnung, in der nun neue, veränderte Handlungsoptionen möglich wurden, die sich vorher nicht eröffnet hatten.

Anscheinend Abhängige werden nach diesem Verständnis zu Akteuren, die zugleich Subjekte wie Objekte sind, die Erfahrungen der Ohnmacht, des Ausgeliefertseins an Obrigkeiten, Gewalthaber und ökonomische Zwänge machen, gleichzeitig jedoch diese Erfahrungen in jeweils spezifischen, unterschiedlichen oder sogar widersprüchlichen Aneignungsweisen modifizieren, ja sie in widersetzliche Praxis münden lassen können. Ebenso können aber auch die Erfahrungen von Lust, Partizipation und Wohlstand durchaus mit Repression, Ausbeutung und Herrschaft verbunden sein. Angehörigen der deutschen „Volksgemeinschaft” war es möglich, sich im Zweiten Weltkrieg Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter aus den besetzten Gebieten als Haus- oder Fabriksklaven zu halten und das Gefühl von Macht und Überlegenheit zu erfahren.

In den besetzten westpolnischen Gebieten, die „germanisiert” werden sollten, war die Definition, wer zur künftigen deutschen „Volksgemeinschaft” gehören durfte, entscheidend für die soziale Position und die Überlebenschancen. Entgegen den Forderungen der NS-Führung nach eindeutiger Inklusion und Exklusion stellte die Definition, wer Pole oder Deutscher sei, die Besatzungsbehörden vor Ort vor große Schwierigkeiten. Dennoch gelangen dem deutschen Besatzungsregime trotz des Wirrwarrs von Kompetenzgerangel, völkischer Kasuistik und administrativem Eigensinn durchaus erfolgreiche Neujustierungen der „Volkstumspolitik”. Jenseits der anhaltenden Auseinandersetzung um rassistische binäre Logiken entstand in der praktischen Politik ein System gestaffelt ethnisierter Zugehörigkeiten, das es der Besatzungsmacht erlaubte, Privilegien zu erteilen oder auch wieder zurückzunehmen.[27]


 

Forschungsperspektive

Ein wissenschaftlich produktiver Umgang mit dem Begriff „Volksgemeinschaft” besteht darin, ihn praxeologisch zu verstehen, „Volksgemeinschaft” nicht als gegeben vorauszusetzen, sondern die Praktiken ihrer Herstellung, kurz: Vergemeinschaftung zu untersuchen. Im Mittelpunkt einer derartigen Perspektive, so lässt sich mit Alf Lüdtke argumentieren, stehen die „Formen, in denen Menschen sich ‚ihre’ Welt ‚angeeignet’ – und dabei stets auch verändert haben”.[28] Diese Welt und damit die Bedingungen sind gegeben und zugleich produziert, erweisen sich daher als ebenso vieldeutig wie vielschichtig, für individuelle wie gemeinschaftliche Handlungsoptionen zugleich offen. „Individuen und Gruppen formen das Profil ihrer Wahrnehmungs- und Handlungsweisen nicht jenseits, sondern in und durch gesellschaftliche Beziehungen.”[29] Menschen folgen nicht bloß den Codes und Repräsentationen von Bedeutungen und der Wirklichkeit, die sie vorfinden, sondern sie nutzen Bilder, Worte, Praktiken, um sich zu orientieren; sie variieren sie, reiben sich an der Sprödigkeit, Unwillfährigkeit der Dinge und der Menschen und verändern damit die Dinge wie die sozialen Verhältnisse. In dieser analytischen Perspektive bildet „Volksgemeinschaft” keine festgefügte soziale Formation, sondern wäre vielmehr als soziale Praxis zu untersuchen.

