Publikationsserver des Leibniz-Zentrums für
Zeithistorische Forschung Potsdam e.V.

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Anne K. Krüger

Transitional Justice

Version: 1.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 25.01.2013
https://docupedia.de//zg/Transitional_Justice

DOI: https://dx.doi.org/10.14765/zzf.dok.2.252.v1

Artikelbild: Transitional Justice

Tegucigalpa, Honduras: Gedenken an die ermordeten AktivistInnen während der Vorstellung des Berichts der alternativen Wahrheitskommission, die über Menschenrechtsverletzungen während und nach dem zivil-militärischen Putsch 2009 berichtet. Foto: Hondurasdelegation. Bericht der alternativen Wahrheitskommission, Quelle: <a rel="nofollow" class="external text" href="http://www.flickr.com/photos/hondurasdelegation/8060478778/">Flickr</a&…; (<a rel="nofollow" class="external text" href="https://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/2.0/">CC BY-NC-SA 2.0</a>).

Der Begriff Transitional Justice etablierte sich am Ende der 1990er-Jahre in Politik und Politikberatung sowie in der sozial- und rechtswissenschaftlichen Forschung. Er steht für den gesellschaftlichen und politischen Umgang mit Verbrechen, die während eines Bürgerkriegs oder vor einem politischen Umbruch begangen wurden. Anne K. Krüger widmet sich in ihrem Beitrag dem Verhältnis der Transitional Justice-Forschung zu deutschen Debatten über die „Vergangenheitsaufarbeitung”, zeichnet die unterschiedlichen Forschungsrichtungen in diesem oftmals praxisbezogenen Feld nach und skizziert schließlich Anschlusspunkte für die Zeitgeschichtsschreibung.

Transitional Justice

von Anne K. Krüger

Ende der 1990er-Jahre etablierte sich sowohl in Politik und Politikberatung als auch in der sozial- und rechtswissenschaftlichen Forschung ein neuer Begriff für Prozesse, Praktiken und Organisationsformen im Umgang mit Verbrechen, die vor einer politischen Transition vom Vorgängerregime oder während eines Bürgerkriegs begangen worden waren: Transitional Justice. Dazu hatten die politischen Umbrüche in Süd- und Zentralamerika, in Ost-, Mittel- und Südosteuropa sowie insbesondere auch das Ende der Apartheid in Südafrika maßgeblich beigetragen. Aufgrund dieser Ereignisse und ihrer Folgeprobleme wuchs die Wahrnehmung einer Notwendigkeit, nach politischen Umbrüchen die zuvor begangenen Verbrechen nicht dem Vergessen anheimfallen zu lassen, sondern sie zu thematisieren, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen und die Opfer anzuerkennen. Gleichzeitig etablierte sich die Transitional Justice-Forschung, die diese Prozesse kritisch begleitete.

Um sich dem Gegenstand von Transitional Justice zu nähern, bietet sich demnach einerseits ein Blick auf entsprechende politische, rechtliche und gesellschaftliche Praktiken im Umgang mit einer gewaltsamen Vergangenheit an. Hierunter fallen Strafprozesse sowie Wahrheitskommissionen als außergerichtliche Form der Adressierung von Unrecht, Amnestien und zivilrechtliche Maßnahmen wie Lustration, d.h. die Entfernung belasteter Personen aus öffentlichen Ämtern, wie auch Entschädigungen und die Restitution von Eigentum. Über den konkreten Umgang mit Tätern und Opfern hinaus gehört zum Feld der Transitional Justice auch die Geschichts- und Erinnerungspolitik. Damit wird für die Forschung auch die Errichtung und Diskussion über Gedenkstätten, Gedenktage und Denkmäler relevant.

Im Zuge der Herausbildung von Transitional Justice zu einem eigenständigen Gebiet in Forschung und Praxis ist andererseits versucht worden, den Entwicklungsprozess dieses Phänomens historisch nachzuvollziehen und eine Periodisierung im Hinblick auf wegweisende Schritte im Umgang mit staatlich begangenen Menschenrechtsverletzungen vorzunehmen. Hierbei wurden drei „Transitional Justice-Wellen” herausgearbeitet.[1] Der Beginn wird hier bei den Nürnberger Prozessen nach dem Zweiten Weltkrieg angesetzt, mit denen eine gezielte Verurteilung von Verantwortlichen schwerster Menschenrechtsverletzungen nach einem politischen Umbruch begonnen habe. Eine zweite Phase bilden danach die Regimetransitionen in Südeuropa (Griechenland, Portugal, Spanien) der 1970er-Jahre. Die dritte Phase, so González Enríquez, Barahona de Brito und Aguilar Fernández, beginne in den 1980er-Jahren mit dem Ende der Militärdiktaturen im südlichen Lateinamerika und erstrecke sich über die politischen Umbrüche in den ehemaligen Ostblockstaaten, die Friedensverhandlungen nach Bürgerkriegen in Zentralamerika und die Überwindung der südafrikanischen Apartheid über weitere afrikanische Länder wie Ruanda oder Sierra Leone bis nach Asien in Länder wie die Philippinen, Sri Lanka oder Kambodscha.[2]

Ein anderer Vorschlag der Periodisierung stammt von Ruti Teitel und orientiert sich an der Entwicklung des Internationalen Rechts und dessen Anwendung.[3] Als erste Phase wird auch hier die „post-war transitional justice” der Nachkriegszeit angesehen, in der mit den Tribunalen in Nürnberg und Tokio erstmals die Wahrung staatlicher Souveränität hinter der Verfolgung von schwersten Menschenrechtsverletzungen zurücktrat und die politische und militärische Elite eines Landes zur Verantwortung gezogen wurden. Dadurch seien Standards gesetzt worden, die für spätere Prozesse gegen alte Eliten sowie für die weitere Entwicklung der Geschichte der Menschenrechte vorbildhaft gewesen seien. Die zweite Phase der „post-cold war transitional justice” sei dann sowohl von einer Integration des Internationalen Rechts in die nationalen Rechtsprechungen als auch von neuen Formen des Umgangs mit der Vergangenheit wie z.B. Wahrheitskommissionen geprägt gewesen. In der dritten Phase der „steady-state transitional justice”[4] habe schließlich der 1998 beschlossene und 2002 Internationale Strafgerichtshofs in Den Haag eine institutionell gestützte Norm begründet, an der sich Prozesse der Aufarbeitung von Unrecht in der Folgezeit orientierten.

Entgegen diesen Periodisierungsversuchen der Entwicklung im Umgang mit repressiver Vergangenheit nach politischen Umbrüchen oder aber einem alleinigen Fokus auf die unterschiedlichen rechtlichen, politischen und gesellschaftlichen Praktiken, die unter Transitional Justice verstanden werden, wird in diesem Artikel ein anderer Zugang gewählt. Der Fokus soll im Folgenden auf den Begriff selbst gelegt werden, der sich erst gegen Ende der 1990er-Jahre in Forschung und Praxis durchgesetzt hat. Die Entwicklung des Begriffs wird dabei erstens anhand der parallel stattfindenden Herausbildung eines eigenständigen Forschungsfelds nachvollzogen. Zweitens wird danach gefragt, in welchem Verhältnis die Transitional Justice-Forschung zu deutschen Debatten über „Vergangenheitsaufarbeitung” steht und welche aktuellen Entwicklungen sich hier gegenwärtig vollziehen. Drittens werden unterschiedliche Forschungsperspektiven in der Untersuchung von Transitional Justice-Prozessen aufgezeigt sowie auf die (teils durchaus problematische) Praxisnähe dieses Forschungsgegenstands verwiesen. Zuletzt wird ein Ausblick auf aktuelle Forschungstendenzen gegeben, der künftige Wege insbesondere auch im Hinblick auf die Zeitgeschichtsschreibung der Transitional Justice-Forschung beleuchtet.

Die Entstehung des Begriffs und des Forschungsfelds

1995 erschien ein dreibändiges Kompendium mit dem Titel „Transitional Justice. How Emerging Democracies Reckon with Former Regimes”. Der Herausgeber Neil Kritz, Jurist am United States Institute of Peace, legte damit eine umfangreiche Sammlung von Länderberichten und nationalen Gesetzgebungen zum Umgang mit Geheimpolizeiakten, Lustration, Reparationen, Strafverfolgung und Amnestien sowie von Wahrheitskommissionsberichten vor. Zudem beinhaltete der erste Band mit dem Titel „General Considerations” neben einem Vorwort von Nelson Mandela auch die bis dahin wichtigsten Publikationen zum Umgang mit Regimeverbrechen nach einem politischen Umbruch.[5] Beeinflusst wurde die Idee einer solchen Materialsammlung durch die in den 1980er-Jahren beginnenden Regime-Umbrüche im südlichen Lateinamerika sowie durch erste Versuche, die daraus gewonnenen Erkenntnisse über Wege des Umgangs mit schweren Menschenrechtsverletzungen und den dafür Verantwortlichen auf die Situation nach dem Zusammenbruch des ehemaligen Ostblocks zu übertragen.

