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Zeithistorische Forschung Potsdam e.V.

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Melanie Arndt

Umweltgeschichte

Version: 3.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 10.11.2015
https://docupedia.de//zg/Arndt_umweltgeschichte_v3_de_2015

DOI: https://dx.doi.org/10.14765/zzf.dok.2.703.v3

Artikelbild: Umweltgeschichte

Farm Security Administration, ohne Titel [Houses and factories], ca. 1942, Quelle: The Library of Congress: Farm Security Administration - Office of War Information Collection t 11671-30 (missing since 1981 DLC 93845501), <a rel="nofollow" class="external text" href="https://www.flickr.com/photos/library_of_congress/2178387189/">Flickr</…; (<a rel="nofollow" class="external text" href="https://creativecommons.org/publicdomain/mark/1.0/deed.de">Public Domain</a>)

Jetzt in einer vollständig überarbeiteten und erweiterten Neuauflage Version 3.0: Melanie Arndt stellt die noch relativ junge historische Subdisziplin in all ihren Facetten vor, thematisiert die umwelthistorischen Grundbegriffe, macht Periodisierungsvorschläge und gibt eine umfassende Themenübersicht. Neu hinzugekommen ist ein Exkurs zur Umweltgeschichte Ost-, Ostmittel- und Südosteuropas: Nach dem „Go West” der nordamerikanischen Umweltgeschichte entwickelt sich derzeit die „East Side Story” der globalen Umweltgeschichte besonders dynamisch. Und so ist der Beitrag auch ein Plädoyer dafür, die wertvollen Impulse, die von der Umweltgeschichte ausgehen, produktiv in die Zeitgeschichte einzubringen.

Umweltgeschichte

von Melanie Arndt

Geschichte der Wechselbeziehungen zwischen Mensch und Natur

Umweltgeschichte ist die Geschichte der Wechselbeziehungen zwischen Mensch und Natur – auf diesen kurzen und allgemeinen Nenner lassen sich die verschiedenen, mehr oder weniger konkreten Definitionsversuche dieses historischen Teilbereichs bringen.[1] Dabei wird beiden Seiten dieses Wechselverhältnisses, sowohl dem Menschen als auch der Natur, ein eigener Stellenwert eingeräumt, auch wenn sie als unauflöslich verschränkt gedacht werden. Das Interesse der umwelthistorischen Forschung richtet sich auf die von Seiten der Menschen beabsichtigten, insbesondere aber auch auf die unbeabsichtigten und langfristigen Folgewirkungen[2] ihrer Beziehungskonstellation mit der Natur. Die „dialektische Spannung”[3] zwischen dem Bestreben, die Natur zu beherrschen, und der gleichzeitigen unabänderlichen Abhängigkeit menschlicher Individuen und Gesellschaften von der physischen Welt ist die Grundlage der Umwelthistorie. Umwelt und Geschichte sind ihr zufolge auf sehr komplexe Weise miteinander verbunden, und jede Umweltgeschichte ist deshalb letztlich zugleich auch eine Geschichte über Macht und Herrschaft.

Eine Besonderheit der noch relativ jungen historischen Subdisziplin besteht in ihrer Verbindung von Mikro- und Makroebenen. Ihre Beschäftigung mit regionalen Fragestellungen oder kurzen Zeitspannen schließt nicht selten auch Perspektiven der mittleren oder langen Dauer sowie überregionale oder globale Zusammenhänge mit ein.[4] Die Umweltgeschichte bietet damit auch beste Voraussetzungen für transnationale Herangehensweisen. Zugleich birgt die Untersuchung konkreter Phänomene immer auch die Möglichkeit, „universale” Aussagen über die konstitutive Beziehungskonstellation der Umweltgeschichte zu treffen: Die Staubstürme der 1930er-Jahre in den Great Plains[5] lassen genauso verallgemeinernde Überlegungen über den wechselseitigen Zusammenhang zwischen sozialem und ökologischem Wandel zu wie der Gummi-Boom in Brasilien[6] oder die Entwicklung des Ruhrgebiets.[7]

So prägnant die Formel von den Wechselwirkungen zwischen Mensch und Natur zunächst klingen mag, so ungenau ist sie bei näherer Betrachtung jedoch. Es besteht weder ein Konsens darüber, wie die Grenzen der historischen Subdisziplin zu ziehen sind, ob es sich überhaupt um eine „Subdisziplin” im klassischen Sinne handelt,[8] noch ist klar, was genau unter „Natur” oder „Umwelt” zu verstehen ist. Selbst „todesmutige” Versuche, eine kohärente Definition zu formulieren, wie sie Douglas R. Weiner 2005 unternahm,[9] können letztlich nur verbuchen, dass die Umweltgeschichte einem „sehr großen Zelt”[10] ähnele. Andere Vertreter/innen sprechen von der Umweltgeschichte als „product of collective imagination”[11] oder einem „unevenly spreading blob”[12]. Zu Recht konstatieren sie jedoch, dass eben genau in dieser bewussten Offenheit der Reiz der Umwelthistorie liegt, die in ihrer Struktur damit auch näher an die komplexen Erklärungszusammenhänge der Geschichte als „Gesamtwissenschaft” heranreicht. So umfasst die umwelthistorische Forschung ein breites Spektrum an Themen, angefangen bei sehr naheliegenden Feldern wie (Verschmutzungs-)Geschichten des Wassers, des Bodens und der Luft, der Wald- und Forstgeschichte, der Geschichte der Verwendung und Ausbeutung dieser und anderer Ressourcen, von Umweltgefahren und -katastrophen, dem Verhältnis von Mensch und Tier bis hin zu Ideengeschichten all dessen, was in verschiedenen Epochen unter „Natur” und „Umwelt” gefasst wurde, um vorerst nur einige Bespiele zu nennen. Gleichzeitig kreist die Umweltgeschichte immer wieder um Grenzen und Begrenztheit, in deren Wahrnehmung sie in vielerlei Hinsicht ihren Ursprung hat.[13] Diese Wahrnehmung reicht mindestens bis zu Adam Smiths Hauptwerk „An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations” (1776) zurück, in dem er bereits die Grenzen der Bodennutzung aufzeigte.


Das Jahrhundert der Umwelt

Das 20. Jahrhundert ist mit einer Reihe von Metaphern belegt worden, in jedem Fall ist es aber auch die „Ära der Ökologie”.[14] Aller Voraussicht nach wird auch das 21. Jahrhundert dieses Signum tragen können. Das vergangene jedenfalls war ein „verschwenderisches Jahrhundert”,[15] das gekennzeichnet war von einer bisher unbekannten Beschleunigung von Entwicklungen in mehreren umweltrelevanten Bereichen, insbesondere im Verbrauch von fossilen Energieträgern, im Bevölkerungswachstum, im Einsatz von technologischen Neuerungen und schließlich auch der Urbanisierung. Gleichzeitig riefen diese Entwicklungen – ebenfalls zum ersten Mal in diesem Ausmaß – Akteurinnen und Akteure auf den Plan, die sich für die Umwelt bzw. für deren Wahrnehmung und Behandlung als schützenswertes Gut engagierten. Auch und vor allem aus umwelthistorischer Sicht muss deshalb von einem „Zeitalter der Extreme” (Eric Hobsbawm) gesprochen werden.

Entstehung und Relevanz der umwelthistorischen Forschung sind ohne diesen hier angesprochenen Zusammenhang nicht denkbar. Verknüpfungen der akademischen Forschung zu umweltpolitischen Debatten schienen zumindest in der Entstehungszeit der Subdisziplin unausweichlich und sind für die meisten Autorinnen und Autoren auch heute noch wünschenswert. Umwelthistoriker/innen sehen sich als „concerned scientists”,[16] die den Anspruch haben, „nicht nur die Vergangenheit besser zu verstehen, sondern auch die Zukunft zu gestalten”.[17] In der Umweltgeschichte sind also deutlich normative und politikbezogene Züge erkennbar – in der eigentlichen Forschungsarbeit schlagen sie sich aber nicht mehr oder weniger nieder als in anderen historischen Ansätzen.

Als wichtigste Aufgabe der Umweltgeschichte gilt, der Natur als einem basalen historischen Faktor neben allen anderen Forschungsinteressen in der Geschichtswissenschaft Geltung zu verschaffen.[18] Die Frage danach, ob es dieses weiteren Komplexitätsniveaus in der Analyse geschichtlicher Phänomene tatsächlich bedarf, ob also die umweltgeschichtliche Betonung der Natur als Konstituens aller in der Geschichtswissenschaft untersuchten historischen Handlungsräume weiterführend und notwendig sei, kann nur bejaht werden.[19] Vielmehr sollte gefragt werden, wieso die materielle Basis der menschlichen Geschichte so lange eine so marginale Rolle gespielt hat.

Die Umweltgeschichte ist nicht nur ein sehr weites, sondern auch ein ausgesprochen dynamisches und buntes Forschungsfeld mit wenig Platz für disziplinäre Monokulturen. Anleihen aus verschiedenen Disziplinen ergeben sich geradezu zwangsläufig, denn die Herkunft vieler Umwelthistoriker/innen ist interdisziplinär.[20] Neben historischen Teildisziplinen gaben und geben vor allem Verknüpfungen mit der Historischen Geografie, der Geobotanik, der Forstwirtschaft, der Klimaforschung, der Soziologie, der Kartografie, der Landschaftsökologie, der (Ökologischen) bzw. (Historischen) Anthropologie und der Ethnologie wesentliche Impulse. Dabei fällt es mitunter schwer, sich deutlich gegenüber anderen Disziplinen abzugrenzen, was zumindest in der Anfangsphase auch Konfliktstoff barg.[21] Alles in allem ist diese „Undiszipliniertheit”[22] jedoch von großem Gewinn für die Umweltgeschichte und zeichnet sie immer noch gegenüber den meisten anderen historischen Subdisziplinen aus.

In den letzten Jahren ist eine ganze Reihe sehr lehrreicher Überblicksdarstellungen zur Umweltgeschichte erschienen,[23] darunter 2004 auch eine leider viel zu wenig beachtete dreibändige Enzyklopädie, die in über 500 Artikeln von „Acid Rain” über „Nutrition” bis „Zoos” die Bandbreite umwelthistorischer Themen auffächert.[24] Einen hervorragenden Überblick über grundlegende und aktuelle Debatten und Forschungsfelder bietet das von Andrew C. Isenberg jüngst herausgegebene „Oxford Handbook of Environmental History”.[25] Besonderer Verdienst des Handbuchs ist der – oft sehr gelungene – Versuch, umwelthistorische Ansätze mit allgemein-historischen Fragen (Arbeit, Eigentum, Recht, Wissen etc.) zu verbinden. Ein wichtiger Schritt, um Umweltgeschichte für die Gesamtdisziplin und andere Subdisziplinen nicht nur anschlussfähig zu machen, sondern um diese auch mit Erkenntnissen der Umweltgeschichte zu bereichern. Im deutschsprachigen Raum besonders hervorzuheben sind die 2007 von Frank Uekötter in der Reihe „Enzyklopädie deutscher Geschichte” herausgegebene, hervorragend strukturierte „Umweltgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert”[26] sowie die im gleichen Jahr erschienene, lehrbuchartige „Umweltgeschichte” der Umwelthistoriker/innen Verena Winiwarter und Martin Knoll, die auch naturwissenschaftliche Methoden der Umweltgeschichte skizzieren.[27] Beide sind als übersichtliche Einführungen in die komplexen Fragen der Umweltgeschichte bestens geeignet. Darüber hinaus bieten der 2003 erschienene Sammelband von Wolfram Siemann[28] und die im Titel etwas irreführende Monografie Franz-Josef Brüggemeiers aus dem Jahr 1998[29] sehr gute Einblicke in die Materie. Nach wie vor aufschlussreich sind der Sammelband von Brüggemeier und Thomas Rommelspacher,[30] bereits 1987 erschienen, sowie das von Werner Abelshauser herausgegebene Sonderheft der Zeitschrift „Geschichte und Gesellschaft”, das auf die noch heute oft unterbelichteten wirtschaftlichen Aspekte der Umweltgeschichte fokussiert.[31] Die globalen Zusammenhänge sind besonders umfassend, aufschlussreich, provokativ und lesenswert von Joachim Radkau[32] und – mittlerweile auch in deutscher Übersetzung – von John R. McNeill[33] zusammengestellt worden. Seit 2009 erschienen gleich drei Bände, die einen sehr guten Einstieg in eine globale Umweltgeschichte anhand pointierter Aufsätze zu einem breiten Spektrum von Themen und Räumen ermöglichen: Die Sammelbände der Herausgeberduos John R. McNeill/Erin Stewart Mauldin, Sverker Sörlin/Paul Warde und Edmund Burke III/Kenneth Pomeranz[34] gehen über nordamerikanische und europäische Perspektiven hinaus, indem sie auch chinesische, lateinamerikanische, asiatische und teilweise afrikanische (McNeill/Mauldin, Burke/Pomeranz) Perspektiven miteinbeziehen. Zu den Klassikern (nicht nur) für die Lehre in der (nicht nur) nordamerikanischen Umweltgeschichte gehören William Cronons „Uncommon Ground” sowie die Studienbücher von Carolyn Merchant und Louis Warren – beide mit zahlreichen Quellen.[35]


Geschichte der Umweltgeschichte

Die Ursprünge der Umweltgeschichte liegen buchstäblich im wilden Westen der USA und in Australien und reichen knapp 40 Jahre zurück.[36] Im Mittelpunkt des Interesses stand damals das eng mit der Geschichte der USA und Australiens verknüpfte Konzept der „wilderness” und der „frontier”.[37] Zwar entstanden auch schon lange davor Arbeiten, die unter „Umweltgeschichte” subsumiert werden könnten oder zumindest umwelthistorische Blickwinkel in sich trugen.[38] Als historische Subdisziplin ist die Umweltgeschichte allerdings erst ab den 1970er-Jahren des letzten Jahrhunderts am Horizont der Geschichtswissenschaften auszumachen. Dabei entstand sie im engen Zusammenhang mit der Umweltbewegung, und nicht wenige ihrer Protagonist/innen gehörten selbst zu deren Akteur/innen.[39] Fünf Jahre nach dem ersten Bericht des „Club of Rome”, der zum ersten Mal die „Grenzen des Wachstums”[40] anmahnte und noch heute umweltpolitisch wirksam ist, wurde die American Society for Environmental History (ASEH[41]) 1976 gegründet.[42] Die Entwicklung der Umweltgeschichte in Europa und speziell in Deutschland setzte erst eine Dekade später ein. Zur Gründung eines europäischen Äquivalents zur ASEH kam es sogar erst 1999 mit der European Society for Environmental History (ESEH[43]). Seit 2011 vereint das International Consortium of Environmental History Organizations (ICEHO) etwa 30 Netzwerke, darunter ESEH, ASEH, die Latin American and Caribbean Environmental History Association (Sociedad Latinoamericana y Caribeña de Historia Ambiental, SOLCHA) und die Association for East Asian Environmental History (AEAEH).[44] Zu einem Dreh- und Angelpunkt der environmental humanities und Sozialwissenschaften hat sich seit 2009 das Münchner Rachel Carson Center for Environment and Society entwickelt.[45] Es leistet beachtliche Forschungs-, Vernetzungs-, Ausbildungs- und Publikationsarbeit.