Darum verfehlt die zentrale Kritik, die Ian Kershaw in seinem klugen, die Debatte bilanzierenden Aufsatz geäußert hat, „das ‚Volksgemeinschafts’-Konzept unterstellt die vollständige Vorherrschaft einer einzigen Identität”[30] und laufe daher Gefahr, die Risse im Konsens zu übersehen oder gar auszublenden, den Gegenstand. Eben um die Vielfältigkeit von Handlungsweisen, von Mit-Tun wie Sich-Abwenden, Bereitwilligkeit wie Widerwille, Anpassungsbereitschaft wie Begeisterung, Sich-Distanzieren wie „Dem-Führer-Entgegenarbeiten”, geht es, wenn „Volksgemeinschaft” als soziale Praxis untersucht werden soll. Es gilt, gerade die Homogenitätssuggestion der „Volksgemeinschaft” analytisch aufzubrechen.

Dennoch bleiben zweifellos Forschungsfragen offen:

1) Zu Recht hat Hans-Ulrich Thamer auf die Zäsur aufmerksam gemacht, die die Vorkriegs- von der Kriegszeit trennt. Mit der Kriegsdauer „verlor eine der wesentlichen Verheißungen der NS-Diktatur ihre Legitimations- und Integrationskraft, nämlich die Aussicht auf eine bessere und solidarische Zukunft”.[31] Zwar appellierte die Regimeführung gerade im Krieg an die „Volksgemeinschaft”, die nun zusammenstehen müsse, und verschärfte Ausgrenzung und Repression gegen „Volksschädlinge”. Nicht zuletzt förderten der anhaltende Krieg und die enorm hohe Zahl gefallener Soldaten Aufstiegsmöglichkeiten für die sozialen Schichten, denen eine Offizierskarriere bislang versperrt gewesen war. An der „Heimatfront” jedoch führten die Zwänge der Überlebenssicherung zu Handlungen, die sich zunehmend stärker an individuellen und familiären Interessen orientierten als an „volksgemeinschaftlichen” Vorstellungen. Wie die Studien von Dietmar Süß, Nicole Kramer und Sven Keller zeigen,[32] wäre es dennoch verfrüht, schon jetzt eindeutige Linien erkennen zu glauben. Vielmehr scheinen im Krieg das Nebeneinander von Normen und Verhaltensweisen sowie die Gleichzeitigkeit von Handlungsformen noch zugenommen zu haben, sodass in existenziell veränderten Situationen veränderte Formen der Vergemeinschaftung wie Subjektivierung möglich wurden.

2) Nicht nur die „Vorgeschichte” der „Volksgemeinschaft” ist in den Blick zu nehmen, um ihre semantische Pluralität zu analysieren und die Anschlussmöglichkeiten der nationalsozialistischen Interpretation des Begriffs zu benennen, sondern ebenso ihre „Nachgeschichte” nach 1945. Insbesondere Malte Thießen hat Erinnerungsformen der „Volksgemeinschaft” im Nachkriegsdeutschland untersucht und den Topos von der „Volksgemeinschaft ohne Führer” geprägt.[33] Er konstatiert, dass nicht einfach von einer Kontinuität der „Volksgemeinschaft” nach dem Ende des NS-Regimes gesprochen werden könne oder von einer bloßen Umdeutung in eine Opfer- oder Schicksalsgemeinschaft. Auch wenn eine „im Krieg vereinte Schicksalsgemeinschaft lange Zeit der Fixpunkt identitätsstiftender Heimatgeschichten” gewesen sei, zog sie doch ihre Attraktivität nicht zuletzt aus der „Funktion als Distinktionsmerkmal gegenüber dem Nationalsozialismus”. Die Verwandlung der „Volksgemeinschaft” in die Erfolgsgemeinschaft des Wirtschaftswunders „war nicht mehr, aber auch nicht weniger als das größtmögliche Inklusionsangebot, von dem die sozialen Folgen der Bombennächte, die Front- und Vertreibungserfahrungen überdeckt werden sollten und das eine sinnstiftende Zukunftsvision qua Enthistorisierung des Krieges versprach”.[34] Die sozialen Formen, in denen diese „Enthistorisierung” stattfinden konnte, die „Aneignungsweisen” von Geschichte in beiden deutschen Staaten, Studien vor allem zur lokalen Erinnerungs- und Geschichtspolitik sind daher nach wie vor ein ertragreiches Forschungsfeld, das trotz zahlreicher Arbeiten zur Gedächtnispolitik und Erinnerungskultur auf staatlicher Ebene die konkreten gesellschaftlichen Veränderungen vor Ort in den Blick nehmen würde.