Bereits in den Überschriften der versammelten Artikel, die oftmals „justice” und „transition” zueinander in Beziehung setzten, zeichnete sich ein neuer Untersuchungsgegenstand ab. Mit der Publikation dieser drei Bände wurde Transitional Justice in der Folge zu einem eigenständigen Begriff, der sich zu einem Referenzpunkt für Forschung und Praxis entwickelt hat. Mittlerweile findet hierzu jährlich eine Vielzahl an Konferenzen statt. Zahlreiche Publikationen werden unter diesem Label veröffentlicht.[6] Seit 2007 erscheint zudem, herausgegeben vom Human Rights Center an der Berkeley University und dem südafrikanischen Centre for the Study of Violence and Reconciliation (CSVR), das „International Journal of Transitional Justice”, dessen Ziel es ist, die unterschiedlichen (kulturellen) Perspektiven sowohl aus der Forschung als auch aus der Praxis zusammenzubringen.[7]

Im Zuge dessen ist auf internationaler Ebene eine Erwartungshaltung an politische Transitionsprozesse entstanden: Sobald ein autokratisches Regime kollabiert oder es nach einem Bürgerkrieg zu Friedensverhandlungen kommt, steht auch die Frage nach dem Umgang mit den zuvor begangenen Verbrechen zur Debatte.

Der Beginn einer verstärkten wissenschaftlichen Beschäftigung mit dem Umgang mit einer belasteten Vergangenheit während und nach politischen Transitionen lässt sich einerseits auf die politikwissenschaftliche Demokratieforschung zurückführen. Die politischen Umbrüche zunächst in Lateinamerika und nachfolgend in den ehemaligen Ostblockstaaten wurden hier zum viel beforschten Untersuchungsgegenstand, woraus sich in der Folge der Bereich der Transformationsforschung entwickelte. Ihr Fokus lag nicht allein auf dem jeweiligen politischen Umbruch und den sich daran anschließenden demokratischen Konsolidierungsprozessen.[8] Darüber hinaus wurde auch die Frage nach dem „torturer problem”[9], dem Umgang mit den alten Eliten, diskutiert. Es entstand die Frage, ob die öffentliche Aufdeckung von Verbrechen und die Zurechnung von Verantwortung für sich neu konsolidierende Demokratien entscheidend seien oder ob sie dadurch vielmehr gefährdet würden.

Diese Frage wurde auch von Juristen und Rechtswissenschaftlern aufgegriffen. Ihre Beantwortung stellte das Kernproblem dar, das in der Folge die Diskussion um Transitional Justice bestimmen sollte. Im Zentrum stand die Frage, wie im Hinblick auf die jeweiligen Folgen für eine friedliche Konsolidierung von Politik und Gesellschaft zwischen einer Bestrafung von Verantwortlichen und ihrer Amnestierung abzuwägen sei.[10] In ihrem Plädoyer für eine kompromisslose strafrechtliche Verfolgung beschrieb die Rechtswissenschaftlerin Diane Orentlicher die wesentliche politische Herausforderung als „choice between their [Anm. d. A., die neuen Demokratien] very survival and the principles upon which their existence was founded”.[11] Konkret sah sie das Kernproblem in der Frage, „[h]ow to balance the demands of justice against the continued dangers of military or other force”.[12]

Einen wesentlichen Anteil an der Herausbildung des Forschungsgegenstands und der Entwicklung des politischen Handlungsfelds hatten jedoch Menschenrechtsaktivisten, die teilweise ebenfalls über eine (zumeist rechts-)wissenschaftliche Ausbildung und Expertise verfügten und bereits seit Jahren in verschiedenen Nichtregierungsorganisationen und Stiftungen aktiv in der Menschenrechtsarbeit tätig waren. Hierzu gehörten u.a. Carlos Nino und Jaime Malamud-Goti, die den argentinischen Präsidenten Raúl Alfonsín im Hinblick auf den juristischen Umgang mit der für die schweren Menschenrechtsverletzungen verantwortlichen alten Elite beraten hatten, Aryeh Neier und Juan Méndez, Mitbegründer von Helsinki Watch bzw. Americas Watch, sowie José Zalaquett und Alex Boraine, die nachfolgend Mitglieder in der chilenischen bzw. südafrikanischen Wahrheitskommission wurden. Zusammen mit einer Vielzahl weiterer Aktivisten, Experten und Politiker haben sie nicht nur durch ihre Menschenrechtsaktivitäten zur Entstehung und zunehmenden Anwendung von Transitional Justice-Praktiken, sondern auch im Rahmen von Publikationen und Konferenzen zur Herausbildung eines eigenständigen Forschungsfelds beigetragen.

Ein Schlüsselereignis in der Herausbildung von Transitional Justice bildet die Konferenz „State Crimes: Punishment or Pardon?”.[13] Sie wurde 1988 durch Alice Henkin vom Justice and Society Program des Aspen Institute in Maryland organisiert und finanziell von der Ford Foundation unterstützt. Neben der Frage nach den Möglichkeiten und Konsequenzen einer strafrechtlichen Verfolgung wurde auf dieser Konferenz noch ein anderer Aspekt deutlich, der die Transitional Justice-Forschung und auch -Praxis in der Folge entscheidend prägen sollte. Die Konferenz stand unter dem Eindruck erster Wahrheitskommissionen, darunter insbesondere die 1983 eingesetzte argentinische Comisión Nacional sobre la Desaparición de Personas (CONADEP). Henkin schrieb in ihrem Konferenzbericht: „Although there were different views as to the extent of the obligation to punish, there was common agreement that the successor government has an obligation to investigate and establish the facts so that the truth be known.”[14] Jenseits der Frage nach einer Bestrafung von Verantwortlichen war man sich darüber einig, dass die begangenen Verbrechen aufzudecken und öffentlich anzuerkennen seien.[15]

In der Folge des Zusammenbruchs des Ostblocks fanden weitere Konferenzen statt, die dazu gedacht waren, einen Erfahrungsaustausch über die Möglichkeiten von Transitional Justice zwischen den postsozialistischen Transitionsländern und jenen im südlichen Lateinamerika herzustellen. Hervorzuheben ist hier die 1992 von der in New York ansässigen Charta 77-Foundation[16] organisierte und von George Soros' Open Society Foundations finanzierte Konferenz „Justice in Times of Transition” in Salzburg. Bereits etablierte Expert/innen und Praktiker/innen wie Henkin, Neier, Orentlicher oder Teitel trafen hier mit Politiker/innen und Bürgerrechtler/innen aus den ehemals sozialistischen Staaten des Ostblocks wie Adam Michnik oder Karel Schwarzenberg zusammen.[17]

Darüber hinaus bildete diese Konferenz den Auftakt für das gleichnamige Projekt „Justice in Times of Transition”,[18] zu dem bereits im Vorfeld international angesehene Experten, unter ihnen Henkin, Orentlicher und Zalaquett, aber auch Jürgen Habermas, Ralf Dahrendorf und Timothy Garton Ash, als Berater/innen hinzugezogen worden waren.[19] Auch für dieses Projekt wurde durch die Open Society Foundations eine Finanzierung bereitgestellt. Bis heute initiieren und unterstützen diese Stiftungen Konferenzen, die sich mit Transitional Justice und demokratischer Konsolidierung beschäftigen. Dazu gehört auch die 1994 vom Institute for a Democratic Alternative for South Africa (IDASA)[20] vor dem Hintergrund des Endes des Apartheidregimes veranstaltete Konferenz „Dealing with the Past”. Auch hier ging es um einen Erfahrungsaustausch und damit um die Frage, wie in Südafrika mit den unter dem Apartheidregime begangenen Verbrechen umgegangen werden sollte. Das Ergebnis war die Einsetzung der südafrikanischen Truth and Reconciliation Commission (TRC) am 26. Juli 1995, als deren Mitglied auch der Mitorganisator dieser Konferenz, der Menschenrechtsaktivist Alex Boraine, ernannt wurde.