Im Folgenden werden zunächst die umwelthistorischen Grundbegriffe „Natur”, „Wildnis”, „Kultur” und „Umwelt” thematisiert. Daran schließt sich ein Plädoyer an, Umweltgeschichte als geschichtswissenschaftliche Grundkategorie ernst zu nehmen, wie es Wolfram Siemann und Nils Freytag fordern. Zwei grundlegende Debatten der frühen Umweltgeschichte leiten danach über zu Periodisierungsvorschlägen. Anschließend werden umwelthistorische Methoden und Quellen vorgestellt und schließlich weitere Beispiele für thematische Schwerpunkte gegeben. Bis auf den Exkurs zur Umweltgeschichte Ost-, Ostmittel- und Südosteuropas ist der Referenzrahmen für die Ausführungen in der Regel die US-amerikanische und deutschsprachige Umweltgeschichte, auch wenn hin und wieder (und viel zu selten) auf andere Entwicklungen verwiesen wird.


Zurück zur Natur? Grundbegriffe der Umweltgeschichte

Während im populären (und teilweise auch im wissenschaftlichen) Öko-Diskurs Bilder und Semantiken der Zerstörung und des Niedergangs dominieren, geht es der Umweltgeschichte nicht darum, eine „Verfalls- oder Dekadenzgeschichte”[46] zu schreiben, die im Menschen allein den „Schänder” einer einst unberührten Natur sieht. Indes ist es das Ansinnen der umwelthistorischen Forschung, das sich wandelnde Verhältnis zwischen Mensch und Natur, das keinen idealen Urzustand kennt, zu historisieren. Damit wird der jahrhundertealte Ruf „Zurück zur Natur!” nicht bloß in Frage gestellt, sondern seine Absurdität enthüllt – gleichzeitig wird er somit selbst zum Forschungsgegenstand. Die „unberührte Natur” ist ein menschliches Konstrukt.[47]

Es geht demzufolge nicht nur darum, Umweltbedingungen der Vergangenheit zu rekonstruieren, sondern auch darum, zu untersuchen, wie sie die Zeitgenossen perzipierten und interpretierten, wie sich Wahrnehmungen – beispielsweise von „Natur” oder „Umwelt” – wandelten und anhand verschiedener Interessen instrumentalisiert wurden. Die Umweltgeschichte räumt auf mit vielerorts und durchaus auch in der Geschichtswissenschaft verbreiteten Fehlannahmen, Klischees, mit Unkenntnis oder schlichter Bequemlichkeit. Umweltgeschichte bewirkt, so Wolfram Siemann und Nils Freytag provozierend, eine „Historisierung in Wirklichkeitsbereichen, welche dem traditionellen Historiker als zeit- und wandlungsresistent erschienen”.[48] Die romantisch anmutende Zielsetzung, in Landschaften und dem Boden zu lesen, sie – ähnlich eines immer wieder beschriebenen Palimpsests – als Archivalien zu begreifen, die eigene „Gedächtnisse” haben,[49] wird von Umwelthistoriker/innen ernst und damit das scheinbar Triviale und Unverrückbare unter die Lupe genommen. Nicht-menschliche Natur wird dabei als „both text and context”[50] in die historische Analyse einbezogen.

Das statische Naturideal der Menschen hat in ihrer Umwelt keine reale Entsprechung; ebenso wenig gibt es der Natur inhärente Werte, vielmehr ist eine der Grundannahmen der Umweltgeschichte, dass die natürliche Umwelt sich fortlaufend und auch vom Menschen unabhängig verändert. Die Wahrnehmung eines Niedergangs beruht allein auf menschlichen Wertvorstellungen.[51]

Die Rolle des Menschen als Teil der Natur wird von einigen Autoren besonders stark herausgehoben, etwa von William Beinart und Peter Coates, die Umweltgeschichte als Untersuchung der Wechselbeziehungen zwischen Menschen „und dem Rest der Natur” in der Vergangenheit definieren.[52] Joachim Radkau bricht diesen Gedanken bis auf den „Intimzusammenhang zwischen äußerer und innerer Natur” des Menschen herunter.[53] Er beschreibt die Mensch-Umwelt-Beziehung als ein in seinen Grundzügen sehr intimes Verhältnis, das eng verbunden ist mit körperlichem (hinzuzufügen wäre: psychischem) Wohlergehen und der Reproduktion. Radkau bezeichnet diese Relation, die bisweilen fälschlicherweise als „Biologismus” kritisiert wird, treffend als „primären Elementarzusammenhang zwischen Mensch und Umwelt”.[54] Damit wird weder die Bedeutung von „Gesellschaft” noch von „Kultur” negiert, sondern darauf hingewiesen, dass diese als Teil eines Zusammenhangs materieller Lebensgrundlagen und der Fortpflanzung des biologischen Organismus „Mensch” aufzufassen sind. Sehr verschiedene Entwicklungen sind deshalb in umwelthistorischer Perspektive als Mensch-Umwelt-relevante Schlüsselinnovationen erkennbar: sowohl das aus Lateinamerika eingeführte Grundnahrungsmittel Kartoffel, dessen Anbau gleichzeitig die landwirtschaftliche Produktion veränderte, als auch Methoden der Empfängnisverhütung oder die Nutzung der Atomenergie.[55] Diese elementaren Zusammenhänge zwischen Mensch und Natur sind vom Menschen immer wahrgenommen worden. „Umweltbewusstsein” ist laut Radkau im Wesentlichen auch ein Gesundheitsbewusstsein und damit alles andere als eine Erfindung des 20. Jahrhunderts.[56]


Kult der Wildnis

Im Spannungsfeld der „Wechselbeziehungen zwischen Mensch und Natur” wird neben den beiden Polen (so man sie denn als unterschiedliche Pole betrachtet) „Mensch” und „Natur” mit Begriffen wie „Kultur” und „Umwelt” hantiert. Insbesondere in der nordamerikanischen und australischen Umweltgeschichte kommt das Konzept der „Wildheit” bzw. „Wildnis” („wilderness”) dazu. Dabei bleiben die Differenzierungen nicht selten vage. Die Gleichsetzung von Begriffen wie „Wildnis” und „Natur” hat eine lange Tradition, die besonders stark seit der Aufklärung zutage trat.[57] Der Kult der (natürlichen) „Wildnis”, der das „Wilde” einerseits als das „wahre, natürlich Gute”, andererseits als etwas Bedrohliches, Barbarisches darstellt, ist tief verankert in der westlichen Ideenwelt. Er ist zu finden in frühen und schaurig-aufregenden Darstellungen der „wilden, nackten, grimmigen Menschenfresser-Leute”[58] über die Glorifizierung des Indianerhäuptlings Seattle als ökologischen Visionär bis hin zu Fernsehdokumentationen über die „russische Seele” in den vermeintlich unberührten Weiten Sibiriens. Umso ernüchternder, im Sinne umwelthistorischer Erkenntnisinteressen und -perspektiven, aber auch weiterführend und charakteristisch wirkt dann die Tatsache, dass die vermeintliche Häuptlingsrede von 1854, deren „Erst wenn der letzte Baum gerodet […]” vor allem in den 1980er-Jahren leitmotivartig an den Wohnküchenwänden alternativer Gruppierungen prangte und Kultstatus erlangte, tatsächlich aus der Feder eines Drehbuchautors stammt.[59]

„Weissagung der Cree“ / „Cree Indian Prophecy“<br />
Foto: BK, Original Photo Credit: Ryan McGuire: Symphony of Love, 17. November 2014, Quelle: [https://www.flickr.com/photos/pictoquotes/15622882189/in/photolist-pNxmzK-bVNaAJ-4Xw3YM-dMCaxt-3NEdY-bVFpih-4Xw3Zc-bvjYuQ-bvjYtA-bvjYq5-p27VuA-fKg4QL-nsXidn-w5tw8y-hsQPvC-7yiARk-ctSRiE-4pnZBU-vaU9Cz-7iG67z-dNeAMb-7jP1so-6aHTHE-6aDA6e-73reTq-dMCasT-gLkkx9-dcEhEw-dcEfok-5gbu19-dMWkh1-dcEgfP-gdp3T-dtrWrC-dtrVLL-dtrVh1-dtrUTL-dtrUEy-dtrUs7-dtrUk5-dtrU3W-dtrTMu-dGMkFu-bGW4Ut-b4eRJ6-5SC5j1-4rCqXv-anBBMS-4Xw3ZH-pb3vcz Flickr] ([https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/ CC BY-SA 2.0]).
„Weissagung der Cree“ / „Cree Indian Prophecy“
Foto: BK, Original Photo Credit: Ryan McGuire: Symphony of Love, 17. November 2014, Quelle: Flickr (CC BY-SA 2.0).


Dass sich das „so sinnlose Konzept”[60] „Wildnis” beharrlich halten konnte, wurde von Joachim Radkau mit einem tief verwurzelten „Kult der Virginität” erklärt, der auf den menschlichen Grundbedürfnissen nach Sicherheit und Geborgenheit beruht.[61] Es ließe sich aber auch mit der weit verbreiteten Sehnsucht nach „Urzuständen” und historischer Authentizität erklären, die sowohl im 19. Jahrhundert als auch Ende der 1970er-Jahre an Bedeutung gewann. Dabei war der Kult der Wildnis nicht nur ein ideengeschichtliches Phänomen, sondern hatte durchaus praktische Auswirkungen auf die Natur. Er war es schließlich, der Entscheidungen wie der Gründung des ersten Nationalparks in den USA 1872, des Yellowstone National Park, zugrunde lag.[62] Dabei zeigte sich die ganze Widersinnigkeit des Konzepts: Zum einen war das, was als „natürliche”, schützenswerte Natur galt, tatsächlich unter dem Einfluss indianischer Brandwirtschaft entstanden. Zum anderen wurden die „Wilden”, Angehörige indigener Bevölkerung, aus den Parks verdrängt.[63]


Natur versus Kultur

Im Gegensatz zur „Natur” wird traditionell das „Künstliche, Technische, durch Verabredungen und Vereinbarungen Geordnete, das Gemachte und Erzwungene, das Gestaltete und Kultivierte” gedacht,[64] kurzum das, was gemeinhin unter dem Begriff der Kultur zusammengefasst wird. Dabei lässt sich in der Geschichte der Kulturdeutung zwischen einem Fortschrittsmodell und einer Entfremdungs- und Degenerationsgeschichte unterscheiden. Am Anfang des Fortschrittsmodells steht der chaotische und entbehrungsvolle Naturzustand, der durch ein Aufklärungs- und Zähmungsprogramm erst kultiviert wird. Der Zustand der „höchsten Kultur” ist das Ziel dieses Modells, in dem die Kräfte der Natur entschlüsselt und zum Wohle des Menschen genutzt werden. Dem entgegengesetzt ist die Entfremdungs- und Degenerationsgeschichte, die von der (selbstverschuldeten) Vertreibung des Menschen aus dem (natürlichen) Paradies erzählt. Dabei handelt es sich um ein paradoxes Problem; schließlich ist es die menschliche Kultur selbst, welche auf die Natur wirkt (sie also „gefährdet” etc.), während gleichzeitig von dieser Kultur erwartet wird, die Natur zu schützen.[65] Rolf Peter Sieferle schlussfolgert also ganz konsequent, wenn er schreibt, dass bereits in der Forderung nach Naturschutz sich ein „vollständiger Sieg der Kultur” ankündigt.[66]

Der dritte Begriff, „Umwelt”, ist – obgleich er für die Umweltgeschichte namensgebend ist – nicht weniger eine Metonymie als alle anderen grundlegenden Konzepte. Siemann und Freytag definieren „Umwelt” als jenen Bereich der Natur, der durch die Existenz und Einwirkung des Menschen zur Umwelt wird, die ihn umgibt und die ihn wiederum formt.[67] Bereits der Schöpfer des Begriffs, Jakob von Uexküll (1864-1944), unterstrich, dass jedes Lebewesen seine eigene Umwelt hat.[68] So hängt es auch hier vom Sprechenden ab, womit dieser Begriff gefüllt wird. Um zu erfassen, wie breit die Spannweite des Terminus ist – von Umwelt als Natur bis hin zum sozialen Milieu –, reicht ein Blick in eine Zeitung oder auch eine umwelthistorische Abhandlung.


Umweltgeschichte als geschichtswissenschaftliche Grundkategorie

Wolfram Siemann und Nils Freytag fordern, Umwelt als vierte geschichtswissenschaftliche Grundkategorie neben Herrschaft, Wirtschaft und Kultur zu etablieren.[69] Sie untermauern ihr Ansinnen mit vier Argumenten, die einen Großteil der umwelthistorischen Grundannahmen aufgreifen. Erstens ist Umwelt demzufolge mehr als das Ergebnis des Zusammenspiels der drei anderen Grundkategorien Herrschaft, Wirtschaft und Kultur. Vielmehr sei die Umwelt, so die Autoren, eine biologische Grundkonstante des Menschen, wenngleich sie immer wieder neu kulturell konstruiert werde.[70] Jedes menschliche Handeln ist demzufolge substanziell von der Umwelt abhängig. Zweitens sind, wie nicht zuletzt auch Radkau[71] eindrücklich beschrieb, Herrschaft und Umwelt untrennbar miteinander verwoben. Ökologische Effekte lassen sich kaum von historisch-politischen Konstellationen trennen. Natürliche Gegebenheiten setzen den Rahmen für den Auf- und Abstieg von Herrschaft. Die Verflechtung von Macht und Natur hat bis heute nichts von ihrer Gültigkeit verloren, selbst in Zeiten der – zumindest scheinbaren – Verflüchtigung von Nationalstaaten spielen Zugänge zu Ressourcen, sowohl bezogen auf Transportwege als auch Rohstoffe, eine entscheidende, konfliktträchtige Rolle. Dass sich dieses Verhältnis in der Zukunft zuspitzen wird, insbesondere in Bezug auf die knapper werdenden Ressourcen Wasser, Boden und Wald, gehört mittlerweile zum Allgemeinwissen. Gleichzeitig führte und führt diese Entwicklung zu einer verschärften Problemwahrnehmung, die nicht nur „grüne” Bewegungen, Parteien und andere Organisationen entstehen lässt, sondern auch vor Regierungen nicht Halt macht. Der Einfluss von ökologischem Expertenwissen auf Politikentscheidungen ist mittlerweile auf allen Ebenen ebenso identifizierbar wie der Einfluss von Nichtregierungsorganisationen auf gesellschaftliche Willensbildungsprozesse. Dabei wird eine trennscharfe Unterscheidung zwischen Zivilgesellschaft und Staat, noch dazu eine darauf beruhende, klare Rollenzuweisung in „Umweltschützer” und „Umweltzerstörer” zunehmend erschwert, wie Radkau jüngst anhand zahlreicher Beispiele vorführte.[72]

Als dritten Argumentationsstrang führen Siemann und Freytag die engen Wechselwirkungen mit wirtschaftlichen Prozessen an. Am sichtbarsten ist diese Verquickung in der Energieversorgung. Während die Umwelt bis in die jüngste Vergangenheit als „freies Gut” galt, als Ressource, die im Produktionsprozess keine oder nur geringe Kosten verursacht, müssen nun die enormen Kosten mitgerechnet werden, die durch die Nutzung dieser Ressourcen entstehen. Wie eng Wirtschaft und Umwelt zusammenhängen, ist insbesondere von Christian Pfister am Beispiel der Schweiz hervorgehoben worden.[73] Wenn auch die Bezeichnung „1950er Syndrom” – siehe dazu weiter unten – nicht unumstritten ist, so sind die Grundaussagen, die Pfister unter diesem Titel trifft, sehr überzeugend.