3) Nicht zuletzt wäre es lohnend, die „Aneignungsweisen” nach Generationen und Geschlecht zu untersuchen, gerade weil sich das NS-Regime intensiv bemühte, sowohl die Jugend als auch die Frauen an sich zu binden. Die maskuline Vergemeinschaftung durch „Kameradschaft”, wie sie Thomas Kühne und Sven Oliver Müller analysiert haben,[35] unterschied sich durchaus von Gemeinschaftserlebnissen, wie sie junge BDM-Führerinnen schilderten.[36] Für diese verband sich ein Gemeinschaftsgefühl auch mit einem Zuwachs an Verantwortung und dem Einnehmen von Leitungspositionen, die ihnen als junge Frauen vordem nicht offen gestanden hatten. Elizabeth Harvey hat für die besetzten polnischen Gebiete gezeigt, wie gerade junge, noch unverheiratete Frauen engagierter Teil des deutschen Besatzungsapparats waren.[37] Nach dem „Historikerinnenstreit” und der Auseinandersetzung, ob Frauen nur Opfer oder auch Täterinnen waren, wenden sich neue Forschungsfragen daher den „Volksgenossinnen” zu,[38] deren Einsatz für das „Volksganze” vor allem in der Kriegszeit für die Fortexistenz des NS-Regimes unverzichtbar war.

Anders als frühere Forschungen, die nach Widerstand und Resistenz suchten oder in der Trias „Täter – Opfer – Zuschauer” ein erschöpfendes Modell sozialen Verhaltens zu erkennen glaubten, steht mit dem Begriff der „Volksgemeinschaft” ein Konzept politischer Geschichte im Mittelpunkt, das nicht mehr Staat gegen Gesellschaft ausspielt. „Volksgemeinschaft” weist vielmehr darauf hin, dass das Politische nicht nur im Staat, sondern auch in der Gesellschaft und aus ihr heraus entsteht, dass politische Ordnungen im Sozialen, in sozialen Erfahrungen wie Erwartungen ihre Grundlage haben können. Der wissenschaftliche Blick auf die Konstitution und die Transformationen des Politischen sollte sich deshalb nicht allein auf die staatliche Ebene richten, sondern ebenso auf die historisch variablen Grenzen, Mechanismen und Medien eines diskursiv und symbolisch konstituierten politischen Kommunikationsraumes.[39] Der neue Umgang mit dem Begriff der „Volksgemeinschaft”, wie er zum Beispiel in den konkreten Forschungsprojekten des Niedersächsischen Forschungskollegs „Nationalsozialistische ‚Volksgemeinschaft’? Konstruktion, gesellschaftliche Wirkungsmacht und Erinnerung vor Ort”[40] zum Ausdruck kommt, zeigt daher nicht zuletzt einen epistemologischen Perspektivwechsel in der NS-Historiografie hin zu einer Kulturgeschichte des Politischen an.

Empfohlene Literatur zum Thema

Bajohr, Frank / Wildt, Michael (Hrsg.), Volksgemeinschaft: neue Forschungen zur Gesellschaft des Nationalsozialismus, Frankfurt a. M. 2012: Fischer-Taschenbuch-Verl.
Frei, Norbert, "Volksgemeinschaft". Erfahrungsgeschichte und Lebenswirklichkeit der Hitler-Zeit, 1945 und wir. Das Dritte Reich im Bewußtsein der Deutschen, München 2005
Kershaw, Ian, Volksgemeinschaft. Potenzial und Grenzen eines neuen Forschungskonzepts, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte Das zentrale Forum der Zeitgeschichtsforschung 59, 1, 2011, S. 1–17
Zitation