Die südafrikanische Truth and Reconciliation Commission ist nicht nur die bis dato bekannteste Wahrheitskommission, über die bereits eine Vielzahl an Publikationen verfasst wurde.[21] Infolge ihrer Arbeit wurde mit dem 2001 eröffneten International Center for Transitional Justice (ICTJ) eine Organisation gegründet, die mittlerweile in 31 Ländern im Hinblick auf mögliche Maßnahmen im Umgang mit den Verbrechen der Vergangenheit beratend tätig ist.[22] Vor diesem Hintergrund ist Transitional Justice als Begriff und Praxisfeld auch in die Agenda der Vereinten Nationen eingegangen,[23] wie deren Mitwirkung an zahlreichen Wahrheitskommissionen[24] sowie die nach Kapitel VII der UN-Charta eingesetzten Ad hoc-Tribunale für Ruanda und das ehemalige Jugoslawien zeigen.[25] Seitdem der Begriff 1997 zum ersten Mal im Kontext der Frage nach der Stabilisierung einer neuen Regierung in einem offiziellen UN-Dokument verwendet wurde, ist er zu einem vielfach genutzten Schlagwort und zu einer zentralen Forderung an politische Demokratisierungsprozesse geworden.[26]

Transitional Justice und Vergangenheitsaufarbeitung

Mit der Entwicklung von Transitional Justice zu einer sich global verbreitenden Praxis und einem eigenständigen Forschungsgegenstand gehen auch Versuche einher, eine eindeutige Begriffsdefinition vorzunehmen. Ruti Teitel definiert Transitional Justice „as the conception of justice associated with periods of political change, characterized by legal responses to confront the wrongdoings of repressive predecessor regimes”.[27] Jon Elster präzisiert die darin angesprochenen „legal responses” als „processes of trials, purges and reparations”.[28] „Political change” konkretisiert er als „transition from one political regime to another”.[29] Diese Definitionsversuche sind nicht ohne Kritik geblieben. So sieht Naomi Roht-Arriaza zwei zentrale Probleme: Einerseits stelle sich die Frage, was unter „transitional” konkret zu verstehen sei, wie lange ein Zustand als „transitional” beschrieben werden könne, welche Richtung die „transition” einschlagen und wie tiefgehend sie sein müsse. Das zweite Problem sieht sie in dem eingeschränkten Fokus auf zivil- und strafrechtliche Aspekte. Sie betont, dass auch kulturelle und ökonomische Mechanismen wie Bildungschancen und Verteilungsgerechtigkeit Bestandteil von Transitional Justice sein könnten.[30] Deshalb definiert sie Transitional Justice als „set of practices, mechanisms and concerns that arise following a period of conflict, civil strife or repression, and that are aimed directly at confronting and dealing with past violations of human rights and humanitarian law”.[31] Ausgehend sowohl von repressiven Regimes als auch von (Bürger-)Kriegen umfasst ihre Definition jegliche Tätigkeiten, die im Anschluss an deren Überwindung die zuvor begangenen Menschenrechtsverletzungen thematisieren.

Diese Definition von Transitional Justice ist vergleichbar mit den deutschen Begriffen „Vergangenheitsaufarbeitung”[32] und „Vergangenheitsbewältigung”. Letzterer wird von Helmut König als „die Gesamtheit jener Handlungen und jenes Wissens” gefasst, „mit der sich die jeweiligen neuen demokratischen Systeme zu ihren nichtdemokratischen Vorgängerstaaten verhalten”.[33] Dabei ist der Terminus „Vergangenheitsbewältigung” aufgrund der „Nicht-Bewältigbarkeit” von Vergangenheit oftmals kritisiert und durch „Auf-”, „Be-” und „Durcharbeitung” bzw. durch Vergangenheits-, Erinnerungs- und Geschichtspolitik[34] oder aber durch Vergangenheits-[35] oder Erinnerungsarbeit[36] ersetzt worden.[37]

Zudem ist der Begriff der „Vergangenheitsbewältigung” sehr viel älter als derjenige der Transitional Justice. „Vergangenheitsbewältigung” war lange Zeit lediglich mit dem Nationalsozialismus und seiner zunächst mangelhaften „Bewältigung” in Deutschland verknüpft.[38] Auch wenn die Frage nach dem Umgang mit der NS-Vergangenheit seit den 1950er-Jahren immer wieder diskutiert worden war, wurde dieser Prozess erst in den 1980er-Jahren – nicht zuletzt befördert durch den Historikerstreit und das aufkommende Erinnerungs- und Gedächtnisparadigma – zu einem eigenen Forschungsfeld. Dabei standen die Fragen nach der Singularität des Holocaust und nach der Vergleichbarkeit der nationalsozialistischen und kommunistischen Diktatur im Vordergrund der Diskussionen. Zeitlich parallel stattfindende Debatten über den Umgang mit den Militärdiktaturen im südlichen Lateinamerika wurden in dieser Diskussion nicht rezipiert.

Erst nach 1989 im Zuge der Frage nach dem Umgang mit der DDR-Vergangenheit änderte sich hier der Fokus. Anstelle von „Vergangenheitsbewältigung” wurde nun verstärkt von „Vergangenheitsaufarbeitung” gesprochen.[39] Den vergleichenden Hintergrund für die DDR-Aufarbeitung bildete in den deutschen Debatten in erster Linie die Aufarbeitung der Nazi-Diktatur und erneut nicht die Aufarbeitungsprozesse anderer Länder. Der Umgang mit den beiden deutschen Diktaturen des 20. Jahrhunderts wurde dementsprechend zunächst nicht in das Falluniversum anderer Aufarbeitungsprozesse eingereiht.[40] Stattdessen wurden auf politischer Ebene aus dem deutschen Aufarbeitungskontext heraus, der oftmals als vorbildlich rezipiert wurde[41] und sogar zur Frage nach einer „deutschen ‚DIN'-Norm” der Vergangenheitsaufarbeitung geführt hat,[42] Begriff und Anliegen des deutschen Falls auch auf postsozialistische Länder in Ost-, Mittel- und Südosteuropa übertragen. Seit Ende der 1990er-Jahre zeigen sich in der deutschen Forschung jedoch erste Tendenzen, den deutschen Umgang mit der Vergangenheit auch in einen internationalen Kontext zu stellen.[43] Mittlerweile finden sich auch zunehmend Untersuchungen, die aufgrund ihrer transnationalen oder globalen Perspektive eine unmittelbare Kontextualisierung deutscher Vergangenheitsaufarbeitung mit Aufarbeitungsprozessen in anderen Ländern vornehmen.[44]

Kennzeichnend für die unter der Bezeichnung Transitional Justice rangierende Forschung sind dagegen von Beginn an eine Pluralität von Länderstudien sowie vergleichend angelegte Untersuchungen. Dabei wird auch der Umgang mit der deutschen Vergangenheit aus internationaler bzw. vergleichender Perspektive betrachtet, aus der heraus die Nürnberger Prozesse (zusammen mit den Tokioter Prozessen) in die Entwicklung des Internationalen Rechts eingebettet werden.[45] Auch werden die 1992 bzw. 1995 eingesetzten Enquête-Kommissionen zur „Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED-Diktatur in Deutschland” sowie zur „Überwindung der Folgen der SED-Diktatur im Prozeß der deutschen Einheit” in der Transitional Justice-Forschung als Wahrheitskommissionen gewertet.[46]

Jedoch wurde zu Beginn der Transitional Justice-Debatten die deutsche Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus kaum rezipiert. Zwar nahm etwa Neil J. Kritz Karl Jaspers' „Die Schuldfrage” (1946) mit in sein Transitional Justice-Kompendium auf. Die deutschen Debatten um das langfristige Erbe des Nationalsozialismus fanden jedoch nur eine knappe Erwähnung.[47] Stattdessen wurde ein Auszug aus dem bereits 1982 erschienenen Buch „From Dictatorship to Democracy” von John Herz aufgenommen, der als Kind vor den Nazis aus Deutschland geflohen war, und in dem zum deutschen Umgang mit der Vergangenheit zu lesen war: „What the Germans call Vergangenheitsbewaeltigung, coming to terms with one's past, may have become the subject of much debate among intellectuals, but in practice there has generally been extreme resistancy to reveal and discuss the nature of the dictatorship and the details of its excesses.”[48]

Die Zurückhaltung gegenüber der deutschen Vergangenheitsaufarbeitung änderte sich jedoch mit dem Zusammenbruch der DDR, die in den zeitlichen Kontext der Entstehung des Praxis- und Forschungsfelds der Transitional Justice fiel. Zu den oben erwähnten, auf internationalen Erfahrungsaustausch ausgerichteten Konferenzen wurden auch deutsche „Aufarbeitungsexperten” wie beispielsweise Armin Mitter, Mitglied der ersten Enquête-Kommission, der damalige Bundesbeauftragte für die Stasiunterlagen, Joachim Gauck, oder der Politikwissenschaftler Claus Offe eingeladen, um über die deutschen Erfahrungen zu berichten.