Die Verbindung von Umwelt und kulturellen Aspekten nennen Siemann und Freytag als letzten Grund für die Etablierung der Umweltgeschichte als geschichtswissenschaftliche Grundkategorie. Menschliche Naturwahrnehmung ist immer kulturell geprägt. Als Paradebeispiel für diesen Zusammenhang zitiert die deutsche Umweltgeschichte gern die Lüneburger Heide. Erst die jahrhundertelange Nutzung des Lüneburger Waldes durch Mensch und Tier ließ die Kulturlandschaft Lüneburger Heide entstehen, die heute ein Naturschutzpark ist. Sie ist ein eindrückliches Beispiel dafür, dass Naturschutz heute genau genommen Kulturlandschaftsschutz ist.

Die „unberührte Natur” ist ein menschliches Konstrukt: Lüneburger Heide – Naturschutz als Kulturlandschaftsschutz. Blick auf den Wilseder Berg, Foto: Willo, 13. August 2007, Quelle: [https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:L%C3%BCneburger_Heide?uselang=de#/media/File:L%C3%BCneburger_Heide_113.jpg Wikimedia Commons] ([http://creativecommons.org/licenses/by/2.5/ CC BY 2.5])
Die „unberührte Natur” ist ein menschliches Konstrukt: Lüneburger Heide – Naturschutz als Kulturlandschaftsschutz. Blick auf den Wilseder Berg, Foto: Willo, 13. August 2007, Quelle: Wikimedia Commons (CC BY 2.5)



Periodisierungen in der Umweltgeschichte

Selbst wenn Frank Uekötter mit einigem Recht einwendet, dass eine Periodisierung aus umwelthistorischer Sichtweise schwierig sei, weil es aufgrund der zeitlichen Divergenz zwischen Entwicklungen der natürlichen Umwelt (sehr langsam) und der menschlichen Geschichte (viel schneller) an markanten Zäsuren mangele,[74] können doch einige immer wiederkehrende Eckpunkte in der auf die westliche Welt bezogenen Forschung ausgemacht werden, die sich als eine Periodisierung lesen lassen. Durchgesetzt hat sich eine grobe Einteilung in mindestens vier Phasen, wovon zwei zeithistorisch relevant sind, die wiederum noch einmal unterteilt werden können.[75] Der groben Struktur von Franz-Josef Brüggemeier[76] folgend, die sich in der Zeitgeschichte vor allem auf die deutsche Geschichte bezieht, sind das „Vor dem Umbruch”, „Der Umbruch im 19. Jahrhundert”, „Weimarer Republik und Nationalsozialismus” und die „Welt nach 1945”. Damit folgt zumindest ein Teil der Umwelthistoriker/innen noch immer stark politischen Zäsuren.

Die Zeit „vor dem Umbruch” umfasst die vorindustrielle Agrargesellschaft, die fast vollständig auf nachwachsenden Rohstoffen beruhte, wobei Holz als Zentralressource eine entscheidende Rolle spielte.[77] Im 19. Jahrhundert vollzog sich die Entwicklung vom umwelthistorischen Ancien Régime zur Industriemoderne. Das Jahrhundert war gekennzeichnet von einer Vielzahl umweltrelevanter Umbrüche. Fossile Energieträger ersetzten zunehmend das Holz. Mit der Bauernbefreiung, der Auflösung der Allmenden, der Intensivierung der landwirtschaftlichen Produktion und der Ödlandkultivierung wandelte sich die Landwirtschaft tiefgreifend. Der Wald wurde zunehmend vermarktet und kapitalisiert. Die akademische Forstwirtschaftslehre entstand. In den wachsenden Städten verursachten mangelhafte hygienische Zustände die schnelle Ausbreitung von Epidemien, allen voran die Cholera. Schädigende Einflüsse des Menschen auf die Umwelt nahmen zu. Gleichzeitig wurden sie insbesondere durch Luftverschmutzung und Lärmbelästigung immer wahrnehmbarer, was schließlich auch dazu führte, dass erste Gegenkräfte aktiv und erste Gegenmaßnahmen ergriffen wurden, beispielsweise durch den Bau zentraler Wasserversorgungssysteme in Berlin 1852 oder Magdeburg 1858. Die widersprüchlichen Erfahrungen und negativen (Umwelt-)Auswirkungen der Industrialisierung und Verstädterung waren zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein viel diskutiertes Thema. Obwohl der Kreis der Kritiker dieser Entwicklungen verhältnismäßig klein war und auch für sie nicht immer Natur und Umwelt im Vordergrund standen, weist Brüggemeier zu Recht darauf hin, dass von einer „allgemeinen, ungebrochenen Fortschrittsbegeisterung” keine Rede sein kann.[78] Insgesamt herrschte jedoch ein breiter Konsens darüber, dass das wirtschaftliche Wachstum und damit auch die Förderung der Industrie vorrangig seien. Mit der Blütezeit der Sozialhygiene in der Weimarer Republik rückten die Umweltbedingungen immer mehr ins Blickfeld des medizinischen und sozialpolitischen Interesses. Gleichzeitig wandten sich immer mehr Menschen der noch im Kaiserreich entstandenen Heimat- und Naturschutzbewegung zu. Damit einher ging eine zunehmende Wahrnehmung der „Natur” als schützenswertes Gut.

Die Nationalsozialisten setzten einen Teil der Naturschutztraditionen der Weimarer Republik fort und stellten die Natur- und Bodenbindung des Menschen ideologisch in den Mittelpunkt.[79] Als „Stachel für die historische Reflexion”[80] bezeichnete Radkau umwelthistorische Aspekte der Zeit des Nationalsozialismus.[81] Insbesondere im Bereich des Naturschutzes schufen die Nationalsozialisten zumindest auf gesetzlicher Ebene epochale Veränderungen. Das Reichsnaturschutzgesetz vom 26. Juni 1935 war ein für die damalige Zeit beispielloses Regelinstrument, das über den Schutz von Naturdenkmälern und Reservaten hinausging. Es sah vor, Naturschutzaspekte bei sämtlichen landschaftsverändernden Planungen zu prüfen. Selbst beim NS-Lieblingsobjekt Autobahnbau favorisierten die Planer „naturgemäße” Kriterien, allen voran die geschwungene Linienführung, die sich – anders als die geraden Eisenbahnstrecken – dem Gelände anpassen sollte. In Fragen des Landschaftsschutzes und von umweltverträglicher Technikgestaltung waren selbst im Nationalsozialismus kontroverse öffentliche Debatten zugelassen, eine verbindliche Parteilinie gab es nicht. Gleichzeitig boomten die Verwertung insbesondere industriellen Abfalls und die Rohstoffrückgewinnung. Insgesamt lässt sich dennoch keine positive Umweltbilanz der NS-Autarkiepolitik ziehen. Es mangelte nicht nur an einer breiten Umweltschutzallianz; viele Ansätze kamen auch über das Regelwerkstadium nicht hinaus. Die Nationalsozialisten verstießen selbst gegen ihre Umweltgesetze, und ein Großteil der Entwicklungen ist nicht von deutschen Kriegsvorbereitungen und Rechtfertigungsstrategien für die Erschließung neuen „Lebensraums” zu trennen.[82]

Nach dem Zweiten Weltkrieg begann ein bis dato beispielloses wirtschaftliches Wachstum, das aufgrund des einsetzenden Schubs des globalen Energieverbrauchs als welthistorisch einzigartiges Phänomen angesehen werden kann. Pfister prägte für diese Zeit den Begriff des „1950er Syndroms”.[83] Als Ursache machte Pfister die billigen Preise für fossile Energieträger, insbesondere Erdöl, aus. Er plädiert dafür, die beiden Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital als geschichtsrelevante Erklärungsfaktoren um Energie zu erweitern. Pfister verknüpft wirtschafts-, sozial- und umwelthistorische Aspekte. Der drastisch gestiegene Energieverbrauch änderte die Lebensweise der Mehrheit der westeuropäischen Bevölkerung grundlegend und eröffnete ganz neue Handlungsspielräume, die auch aus mentalitätsgeschichtlichem Blickwinkel interessant sind, weil sich Werteprioritäten zu verschieben begannen. Die 1950er-Jahre stellen für Pfister die „Sattelzeit” zwischen der Industriegesellschaft und der Konsumgesellschaft dar, die eng mit einer zunehmenden Massenproduktion verbunden war. Gleichzeitig nahm die Umweltbelastung rasant zu, die nun vermehrt auch durch die Verbraucher/innen selbst verursacht wurde.

In die aktuelle Zeitgeschichtsdiskussion um die Epochenschwelle der 1970er-Jahre reiht sich die Kritik Patrick Kuppers an Pfisters These des „1950er Syndrom” ein.[84] Er stellt die „Diagnose”, dass eine umfassende Neudefinition der Mensch-Umwelt-Beziehungen erst nach 1970 einsetzte – und nicht wie von Pfister veranschlagt bereits seit den 1950er-Jahren. Statt einer „Wachstumsbeschleunigung” macht Kupper ein „exponentielles Wachstum” aus. Der von Pfister verwendete Begriff „Syndrom” verfehle die hohe Stabilität in den „langen 1950er Jahren”,[85] die die „Patienten”, das heißt die Zeitgenossinnen und Zeitgenossen, kaum als „krankhaft” erlebt hätten. Die Interpretation der Umweltverschmutzung als gesellschaftliches Syndrom begann seiner Meinung nach erst 20 Jahre später mit dem Aufkommen eines neuartigen Umweltbewusstseins.[86] Kuppers Argumentation folgend, schlägt Jens Ivo Engels vor, von den 1970er-Jahren als „ökologischer Wende” zu sprechen.[87] Radkau erweiterte diese Periodisierung unlängst um die beiden darauffolgenden „ökologischen Dekaden”, die er als „neue Ära der Ökologie”, als „Umweltkonjunktur” und formative Phase der Umweltpolitik, von der der Umweltschutz bis heute zehre, beschreibt.[88] Noch viel deutlicher als in den 1970er-Jahren hatten in den 1980er- und 1990er-Jahren Katastrophen, allen voran Tschernobyl, eine entscheidende Auslöserfunktion für die Wandlungsprozesse im Verständnis des Mensch-Natur-Verhältnisses. Auf die Worte der 1970er-Jahre folgten nun die Taten, so Radkau. Darüber hatten sowohl staatliche als auch nicht-staatliche Akteure immer stärker den globalen Horizont im Blick. Nirgends offenbarte sich dies so sehr wie in der ökologischen Kommunikation, die sehr viel nachhaltiger als noch in den 1970er-Jahren global betrieben wurde.[89]


Umweltgeschichte des Realsozialismus

In den letzten Jahren ist immer häufiger gefragt worden, inwieweit eine solche Periodisierung auch für „nicht-westliche” Staaten zutreffe. Dabei rückte immer mehr auch der Osten Europas ins Blickfeld der Umwelthistorikerinnen und Umwelthistoriker. „Look to the East”, titelte schließlich auch die aktuelle Präsidentin der ESEH, Dolly Jørgensen, Anfang 2015 in der Zeitschrift „Environment and History”.[90] Sie liegt damit voll im Trend: Nach dem „Go West” der nordamerikanischen Umweltgeschichte entwickelt sich derzeit besonders dynamisch die „East Side Story”[91] der globalen Umweltgeschichte. In den letzten drei Jahren ist ein stark zunehmendes Interesse und Bemühen wahrzunehmen, diesen umwelthistorisch bisher noch vernachlässigten ost-, ostmittel- und südosteuropäischen Teil Europas in die Umweltgeschichte zu integrieren. Das spiegelt sich nicht nur in jüngst abgeschlossenen und noch laufenden Forschungsvorhaben sowie den daraus hervorgehenden Publikationen wider, sondern auch in ersten Institutionalisierungen, kleineren Knotenpunkten an Universitäten und Forschungseinrichtungen im In- und Ausland sowie verschiedenen länderübergreifenden Netzwerken.[92] Langsam wird dadurch auch die Dominanz von Außendarstellungen durch Arbeiten von Forscherinnen und Forschern aus den Ländern selbst abgeschwächt. Darüber hinaus beginnt derzeit ein Generationenwechsel, der nicht nur jüngeren Wissenschaftler/innen aus den Regionen Platz macht, sondern auch die führende Rolle bisher dominanter Herkunftsdisziplinen wie die Geografie herausfordert.[93] Auch holen die ostmitteleuropäische[94] und südosteuropäische[95] Umweltgeschichte auf, nachdem ihr Zsuzsa Gille vor sechs Jahren noch bescheinigt hatte, dass sie Lichtjahre hinter der osteuropäischen hinterherhinke.[96] Das trifft auch auf die Forschungen zur oft schon als „ausgeforscht” abgestempelten DDR- und deutsch-deutschen Geschichte zu.[97]

In der Umweltgeschichte Osteuropas und der Sowjetunion überwiegen immer noch Studien zu Russland.[98] Hinsichtlich des Einflusses und der schieren Größe des Imperiums – und damit auch der Bandbreite der Spielarten der Natur – hat das durchaus eine gewisse Berechtigung, und es besteht zweifellos auch hier noch ausreichend Forschungsbedarf. Trotzdem wird es höchste Zeit, dass auch kleinere Staaten und die zentralasiatischen Regionen der ehemaligen Sowjetunion stärker in den umwelthistorischen Fokus rücken.

Die Diagnosen der ersten post-sowjetischen Analysen zur Umwelt(geschichte) der Sowjetunion wirken bis heute auch außerhalb umwelthistorischer Kreise nach und veranlassen Umwelthistoriker/innen, sich immer noch davon abzugrenzen. Plakative Titel wie „Ökozid” [99] und „Öko-Nationalismus”[100] garantierten zwar Anfang der 1990er-Jahre Aufmerksamkeit für die tatsächlich verheerenden Umweltprobleme des untergegangenen Reichs und die häufige Verzahnung von Umwelt- und Nationalbewegungen, legen in der Analyse indes nur die Oberfläche frei – der Komplexität sowjetischer Realitäten werden sie nicht gerecht. Neben Umweltverschmutzung und Ressourcenvergeudung existierte eben auch ökologische Sensibilität, die sich niederschlagen konnte im Handeln Einzelner oder auch in staatlichen Umweltschutzmaßnahmen, wie beispielsweise das Netz an besonderen Schutzgebieten, den zapovedniki, belegt. Über die gesamte Dauer der Sowjetunion nutzten Akteurinnen und Akteure in Bevölkerung, Wissenschaft und Bürokratie Handlungsspielräume, die auf verschiedenen Ebenen zumindest ein gewisses Maß an Engagement und Einflussnahme zuließen. Auch können die Umweltproteste der späten 1980er-, frühen 1990er-Jahre nicht allein als Auswüchse national(istisch)er Bestrebungen beschrieben werden. Ökologische Argumentationen übernahmen nicht nur eine Stellvertreterfunktion, sondern hatten – insbesondere in Verknüpfung mit sozialen Fragen – eigenes politisches Gewicht. Eine Verkürzung auf „Öko-Nationalismus” verkennt die Vielschichtigkeit der ökologischen Auseinandersetzungen und deren Bedeutung in den Mobilisierungsprozessen.