Michael Wildt, „Volksgemeinschaft”, Version: 1.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 3.6.2014, URL: http://docupedia.de/zg/Volksgemeinschaft

Versionen: 1.0

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Anmerkungen

    1. Vgl. Steffen Bruendel, Volksgemeinschaft oder Volksstaat. Die „Ideen von 1914” und die Neuordnung Deutschlands im Ersten Weltkrieg, Berlin 2003; Jeffrey Verhey, Der „Geist von 1914“ und die Erfindung der Volksgemeinschaft, Hamburg 2000.
    2. Vgl. Eric Hobsbawm, Nations and Nationalism since 1780. Programme, Myth, Reality, Cambridge 1990.
    3. Hans-Ulrich Thamer, Volksgemeinschaft: Mensch und Masse, in: Richard van Dülmen (Hrsg.), Erfindung des Menschen. Schöpfungsträume und Körperbilder 1500-2000, Wien 1998, S. 367-388, hier S. 367; vgl. dazu Michael Wildt, Die Ungleichheit des Volkes. „Volksgemeinschaft” in der politischen Kommunikation der Weimarer Republik, in: ders./Frank Bajohr (Hrsg.), Volksgemeinschaft. Neue Forschungen zur Gesellschaft des Nationalsozialismus, Frankfurt a.M. 2009, S. 24-40.
    4. Darauf machte früh Avraham Barkai aufmerksam: Avraham Barkai, The German Volksgemeinschaft from the Persecution of the Jews to the „Final Solution”, in: Michael Burleigh (Hrsg.), Confronting the Nazi Past. New Debates on Modern German History, London 1996, S. 84-97.
    5. 25-Punkte-Programm der NSDAP vom 24. Februar 1920, hier Punkt 4; nachzulesen unter: http://www.dhm.de/lemo/html/dokumente/nsdap25 (10.2.2014).
    6. Helmuth Plessner, Grenzen der Gemeinschaft. Eine Kritik des sozialen Radikalismus [1924], Frankfurt a.M. 2002, S. 28.
    7. Gérard Raulet, Die Modernität der „Gemeinschaft”, in: Micha Brumlik/Hauke Brunkhorst (Hrsg.), Gemeinschaft und Gerechtigkeit, Frankfurt a.M. 1993, S. 72-93, hier S. 73.
    8. Heinrich August Winkler, Vom Mythos der Volksgemeinschaft, in: Archiv für Sozialgeschichte 17 (1977), S. 484-490, hier S. 485; vgl. ähnlich argumentierend: Hans Mommsen, Nationalsozialismus als vorgetäuschte Modernisierung, in: Walter H. Pehle (Hrsg.), Der historische Ort des Nationalsozialismus, Frankfurt a.M. 1990, S. 31-46; Bernd Weisbrod, Der Schein der Modernität. Zur Historisierung der „Volksgemeinschaft”, in: Karsten Rudolph/Christl Wickert (Hrsg.), Geschichte als Möglichkeit. Über die Chancen von Demokratie, Essen 1995, S. 224-242.
    9. Hans Mommsen, Forschungskontroversen zum Nationalsozialismus, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 14-15/2007, S. 14-21, online unter http://www.bpb.de/apuz/30541/forschungskontroversen-zum-nationalsozialismus?p=all.
    10. Vgl. den Konferenzbericht von Janosch Steuwer auf H-Soz-u-Kult, 28.5.2010: http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=3121; der von Martina Steber und Bernhard Gotto herausgegebene Konferenzband wird 2014 bei Oxford University Press erscheinen.
    11. Detlef Schmiechen-Ackermann, Einführung, in: ders. (Hrsg.), „Volksgemeinschaft“: Mythos, wirkungsmächtige soziale Verheißung oder soziale Realität im „Dritten Reich”? Zwischenbilanz einer kontroversen Debatte, Paderborn 2012, S. 13-53, hier S. 35.