Die aktuellen Entwicklungen innerhalb der deutschen sowie der internationalen Forschung verweisen deshalb darauf, dass die deutsche Vergangenheitsaufarbeitung im „universe of transitional justice”[49] angekommen ist. Damit einhergehend etabliert sich Transitional Justice auch in Deutschland zunehmend als Oberbegriff für Maßnahmen der Vergangenheitsaufarbeitung.[50] Darüber hinaus haben sich aber auch die Transitional Justice-Forschung und ihr Gegenstand verändert. Die zeitliche Nähe zu politischen Umbruchssituationen rückt zunehmend in den Hintergrund,[51] wodurch auch insbesondere erinnerungskulturelle Fragestellungen zu einem Bestandteil der Transitional Justice-Forschung geworden sind.[52]

Transitional Justice zwischen Praxis und Forschung

Transitional Justice umfasst eine große Bandbreite an möglichen Formen des Umgangs mit den begangenen Verbrechen und seinen Opfern wie Tätern. Es lassen sich jedoch zwei Schwerpunkte identifizieren, die fächerübergreifend erforscht werden. Erstens beschäftigt sich die Forschung mit der rechtlichen Perspektive. Bereits in der Anfangsphase wurden – wie bereits gezeigt – die Vor- und Nachteile von Bestrafung versus Amnestie sowie unter Berufung auf die Nürnberger und Tokioter Prozesse die Anwendung und Weiterentwicklung des Internationalen Rechts diskutiert. Mit der Einsetzung der Ad hoc-Tribunale 1993 für das ehemalige Jugoslawien und 1994 für Ruanda auf der Grundlage von Kapitel VII der UN-Charta,[53] die es ermöglichte, sich über die nationale Strafhoheit hinwegzusetzen und Individuen für schwere Verstöße gegen das Internationale Humanitäre Recht anzuklagen, nahm Transitional Justice als Praxis sowie als Forschungsgegenstand weiter Gestalt an.[54] Einen erneuten Impuls für die Forschung gab die Gründung des Internationalen Strafgerichtshofs, dessen Statut am 1. Juli 2002 in Kraft trat.[55] Zudem entstand eine weitere Form von Strafgericht, die als hybrid court bezeichnet wird, da sich dieses Gericht aus nationalen und internationalen Komponenten zusammensetzt.[56] Diese unterschiedlichen juristischen Verfahrensweisen sowie ihre rechtlichen, gesellschaftlichen und politischen Konsequenzen sowohl im nationalen Kontext als auch auf internationaler Ebene bilden einen wesentlichen Schwerpunkt in der Anwendung von und der Forschung über Transitional Justice.

Der zweite Schwerpunkt liegt auf dem Instrument der Wahrheitskommission. Auch wenn die ugandische Commission of Inquiry into the Disappearances of People in Uganda since 25 January, 1971, die 1974 unter Diktator Idi Amin eingesetzt wurde, von einigen Forschern als erste Wahrheitskommission betrachtet wird, geht die Entwicklung von Wahrheitskommissionen zu einer international anerkannten Form der Transitional Justice von den ersten lateinamerikanischen Wahrheitskommissionen, insbesondere von der argentinischen Comisión Nacional sobre la Desaparición de Personas (CONADEP) und der chilenischen Comisión Nacional de Verdad y Reconciliación, aus. Diese haben die Einsetzung nachfolgender Kommissionen sowie die Forschung und damit die Definition der Eigenschaften und Aufgaben einer Wahrheitskommission maßgeblich beeinflusst. Insbesondere die aufsehenerregende südafrikanische Truth and Reconciliation Commission (TRC) hat an dieser Entwicklung einen wesentlichen Anteil gehabt. Sie wurde 1995 nach dem Ende der Apartheid unter Vorsitz von Erzbischof Desmond Tutu eingesetzt, der an diese Kommission den Anspruch stellte, durch eine öffentliche Aufarbeitung der Verbrechen der Vergangenheit einen gesellschaftlichen Vergebungs- und Versöhnungsprozess in Gang zu setzen, an dessen Ende die „rainbow nation” stehen sollte.[57] Da die südafrikanische TRC die erste Wahrheitskommission war, in deren Kompetenz es lag, Amnestien auszusprechen, ist sie zudem auch Gegenstand von juristischen Debatten um Strafverfolgung und Straflosigkeit.[58]

Die Amnestierung von Tätern hat darüber hinaus auch Diskussionen über einen Ausverkauf der Gerechtigkeit aufgrund des Verzichts auf eine Verurteilung von Schuldigen zugunsten der Aufdeckung einer umfassenden Wahrheit hervorgerufen.[59] Der Vorwurf, die Straflosigkeit von Verantwortlichen zu befördern, wird auch jenseits von Amnestieregelungen immer wieder vorgebracht. Jedoch werden Wahrheitskommissionen zunehmend unter Verweis auf die durch sie erfolgende restaurative, d.h. opferzentrierte Gerechtigkeit im Gegensatz zur retributiven, d.h. auf Bestrafung ausgerichtete Gerechtigkeit nicht mehr als Alternative, sondern als Ergänzung zu Strafverfahren betrachtet.[60]

Im Hinblick auf die Staaten des ehemaligen Ostblocks zeigt sich jedoch, dass in der Mehrzahl der Fälle weder Wahrheitskommissionen noch Strafverfahren systematisch durchgeführt wurden.[61] Zu einer vielfach eingesetzten Option entwickelte sich dagegen die zivilrechtliche Maßnahme der Lustration, d.h. die „Durchleuchtung” von Mitarbeitern im Öffentlichen Dienst hinsichtlich einer Tätigkeit in der vorherigen Geheimpolizei oder aber auch im Hinblick auf eine Mitgliedschaft in der jeweiligen Einheitspartei.[62] Mittlerweile ist auch der Umgang mit den Archiven der Geheimdienste zu einem wichtigen Gegenstand der Debatten geworden.[63]

Neben der Ausformung und Übertragung von bestimmten Maßnahmen auf immer neue Länder, die politisch-gesellschaftliche Umbrüche erfahren, hat mittlerweile auch eine kritische Reflexion der bisherigen Praktiken eingesetzt, die den Konflikt in den Blick nimmt, der durch den Kontrast von internationalen und nationalen bis lokalen Normen und Praktiken hervorgerufen wird.[64] So interessieren in der Forschung mittlerweile auch Prozesse, die traditionelle Elemente der Konfliktbearbeitung mit den bereits etablierten Instrumenten der Vergangenheitsaufarbeitung verbinden.[65] Beispiele hierfür sind die Gacaca-Tribunale in Ruanda[66] oder die Community Reconciliation Processes, die in Osttimor mit der dort eingesetzten Wahrheitskommission verbunden waren,[67] oder auch die „mato oput”-Zeremonien aus Norduganda[68].

Gedenkstätte für die Ermordeten und Verschwunden in der Provinz Córdoba (Argentinien) 1969-1983. Foto: ©Anne K. Krüger, mit freundlicher Genehmigung.
Gedenkstätte für die Ermordeten und Verschwunden in der Provinz Córdoba (Argentinien) 1969-1983. Foto: ©Anne K. Krüger, mit freundlicher Genehmigung.


Aufgegriffen werden von der Transitional Justice-Forschung mittlerweile auch Ansätze der Memory Studies und damit Forschungen zur Rolle von Erinnerung und Gedächtnis in Aufarbeitungsprozessen. Hier werden nicht nur die Konsequenzen einzelner Maßnahmen für das nation building und die Formierung kollektiver Identität untersucht. Zugleich hat sich auch ein Fokus auf gezielt eingesetzte Formen des (öffentlichen) Erinnerns wie Museen oder Gedenkstätten etabliert. Insbesondere die gezielt gesteuerte Anwendung dieser Maßnahmen in Form von Geschichts- und Erinnerungspolitik steht im Mittelpunkt der Forschung.[69]

Diese vielfältigen Maßnahmen, Praktiken und Prozesse bilden das Spektrum der Transitional Justice-Forschung. Ihre Analyse lässt sich neben einer thematischen Einteilung anhand der untersuchten Maßnahmen sowie der geografischen Schwerpunkte auch in unterschiedliche Forschungsperspektiven unterteilen. Hierbei sind vor allem drei Forschungsansätze voneinander zu trennen: Einen Großteil der Forschung bilden erstens Fallstudien zu verschiedenen Ländern.[70] Eingebettet in den jeweiligen historischen Kontext werden hier sowohl die Ursprünge der Gewalt, die begangenen Verbrechen und die Art und Weise ihrer Aufarbeitung als auch die daraus folgenden politischen, sozio-kulturellen und manchmal auch wirtschaftlichen Konsequenzen thematisiert. Neben diesen historisch angelegten Untersuchungen findet sich zweitens eine Vielzahl an Studien, in deren Mittelpunkt die Anwendung einer spezifischen Transitional Justice-Maßnahme wie z.B. einer Wahrheitskommission steht, deren Vor- und Nachteile in dem jeweiligen Kontext oder auch vergleichend diskutiert werden. Damit verbunden sind Versuche, den Beitrag von Transitional Justice zu peace building, demokratischer Konsolidierung, sozialer und ökonomischer Gerechtigkeit, Rechtsstaatlichkeit und gesellschaftlicher (Re-)Integration zu evaluieren.[71] Einen dritten Schwerpunkt bildet die Erforschung der Ausgangsbedingungen, die in einem spezifischen Kontext die Anwendung bestimmter Formen von Transitional Justice ermöglichen. Ausgehend von der Art der politischen Transition oder der verübten Verbrechen wird versucht, verallgemeinerbare Kausalitäten, Mechanismen oder Sequenzen herauszuarbeiten, die darüber entscheiden, wann welche Form gewählt wird.[72]

Aus diesen vielfältigen Perspektiven ergibt sich die Interdisziplinarität der Transitional Justice-Forschung. So finden sich neben rechtswissenschaftlichen Studien, sozialwissenschaftlichen Analysen und Evaluationen, aber auch ethnologische, philosophische und zunehmend auch geschichtswissenschaftliche Ansätze, die mit ihren unterschiedlichen Zugriffen die politischen Transitionsprozesse und ihre Versuche, einen adäquaten Umgang mit den zuvor begangenen Verbrechen zu finden, untersuchen.