Selbst wenn Stephan Brain mit seinem Befund eines „Stalinist environmentalism”[101] zu weit geht,[102] müssen die „shades of green”[103], die auch im Realsozialismus existierten und sich Ende der 1980er-Jahre zu rasanten Prozessen der Ökologisierung beschleunigen konnten, ernst genommen werden. Im besten Fall können sie nicht nur dazu beitragen, „die großen Erzählstränge zur sowjetischen Geschichte (zu) korrigieren oder ergänzen”,[104] sondern auch die der globalen (Umwelt-)Geschichte. Dazu gehört auch, den Anteil der Ökologisierungsprozesse am Zusammenbruch des Systems zu spezifizieren und die bald darauf einsetzende weitgehende Entökologisierung der Gesellschaft, die aber auch mit einer Professionalisierung und Institutionalisierung auf der staatlichen und nicht-staatlichen Ebene einherging, zu erklären. Während „Fukushima” in Westeuropa für Entsetzen und in Deutschland für die Energiewende sorgte, blieben die Länder, die am meisten unter den Folgen der Katastrophe von Tschernobyl zu leiden hatten, für viele überraschend scheinbar unberührt. Obwohl „Tschernobyl” einst zu einem entscheidenden Auslöser von Mobilisierungsprozessen wurde, hat der Nuklearunfall in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion langfristig nicht zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der Nutzung der Atomenergie geführt. Hat es den „anthropologischen Schock” (Ulrich Beck) in Osteuropa wirklich gegeben, so war er doch nur kurzlebig.

Bereits die Forschungen zum Nationalsozialismus haben gezeigt: Auch Diktaturen konnten sich Naturschutz, insbesondere seiner klassischen Form, problemlos verschreiben. Forschungsbedarf besteht sowohl in Bezug auf das Umwelt-Gesellschaft-Verhältnis unterschiedlicher Diktaturen[105] als auch in Bezug auf systemübergreifende Vergleichsstudien.[106] Das noch immer spürbare Bedürfnis von Ostmittel-, Südost- und Osteuropa-Historiker/innen, sich mit Nationalgeschichten vom vereinnahmenden sowjetisch-großrussischen Narrativ abzugrenzen, hat nicht nur eine gewisse Berechtigung, sondern schlägt sich auch im Fokus der Umweltgeschichtsschreibung wieder. Wünschenswert und mittlerweile an der Zeit ist es aber trotzdem, sich mehr systemübergreifenden Vergleichs- und Verflechtungsperspektiven zu widmen.[107] Auch ist der Einfluss des Kalten Kriegs auf Dynamiken des Umwelt-Gesellschaft-Verständnisses und auf Umweltdiskurse und -politiken längst nicht ausgeforscht.[108] Neben derlei Synthesen fehlt es immer noch an Arbeiten zu den 1980er-Jahren, zur Perestrojka und den 1990er-Jahren. Gut täte es der „East Side Story” der Umweltgeschichte auch, sich gegenüber Perspektiven zu öffnen, die längst zum geschichtswissenschaftlichen Standardrepertoire gehören, allen voran geschlechterhistorischen Ansätzen. Obgleich Frauen eine entscheidende Rolle – nicht nur – in Mobilisierungsprozessen spielten, wird die Umweltgeschichte des Ostens noch viel zu oft als reine Männergeschichte präsentiert. Dominierten in gewissen Bereichen, etwa in naturwissenschaftlichen Kreisen, tatsächlich Männer, so sind diese und die Diskrepanz zwischen wissenschaftlicher Auseinandersetzung und Engagement zumindest erklärungsbedürftig.


Methoden und Quellen der Umweltgeschichte

Die große Attraktivität der Umweltgeschichte und ihr Innovationspotenzial basieren auf ihrem Methodenpluralismus. Ein Spezifikum der Umwelthistorie ist dabei die Kombination von historischen Methoden und Befunden der Naturwissenschaften,[109] zumindest dann, wenn es nicht nur um eine reine Perzeptionsgeschichte geht. Naturwissenschaftliche Grundkenntnisse sind in jedem Falle hilfreich. Dieser Pluralismus und die unterschiedlichen Versuche der Integration machen die Umweltgeschichte aber auch zu einer „prekären Disziplin”,[110] der es zwangsläufig an einem klaren thematischen und methodischen Profil mangelt. Die Methodenvielfalt – von „klassischen” historischen bis hin zum Einbezug naturwissenschaftlicher Methoden – offeriert einen bunten Fundus an mehr oder weniger außergewöhnlichen Quellen. Neben den klassischen Archivbeständen rücken beispielsweise Forstunterlagen in den Blickpunkt. Aber auch andere „konventionelle” Quellen, wie Behördenschrifttum und Reiseberichte, können neu gelesen werden. Neue oder zuvor kaum beachtete Quellen, die teils nur mit naturwissenschaftlichen Methoden lesbar werden und klassisch ausgebildeten Historiker/innen zunächst wie eine fremde Sprache erscheinen mögen (und für Zeithistoriker/innen nur bedingt von Interesse sind), können für Langzeitstudien gewinnbringend herangezogen werden – etwa die Analyse erhaltener Pollen, des Holzes (Dendrochronologie), von Knochen (biologische Anthropologie), versteinerten Fossilien (Paläontologie), organischen Überresten (Radiokohlenstoffdatierung) oder im ewigen Eis eingeschlossener Luft (Paläoklimatologie).


Themen der Umweltzeitgeschichte

Jens Ivo Engels bemängelte 2006 die geringe Bedeutung umwelthistorischer Fragestellungen in den Leitdebatten der Zeitgeschichte.[111] Diese Situation hat sich mittlerweile zumindest leicht gebessert.[112] Dennoch ist es gerade im „Umweltzeitalter” und in Anbetracht der bereits geleisteten Arbeit kaum erklärlich, warum umweltgeschichtliche Perspektiven längst nicht stärker integriert sind. In einem so dynamischen Feld wie der Umweltgeschichte ist es schlichtweg unmöglich, einen umfassenden Themen- und Literaturüberblick zu geben. Im Folgenden können lediglich Tendenzen und wenige Beispiele genannt werden, ohne auch nur ansatzweise Anspruch auf Vollständigkeit oder Ausgewogenheit zu erheben. Der Schwerpunkt liegt hier auf der deutschen, europäischen und (nord-)amerikanischen Umweltgeschichte. Das ist eine kaum entschuldbare Unzulänglichkeit, weil auch viele aufschlussreiche Studien über Asien, Afrika, Australien und nicht zuletzt Lateinamerika vorliegen, die hier aber aus Platzgründen vernachlässigt werden müssen.[113]

Neben den bereits erwähnten Themen hat sich die Umweltzeitgeschichte bisher am intensivsten mit der Geschichte des Natur- und Umweltschutzes in all seinen Facetten auseinandergesetzt.[114] Dabei spielen Umweltpolitik und Umweltbewegungen eine besondere Rolle.[115] Erst seit der Jahrtausendwende und vor dem Hintergrund der allgegenwärtigen Debatte um die globale Erwärmung ist die Klimageschichte zu einem festen Bestandteil der Umweltzeitgeschichte geworden.[116] Sie prägte die Beschreibung des 20. Jahrhunderts als „Anthropozän”.[117]

Ein aktueller Versuch, die Umwelthistorie um eine innovative Perspektive zu erweitern und regional neue Schwerpunkte zu setzen, ist der Fokus auf die sogenannten BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika). Der aus der Wirtschaft stammende Ansatz, diese sogenannten Schwellenländer miteinander in Beziehung zu setzen, mag streitbar sein. Jeder Impuls, sich über klassische Vergleichsfelder herauszuarbeiten – zumal, wenn sie bisher noch wenig erforschte Regionen mit einschließen –, sollte aber höchst willkommen sein, auch wenn oder gerade weil sich aus diesem Ansatz mehr Fragen als Antworten ergeben können. Schließlich sind Fragen der Ausgangspunkt für neue Überlegungen.[118] Insgesamt wären mehr systemübergreifende Arbeiten wünschenswert, die sich aufgrund der oft transnationalen Problematiken in der Umweltgeschichte besonders anbieten.[119]

Das trifft insbesondere auf den Umgang mit Katastrophen zu, die selbst vor dem Eisernen Vorhang keinen Halt mehr machten und eine immer größere Rolle nicht nur in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit, sondern damit auch für die Umweltgeschichte selbst spielen. Während in der Gesamtumweltgeschichte Naturkatastrophen schon zu den Klassikern gehören, widmen sich Studien nun zumindest teilweise auch zeithistorischen Katastrophenprozessen und Risikowahrnehmungen.[120] Nicht zuletzt hat die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl[121] dazu geführt, die Ausbildung einer („Welt-”)„Risikogesellschaft” (Ulrich Beck) zu diagnostizieren. Dabei ist neben systemvergleichenden Studien allerdings auch ein Manko an Arbeiten zu technischen oder sogenannten human made-Katastrophen zu verzeichnen.[122]

Naturkatastrophen: Tropische Stürme und Überschwemmungen. Haiti, 9. September 2008. „Tropical Storm Hanna Floods Gonaives. People walk through the flooded streets of Gonaives, Haiti. 8 days after tropical storm Hanna swept through the area.” Photo ID 192484. 09/09/2008. Gonaives, Haiti. Quelle: [https://www.unmultimedia.org/photo/ UN Photo Logan Abassi] / [https://www.flickr.com/photos/un_photo/5479976200/ Flickr] ([https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/2.0/ CC BY-NC-ND 2.0]).
Naturkatastrophen: Tropische Stürme und Überschwemmungen. Haiti, 9. September 2008. „Tropical Storm Hanna Floods Gonaives. People walk through the flooded streets of Gonaives, Haiti. 8 days after tropical storm Hanna swept through the area.” Photo ID 192484. 09/09/2008. Gonaives, Haiti. Quelle: UN Photo Logan Abassi / Flickr (CC BY-NC-ND 2.0).



Insgesamt lässt sich in den letzten Jahren allerdings eine sehr fruchtbare Annäherung von Technikgeschichte und Umweltgeschichte feststellen.[123] Schon vor zwanzig Jahren hat Richard White in seiner exzellenten Studie „Organic Machine” zum Columbia-Fluss gezeigt, wie leicht sich die Grenzen zwischen „natürlich”, „kulturell”, „sozial” oder „technologisch” verwischen lassen.[124] Spätestens seit dieser Veröffentlichung lässt sich auch ein komplexeres Verständnis vom Platz und der Rolle der Technik in Mensch-Umwelt-Beziehungen ausmachen, das sich zunehmend von einer Geschichte der Zerstörung auf der einen und einer Fortschrittsgeschichte auf der anderen Seite verabschiedet. Umweltgeschichtliche Perspektiven sind dabei im besten Falle nicht nur Teil des Narrativs, sondern tragen dazu bei, technologischen Wandel zu erklären. Gleichzeitig haben Technikhistoriker/innen begonnen, Technik und Technologien selbst in ihren Wechselwirkungen mit der Umwelt stärker zu hinterfragen. Technik wirkt nicht nur auf die Natur, sondern diese wirkt auch auf sie. Kaum etwas verdeutlicht das stärker als der Kreislauf der Energiegewinnung und des Energieverbrauchs: ohne Kohle keine Dampfmaschine, ohne Uran kein Atomkraftwerk. Sara Pritchard sieht dabei einen Wandel der Technik vom „agent of ecological change” zum „agent of socio-environmental change”. Angesichts der Katastrophe von Fukushima plädierte sie sehr überzeugend dafür, die strikte Trennung zwischen Natur- und Technikkatastrophe mit dem Konzept der „envirotechnical disasters“ aufzulösen.[125] Schließlich lässt sich feststellen, dass der Begriff des „ökologischen Wandels” (environmental change) als wertfreiere Alternative die „Umweltverschmutzung” langsam ablöst. Zentrale Kategorien sind Wissen/Wissenschaft und Unwissen bzw. Ignoranz. Gefragt wird u.a. danach, welches Wissen sich warum durchsetzen kann, wie Unwissen bzw. Ignoranz produziert werden und was sie für die historische Analyse bedeuten.[126]

Ein immer noch relativ junges Interesse der Umwelthistorie richtet sich auf die sogenannte Umweltgerechtigkeit (equity). Dabei rücken Kategorien wie Gender, Klasse und race in den Mittelpunkt.[127] Der Einbezug dieses weiteren Komplexitätsniveaus in die umwelthistorische Forschung veranlasste jüngst Andrew Isenberg von einer „new environmental history” zu sprechen, die sich deutlich von der Gründergeneration unterscheide.[128] Fünfzig Jahre nach Erscheinen von Rachel Carsons Umweltgeschichte-Klassiker „Silent Spring”[129], der sich mit den Folgen der DDT-Anwendung auseinandersetzt, lässt sich insgesamt wieder ein stärkeres Interesse am menschlichen Körper, dessen Gesundheit und insbesondere an den Bedrohungen seiner Unversehrtheit in Form von Giften oder „bio-threats” ausmachen.[130]

Neben den reinen Mensch-Natur-Beziehungen hat sich die Umweltzeitgeschichte jetzt auch den Tier-Mensch-(Natur-)Beziehungen zugewandt.[131] Im Zuge der schwindelerregenden turn-Manie der letzten Jahre wurde auch der „Animal Turn”[132] ausgerufen. Umstritten bleibt, ob es sich bei der Erforschung der Mensch-Tier-Beziehungen um einen Teil der Umweltgeschichte handelt oder ob sie einen eigenständigen Bereich darstellt.[133]

Zwei Debatten, die die Anfangszeit der Umweltgeschichte im engeren Sinne prägten – erstens die Kontroverse zwischen den sogenannten Anthropozentristen und Nicht-Anthropo- oder Biozentristen sowie zweitens die sogenannte Holznot-Debatte – scheinen mittlerweile größtenteils ausgefochten zu sein.[134] Im Mittelpunkt der Auseinandersetzung zwischen den „Anthropozentristen” und den „Nicht-Anthropozentristen” stand die Festlegung des umwelthistorischen Forschungsgegenstands: Mensch oder Natur? Die Frage, ob die (nicht-menschliche) Natur ein Eigenrecht habe, wuchs sich quasi zur Gretchenfrage der Umweltgeschichte aus, war aber im Grunde genommen lediglich ein „Schaukampf”.[135] Heute herrscht weitestgehend Einigkeit darüber, dass alle Herangehensweisen und Fragestellungen sozusagen „naturgemäß” anthropozentrisch begründet sind. Eine Geschichte der „Natur als solcher” kann nicht geschrieben werden. Die enge Verknüpfung aktueller Umweltthemen mit umwelthistorischen Fragestellungen vor allem in der Frühphase der Disziplin äußerte sich in all ihrer Brisanz in der sogenannten Holznot-Debatte der 1980er-Jahre. Das medial angefeuerte „Waldsterben”[136] und die Diskussion um Energieressourcen in Deutschland lösten eine Kontroverse um die angebliche Holznot im 18. Jahrhundert aus. Vor allem Radkau war es, der die in der Forstgeschichte als unumstritten geltende Holzknappheit des 18. Jahrhunderts in Frage stellte.[137] Er wies auf die machtpolitische Instrumentalisierung des Waldes und des Holznotalarms hin und machte damit erstmals in dieser Deutlichkeit auf die Verbindung von Natur und Macht aufmerksam.