    12. Hans Mommsen, Hitler und der Mythos der Volksgemeinschaft. Zur Auflösung der bürgerlichen Nation, in: Dan Diner/Gideon Reuveni/Yfaat Weiss (Hrsg.), Deutsche Zeiten. Geschichte und Lebenswelt. Festschrift zur Emeritierung von Moshe Zimmermann, Göttingen 2012, S. 132-140, hier S. 132.
    13. Norbert Frei, „Volksgemeinschaft”. Erfahrungsgeschichte und Lebenswirklichkeit der Hitler-Zeit, in: ders., 1945 und wir. Das Dritte Reich im Bewußtsein der Deutschen, München 2005, S. 107-128.
    14. Hans-Ulrich Wehler, Deutsche Gesellschaftsgeschichte, Bd. 4: Vom Beginn des Ersten Weltkrieges bis zur Gründung der beiden deutschen Staaten 1914-1949, München 2003, hier S. 681; Martin Broszat, Zur Struktur der NS-Massenbewegung, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 31 (1983), S. 52-76, online unter http://www.ifz-muenchen.de/heftarchiv/1983_1_3_broszat.pdf.
    15. Frei, „Volksgemeinschaft”, S. 128.
    16. Götz Aly, Hitlers Volksstaat. Raub, Rassenkrieg und nationaler Sozialismus, Frankfurt a.M. 2005.
    17. Detlev Peukert, Volksgenossen und Gemeinschaftsfremde. Anpassung, Ausmerze und Aufbegehren unter dem Nationalsozialismus, Köln 1982.
    18. Vgl. dazu Ute Planert, Der dreifache Körper des Volkes: Sexualität, Biopolitik und die Wissenschaften vom Leben, in: Geschichte und Gesellschaft 26 (2000), S. 539-576.
    19. Broszat, Struktur, S. 67.
    20. Gisela Bock, Zwangssterilisation im Nationalsozialismus. Studien zur Rassenpolitik und Frauenpolitik, Opladen 1986, S. 233; vgl. Wolfgang Uwe Eckart, Medizin in der NS-Diktatur. Ideologie, Praxis, Folgen, Köln 2012; Geoffrey Campbell Cocks, The State of Health. Illness in Nazi Germany, Oxford 2012.
    21. Vgl. Patrick Wagner, Volksgemeinschaft ohne Verbrecher. Konzeptionen und Praxis der Kriminalpolizei in der Zeit der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus, Hamburg 1996.
    22. Vgl. exemplarisch Uwe Lohalm, Völkische Wohlfahrtsdiktatur. Öffentliche Wohlfahrtspolitik im nationalsozialistischen Hamburg, Hamburg 2010.
    23. Vgl. Christiane Kuller, Bürokratie und Verbrechen. Antisemitische Finanzpolitik und Verwaltungspraxis im nationalsozialistischen Deutschland, München 2013; Axel Decroll, Der Fiskus als Verfolger. Die steuerliche Diskriminierung der Juden in Bayern 1933–1941/42, München 2009; Martin Friedenberger, Fiskalische Ausplünderung. Die Berliner Steuer- und Finanzverwaltung und die jüdische Bevölkerung 1933–1945, Berlin 2008.
    24. Vgl. Michael Wildt, Volksgemeinschaft als Selbstermächtigung. Gewalt gegen Juden in der deutschen Provinz 1919 bis 1939, Hamburg 2007; Jane Caplan/Nikolaus Wachsmann (Hrsg.), Concentration Camps in Nazi Germany: The New Histories, London 2010.
    25. Vgl. dazu Hannah Ahlheim, „Deutsche, kauft nicht bei Juden!”. Antisemitismus und politischer Boykott in Deutschland 1924 bis 1935, Göttingen 2011.
    26. Vgl. Alexandra Przyrembel, „Rassenschande”. Reinheitsmythos und Vernichtungslegitimation im Nationalsozialismus, Göttingen 2003; Wildt, Volksgemeinschaft als Selbstermächtigung, S. 219-266.