Darüber hinaus zeichnet sich das Gebiet der Transitional Justice durch eine enge Verknüpfung von Forschung und Praxis aus. Oftmals sind es direkt in diese Prozesse involvierte Akteure, die aus der Innenperspektive heraus über ihre Erfahrungen berichten und weiterführende Ansätze entwickeln. Dies birgt einerseits große Vorteile, da dadurch ein direkter Wissenstransfer stattfinden kann, der nicht zuletzt auch die Aktualität sowohl der Forschung als auch der praktischen Anwendung garantiert. Andererseits ergibt sich daraus jedoch auch das Problem einer schwierigen Abgrenzung zwischen praxisbezogener Expertise und theoriegeleiteten wissenschaftlichen Ansätzen. Im Forschungsfeld der Transitional Justice treffen anwendungsorientierte Expertisen und Bestandsaufnahmen auf durch sozial-, rechts- und geisteswissenschaftliche Methoden geprägte Analysen, deren Zusammentreffen aufgrund unterschiedlicher Erwartungshaltungen auch inhaltliche Spannungen und Missverständnisse produzieren kann. Nicht zuletzt tritt durch die Praxisnähe auch immer wieder das Problem der Normativität zutage, wenn mit Begriffen wie „Gerechtigkeit”, „Wahrheit” oder „Versöhnung” operiert wird.[73] Insbesondere der Begriff der „Versöhnung” ist ein viel genutzter, aber umstrittener Begriff, der mittlerweile selbst zum Untersuchungsgegenstand geworden ist.[74]

Die Nähe zwischen Forschung, Praxis und Politik zeigt sich auch in der Entstehung einer epistemic community.[75] Sie hat sich nachhaltig auf Konferenzen und durch die Gründung neuer Organisationen konstituiert, unterstützt aktiv Aufarbeitungsprozesse und hat damit wesentlich dazu beigetragen, dass sich Transitional Justice auf internationaler Ebene als normativer Standard etabliert hat. Anika Oettler spricht in Bezug auf Wahrheitskommissionen auch von einem „globalen Aufarbeitungsdesign”, das von solchen Expert/innen als „hegemoniale Wahrheit” transportiert und verbreitet werde.[76] Auf diese Weise wird die Transitional Justice-Community selbst zum Forschungsgegenstand.

Ausblick

Transitional Justice hat sich in den letzten beiden Dekaden als übergreifende Erwartungshaltung an politische Umbruchssituationen weltweit etabliert. Die hier skizzierte Ausrichtung der Transitional Justice-Forschung verdeutlicht, dass bislang vor allem Fallstudien oder systematisch vergleichend angelegte Untersuchungen die Forschungslandschaft prägen. Die Entstehung einer weltweit geteilten Erwartungshaltung erfordert es jedoch, Transitional Justice als globales Phänomen zu begreifen und zu untersuchen.

Angesichts dessen wird zunehmend nach einem konzeptionellen und theoretischen Rahmen gefragt, mit dem sich die globale Verbreitung von Transitional Justice auf der Grundlage von spezifischen normativen Standards sowie anhand von Organisationsformen und Praktiken untersuchen lässt.[77] Neuere Forschungen weisen deshalb verstärkt die Tendenz auf, eine transnationale Perspektive einzunehmen. Dadurch rückt neben der internationalen Ebene und ihrem Einfluss auch das Spannungsverhältnis zwischen lokalen und globalen Aufarbeitungserwartungen und -standards in den Blick.[78]

Im Hinblick auf das Internationale Recht wird deutlich, dass man sich bisher vor allem auf die Entwicklung international angewandter Rechtsnormen konzentriert hat, die transfergeschichtlichen Auswirkungen und Rückkopplungseffekte jedoch bislang kaum systematisch untersucht wurden. Eine Ausnahme bildet hier die Untersuchung zur Verhaftung Augusto Pinochets und deren Auswirkung auf Transitional Justice-Prozesse in anderen Ländern.[79] Auch zeigen Forschungen aus der world polity-Perspektive[80] zu den „Außerordentlichen Kammern an den Gerichten von Kambodscha” den Einfluss international anerkannter rechtlicher Standards auf nationale Transitional Justice-Prozesse.[81] Gesprochen wird in diesem Zusammenhang auch von einer „justice cascade”, die zeigt, wie sich die Anwendung des Internationalen Rechts verändert hat und welchen Einfluss hierauf insbesondere Strafprozesse haben, die in anderen Ländern als den Heimatländern der angeklagten Diktatoren stattfinden.[82]

In der Forschung zu Wahrheitskommissionen lassen sich ebenfalls erste transnational bis global ausgerichtete Ansätze erkennen, die die weltweite Verbreitung der Wahrheitskommissionen losgelöst vom spezifischen Anwendungsfall betrachten. Neben dem Einfluss konkreter Ereignisse auf die Entwicklung und Verbreitung von Wahrheitskommissionen stehen hier auch die Akteure im Fokus, die diesen Trend unterstützen und vorantreiben. Gleichzeitig werden sowohl die Funktionen als auch die mit der Einsetzung einer Wahrheitskommission verbundenen Erwartungshaltungen analysiert.[83]

Der Ansatz, Transitional Justice als ein globales und transfergeschichtliches Phänomen wahrzunehmen, bietet neue Impulse für die Forschung. So gilt es zu untersuchen, wie diese globale Diffusion erfolgt ist und wie sie sich auf nationale Kontexte ausgewirkt hat. Andererseits muss nach Erklärungsansätzen gesucht werden, warum und aufgrund welcher Mechanismen sich diese Entwicklung vollzieht. Diese Fragen konzeptionell und theoretisch zu entwickeln, eröffnet neue Perspektiven für die zukünftige Forschung.

Die zeitgeschichtliche Forschung kann dabei im Rahmen der Globalgeschichte und Transnationalen Geschichte über unterschiedliche Wege zur kritischen Historisierung dieser Phänomene beitragen. Gerade im Hinblick auf die Historisierung von Transitional Justice selbst können durch die Einbettung in eine Geschichte der Menschenrechte – insbesondere unter Berücksichtigung der Entwicklung von Menschenrechtsinstanzen und -organisationen in Lateinamerika – wichtige Forschungsbeiträge geleistet werden.


Empfohlene Literatur zum Thema

Paige Arthur, How "Transitions" reshaped Human Rights, in: Human Rights Quarterly. 31, Nr. 2, 2009, S. 321–367.

Paloma Aguilar Fernández, Alexandra Barahona de Brito, Carmen González Enríquez (Hrsg.), The Politics of Memory. Transitional Justice in Democratizing Societies, Oxford University Press, Oxford 2001, ISBN 9780199240807.

Priscilla B. Hayner, Unspeakable Truths. Facing the challenge of truth commissions, London 2001, ISBN 978-0415924788.

Neil J. Kritz (Hrsg.), Transitional justice. How emerging democracies reckon with former regimes, United States Institute of Peace Press, Washington D.C. 1995, ISBN 9781878379436.

Javier Mariezcurrena, Naomi Roht-Arriaza (Hrsg.), Transitional justice in the twenty-first century. Beyond truth versus justice, 2006., Cambridge University Press, Cambridge (Mass.) 2006, ISBN 9780521860109.

Kathryn Sikkink, The justice cascade. How human rights prosecutions are changing world politics, Cambridge University Press, New York 2011, ISBN 9781107025004.

Ruti Teitel, Transitional Justice Genealogy, in: Harvard Human Rights Journal. 16, 2003, S. 69–94.