Ein Konzept, das im Zuge der ursprünglichen „Holznot-Debatte” in der deutschen Forstwirtschaft entstand und sich ursprünglich nur auf den Wald bezog, ist das der Nachhaltigkeit. Aus der nordamerikanischen Umweltgeschichte, wo „sustainability” seit mindestens 20 Jahren einen festen Platz einnimmt, wurde das Konzept schließlich wieder nach Deutschland reimportiert.[138] Spätestens seit der ersten Umweltkonferenz in Rio de Janeiro 1992 ist es in (nahezu) aller Munde. Auch Umweltgeschichte in der Praxis, etwa in Industriemuseen, spielt in der zeithistorischen Umweltforschung eine Rolle, wenn auch bisher nur am Rande.[139] Zunehmend wird auch das Feld der Unternehmensgeschichte umwelthistorisch ausgeleuchtet.[140] Während Verbindungen zu den Literaturwissenschaften vor allem über den Weg des boomenden „ecocriticism”[141] verlaufen, ist die Analyse der Medien in der Umweltzeitgeschichte bisher noch unterentwickelt, stellt aber durchaus ein sehr lohnenswertes Feld dar.[142]

Besonders attraktiv in der umwelthistorischen Forschung sind die Überblicksdarstellungen und Synthesen mit zeithistorischen Abschnitten.[143] Auch in der Umweltgeschichte wird viel und gern von transnationaler und Transfergeschichte gesprochen; in der Umweltzeitgeschichte schlägt sich das indes noch nicht besonders stark nieder. Selbst wenn immer wieder der Sinn nationalstaatlich ausgerichteter Studien in Frage gestellt wird, dominieren sie noch. Das ist per se kein Manko, weil auch sie vonnöten sind, aber langsam wäre es an der Zeit, sich verstärkt an Synthesen zu wagen.[144]

Aktuell ist auch die Diskussion über eine europäische Umweltgeschichte. Während einige anzweifeln, dass eine solche überhaupt sinnvoll ist, weil Europa nichts anderes als ein soziales Konstrukt sei,[145] und vielmehr nach Transferprozessen gefragt werden sollte, die sich nicht auf Europa beschränken ließen, zeigte Uekötter Perspektiven auf, die zumindest eine übergreifende Erzählung „natürlicher Umwelten” zulassen, ohne gleich davon ausgehen zu müssen, dass es eine europäische Umwelt gäbe.[146]


Ausblick

Seit Uekötter 2007 Zweifel anmeldete, ob die Umweltgeschichte überhaupt schon volljährig sei[147] und die erste Version dieses Docupedia-Beitrags erschien, hat die Subdisziplin einige Wachstumsschübe durchlaufen. Der First World Congress of Environmental History (WCEH) 2009 in Kopenhagen/Malmö war ein wichtiger Schritt zum Erwachsenwerden. Der Kongress war nicht zuletzt deshalb zukunftsweisend, weil er tatsächliche Internationalität wagte, während viele andere Zusammenkünfte sich dies lediglich auf die Fahnen schreiben. Zwar mussten auch hier die üblichen Hürden internationalen Austauschs – Sprachkenntnisse und Unterrepräsentanz von Vertreter/innen ärmerer Gegenden – noch überwunden werden, doch wurden sie in Kopenhagen immerhin offen problematisiert, was durchaus nicht den Standards der historischen Zunft entspricht. Ebenfalls richtungsweisend war der Appell, Wissenschaft stärker in die Gesellschaft zu tragen.[148] Mittlerweile hat der zweite Weltkongress 2014 in Guimarães, Portugal, stattgefunden, und das ICEHO vereint mehr als 30 Einzelinstitutionen sowie nationale und internationale Netzwerke. Davon sind manche „erwachsener” als andere. Insgesamt jedoch scheint die Subdisziplin durchaus gereift. Die Grabenkämpfe der ersten Generation scheinen überwunden,[149] eine neue Generation etabliert, die dritte steht längst in den Startlöchern. Auch der Anspruch, Erkenntnisse der Umweltgeschichte in die Gesellschaft hineinzutragen, wird zumindest stellenweise umgesetzt: Das ICEHO wird die Stadt Guimarães dabei unterstützen, sich um das Label „Green Capital of Europe Award” für 2020 zu bewerben.

Der von Jens Ivo Engels formulierten Kritik am „bedauerlichen Desinteresse” an der im Bereich der Umweltgeschichte geleisteten Arbeit und an der bewussten oder unbewussten Zurückhaltung, die mittlerweile zahlreichen, auf hohem Niveau argumentierenden umwelthistorischen Studien in den „Kanon” der Zeitgeschichte aufzunehmen, ist dennoch noch immer entschieden zuzustimmen.[150] Die wertvollen Impulse, die von der Umweltgeschichte ausgehen, haben einen viel größeren Widerhall außerhalb der Grenzen der „Subdisziplin” verdient. Neben neuen Gegenständen und Sichtweisen, die sie in die Zeitgeschichte einbringen, können sie nicht zuletzt dazu beitragen, scheinbar ausgeforschte Themen neu zu bewerten.


English Version: Melanie Arndt, Environmental History, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 23.08.2016, translated by David Burnett


Empfohlene Literatur zum Thema

Zitation
Melanie Arndt, Umweltgeschichte, Version: 3.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 10.11.2015, URL: http://docupedia.de/zg/Arndt_umweltgeschichte_v3_de_2015