    27. Vgl. dazu Gerhard Wolf, Ideologie und Herrschaftsrationalität. Nationalsozialistische Germanisierungspolitik in Polen, Hamburg 2012; Birthe Kundrus, Regime der Differenz. Volkstumspolitische Inklusionen und Exklusionen im Warthegau und im Generalgouvernement 1939-1944, in: Bajohr/Wildt (Hrsg.), Volksgemeinschaft, S. 105-123.
    28. Alf Lüdtke, Einleitung: Was ist und wer treibt Alltagsgeschichte?, in: ders. (Hrsg.), Alltagsgeschichte. Zur Rekonstruktion historischer Erfahrungen und Lebensweisen, Frankfurt a.M. 1989, S. 9-47, hier S. 12.
    29. Ebd., S. 13.
    30. Ian Kershaw, „Volksgemeinschaft”. Potenzial und Grenzen eines neuen Forschungskonzepts, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 59 (2011), S. 1-17, hier S. 12; vgl. dazu meine Replik: „Volksgemeinschaft”. Eine Antwort auf Ian Kershaw, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History 8 (2011), S. 102-109, online unter http://www.zeithistorische-forschungen.de/16126041-Wildt-1-2011.
    31. Hans-Ulrich Thamer, Die Widersprüche der „Volksgemeinschaft” in den späten Kriegsjahren, in: Schmiechen-Ackermann (Hrsg.), „Volksgemeinschaft”, S. 289-300, hier S. 298.
    32. Dietmar Süß, Tod aus der Luft. Kriegsgesellschaft und Luftkrieg in Deutschland und England, München 2011; Nicole Kramer, Volksgenossinnen an der Heimatfront. Mobilisierung, Verhalten, Erinnerung, Göttingen 2011; Sven Keller, „Volksgemeinschaft” am Ende. Gesellschaft und Gewalt 1944/45, München 2013.
    33. Malte Thießen, Schöne Zeiten? Erinnerungen an die „Volksgemeinschaft” nach 1945, in: Bajohr/Wildt (Hrsg.), Volksgemeinschaft, S. 165-187; ders., Erinnerungen an die „Volksgemeinschaft”. Integration und Exklusion im kommunalen und kommunikativen Gedächtnis, in: Schmiechen-Ackermann (Hrsg.), „Volksgemeinschaft”, S. 319-334.
    34. Thießen, Erinnerungen, S. 324f.
    35. Thomas Kühne, Kameradschaft. Die Soldaten des nationalsozialistischen Krieges und das 20. Jahrhundert, Göttingen 2006; Sven Oliver Müller, Deutsche Soldaten und ihre Feinde. Nationalismus an Front und Heimatfront im Zweiten Weltkrieg, Frankfurt a.M. 2007.
    36. Gisela Miller-Kipp (Hrsg.), „Auch Du gehörst dem Führer”. Die Geschichte des Bundes Deutscher Mädel (BDM) in Quellen und Dokumenten, Weinheim/München 2001; Dagmar Reese (Hrsg.), Die BDM-Generation. Weibliche Jugendliche in Deutschland und Österreich im Nationalsozialismus, Berlin 2007.
    37. Elizabeth Harvey, „Der Osten braucht dich!” Frauen und nationalsozialistische Germanisierungspolitik, Hamburg 2010.
    38. Sybille Steinbacher (Hrsg.), Volksgenossinnen. Frauen in der NS-Volksgemeinschaft, Göttingen 2007; Kramer, Volksgenossinnen an der Heimatfront.
    39. Vgl. Ute Frevert/Heinz-Gerhard Haupt (Hrsg.), Neue Politikgeschichte. Perspektiven einer historischen Politikforschung, Frankfurt a.M. 2005.
    40. Zum Forschungskolleg vgl. die Website http://www.foko-ns.de sowie den jüngst erschienenen Band: Dietmar von Reeken/Malte Thießen (Hrsg.), „Volksgemeinschaft“ als soziale Praxis. Neue Forschungen zur NS-Gesellschaft vor Ort, Paderborn 2013.