Zitation
Anne K. Krüger, Transitional Justice, Version: 1.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 25.1.2013, URL: http://docupedia.de/zg/Transitional_Justice

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Anmerkungen

    1. Carmen González Enríquez/Alexandra Barahona de Brito/Paloma Aguilar Fernández, Introduction, in: dies. (Hrsg.), The Politics of Memory. Transitional Justice in Democratizing Societies, Oxford 2001, S. 1-35.
    2. Ebd., S. 3 f.
    3. Vgl. hier und im Folgenden: Ruti Teitel, Transitional Justice Genealogy.
    4. Ebd., S. 71.
    5. Vgl. Neil J. Kritz (Hrsg.), Transitional Justice. How Emerging Democracies Reckon with Former Regimes, Washington D.C. 1995.
    6. Bereits 2001 und 2002 legten González Enríquez u.a. sowie Avruch und Vejarano umfangreiche Bibliografien zum Themenfeld vor: González Enríquez/ Barahona de Brito/Aguilar Fernández (Hrsg.), The Politics of Memory; Kevin Avruch/Beatriz Vejarano, Truth and Reconciliation Commissions. A Review Essay and Annotated Bibliography, in: The Online Journal of Peace and Conflict Resolution (2002), H. 4.2, S. 37-76.
    7. Vgl. Editorial Note, in: International Journal of Transitional Justice 1 (2007), H. 1, S. 1-5.
    8. Zu den hier involvierten Politikwissenschaftlern gehörten insbesondere John Herz, Juan Linz, Guillermo O’Donnell und Philippe Schmitter, die teils durch persönlich erlebte Diktaturerfahrungen von Nazi-Deutschland über Spanien bis Argentinien geprägt waren, sowie nachfolgend Samuel Huntington, Claus Offe oder Jon Elster, die sich nicht nur mit diesen Regime-Umbrüchen, sondern auch mit Fragen der Transitional Justice auseinandersetzten. Vgl. John H. Herz, From Dictatorship to Democracy. Coping with the Legacies of Authoritarianism and Totalitarianism, Westport/Conn. 1982; Guillermo O'Donnell/Philippe C. Schmitter/Laurence Whitehead (Hrsg.), Transitions from Authoritarian Rule. Comparative Perspectives, Baltimore 1986; Juan J. Linz/Alfred Stepan, Problems of Democratic Transition and Consolidation. Southern Europe, South America, and Post-Communist Europe, Baltimore/Md. 1996; Huntington, The Third Wave; Claus Offe, Der Tunnel am Ende des Lichts. Erkundungen der politischen Transformation im Neuen Osten, Frankfurt a. M. 1994; Jon Elster, Coming to Terms with the Past, in: Archives Europeennes de Sociologie 39 (1998), H. 1, S. 7-48. Einige dieser Autoren finden sich auch in Neil J. Kritz (Hrsg.), Transitional Justice.
    9. Vgl. Huntington, The Third Wave, S. 211.
    10. Vgl. Teitel, Transitional Justice Genealogy.
    11. Diane F. Orentlicher, Settling Accounts. The Duty to Prosecute Human Rights Violations of a Prior Regime, in: The Yale Law Journal (Hrsg.), Symposium. International Law 1991, S. 2537-2615, hier S. 2539.
    12. Ebd. Vgl. hierzu auch die Debatte zwischen Diane Orentlicher und Carlos Nino: Diane F. Orentlicher, Settling Accounts; Carlos S. Nino, The Duty to Punish Past Abuses of Human Rights Put into Context. The Case of Argentina, in: The Yale Law Journal (Hrsg.), Symposium. International Law 1991, S. 2619-2640; Diane F. Orentlicher, A Reply to Professor Nino, in: The Yale Law Journal (Hrsg.), Symposium. International Law 1991, S. 2641-2643 sowie Orentlichers spätere Bemerkungen in dies., ‘Settling Accounts’ Revisited. Reconciling Global Norms with Local Agency, in: International Journal of Transitional Justice 1 (2007), H. 1, S. 10-22.
    13. Vgl. Paige Arthur, How "Transitions" Reshaped Human Rights, in: Human Rights Quarterly 31 (2009), H. 2, S. 321-367.
    14. Alice H. Henkin, State Crimes. Punishment or Pardon. Conference Report, in: Kritz (Hrsg.), Transitional Justice, S. 184-188, hier S. 186.
    15. Vgl. für einen Überblick über die Entwicklung des „right to truth“ auch Gloria Park, Truth as Justice, in: Harvard International Review 31 (2010), H. 4, online unter http://hir.harvard.edu/big-ideas/truth-as-justice?page=0,1.
    16. Die Charta 77-Foundation wurde 1990 von Wendy W. Luers gegründet und 1992 in Foundation for a Civil Society umbenannt.
    17. Im Vorwort seines Kompendiums schildert Kritz seine Eindrücke von der Salzburg-Konferenz: Zunächst befremdet durch die Herangehensweise, unterschiedlichste Kontexte und Gewalterfahrungen miteinander zu vergleichen, sei den Teilnehmern schnell deutlich geworden, dass hinsichtlich ihrer Probleme und Ziele eine gewisse Ähnlichkeit vorlag. Für Kritz wurde diese Konferenz zum Anlass, aus dieser Erfahrung heraus die oben erwähnte Materialsammlung zu erstellen. Vgl. Neil J. Kritz, The Dilemmas of Transitional Justice, in: ders. (Hrsg.), Transitional Justice, S. XIX-XXX, hier S. XIX.
    18. Siehe online unter http://www.pjtt.org.
    19. Vgl. Timothy Phillips, The Project on Justice in Times of Transition, in: Chris E. Stout (Hrsg.), The New Humanitarians, Westport, Con. 2008.
    20. Das IDASA wurde 1987 von Frederik van Zyl Slabbert und Alex Boraine gegründet, beide ehemalige Abgeordnete im südafrikanischen Parlament. Heute nennt es sich Institute for Democracy in Africa.
    21. Vgl. Karin Alexander/Diana Batchelor/Alexis Durand/Tyrone Savage, Truth Commissions and Transitional Justice, in: Journal of Law and Religion 20 (2004/2005), H. 2, S. 525-565.
    22. Siehe online unter http://ictj.org/our-work.
    23. Der Begriff Transitional Justice findet sich zum ersten Mal im Juni 1997 in einem offiziellen UN-Dokument des Wirtschafts- und Sozialrats (ECOSOC); vgl. United Nations, Economic and Social Council, E/1997/86 vom 27. Juni 1997.
    24. Erstmals direkt an einer Wahrheitskommission beteiligt waren die Vereinten Nationen in El Salvador. Dort setzte UN-Generalsekretär Boutros Boutros-Ghali 1992 die im Friedensvertrag zwischen den Bürgerkriegsparteien ausgehandelte Comisión de la Verdad para El Salvador ein. Vgl. Thomas Buergenthal, The United Nations Truth Commission for El Salvador, in: Kritz (Hrsg.), Transitional Justice, S. 292-325.
    25. Rachel Kerr/Eirin Mobekk, Peace and Justice. Seeking Accountability After War, Cambridge 2007.
    26. Vgl. als programmatisches Dokument den Bericht „The Rule of Law and Transitional Justice in Conflict and Post-Conflict Societies“ an den UN-Generalsekretär Kofi Annan: United Nations, Security Council, S/2004/616, 23. August 2004.
    27. Ruti Teitel, Transitional Justice Genealogy, hier S. 69.
    28. Jon Elster, Closing the Books, hier S. 1.
    29. Ebd.
    30. Vgl. Naomi Roht-Arriaza, New Landscape of Transitional Justice, in: dies./Javier Mariezcurrena (Hrsg.), Transitional Justice in the Twenty-First Century. Beyond Truth Versus Justice, Cambridge 2006, S. 1-16, hier S. 1.
    31. Ebd., hier S. 2.
    32. Vgl. zum Begriff der „Aufarbeitung“ kritisch Theodor W. Adorno, Was bedeutet: Aufarbeitung der Vergangenheit (1959), in: ders. (Hrsg.), Erziehung zur Mündigkeit, Frankfurt a.M. 1971.
    33. Helmut König, Von der Diktatur zur Demokratie oder Was ist Vergangenheitsbewältigung, in: Helmut König/Michael Kohlstruck/Andreas Wöll (Hrsg.), Vergangenheitsbewältigung am Ende des zwanzigsten Jahrhunderts, Opladen 1998, S. 371-392, hier S. 375.
    34. Vgl. hierzu Norbert Frei, Vergangenheitspolitik. Die Anfänge der Bundesrepublik und die NS-Vergangenheit, München 1996; Ruth Fuchs/Detlef Nolte, Politikfeld Vergangenheitspolitik, in: Lateinamerika Analysen 9 (2004), S. 59-92; Peter Reichel, Politik mit der Erinnerung, München 1995; Pierre Nora, Zwischen Geschichte und Gedächtnis, Berlin 1990; Edgar Wolfrum, Geschichtspolitik in der Bundesrepublik Deutschland. Der Weg zur bundesrepublikanischen Erinnerung 1948-1990, Darmstadt 1999; für eine Auseinandersetzung mit den Begriffen vgl. Andrew Beattie, Playing Politics with History. The Bundestag Inquiries into East Germany, New York/Oxford 2008, S. 8-10.