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Anmerkungen

    1. Mein Dank gilt allen Kolleginnen und Kollegen – viele davon aus dem Umfeld des Rachel Carson Center for Environment and Society –, die mit ihren eigenen Arbeiten, Hinweisen und Literaturempfehlungen diesen Beitrag bereichert haben.
    2. Vgl. Wolfram Siemann/Nils Freytag, Umwelt – eine geschichtswissenschaftliche Grundkategorie, in: Wolfram Siemann (Hrsg.), Umweltgeschichte. Themen und Perspektiven, München 2003, S. 7-19, hier S. 8.
    3. Frank Uekötter, Umweltgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert, München 2007, S. 6. Schon knapp 25 Jahre zuvor hat William Cronon die Beziehung zwischen Umwelt und Kultur als „dialektisch“ beschrieben. Vgl. den Klassiker: William Cronon, Changes in the Land. Indians, Colonists, and the Ecology of New England, New York, 3. Aufl. 1984, S. 13.
    4. Vgl. Siemann/Freytag, Umwelt, S. 11f.
    5. Siehe dazu einen der Klassiker der Umweltgeschichte, verfasst von einem ihrer maßgeblichen Begründer: Donald Worster, Dust Bowl. The Southern Plains in the 1930s, New York 1979.
    6. Vgl. beispielsweise: Warren Dean, Brazil and the Struggle for Rubber: A Study in Environmental History, Cambridge 1987; Margaret E. Keck, Social Equity and Environmental Politics in Brazil: Lessons from the Rubber Tappers in Acre, in: Comparative Politics 27 (1995), H. 4, S. 409-424; Barbara Weinstein, The Amazon Rubber Boom 1850-1920, Stanford 1983.
    7. Einschlägig: Franz-Josef Brüggemeier/Thomas Rommelspacher, Blauer Himmel über der Ruhr. Geschichte der Umwelt im Ruhrgebiet 1840-1990, Essen 1992.
    8. Die Mehrheit der deutschen umwelthistorischen Community scheint mittlerweile nicht mehr den Anspruch zu erheben, die Umweltgeschichte als selbstständige historische Subdisziplin zu etablieren, sondern sieht in der Integration des „Faktors Umwelt“ in die jeweiligen Teildisziplinen größere Chancen für die Etablierung umwelthistorischer Herangehensweisen. Vgl. den Tagungsbericht: Von der Konflikt- zur Verflechtungsgeschichte? Wirtschaft und Umwelt in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, 29.9.2011-30.9.2011, Potsdam, in: H-Soz-u-Kult, 9.12.2011, http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=3944 (13.6.2012); „Ich wollte meine eigenen Wege gehen“. Ein Gespräch mit Joachim Radkau, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History, Online-Ausgabe, 9 (2012), H. 1, http://www.zeithistorische-forschungen.de/16126041-Radkau-1-2012.
    9. Douglas R. Weiner, A Death-Defying Attempt to Articulate a Coherent Definition of Environmental History, in: Environmental History 10 (2005), H. 3, S. 404-420.
    10. Weiner, Death-Defying Attempt, S. 415.
    11. J.M. Powell, zit. n. Weiner, Death-Defying Attempt, S. 404. Das Zitat ist aus einem eher groben (und in der Community mittlerweile recht abgegriffenen) Scherz extrahiert, der danach fragt, was die Gemeinsamkeit zwischen Belgien und Umweltgeschichte sei. Antwort: Beide seien komplett Produkte kollektiver Vorstellung.
    12. Harriet Ritvo, zit. n. Weiner, Death-Defying Attempt, S. 404.
    13. Zu Jahresbeginn 2016 erscheint dazu: Donald Worster, Shrinking the Earth. The Rise and Decline of American Abundance, New York 2016.
    14. So auch der Titel des jüngst übersetzten Standardwerks von Joachim Radkau: The Age of Ecology. A Global History, New York 2014;dt. Original: Die Ära der Ökologie. Eine Weltgeschichte, München 2011.
    15. So die Überschrift des Prologs in: John R. McNeill, Blue Planet. Die Geschichte der Umwelt im 20. Jahrhundert. Aus dem Engl. v. Frank Elstner, Frankfurt a.M. 2003 (engl. Original: Something New Under the Sun. An Environmental History of the Twentieth-Century World, New York 2000).
    16. So die österreichische Umwelthistorikerin Verena Winiwarter während der Eröffnungsveranstaltung des 1. Weltkongresses der Umweltgeschichte in Kopenhagen, 4. August 2009.
    17. So die Ozeanologin Valery Forbes während der Eröffnungsveranstaltung des 1. Weltkongresses der Umweltgeschichte in Kopenhagen, 4. August 2009.
    18. Fiona Watson/Jens Ivo Engels, Einleitung, in: Franz Bosbach/Jens Ivo Engels/Fiona Watson (Hrsg.), Environment and History in Britain and Germany – Umwelt und Geschichte in Großbritannien und Deutschland, München 2006.
    19. Vgl. das Plädoyer für eine wechselseitige Bereicherung von Sozial- und Umweltgeschichte des Sozialhistorikers Alan Taylor, Unnatural Inequalities: Social and Environmental Histories, in: Environmental History 1 (1996), H. 4, S. 6-19.
    20. Dabei lassen sich regionale Unterschiede ausmachen: In Deutschland entwickelte sich die Umwelthistorie vornehmlich aus anderen Teildisziplinen der Geschichtswissenschaft, während beispielsweise in Großbritannien die Natur- und Sozialwissenschaften großen Einfluss hatten. Vgl. ausführlicher dazu: Verena Winiwarter/Martin Knoll, Umweltgeschichte. Eine Einführung, Köln 2007; Bosbach/Engels/Watson (Hrsg.), Umwelt und Geschichte.
    21. Besonders schwierig war das Verhältnis zur Historischen Geografie, auf deren Verdienste die Umweltgeschichte beispielsweise beim Konzept der „Kulturlandschaft“ freimütig zurückgreift. Das forderte den britischen Umwelthistoriker Richard Grove zu einer spitzen Bemerkung heraus: „In somewhat arrogantly arrogating to themselves a term already being used by at least two other disciplines, the historians managed to upset the self-esteem of a very particular group of scholars, the historical geographers.“ Richard H. Grove, Environmental History, in: Peter Burke (Hrsg.), New Perspectives on Historical Writing, Second Edition, Oxford 2001, S. 261-282, hier S. 261.
    22. Uwe Luebken, Undiszipliniert: Ein Forschungsbericht zur Umweltgeschichte, in: H-Soz-u-Kult 14.07.2010, http://www.hsozkult.de/literaturereview/id/forschungsberichte-1111.
    23. Vgl. für jüngere Forschungsberichte in Aufsatzform auch: Sverker Sörlin, The Contemporaneity of Environmental History: Negotiating Scholarship, Useful History, and the New Human Condition, in: Journal of Contemporary History 46 (2011), H. 3, S. 610-630; John R. McNeill, Observations on the Nature and Culture of Environmental History, in: History and Theory 4 (2003), S. 5-43; Forum. The Nature of German Environmental History, in: German History 1 (2009), S. 113-130; Reinhold Reith, Umweltgeschichte und Technikgeschichte am Beginn des 21. Jahrhunderts. Konvergenzen und Divergenzen, in: Technikgeschichte 75 (2008), H. 4, S. 337-356; Luebken, Undiszipliniert; Kimberly Coulter/Christof Mauch (Hrsg.), The Future of Environmental History. Needs and Opportunites, in: RCC Perspectives, 2011, H. 3.
    24. Shepard Krech III/John R. McNeill/Carolyn Merchant (Hrsg.), Encyclopedia of World Environmental History, 3 Bde., New York 2004.
    25. Andrew C. Isenberg (Hrsg.), The Oxford Handbook of Environmental History, New York 2014.
    26. Uekötter, Umweltgeschichte.
    27. Winiwarter/Knoll, Umweltgeschichte.
    28. Siemann (Hrsg.), Umweltgeschichte.
    29. Anders als der Titel vermuten lässt, handelt es sich nicht um eine umfassende Historisierung der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl, sondern um eine sehr gute Einführung in die deutsche Umweltgeschichte: Franz-Josef Brüggemeier, Tschernobyl, 26. April 1986. Die ökologische Herausforderung, München 1998.
    30. Franz-Josef Brüggemeier/Thomas Rommelspacher (Hrsg.), Besiegte Natur. Geschichte der Umwelt im 19. und 20. Jahrhundert, München 1987. Ebenfalls immer noch lesenswert: Donald Worster (Hrsg.), The Ends of the Earth: Perspectives on Modern Environmental History, New York 1988.
    31. Werner Abelshauser (Hrsg.), Umweltgeschichte. Umweltverträgliches Wirtschaften in historischer Perspektive. Geschichte und Gesellschaft, Sonderheft 15, Göttingen 1994.
    32. Joachim Radkau, Die Ära der Ökologie. Eine Weltgeschichte, München 2011; ders. Natur und Macht. Eine Weltgeschichte der Umwelt, München 2002.
    33. McNeill, Blue Planet. Zu nennen sind ebenfalls: Ian G. Simmons, Global Environmental History 1000 BC to AD 2000, Edinburgh 2006; J. Donald Hughes, An Environmental History of the World. Humankind’s Changing Role in the Community of Life, 2. Aufl., New York 2009; Vgl. auch ders., What is Environmental History?, Cambridge 2006.
    34. John R. McNeill/Erin Stewart Mauldin (Hrsg.), A Companion to Global Environmental History, Malden, MA 2012; Sverker Sörlin/Paul Warde, Nature’s End: Environment and History, London 2009. Leider noch nicht übersetzt: Sverker Sörlin/Anders Öckerman, Jorden en ö. En global miljöhistoria [Die Welt eine Insel. Eine globale Umweltgeschichte], Stockholm 1998; Edmund Burke III./Kenneth Pomeranz (Hrsg.), The Environment and World History, Berkeley 2009.
    35. William Cronon (Hrsg.), Uncommon Ground. Rethinking the Human Place in Nature, New York 1995; Carolyn Merchant, Major Problems in American Environmental History. Documents and Essays, Lexington (MA) 1993; Louis S. Warren (Hrsg.), American Environmental History, Malden, MA 2003.
    36. Für einen ausführlicheren Überblick über die Entstehungsgeschichte vgl. beispielsweise Winiwarter/Knoll, Umweltgeschichte, S. 30ff., und speziell für den nordamerikanischen Fall beispielsweise: Richard White, Historiographical Essay: American Environmental History: The Development of a New Field, in: Pacific Historical Review 54 (1985) 3, S. 297-335, sowie seine Reflexionen dazu fast 20 Jahre später: Richard White, Afterword. Environmental History: Watching a Historical Field Mature, in: Pacific Historical Review 70 (2001), H. 1, S. 103-111.
    37. Die Klassiker für Nordamerika: Roderick Nash, Wilderness and the American Mind, Yale 1967 und William H. McNeill, The Rise of the West. A History of the Human Community, Chicago 1963. Letzteres sieht Georg G. Iggers auch als richtungsweisend für die spätere Weltgeschichtsschreibung, die auf „übergreifende Interaktion und Diffusion“ zielt. Vgl. Georg G. Iggers, Geschichtswissenschaft im 20. Jahrhundert. Ein kritischer Überblick im internationalen Zusammenhang. Neuausgabe, Göttingen 2007, S. 133.
    38. Vgl. Andrew C. Isenberg, Historicizing Natural Environments. The Deep Roots of Environmental History, in: Lloyd Kramer/Sara Maza (Hrsg.), Companion to Western Historical Thought, Malden, MA 2002, S. 372-389.
    39. Andrew Isenberg macht in seinem „Oxford Handbook of Environmental History“ folgende Personen als „founding generation of environmental historian“ aus: William Cronon, Alfred Crosby, Thomas Dunlap, Samuel Hays, J. Donald Hughes, Carolyn Merchant, Martin Melosi, Arthur McEvoy, William McNeill, Roderick Nash, John Opie, Stephen Pyne, Hal Rothman, Susan Schrepfer, Joel Tarr, Richard White, and Donald Worster. Andrew C. Isenberg, Introduction. A New Environmental History, in: ders. (Hrsg.), The Oxford Handbook of Environmental History, New York 2014, S. 1-20, hier S. 3.
    40. Dennis L. Meadows u.a., Die Grenzen des Wachstums. Berichte des Club of Rome zur Lage der Menschheit, München 1972.
    41. Die Website des Verbands bietet auch viele weiterführende Links zu Veranstaltungen, Veröffentlichungen, Leselisten und Seminarplänen: http://aseh.net.
    42. Die Grundtendenz der Thesen des Berichts war indes nicht neu – bereits gute 200 Jahre zuvor hatte Robert Malthus 1798 in London seinen „Essay on the Principles of Population“ veröffentlicht. Der Kern des Malthus’schen Essays und des Berichts des „Club of Rome“ ähneln sich frappierend. Vgl. dazu ausführlicher Brüggemeier, Tschernobyl, S. 34ff., und Thomas R. Malthus, An Inquiry into the Principle of Population, Repr. of the 1816 ed., London 1994. Für eine aktuelle Untersuchung Malthus’scher Ängste in der nordamerikanischen Bevölkerung: Thomas Robertson, Malthusian Moment, Global Population Growth and the Birth of American Environmentalism, New Brunswick u.a. 2012.
    43. Auch die Website der ESEH offeriert hilfreiche Links und Ressourcen auf: http://eseh.org/.
    44. Siehe http://www.iceho.org/.
    45. Neben der Herausgabe von zwei Buchreihen, „The Environment in History: International Perspectives“ (Berghahn) und „Umwelt und Gesellschaft“ (Vandenhoeck & Ruprecht) sowie der Online-Zeitschrift „RCC Perspectives“ (http://www.environmentandsociety.org/perspectives) betreut das RCC den Blog „Seeing the Woods“ (http://seeingthewoods.org/) und das Portal „Environment and Society“ (http://www.environmentandsociety.org/).
    46. Siemann/Freytag, Umwelt, S. 15.
    47. Darüber sind sich die Umwelthistoriker/innen weitestgehend einig, auch wenn es hin und wieder Aussagen gibt, die eine andere Tendenz aufweisen. Brüggemeier beispielsweise schreibt: „[…] um 1800 gab es kaum noch von Menschen unberührte Natur“, was im Umkehrschluss bedeutet, dass sie vor 1800 noch existiert habe. Vgl. Brüggemeier, Tschernobyl, S. 38.
    48. Siemann/Freytag, Umwelt, S. 12.
    49. Vgl. ebd.
    50. Isenberg, Introduction, S. 6.
    51. Vgl. Uekötter, Umweltgeschichte, S. 5.
    52. William Beinart/Peter Coates, Environment and History. The Taming of Nature in the USA and South Africa, London 1995, S. 1.
    53. Radkau, Natur und Macht, S. 16.
    54. Ebd.
    55. Vgl. dazu auch den Aufsatzband einer der Pioniere der deutschen Umweltgeschichte: Bernd Herrmann, „… mein Acker ist die Zeit”. Aufsätze zur Umweltgeschichte, Göttingen 2011, besonders das Kapitel „Kartoffel, Tod und Teufel. Wie Kartoffel, Kartoffelfäule und Kartoffelkäfer Umweltgeschichte machten“, S. 293-347, online unter http://www.univerlag.uni-goettingen.de/bitstream/handle/3/isbn-978-3-941875-99-9/herrmann_acker.pdf?sequence=1.
    56. Ebd.
    57. Als Beispiel sei ein quasi Wegbereiter von Gender-Diskursen genannt: William Alexander, der schon sehr früh „Geschlecht“ als sozial konstruiert beschrieb: „Dass der Unterschied zwischen beiden Geschlechtern im Zustande der Wildheit, in Rücksicht auf körperliche Stärke und Tätigkeit, nicht sehr groß gewesen ist, haben wir bemerkt. Aber, so wie der Zustand des geselligen Lebens weiter rückt, wird dieser Unterschied immer größer ...“ William Alexander, Geschichte des weiblichen Geschlechts von dem frühesten Alterthum an bis auf gegenwärtige Zeiten, 2 Bde. Aus dem Englischen übersetzt und mit einigen Anmerkungen versehen (von Friedrich von Blankenburg), Leipzig 1780-81.
    58. So der Untertitel des bekannten Reiseberichts des deutschen Landsknechts Hans Staden, der im 16. Jahrhundert im Dienste Portugals nach Brasilien reiste. Hans Staden, Brasilien. Die wahrhaftige Historie der wilden, nackten, grimmigen Menschenfresser-Leute 1548-1555, hrsg. und eingeleitet von Gustav Faber, Stuttgart 1984.
    59. Es kursieren verschiedenste Versionen der angeblichen Rede. Die bekannteste „Meine Worte sind wie Sterne“ stammt vom Drehbuchautor Ted Perry, der sich 1983 Rudolf Kaiser offenbarte. Vgl. Rudolf Kaiser, Die Erde ist uns heilig. Die Reden des Chief Seattle und anderer indianischer Häuptlinge, Freiburg i.B. 1992; weiterführend: Sonja Probst/Ernst Probst (Hrsg.), Meine Worte sind wie Sterne. Die Rede des Häuptlings Seattle und andere indianische Weisheiten, Norderstedt 2001.
    60. Radkau, Natur und Macht, S. 15.
    61. Ebd., S. 14ff.
    62. Zur Ausstrahlungskraft dieser ersten Nationalparkgründung und des „wilderness“-Konzepts im europäischen Raum vgl. das exzellente Buch von Patrick Kupper, Wildnis schaffen. Eine transnationale Geschichte des Schweizerischen Nationalparks, Bern 2012. (Seit 2014 auch in englischer Übersetzung: Patrick Kupper, Creating Wilderness. A Transnational History of the Swiss National Park, New York 2014).
    63. Vgl. Radkau, Natur und Macht, S. 14; William Cronon, The Trouble with Wilderness or, Getting Back to the Wrong Nature, in: ders. Uncommon Ground, S. 69-90.
    64. Rolf Peter Sieferle, Rückblick auf die Natur. Eine Geschichte des Menschen und seiner Umwelt, München 1997, S. 18.
    65. Vgl. Sieferle, Rückblick, S. 18ff.
    66. Ebd., S. 24.
    67. Siemann/Freytag, Umwelt, S. 13.
    68. Sehr lesenswert die von Florian Mildenberger und Bernd Herrmann herausgegebene und kommentierte Fassung von Uexkülls „Umwelt und Innenwelt der Tiere“ (Berlin 2014).
    69. Vgl. ebd., S. 13ff.
    70. Dabei gibt es durchaus Überschneidungen mit anderen (neuen) geistes- und geschichtswissenschaftlichen Methoden, die ebenfalls biologische Dimensionen betonen, beispielsweise in der Geschlechtergeschichte oder den Ansätzen des spatial turn.
    71. Radkau, Natur und Macht.
    72. Radkau, Ära der Ökologie.
    73. Christian Pfister (Hrsg.), Das 1950er Syndrom. Der Weg in die Konsumgesellschaft, Bern 1995.
    74. Uekötter, Umweltgeschichte, S. 4.
    75. Zu einer Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Periodisierungsangeboten vgl. Jens Ivo Engels, Umweltgeschichte als Zeitgeschichte, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 13 (2006), S. 32-38. Für einen Überblick über verschiedene Periodisierungsansätze: Joachim Radkau/Frank Uekötter (Hrsg.), The Turning Points of Environmental History, Lanham 2006.
    76. Brüggemeier, Tschernobyl.
    77. Die Chiffre „hölzernes Zeitalter“, die Werner Sombart prägte, ist also durchaus auch aus umwelthistorischer Perspektive sinnvoll, auch wenn die Schlüsse, die Sombart im „Kampf um den Wald“ zieht, von umweltgeschichtlichen Forschungen widerlegt werden. Vgl. Werner Sombart, Der moderne Kapitalismus, 2. Auf., München/Leipzig 1921, Bd. II/2, S. 1138.
    78. Brüggemeier, Tschernobyl, S. 126.
    79. Radkau, Natur und Macht, S. 294; Joachim Radkau/Frank Uekötter (Hrsg.), Naturschutz und Nationalsozialismus, Frankfurt a.M. 2003.
    80. Radkau, Natur und Macht, S. 294.
    81. Ob eine Zuspitzung auf „Hitler’s ecological panic“, wie sie jüngst Timothy Snyder mit seinem neuen Buch „Black Earth“ vornahm, angemessen ist und einer kritischen historischen Analyse standhalten kann, ist jedoch fraglich. Vgl. Timothy Snyder, Black Earth. The Holocaust as History and Warning. London 2015; vgl. auch das Interview mit Timothy Snyder, in: National Public Radio, On Point, 13.10.2015.
    82. Ebd., S. 294ff.
    83. Zu einer aktuelleren Auseinandersetzung vgl. André Kirchhofer u.a. (Hrsg.), Nachhaltige Geschichte. Festschrift für Christian Pfister, Zürich 2009 sowie Christian Pfister, Energiepreis und Umweltbelastung. Zum Stand der Diskussion über das 1950er Syndrom, in: Siemann/Freytag, Umwelt, S. 61-86.
    84. Patrick Kupper, Die 1970er Diagnose. Grundsätzliche Überlegungen zu einem Wendepunkt in der Umweltgeschichte, in: Archiv für Sozialgeschichte 43 (2003), S. 325-348, online unter http://www.zeithistorische-forschungen.de/reprint/id%3D4015.
    85. Werner Abelshauser, Die langen Fünfziger Jahre. Wirtschaft und Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland 1949-1966, Düsseldorf 1987.
    86. Kupper, 1970er Diagnose, S. 327ff.
    87. Engels, Umweltgeschichte als Zeitgeschichte, S. 35.
    88. Radkau, Ära der Ökologie, S. 504, 506.
    89. Ebd., S. 504.
    90. Dolly Jørgensen, Look to the East, Environment and History 21 (2015), H. 3, S. 313. Die eng mit der ESEH verbundene Zeitschrift „Environment and History” brachte in den letzten Jahren auch mehrere nationale Überblicke, z.B. Hrvoje Petric, Environmental History in Croatian Historiography, in: Notepad, Environment and History 18 (2012), H. 4, S. 623-627; Ulrike Plath, Environmental History in Estonia, in: Notepad, Environment and History 18 (2012), H. 2, S. 305-308; Tagungsbericht von Elena Merzon und Andrei Vinogradov zur Tagung „Environmental History in Russia“ im russischen Elabuga vom 13.-15. November 2014, in: Environment and History 21 (2015), H. 3, S. 314-316; vgl. auch andere Überblicksdarstellungen: Zsuzsa Gille, From Nature as Proxy to Nature as Actor, in: Slavic Review 68 (2009), H. 1, S. 1-9; Randall Dills, Forest and Grassland: Recent Trends in Russian Environmental History, in: Global Environment 12 (2013), S. 38-61; Andy Bruno, Russian Environmental History. Directions and Potentials, in: Kritika 8 (2007), S. 65-650; Stephen Brain, The Environmental History of the Soviet Union, in J. R. McNeill/Erin C. S. Mauldin (Hrsg.), A Companion to Global Environmental History, Chichester 2012, S. 222-243; Douglas Weiner, The Predatory Tribute-taking State. A Framework for Understanding Russian Environmental History, in: Burke/Pomeranz (Hrsg.), Environment and World History, S. 276-315; Brian Bonhomme, Writing the Environmental History of the World’s Largest State: Four Deacdes of Scholarship on Russian and the USSR, in: Global Environment 12 (2013), S. 12-37, online unter http://www.erica.demon.co.uk/GE/Articles/02_Bonhomme.pdf; Julia Herzberg, Ostmitteleuropa im Blick, Umweltgeschichte zwischen Global- und Regionalgeschichte, in: Horst Förster/Julia Herzberg/Martin Zückert (Hrsg.), Umweltgeschichte(n). Ostmitteleuropa von der Industrialisierung bis zum Postsozialismus, Göttingen 2013, S. 7-29; Julia Obertreis, Von der Naturbeherrschung zum Ökozid? Aktuelle Fragen einer Umweltzeitgeschichte Ost- und Ostmitteleuropas, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History, Online-Ausgabe, 9 (2012), H. 1, http://www.zeithistorische-forschungen.de/16126041-Obertreis-1-2012.
    91. Klaus Gestwa in einem Vortrag am Department of History, CEU Budapest, 18.11.2014.
    92. Einen guten Überblick auch über weit verstreute umwelthistorische Forschungen in Russland gibt das unter der Leitung von David Moon an der University of York angesiedelte Forschungsprojekt „Exploring Russia's Environmental History and Natural Resources“ (http://russianenvironmentalhistory.blogspot.co.uk/), das auch das „Russian Environmental History Network“ (http://www.reh.spruz.com/) ins Leben gerufen hat. Stärker zeitgeschichtlich und räumlich breiter angelegt ist das französisch-deutsche Projekt „Contemporary Environmental History of the Soviet Union and the Successor States, 1970-2000. Ecological Globalization and Regional Dynamics (EcoGlobReg)“ (http://ecoglobreg.hypotheses.org/). Für die tschechische und slowakische Umweltgeschichte existiert der Blog: http://environmentalni-dejiny.org. Seit 2012 ist das Umweltgeschichte-Zentrum KAJAK (Keskkonnaajaloo Keskus) an der Universität Tallin aktiv (https://www.tlu.ee/et/Ajaloo-arheoloogia-ja-kunstiajaloo-keskus/Keskkonnaajaloo-keskus).
    93. Brian Bonhomme hat Recht, wenn er von „four decades of scholarship” zur Umwelt in Russland und der Sowjetunion schreibt. Eine „Umweltgeschichte“ im engeren Sinne steckt aber immer noch in den Anfängen. Vgl. Bonhomme, Writing the Environmental History. Für umwelthistorisch relevante Schriften zur Sowjetunion der ersten Generation vgl. die Arbeiten von: Natal’ja Baranovskaja, Nikolaj M. Dronin, Aleksandr V. Drozdov, Marshall I. Goldman, Oleg N. Janitskij, Marie-Hélène Mandrillon, Ruben A. Mnatsakanian, Philip R. Pryde, Jurij Šcerbak, Ze’ev Wol’fson und Charles E. Ziegler.
    94. Einen sehr guten Überblick über die aktuelle umwelthistorische Forschung zu Ostmitteleuropa geben: Förster/Herzberg/Zückert (Hrsg.), Umweltgeschichte(n); verschiedene Arbeiten von Petr Jelicka, beispielsweise Petr Jehlicka/Joe Smith, Out of the Woods and into the Lab: The Strange Marriage of American Woodcraft and Soviet Science in Czech Environmentalism, in: Environment and History 13 (2007), H. 2, S. 187-210; Eagle Glassheim, Unsettled Landscapes: Czech and German Conceptions of Social and Ecological Decline in the Post-War Czechoslovak Borderlands, in: Journal of Contemporary History 50 (2015), H. 2, S. 318-336; Arnošt Štanzel, Der Orava-Stausee in der Slowakei. Der Einfluss sich wandelnder Umweltvorstellungen auf die Raumproduktion, in: Bohemia. Zeitschrift für Geschichte und Kultur der böhmischen Länder 54 (2014), H. 1, S. 88-118; Edward Snajdr, Nature Protests. The End of Ecology in Slovakia, Washington 2008; Kacper Szulecki, Von Czarnobyl zu Zarnobyl. Die Auswirkungen Tschernobyls auf die grüne Opposition in Polen, in: Melanie Arndt (Hrsg.), Politik und Gesellschaft nach Tschernobyl. (Ost-)Europäische Perspektiven, Berlin 2016.
    95. Für Südosteuropa: Zsuzsa Gille, From the Cult of Waste to the Trash Heap of History: The Politics of Waste in Socialist and Postsocialist Hungary, Bloomington, IN 2007; Krista Harper, From Green Dissidents to Green Skeptics. Environmental Activists and Post-Socialist Political Ecology in Hungary, Santa Cruz 1999; Stefan Dorondel, At the Margins of History: The Agrarian Question in Southeast Europe, Bukarest 2014; Viktor Pál, To Act or not to Act: Water Problems in North-Eastern Hungary after 1945, in: Timo Myllyntaus (Hrsg.), Thinking Through the Environment, Cambridge 2011, S. 268-288; Matthew Tejada, A History of Bulgaria’s Environmental Movement. Green Dissidents, Democratic Ecologists and an Environmental Civil Society, Saarbrücken 2010.
    96. Gille, From Nature as Proxy, S. 4.
    97. Tobias Huff, Natur und Industrie im Sozialismus. Eine Umweltgeschichte der DDR, Göttingen 2015; Scott Moranda, The People's Own Landscape. Nature, Tourism, and Dictatorship in East Germany, Ann Arbor 2014; Astrid M. Eckert, Geteilt, aber nicht unverbunden. Grenzgewässer als deutsch-deutsches Umweltproblem, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 62 (2014), H. 1, S. 321-351; dies., No Man’s LandScapes, in: Berlin Journal 20 (Spring 2011), S. 32-35; Institut für Umweltgeschichte und Regionalentwicklung e.V. (Hrsg.), Hermann Behrens/Jens Hoffmann (Bearb.), Umweltschutz in der DDR, 3 Bde., München 2007; Michael Heinz, Von Mähdreschern und Musterdörfern. Industrialisierung der DDR-Landwirtschaft und die Wandlung des ländlichen Lebens am Beispiel der Nordbezirke, Berlin 2011; Michel Dupuy, La Dübener Heide: un massif forestier entre enjeux scientifiques et politiques, 1957-1989, in: T. Le Roux/ M. Letté, Débordements industriels. Environnement, territoire et conflit XVIIIe-XXIe siècle, Rennes 2013, S. 247-267; Melanie Arndt, Tschernobyl. Auswirkungen des Reaktorunfalls auf die Bundesrepublik Deutschland und die DDR, Erfurt 2011; immer noch aufschlussreich die Arbeiten von Joan DeBardeleben, beispielsweise: The Environment and Marxism-Leninism. The Soviet and East German Experience, Boulder 1985.
    98. Längst zum Klassiker geworden sind die Arbeiten des amerikanischen Pioniers der sowjetischen Umweltgeschichte Douglas R. Weiner, beispielsweise: A Little Corner of Freedom. Russian Nature Protection from Stalin to Gorbachëv, Berkeley 1999; ders., Models of Nature. Ecology, Conservation and Cultural Revolution in Soviet Russia, Bloomington 1988. Neuere Forschungsergebnisse präsentieren: Das jüngst von Jonathan Oldfield, Julia Lajus und Denis J.B. Shaw herausgegebene Themenheft der „Slavonic and East European Review”: Conceptualizing and Utilizing the Natural Environment. Critical Reflections from Imperial and Soviet Russia, SEER 93 (2015), H. 1; Paul Josephson u.a. (Hrsg.), An Environmental History of Russia, Cambridge/New York 2013; David Moon, The Plough that Broke the Steppes: Agriculture and Environment on Russia’s Grassland, 1700-1914, Oxford/New York 2013; Jonathan D. Oldfield, Russian Nature. Exploring the Environmental Consequences of Societal Change, Burlington 2006; Laurent Coumel/Marc Elie, A Belated and Tragic Ecological Revolution: Nature, Disasters, and Green Activists in the Soviet Union and the Post-Soviet States, 1960s-2010s, in: The Soviet and Post-Soviet Review 40 (2013), H. 2, S. 157-165; Marc Elie, Formulating the Global Environment. Soviet Soil Scientists and the International Desertification Discussion, 1968-91, in: The Slavonic and East European Review 93 (2015), H. 1, S. 181-204; Klaus Gestwa, Die Stalinschen Großbauten des Kommunismus. Sowjetische Technik- und Umweltgeschichte 1948-1967, München 2010; ders., Ökologischer Notstand und sozialer Protest. Ein umwelthistorischer Blick auf die Reformunfähigkeit und den Zerfall der Sowjetunion, in: Archiv für Sozialgeschichte 43 (2003), S. 349-383; Julia Obertreis, Der „Angriff auf die Wüste“ in Zentralasien. Zur Umweltgeschichte der Sowjetunion, in: Osteuropa 58 (2008), H. 4-5, S. 37-56; verschiedene Publikationen von Paul R. Josephson u.a. Red Atom. Russia’s Nuclear Power Program from Stalin to Today, Pittsburgh 2000; ders., Would Trotsky Wear a Bluetooth? Technological Utopianism under Socialism 1917-1989, Baltimore 2010; Laura A. Henry, Red to Green. Environmental Activism in Post-Soviet Russia, Ithaca/London 2010; Jane Costlow/Amy Nelson (Hrsg.), Other Animals: Beyond the Human in Russian Culture and History, Pittsburgh 2010; Robert Smurr, Perceptions of Nature, Expressions of Nation: An Environmental History of Estonia, Saarbrücken 2009; Diana Mincyte/Ulrike Plath (Hrsg.), Themenheft: Food Culture in the Baltic States, Journal of Baltic Studies 46 (2015), H. 3; Melanie Arndt, Grün nach der Katastrophe? Die Entwicklung der Umweltbewegungen in Litauen und Belarus nach Tschernobyl, in: Martin Sabrow (Hrsg.), ZeitRäume. Potsdamer Almanach des Zentrums für Zeithistorische Forschung 2009, Göttingen 2010, S. 8-21.
    99. Murray Feshbach/Alfred Jr. Friendly, Ecocide in the USSR. Health and Nature under Siege, New York 1992.
    100. Jane I. Dawson, Eco-Nationalism. Anti-Nuclear Activism and National Identity in Russia, Lithuania, and Ukraine, Durham/London 1996.
    101. Stephen Brain, Song of the Forest. Russian Forestry and Stalinist Environmentalism, 1905-1953, Pittsburgh 2011.
    102. Darauf wies auch Julia Herzberg in ihrer Rezension des Buches hin und schlug als Alternative zum „Stalinist environmentalism“ „Stalinist sustainability“ oder „Stalinist conservationism“ vor, wobei letzteres als die geeignetste Umschreibung erscheint: Julia Herzberg, Rezension zu: Brain, Song of the Forest, in: H-Soz-Kult, 3.7.2014, http://www.hsozkult.de/publicationreview/id/rezbuecher-17748. Vgl. auch die Debatte um das Buch auf H-Net: Jacob D. Hamblin (Hrsg.), Roundtable Review 3(2013) 5, https://networks.h-net.org/system/files/contributed-files/env-roundtable-3-5.pdf.
    103. Christof Mauch/Douglas Weiner/Nathan Stoltzfus (Hrsg.), Shades of Green: Environment Activism Around the Globe, Lanham, MD 2006
    104. Obertreis, Von der Naturbeherrschung zum Ökozid?
    105. 2015 entstand auf Initiative Viktor Páls und Elena Kochetkovas das Network for the Environmental History of Dictatorships (NED), https://thenednetwork.wordpress.com/.
    106. Einen Anfang machte beispielsweise Paul R. Josephson, Resources under Regimes. Technology, Environment, and the State, Cambridge, Mass. 2004.
    107. Sehr gelungene Beispiele: Kate Brown, Plutopia. Nuclear Families, Atomic Cities, and the Great Soviet and American Plutonium Disasters, New York 2013; Marc Elie, The Soviet Dust Bowl and the Canadian Erosion Experience in the New Lands of Kazakhstan, 1950s-1960s, in: Global Environment 8 (2015), H. 2, S. 259-292; Dorothy Zeisler-Vralsted, Rivers, Memory, And Nation-building. A History of the Volga and Mississippi Rivers, New York 2014; Julia Lajus/Sverker Sörlin, Melting the Glacial Curtain. The Soft Politics of Scandinavian-Soviet Networks in the Geophysical Field Sciences between Two Polar Years, 1932/33-1957/58, in: Journal of Historical Geography 44 (2014), S. 44-59.
    108. Sehr guter Einstieg: John R. McNeill/Corinna R. Unger (Hrsg.), Environmental Histories of the Cold War, Cambridge 2013; Vgl. auch Thomas R. Wellock, The Children of Chernobyl. Engineers and the Campaign for Safety in Soviet-designed Reactors in Central and Eastern Europe, in: History and Technology 29 (2013), H. 1, S. 3-32; Stephen Brain, The Appeal of Appearing Green: Soviet-American Ideological Competition and Cold War Environmental Diplomacy, in: Cold War History, published online 29.10.2014.
    109. Vgl. ausführlich dazu Winiwarter/Knoll, Umweltgeschichte, S. 71ff.
    110. Uekötter, Umweltgeschichte, S. 3.
    111. Engels, Umweltgeschichte als Zeitgeschichte.
    112. Beispiele für einen klaren Einbezug der Umweltgeschichte: Frank Bösch/Jürgen Danyel (Hrsg.), Zeitgeschichte. Konzepte und Methoden, Göttingen 2012; Frank Bösch (Hrsg.), Geteilte Geschichte. Ost- und Westdeutschland 1970-2000, Göttingen 2015.
    113. Für einen breiteren Themen- und Literaturüberblick lohnt sich die Konsultation der Datenbanken der ASEH http://www.aseh.net, der ESEH http://www.eseh.org, der Forest History Society http://www.foresthistory.org oder von H-Environment http://www2.h-net.msu.edu/~environ (alle 13.6.2015).
    114. Besonders hervorzuheben: Franz-Josef Brüggemeier/Jens Ivo Engels (Hrsg.), Natur- und Umweltschutz nach 1945. Konzepte, Konflikte, Kompetenzen, Frankfurt a.M. 2005; Friedemann Schmoll/Hans-Werner Frohn (Hrsg.), Natur und Staat. Staatlicher Naturschutz 1906-2006, Bad Godesberg 2006; Jost Hermand, Grüne Utopien in Deutschland. Zur Geschichte des ökologischen Bewusstseins, Frankfurt a.M. 1991; jüngst: Matthew Kelly, Quartz and Feldspar. Dartmoor – A British Landscape in Modern Times, London 2015.