    35. Vgl. Susanne Buckley-Zistel/Anika Oettler, Was bedeutet: Transitional Justice?, in: dies./Thomas Kater (Hrsg.), Nach Krieg, Gewalt und Repression. Vom schwierigen Umgang mit der Vergangenheit, Baden-Baden 2011, S. 21-37, hier S. 23.
    36. Vgl. Elizabeth Jelin, Los trabajos de la memoria, Madrid/Buenos Aires 2002.
    37. Im Anschluss an diese Kritik wird im Folgenden der Begriff der „Vergangenheitsaufarbeitung“ genutzt, zumal er sich auch im deutschsprachigen Raum als Oberbegriff etabliert hat. Zwar wird auch „Vergangenheitsbewältigung“ oftmals weiterhin gebraucht, doch ist dieser Begriff zu stark mit der fehlenden Auseinandersetzung mit der NS-Diktatur verknüpft.
    38. Vgl. Peter Reichel, Vergangenheitsbewältigung in Deutschland. Die Auseinandersetzung mit der NS-Diktatur von 1945 bis heute, München 2001, hier S. 23; König, Von der Diktatur zur Demokratie, hier S. 371.
    39. Siehe die 1992 vom Deutschen Bundestag eingesetzte Enquête-Kommission zur Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED-Diktatur in Deutschland; vgl. hierzu auch Martin Sabrow, „Bewältigung“ versus „Aufarbeitung“. Vom Umgang mit historischen Lasten in Deutschland, in: Martin Sabrow (Hrsg.), Heilung durch Wahrheit? Zum Umgang mit der Last der Vergangenheit (= 7. Helmstedter Universitätstage am 29. und 30. September 2001), Leipzig 2002, S. 43-66.
    40. Eine Ausnahme bildet hier Claus Offe, Der Tunnel am Ende des Lichts. Erkundungen der politischen Transformation im Neuen Osten, Frankfurt a.M. 1994.
    41. Vgl. kritisch hierzu Andrew H. Beattie, Learning from the Germans?, in: PORTAL. Journal of Multidisciplinary International Studies (2007), H. 4/2, online unter http://epress.lib.uts.edu.au/journals/index.php/portal/article/view/483/45.
    42. Vgl. hierzu „DIN-Norm oder neuer deutscher Sonderweg: Aufarbeitung made in Germany als Modell?” Auszüge der Podiumsdiskussion mit Bernd Faulenbach, Rüdiger Sielaff, Stefan Troebst, Harald Welzer, Edgar Wolfrum vom 21. September 2007, in: Katrin Hammerstein/Ulrich Mählert/Julie Trappe/Edgar Wolfrum (Hrsg.), Aufarbeitung der Diktatur – Diktat der Aufarbeitung? Normierungsprozesse beim Umgang mit diktatorischer Vergangenheit, Göttingen 2009, S. 297-303.
    43. Vgl. Petra Bock/ Edgar Wolfrum (Hrsg.), Umkämpfte Vergangenheit. Geschichtsbilder, Erinnerung und Vergangenheitspolitik im internationalen Vergleich, Göttingen 1999; Helmut König/Michael Kohlstruck/Andreas Wöll (Hrsg.), Vergangenheitsbewältigung am Ende des zwanzigsten Jahrhunderts, Opladen 1998.
    44. Vgl. Birgit Hofmann/Katja Wezel/Katrin Hammerstein/Regina Fritz/Julie Trappe (Hrsg.), Diktaturüberwindung in Europa. Neue nationale und transnationale Perspektiven, Heidelberg 2010; Anne K. Krüger, "Keine Aussöhnung ohne Wahrheit". Die Enquête-Kommissionen zur "Aufarbeitung" und "Überwindung der SED-Diktatur", in: Buckley-Zistel/Kater (Hrsg.), Nach Krieg, Gewalt und Repression, S. 131-149; Gerhard Werle, Justice in Transition – Prosecution and Amnesty in Germany and South Africa, Berlin 2006; Ralf K. Wüstenberg, Aufarbeitung oder Versöhnung? Ein Vergleich der Vergangenheitspolitik in Deutschland und Südafrika, Potsdam 2008.
    45. Vgl. González Enríquez u.a. (Hrsg.), The Politics of Memory; Teitel, Transitional Justice Genealogy.
    46. Vgl. Mark Freeman, Truth Commissions and Procedural Fairness, New York 2006; Andrew H. Beattie, An Evolutionary Process: Contributions of the Bundestag’s Inquiries into East Germany to an Understanding of the Role of Truth Commissions, in: International Journal of Transitional Justice (2009), H. 3/2, S. 229-249; Geoff Dancy/Hunjoon Kim/Eric Wiebelhaus-Brahm, The Turn to Truth: Trends in Truth Commission Experimentation, in: Journal of Human Rights 9 (2010), H. 1, S. 45-64; Priscilla B. Hayner, Fifteen Truth Commissions – 1974 to 1994, in: Human Rights Quarterly (1994), H. 16, S. 597-655; Priscilla B. Hayner, Unspeakable Truths. Facing the Challenge of Truth Commissions, London/New York 2011; United States Institute of Peace, Truth Commission Digital Collection, online unter http://www.usip.org/publications/truth-commission-digital-collection.
    47. Vgl. Lutz R. Reuter, How Germany Has Coped. Four Decades Later, in: Kritz (Hrsg.), Transitional Justice, Bd. 2, S. 63 und 67.
    48. Vgl. John Herz, From Dictatorship to Democracy, in: Kritz (Hrsg.), Transitional Justice, S. 132-145, hier S. 142.
    49. Elster, Closing the Books, S. 1.
    50. Vgl. Buckley-Zistel/Oettler, Was bedeutet: Transitional Justice?, S. 25.
    51. Vgl. Buckley-Zistel/Oettler, Was bedeutet: Transitional Justice?, S. 26.
    52. Siehe dazu weiter unten sowie insb. Fußnote 67.
    53. Vgl. Die Charta der Vereinten Nationen vom 26. Juni 1945, Artikel 39: „The Security Council shall determine the existence of any threat to the peace, breach of the peace, or act of aggression and shall make recommendations, or decide what measures shall be taken […] to maintain or restore international peace and security.”
    54. Vgl. zur strafrechtlichen Aufarbeitung: A. James McAdams (Hrsg.), Transitional Justice and the Rule of Law in new Democracies, Notre Dame, Ind. 1997; Gerd Hankel/Gerhard Stuby, Die Aufarbeitung von Verbrechen durch internationale Strafgerichte, in: Petra Bock/Edgar Wolfrum (Hrsg.), Umkämpfte Vergangenheit. Geschichtsbilder, Erinnerung und Vergangenheitspolitik im internationalen Vergleich, Göttingen 1999, S. 247-268; Rainer Huhle, Internationale Strafgerichtshöfe. Was nützen sie den Menschenrechten?, in: Alfons Kenkmann/Hasko Zimmer (Hrsg.), Nach Kriegen und Diktaturen. Umgang mit Vergangenheit als internationales Problem. Bilanzen und Perspektiven für das 21. Jahrhundert, Essen 2005, S. 119-140; Stefan Kirsch, Internationale Strafgerichtshöfe, Baden-Baden 2005; Rachel Kerr/Eirin Mobekk, Peace and Justice, Cambridge 2007.
    55. Vgl. William A. Schabas, An Introduction to the International Criminal Court, Cambridge 2001; Steven C. Roach, Politicizing the International Criminal Court. The Convergence of Politics, Ethics, and Law, Lanham, Md. 2006.
    56. Vgl. Suzannah Linton, Cambodia, East Timor and Sierra Leone, in: Criminal Law Forum 12 (2001), S. 185-246; Laura A. Dickinson, The Promise of Hybrid Courts, in: The American Journal of International Law 97 (2003), H. 2, S. 295-310; Caitlin Reiger, Hybrid Attempts at Accountability for Serious Crimes in Timor Leste, in: Roht-Arriaza/Mariezcurrena (Hrsg.), Transitional Justice, S. 143-170; Rachel Kerr/Eirin Mobekk, Peace and Justice. Seeking Accountability after War, Cambridge 2007, S. 80-103.
    57. Desmond Tutu, No Future Without Forgiveness, New York 1999.
    58. Vgl. Karin Alexander/Diana Batchelor/Alexis Durand/Tyrone Savage, Truth Commissions and Transitional Justice, in: Journal of Law and Religion 20 (2004/2005), H. 2, S. 525-565.
    59. Vgl. Teitel, Transitional Justice Genealogy, S. 78-81.
    60. Vgl. Robert I. Rotberg/Dennis Thompson (Hrsg.), Truth v. Justice. The Morality of Truth Commissions, Princeton 2000; Shane Darcy/William A. Schabas (Hrsg.), Truth Commissions and Courts. The Tension Between Criminal Justice and the Search for Truth, Dordrecht u.a. 2004.
    61. Jenseits der deutschen Enquête-Kommissionen zur „Aufarbeitung“ und „Überwindung der SED-Diktatur“ sieht nur Lavinia Stan noch weitere Wahrheitskommissionen in diesen Ländern, vgl. Lavinia Stan, Truth Commissions in Post-Communism. The Overlooked Solution?, in: The Open Political Science Journal (2009), H. 2, S. 1-13.
    62. Vgl. Offe, Der Tunnel am Ende des Lichts; Roman David, Lustration and Transitional Justice. Personnel Systems in the Czech Republic, Hungary, and Poland, University of Pennsylvania Press 2011.
    63. Vgl. Agnès Benussan/Dorota Dakowska/Nicolas Beaupré (Hrsg.), Die Überlieferung der Diktaturen. Beiträge zum Umgang mit Archiven der Geheimpolizei in Polen und Deutschland nach 1989, Essen 2004; Monika Nalepa, Skeletons in the Closet. Transitional Justice in Post-Communist Europe, Cambridge 2010.
    64. Vgl. Bruno Charbonneau/Geneviève Parent (Hrsg.), Peacebuilding, Memory and Reconciliation. Bridging Top-Down and Bottom-Up Approaches, New York 2012; Rosalind Shaw/Lars Waldorf/Pierre Hazan, Localizing Transitional Justice. Interventions and Priorities after Mass Violence, Stanford, Ca. 2010.
    65. Vgl. Ellen Lutz, Transitional Justice. Lessons Learned and the Road Ahead, in: Roht-Arriaza/Mariezcurrena (Hrsg.), Transitional Justice, S. 325-341, hier S. 333-336; Luc Huyse/Mark Salter (Hrsg.), Traditional Justice and Reconciliation after Violent Conflict. Learning from African Experience, Stockholm 2008.
    66. Vgl. Gerd Hankel, "Wir möchten, dass ihr uns verzeiht". Die Anfänge der Gacaca-Justiz in Ruanda, in: Kenkmann/Zimmer (Hrsg.), Nach Kriegen und Diktaturen, S. 141-153; Timothy Longman, Justice at the Grassroots? Gacaca Trials in Rwanda, in: Roht-Arriaza/Mariezcurrena (Hrsg.), Transitional Justice, S. 206-228.
    67. Vgl. Peter Burgess, A New Approach to Restorative Justice. East Timor's Community Reconciliation Processes, in: Roht-Arriaza/Mariezcurrena (Hrsg.), Transitional Justice, S. 176-205.
    68. Vgl. Barbara Meier, Mato oput – Karriere eines Rituals zur sozialen Rekonstruktion in Norduganda, in: Buckley-Zistel/Kater (Hrsg.), Nach Krieg, Gewalt und Repression, S. 185-203.
    69. Vgl. Mark Osiel, Mass Atrocity, Collective Memory and the Law, New Brunswick, NJ 1997; Mark Arenhövel, Demokratie und Erinnerung. Der Blick zurück auf Diktatur und Menschenrechtsverbrechen, Frankfurt/Main 2000; Katharine Hodgkin/Susannah Radstone (Hrsg.), Contested Pasts. The Politics of Memory, London/New York 2003; Aleida Assmann, Der lange Schatten der Vergangenheit. Erinnerungskultur und Geschichtspolitik, München 2006; Jeffrey K. Olick, The Politics of Regret. On Collective Memory and Historical Responsibility, New York 2007; Susanne Karstedt, Legal Institutions and Collective Memories, Oxford/Portland, Or 2009.
    70. Neben den Monografien findet sich hier vor allem eine Vielzahl an Sammelbänden, deren Beiträge entweder die Ereignisse in einem bestimmten Land oder eine bestimmte Form der Vergangenheitsaufarbeitung oftmals auch in verschiedenen Kontexten untersuchen. Vgl. hierzu u.a. González Enríquez/Barahona de Brito/Aguilar Fernández (Hrsg.), The Politics of Memory; Kenkmann/Zimmer (Hrsg.), Nach Kriegen und Diktaturen; Jon Elster (Hrsg.), Retribution and Reparation in the Transition to Democracy, Cambridge/New York 2006; Roht-Arriaza/Mariezcurrena (Hrsg.), Transitional Justice; Siegmar Schmidt/Gert Pickel/Susanne Pickel (Hrsg.), Amnesie, Amnestie oder Aufarbeitung? Zum Umgang mit autoritären Vergangenheiten und Menschenrechtsverletzungen, Wiesbaden 2009; Buckley-Zistel/Kater (Hrsg.), Nach Krieg, Gewalt und Repression.
    71. Vgl. Eric Brahm, Uncovering the Truth, in: International Studies Perspectives (2007), H. 8, S. 16-35; James L. Gibson, Does Truth Lead to Reconciliation?, in: American Journal of Political Science 48 (2004), H. 2, S. 201-217; Hugo van der Merwe, Assessing the Impact of Transitional Justice. Challenges for Empirical Research, Washington, DC 2009; Eric Wiebelhaus-Brahm, Truth Commissions and Transitional Societies. The Impact on Human Rights and Democracy, London/New York 2010.
    72. Vgl. José Zalaquett, Confronting Human Rights Violations Committed by Former Governments. Principles Applicable and Political Constraints, in: Alice Henkin (Hrsg.), State Crimes. Punishment or Pardon. Papers and Report of the Conference, November 4-6, 1988, Wye Center, Maryland., Queenstown: Aspen Institute, S. 26-65; Alexandra Barahona de Brito, Human Rights and Democratization in Latin America: Uruguay and Chile, Oxford 1997; Elster, Coming to Terms with the Past, S. 7-48; Arenhövel, Demokratie und Erinnerung; Fuchs/Nolte, Politikfeld Vergangenheitspolitik.
    73. Vgl. zum normativen Hintergrund Buckley-Zistel/Oettler.
    74. Vgl. David Bloomfield, On Good Terms: Clarifying Reconciliation, Berlin 2006; Hamber/Merwe van der, What is this Thing Called Reconciliation?, in: Reconciliation in Review 1 (1998), H. 1; Franklin Oduro, What Do we Understand by ‘Reconciliation’? A Review of the Literature on Reconciliation. Emerging Definitions of Reconciliation in the Context of Transitional Justice, online unter http://www.idrc.ca/uploads/user-S/11776890581A_Review_of_the_Lit._on_Reconciliation(final_draft).doc; Anne K. Krüger, From Truth to Reconciliation. The Diffusion of Truth Commissions, in: Birgit Schwelling (Hrsg.), Reconciliation, Civil Society, and the Politics of Memory. Transnational Initiatives in the 20th Century, Bielefeld 2012, S. 339-367.
    75. Vgl. Stephan Scheuzger, Wahrheitskommissionen, transnationale Expertennetzwerke und nationale Geschichte, in: Berthold Molden/David Mayer (Hrsg.). Vielstimmige Vergangenheiten. Geschichtspolitik in Lateinamerika, Wien/Berlin 2009, S. 215-238; Krüger, From Truth to Reconciliation. Vgl. zum Begriff selbst Peter M. Haas, Introduction: Epistemic Communities and International Policy Coordination, in: International Organization 46 (1992), H. 1, S. 1-35. Bei Keck und Sikkink findet sich auch der Begriff transnational advocacy networks, der insbesondere den Netzwerkcharakter betont, vgl. Margaret E. Keck/Kathryn Sikkink, Activists Beyond Borders: Advocacy Networks in International Politics, Ithaca, NY 1998.
    76. Vgl. Anika Oettler, Der Stachel der Wahrheit. Zur Geschichte und Zukunft der Wahrheitskommission in Lateinamerika, in: Lateinamerika Analysen (2004), H. 9, S. 93-126, hier S. 120.
    77. Vgl. Fatima Kastner, Weder Wahrheit noch Recht. Zur Funktion von Wahrheitskommissionen in der Weltgesellschaft, in: Mittelweg 36 16 (2007), H. 3, S. 31-50; Krüger, From Truth to Reconciliation.
    78. Anhand des Haftbefehls gegen den chilenischen Diktator Pinochet durch den spanischen Untersuchungsrichters Baltasar Garzón verweist Roht-Arriaza auf den sogennanten Pinochet-Effekt und damit den Einfluss, den das Internationale Recht trotz einer nationalen Amnestie entfaltet hat.
    79. Vgl. Naomi Roht-Arriaza, The Pinochet Effect. Transnational Justice in the Age of Human Rights, Philadelphia, Penn. 2005.
    80. Vgl. hierzu John W. Meyer, Weltkultur. Wie die westlichen Prinzipien die Welt durchdringen, hrsg. v. Georg Krücken, Frankfurt a.M. 2005.
    81. Vgl. Thorsten Bonacker/Wolfgang Form/Dominik Pfeiffer, Transitional Justice and Victim Participation in Cambodia. A World Polity Perspective, in: Global Society 25 (2011), H. 1, S. 113-134.
    82. Vgl. Ellen Lutz/Kathryn Sikkink, The Justice Cascade, in: Chicago Journal of International Law 2 (2001), S. 1-21; Kathryn Sikkink, The Justice Cascade. How Human Rights Prosecutions Are Changing World Politics, New York 2011.
    83. Vgl. Oettler, Der Stachel der Wahrheit. Zur Geschichte und Zukunft der Wahrheitskommission in Lateinamerika; Kathryn Sikkink/Carrie Booth Walling, Argentina's Contribution to Global Trends in Transitional Justice, in: Roht-Arriaza/Mariezcurrena (Hrsg.), Transitional Justice, S. 301-324; Scheuzger, Wahrheitskommissionen; Fatima Kastner, Retributive versus restaurative Gerechtigkeit. Zur transnationalen Diffusion von Wahrheits- und Versöhnungskommissionen in der Weltgesellschaft, in: Regina Kreide/Andreas Niederberger (Hrsg.), Staatliche Souveränität und transnationales Recht, München 2010, S. 194-210; Krüger, From Truth to Reconciliation.