    115. Exemplarisch: Jens Ivo Engels, Naturpolitik in der Bundesrepublik. Ideenwelt und politische Verhaltensstile in Naturschutz und Umweltbewegung 1950-1980, Paderborn 2006; ders., Geschichte und Heimat. Der Widerstand gegen das Kernkraftwerk Wyhl, in: Kerstin Kretschmer/Norman Fuchsloch (Hrsg.), Wahrnehmung, Bewusstsein, Identifikation. Umweltprobleme und Umweltschutz als Triebfedern regionaler Entwicklung, Freiburg i.B. 2003, S. 103-130; Radkau, Die Ära der Ökologie; Frank Uekötter, Am Ende der Gewissheiten. Die ökologische Frage im 21. Jahrhundert, Frankfurt a.M. 2011; ders., Eine ökologische Ära? Perspektiven einer neuen Geschichte der Umweltbewegungen, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History, Online-Ausgabe, 9 (2012), H. 1, http://www.zeithistorische-forschungen.de/16126041-Uekoetter-1-2012; Axel Goodbody (Hrsg.), The Culture of German Environmentalism. Anxieties, Visions, Realities, New York 2002; Mauch/Weiner/Stoltzfus (Hrsg.), Shades of Green; Ute Hasenöhrl, Zivilgesellschaft und Protest. Eine Geschichte der Naturschutz- und Umweltbewegung in Bayern 1945-1980, Göttingen 2010; Michael Bess, The Light-Green Society. Ecology and Technological Modernity in France, 1960-2000, Chicago 2003; Frank Zelko, Make it a Green Peace” The Rise of Countercultural Environmentalism, New York 2013.
    116. Christian Pfister/Jürg Luterbacher/Daniel Brändli, Wetternachhersage. 500 Jahre Klimavariationen und Naturkatastrophen 1496-1995, Bern 1999; Rüdiger Glaser, Klimageschichte Mitteleuropas. 1200 Jahre Wetter, Klima, Katastrophen, 2. Aufl., Darmstadt 2008; Wolfgang Behringer, Kulturgeschichte des Klimas. Von der Eiszeit bis zur globalen Erwärmung, München 2007; Harald Welzer/Hans-Georg Soeffner/Dana Giesecke (Hrsg.), KlimaKulturen. Soziale Wirklichkeiten im Klimawandel, Frankfurt a.M./New York 2010; Dipesh Chakrabarty, Verändert der Klimawandel die Geschichtsschreibung?, in: Transit 41 (2011), S. 143-163, online unter http://www.zeithistorische-forschungen.de/sites/default/files/medien/material/2012-1/Chakrabarty_2011.pdf; Franz Mauelshagen, Keine Geschichte ohne Menschen: Die Erneuerung der historischen Klimawirkungsforschung aus der Klimakatastrophe, in: Kirchhofer u.a. (Hrsg.), Nachhaltige Geschichte, S. 169-193.
    117. Franz Mauelshagen, „Anthropozän“. Plädoyer für eine Klimageschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History, Online-Ausgabe, 9 (2012), H. 1, http://www.zeithistorische-forschungen.de/16126041-Mauelshagen-1-2012; Will Steffen u.a., The Anthropocene: Conceptual and Historical Perspectives, in: Philosophical Transactions, Series A: Mathematical, Physical, and Engineering Sciences 1938 (2011), S. 1056-1084. Von Dezember 2014 bis Januar 2016 lief im Deutschen Museum in München die Ausstellung „Willkommen im Anthropozän“. Auf dem Portal „Environment and Society“ existiert sie mit vielen interessanten Beiträgen virtuell und in Englisch weiter: http://www.environmentandsociety.org/exhibitions/anthropocene.
    118. Eine der Initiatorinnen des jüngst etablierten BRICS-Netzwerks, Lise Sedrez, hat die Forschungsperspektive auf der Konferenz der ESEH in Versailles im Sommer 2015 klar als Experiment und Gesprächsangebot mit offenem Ausgang definiert.
    119. Bisher am gelungensten: Radkau, Ära der Ökologie. Einige Sammelbände bieten schon viele lohnenswerte Anknüpfungspunkte, selbst wenn sie die Beiträge aus unterschiedlichen Systemen zumeist noch nebeneinander stellen: Mauch/Weiner /Stoltzfus, Shades of Green; Christopher Sellers/Joseph Melling (Hrsg.), Dangerous Trade. Histories of Industrial Hazard Across a Globalizing World, Philadelphia 2012; ähnlich auch das schon 2004 von Frank Uekötter herausgegebene Themenheft „The Frontiers of Environmental History. Umweltgeschichte in der Erweiterung“ der Zeitschrift: Historical Social Research 29 (2004), H. 3; verschiedene Beiträge in Isenbergs „Oxford Handbook”, z.B. James Morton Turner, Rethinking American Exceptionalism: Toward a Transnational History of National Parks, Wilderness, and Protected Areas, S. 282-208, oder Frank Zelko, The Politics of Nature, S. 716-742; jüngst auch Susanne Stein/Klaus Gestwa (Hrsg.), Gone with the Wind. Dust Storms and the Globalisation of Anti-Wind Erosion Measures in the Twentieth Century, in: Global Environment 8 (2015), H. 2.
    120. Giacomo Parrinello, Fault Lines. Earthquakes and Urbanism in Modern Italy, New York 2015; jüngst auch das von Marc Elie und Klaus Gestwa herausgegebene Themenheft zu Naturkatastrophen: Jahrbücher für Geschichte Osteuropas 62 (2014), H. 2; Marc Elie/Klaus Gestwa (Hrsg.), Katastrophen im östlichen Europa, Stuttgart 2014. Außerdem: Marc Elie, Late Soviet Responses to Disasters, 1989-1991: A New Approach to Crisis Management or the Acme of Soviet Technocratic Thinking?, in: The Soviet and Post-Soviet Review 40 (2013), S. 214-238; Dieter Groh/Michael Kempe/Franz Mauelshagen (Hrsg.), Naturkatastrophen. Beiträge zu ihrer Deutung, Wahrnehmung und Darstellung in Text und Bild von der Antike bis ins 20. Jahrhundert, Tübingen 2003; Stefan Gloger/Andreas Klinke/Ortwin Renn (Red.), Kommunikation über Umweltrisiken zwischen Verharmlosung und Dramatisierung, Stuttgart 2002; Uwe Lübken, Die Natur der Gefahr. Überschwemmungen am Ohio River im 19. und 20. Jahrhundert. Göttingen 2014. Sehr aufschlussreich für den Westen Europas: François Walter, Katastrophen. Eine Kulturgeschichte vom 16. bis ins 21. Jahrhundert, Stuttgart 2010.
    121. Vgl. Melanie Arndt (Hrsg.), Politik und Gesellschaft nach Tschernobyl. (Ost-)Europäische Perspektiven, Berlin 2016; dies. (Hrsg.), Memories, Commemorations, and Representations of Chernobyl, Special Issue Anthropology of East Europe Review 30 (2012), H. 1, online unter: https://scholarworks.iu.edu/journals/index.php/aeer/issue/view/178; dies., Tschernobyl.
    122. Ausnahmen sind der lehrbuchartige Überblick von Andrew L. Jenks, Perils of Progress. Environmental Disasters in the Twentieth Century, Boston u.a. 2011; der kulturwissenschaftliche Band von Ann Larabee, Decade of Disaster, Champaign, IL 2000; sowie die sozialwissenschaftliche Dissertation von Matthias Hofmann, Lernen aus Katastrophen. Nach den Unfällen von Harrisburg, Seveso und Sandoz, Berlin 2008.
    123. Sehr gute Einführungen: Sara B. Pritchard, Toward an Environmental History of Technology, in: Isenberg (Hrsg.), Handbook, S. 227-258; Martin Reuss/Stephen H. Cutcliffe (Hrsg.), The Illusory Boundary. Environment and Technology in History, Charlottesville 2010; Dolly Jørgensen/Finn Arne Jørgensen/Sara Pritchard (Hrsg.), New Natures. Joining Environmental History with Science and Technology Studies, Pittsburgh 2013; Martina Heßler/Christian Kehrt (Hrsg.), Die Hamburger Sturmflut von 1962. Risikobewusstsein und Katastrophenschutz aus zeit-, technik- und umweltgeschichtlicher Perspektive, Göttingen 2014.
    124. Richard White, The Organic Machine. The Remaking of the Columbia River, New York 1995.
    125. Sara B. Pritchard, Toward an Environmental History of Technology, in: Isenberg (Hrsg.), Handbook, S. 227-258, hier S. 233; dies., An Envirotechnical Disaster: Nature, Technology, and Politics at Fukushima, in: Environmental History 17 (April 2012), S. 219-243.
    126. Soraya Boudia/Nathalie Jas (Hrsg.), Powerless Science? Science and Politics in a Toxic World, New York 2014; Uwe Lübken/Frank Uekötter (Hrsg.), Managing the Unknown. Essays on Environmental Ignorance, New York 2014.
    127. Jens Ivo Engels, Gender Roles and German Anti-Nuclear Protest. The Women of Wyhl, in: Christoph Bernhardt/Geneviève Massard-Guilbaud (Hrsg.), The Modern Demon. Pollution in Urban and Industrial European Societies, Clermont-Ferrand 2002, S. 407-424; Andrew Hurley, Environmental Inequalities: Class, Race, and Industrial Pollution in Gary, Indiana, 1945-1980, Chapel Hill 1995; Carolyn Merchant, Shades of Darkness: Race and Environmental History, in: Environmental History 8 (2003), H. 3, S. 380-394; dies., Gender and Environmental History, in: The Journal of American History 76 (1990), H. 4, S. 1117-1121, online unter http://nature.berkeley.edu/departments/espm/env-hist/articles/32.pdf; Judy Pasternak, Yellow Dirt: An American Story of a Poisoned Land and a People Betrayed, New York 2010; Julian Agyeman/Yelena Ogneva-Himmelberger (Hrsg.), Environmental Justice and Sustainability in the Former Soviet Union, Cambridge, MA 2009; Amy M. Hay, Recipe for Disaster: Motherhood and Citizenship at Love Canal, in: Journal of Women's History 21 (2009), H. 1, S. 111-134.
    128. Isenberg, S. 9.
    129. Rachel L. Carson, Silent Spring, Boston 1962. Vgl. auch Christof Mauch, Blick durchs Ökoskop. Rachel Carsons Klassiker und die Anfänge des modernen Umweltbewusstseins, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History, Online-Ausgabe, 9 (2012), H. 1, http://www.zeithistorische-forschungen.de/16126041-Mauch-1-2012.
    130. Gregg Mitman, Breathing Space: How Allergies Shape Our Lives and Landscapes, New Haven 2007; ders./ Michelle Murphy /Christopher Sellers (Hrsg.), Landscapes of Exposure: Knowledge and Illness in Modern Environments, Chicago 2004; Nancy Langston, Toxic Bodies: Hormone Disruptors and the Legacy of DES, New Haven 2010; Brett L. Walker, Toxic Archipelago. A History of Industrial Disease in Japan, Seattle/London 2010; Robert Gottlieb/Anupama Joshi, Food Justice, Cambridge/London 2010; Patrick Zylberman, Neither Certitude nor Peace. How Worst-case Scenarios Reframed Microbial Threats, 1989-2006, in: The Munk Centre for International Studies Briefings Series (2010), S. 1-21; Andrew Lakoff, The Generic Biothreat, or, How We Became Unprepared, in: Cultural Anthropoplogy 23 (2008), H. 3, S. 399-428 (ich danke Marc Elie für den Hinweis auf die beiden letzten Texte).
    131. Exemplarisch: Harriet Ritvo, Noble Cows and Hybrid Zebras: Essays on Animals and History, Charlottesville 2010; Susan D. Jones, Valuing Animals. Veterinarians and their Patients in Modern America, Baltimore 2003; Dorothee Brantz/Christof Mauch (Hrsg.), Tierische Geschichte. Die Beziehung von Mensch und Tier in der Kultur der Moderne, Paderborn 2010; Costlow/Nelson (Hrsg.), Other Animals; vgl. auch den Themenschwerpunkt „Fifty Years of Wildlife in America“ in „Environmental History“ 16 (2011), H. 3; Mieke Roscher, Ein Königreich für Tiere. Die Geschichte der britischen Tierrechtsbewegung, Marburg 2009; Patrick Masius, Schlangenlinien. Eine Geschichte der Kreuzotter, Göttingen 2014; Gesine Krüger/Aline Steinbrecher/Clemens Wischermann (Hrsg.), Tiere und Geschichte. Konturen einer „Animate History“, Stuttgart 2014.
    132. Harriet Ritvo, On the Animal Turn, in: Daedalus (2007), H. 4, S. 118-122, online unter http://web.mit.edu/hnritvo/Documents/Articles/2007%20On%20the%20Animal%20Turn%20.pdf.
    133. Vgl. dazu den Beitrag von Mieke Roscher, Human-Animal Studies, Version: 1.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 25.1.2012, http://docupedia.de/zg/Human-Animal_Studies.
    134. Hin und wieder scheint es jedoch, als würde die alte Anthro- versus Bio-Debatte wieder aufbrechen, so lässt es sich beispielsweise in Diskussionen um die Mensch-Tier-Beziehungen zu beobachten.
    135. Radkau, Natur und Macht, S. 14.
    136. Vgl. zum sogenannten Waldsterben das Projekt „Und ewig sterben die Wälder“ an der Universität Freiburg, das mittlerweile eine ganze Reihe von Forschungsergebnissen publiziert hat (http://www.waldsterben.uni-freiburg.de/). Des Weiteren: Kenneth Anders/Frank Uekötter, Viel Lärm ums stille Sterben. Die Debatte über das Waldsterben in Deutschland, in: Frank Uekötter/Jens Hohensee (Hrsg.), Wird Kassandra heiser? Die Geschichte falscher Ökoalarme, Stuttgart 2004, S. 112-138; Franz-Josef Brüggemeier, Waldsterben. The Construction and Deconstruction of an Environmental Problem, in: Christof Mauch (Hrsg.), Nature in German History, New York 2004, S. 119-131; Rudi Holzberger, Das sogenannte Waldsterben. Zur Karriere eines Klischees. Das Thema Wald im journalistischen Diskurs, Bergatreute 1995.
    137. Vgl. beispielsweise Joachim Radkau, Zur angeblichen Energiekrise des 18. Jahrhunderts. Revisionistische Betrachtungen über die „Holznot“, in: Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 73 (1986), S. 1-37. Für eine jüngere Auseinandersetzung: Christoph Ernst, Den Wald entwickeln. Ein Politik- und Konfliktfeld in Hunsrück und Eifel im 18. Jahrhundert, München 2000.
    138. Vgl. Brüggemeier, Tschernobyl, S. 41; ders., Schranken der Natur. Umwelt, Gesellschaft, Experimente 1750 bis heute, Essen 2014; als Einstieg auch bestens geeignet: Christof Mauch, Mensch und Umwelt. Nachhaltigkeit aus historischer Perspektive, München 2013.
    139. Vgl. beispielsweise Ulrike Gilhaus, Umweltgeschichte in der Praxis: Das Westfälische Industriemuseum, in: Siemann (Hrsg.), Umweltgeschichte, S. 114-128.
    140. Für einen aktuellen Einblick: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte 2009, H. 2, Nature Incorporated: Unternehmensgeschichte und ökologischer Wandel/Business History and Environmental Change. Vgl. auch den Tagungsbericht von Florian Krug „Von der Konflikt- zur Verflechtungsgeschichte?“, 29.-30.9.2011 Potsdam, in: H-Soz-Kult, 9.12.2011, http://www.hsozkult.de/conferencereport/id/tagungsberichte-3944.
    141. Dieser interdisziplinäre, von den Literaturwissenschaften ausgehende Ansatz untersucht literarische Texte in Hinblick auf ökologische Themen. Vgl. Cheryll Glotfelty/Harold Fromm (Hrsg.), The Ecocriticism Reader: Landmarks in Literary Ecology, Athens (GA) 1996; Axel Goodbody, Nature, Technology and Cultural Change in Twentieth Century German Literature: The Challenge of Ecocriticism, Basingstoke 2007; Hubert Zapf (Hrsg.), Kulturökologie und Literatur: Beiträge zu einem transdisziplinären Paradigma der Literaturwissenschaft, Heidelberg 2008; Michael P. Cohen, Blues in the Green: Ecocriticism Under Critique, in: Environmental History 9 (2004), H. 1, S. 9-36.
    142. Franziska Torma, Eine Naturschutzkampagne in der Ära Adenauer. Bernhard Grzimeks Afrikafilme in den Medien der 50er Jahre, München 2004; Jens Ivo Engels, Von der Sorge um die Tiere zur Sorge um die Umwelt. Tiersendungen als Umweltpolitik in Westdeutschland zwischen 1950 und 1980, in: Archiv für Sozialgeschichte 43 (2003), S. 297-323; Anders Hansen, Communication, Media and Environment: Towards Reconnecting Research on the Production, Content and Social Implications of Environmental Communication, in: International Communication Gazette 73 (2011), H. 1-2, S. 7-25. Ein herausragendes Beispiel für Nordeuropa: Camilla Hermansson, Det återvunna folkhemmet. Om tevejournalistik och miljöpolitik i Sverige 1987-1998 [Das wiedergefundene Volksheim. Über Fernsehjournalismus und Umweltpolitik in Schweden 1987-1998], Linköping 2002.
    143. Beispielsweise: David Blackbourn, Die Eroberung der Natur. Eine Geschichte der deutschen Landschaft, München 2007; Peter Coates, Nature: Western Attitudes since Ancient Times, Berkeley 1998.
    144. Drei gelungene Versuche sind: Tamara L. White u.a. (Hrsg.), Northern Europe. An Environmental History, Santa Barbara 2005; J. Donald Hughes, The Mediterranean. An Environmental History, Santa Barbara 2005; jüngst Joachim Radkau, Ära der Ökologie.
    145. So z.B. Douglas R. Weiner während des Runden-Tisch-Gesprächs: „European Studies as Environmental History. A Roundtable on Methods and Dilemmas”, First World Congress of Environmental History, Malmö, 8. August 2009.
    146. Frank Uekötter, Gibt es eine europäische Geschichte der Umwelt? Bemerkungen zu einer überfälligen Debatte, in: Themenportal Europäische Geschichte (2009), http://www.europa.clio-online.de/2009/Article=374. Auf der ESEH in Versailles 2015 knüpfte Uekötter zusammen mit seinem Birminghamer Kollegen Corey Ross in einem weiteren Runden-Tisch-Gespräch an diese Überlegungen an. Beispiele für gelungene Versuche der Geschichte einer europäischen Umwelt sind: Piet H. Nienhuis, Environmental History of the Rhine-Meuse Delta, Dordrecht 2008; Dieter Schott, Europäische Urbanisierung (1000-2000). Eine umwelthistorische Einführung. Köln 2014.
    147. Uekötter, Umweltgeschichte, S. IX.
    148. So Verena Winiwarter während der Eröffnungsveranstaltung des WCEH am 4. August 2009.
    149. Für einen guten Überblick aus heutiger Perspektive vgl. Isenberg, Introduction.
    150. Engels, Umweltgeschichte als Zeitgeschichte, S. 32.