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Zeithistorische Forschung Potsdam e.V.

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Gangolf Hübinger, Johannes Bent

Ernst Troeltsch und die Zeitgeschichte

Version: 1.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 23.08.2022
https://docupedia.de//zg/Huebinger_bent_ernst_troeltsch_zeitgeschichte_v1_de_2022

DOI: https://dx.doi.org/10.14765/zzf.dok-2417

Artikelbild: Ernst Troeltsch und die Zeitgeschichte

Ernst Troeltsch, in: Walther Köhler, Ernst Troeltsch, Tübingen 1941 (beschnitten)

Das Lebensthema des Religionsphilosophen, Kulturhistorikers und Politikers Ernst Troeltsch (1865-1923) war die „moderne Welt“. In den großen Neuordnungsdiskursen nach 1918 spielte er eine wichtige Rolle in den westeuropäischen, aber auch in den osteuropäischen Kulturtransfers. Gangolf Hübinger und Johannes Bent stellen sein spätes Hauptwerk „Der Historismus und seine Probleme“ vor und betonen die intellektuelle Bedeutung von Troeltsch sowohl für die Demokratiediskurse der ersten deutschen Republik als auch für die Frage nach der Orientierungskraft von „Geschichte“ für die moderne Gesellschaft, insbesondere für die „Europadiskurse“ des 20. Jahrhunderts.

1. Einführung: Ein Klassiker der modernen Zeitdiagnostik

Das Lebensthema des Religionsphilosophen, Kulturhistorikers und Politikers Ernst Troeltsch (1865-1923) war die „moderne Welt“: ihre Genese und ihre „Vielspältigkeit“ in den revolutionären Umbrüchen der Kulturschwelle um 1900.[2] Neben Georg Simmel oder Max Weber wird ihm deshalb der Rang eines „Klassikers“ der modernen Zeitdiagnostik zuerkannt, ablesbar daran, dass auch das Werk von Ernst Troeltsch durch eine kritische Gesamtausgabe erschlossen wird.[3] Troeltschs imposantes Werk ist problemgeschichtlich ausgerichtet auf die Wechselwirkungen von Religion, Staat, Ökonomie und Wissenschaft. In diesem makrohistorischen Rahmen zielen seine Texte immer auch auf Zeitdiagnose und Gegenwartsanalyse. Das macht sie relevant sowohl für die Demokratiediskurse der ersten deutschen Republik[4] als auch für die Frage nach der Orientierungskraft von „Geschichte“ für die moderne Gesellschaft[5] und hier insbesondere für die „Europadiskurse“ des 20. Jahrhunderts.[6] In der originellen Verflechtung von Demokratie-, Geschichts- und Europadiskurs liegt Troeltschs intellektuelle Bedeutung für die Zeitgeschichte.

 

Ernst Peter Wilhelm Troeltsch (* 17. Februar 1865 in Haunstetten; † 1. Februar 1923 in Berlin): aus Walther Köhler, Ernst Troeltsch, Tübingen 1941
Ernst Peter Wilhelm Troeltsch (* 17. Februar 1865 in Haunstetten; † 1. Februar 1923 in Berlin): aus Walther Köhler, Ernst Troeltsch, Tübingen 1941

 

Nicht zufällig hat Jörn Leonhard die Einleitung zu seiner umfassenden Studie über die „globale Veränderungsdynamik“ zwischen 1918 und 1923 unter ein Zitat von Ernst Troeltsch gestellt: „Die ganze Welt wird anders.“ Wie nur wenige „spürte Troeltsch dem Zusammenhang zwischen politischer und wirtschaftlicher Entwicklung nach, dem Durchbruch zur Massendemokratie und den Bedingungen eines globalen Kapitalismus“. Troeltsch dient hier als zeithistorischer Gewährsmann für den Erfahrungswandel der Epoche, der sich durch den Ersten Weltkrieg und dessen globale Folgen noch einmal beschleunigt hat. Er beobachtete und analysierte die „Veränderungsschwelle für das 20. Jahrhundert […], deren Wirkungen bis in unsere Gegenwart reichen“.[7] Neben seiner interdisziplinären Bedeutung als Religionsforscher und Geschichtsphilosoph[8] macht die ihm hier zugesprochene Beobachtungs- und Analysekraft die Aktualität Troeltschs für die Zeitgeschichte aus.

Um Troeltschs Ort in den Demokratie-, Geschichts- und Europadiskursen der Zeitgeschichte geht es also im Folgenden, nicht um seine Würdigung als systematischer Theologe oder Religionsphilosoph, die einen eigenen Zugriff erfordert.[9] Wir gehen dabei in sechs Schritten vor. Zu Beginn geben wir einen Überblick über Leben und Werk (1.); im Anschluss stellen wir sein spätes Hauptwerk „Der Historismus und seine Probleme“ gesondert vor, weil sich hier die Verflechtung von Geschichts- und Europadiskurs am besten nachvollziehen lässt (2.); von 1917 bis heute sind es die Debatten um die Demokratie in Deutschland, verbunden mit den Kontroversen um Kaiserreich und Entstehung der Weimarer Republik, die den Blick auf Troeltsch lenken (3.); für die Aufgabe jeder Generation, sich ihrer Geschichte stets neu zu vergewissern und sie im Horizont ihrer Erfahrungen „umzuschreiben“ (Reinhart Koselleck), lässt sich mit Gewinn auf Troeltschs Ideen zurückgreifen, Europa neu zu denken (4.); in den großen Neuordnungsdiskursen nach 1918 spielt Troeltsch eine wichtige Rolle in den westeuropäischen, aber auch in den osteuropäischen Kulturtransfers (5.). Generell liegt Troeltschs Bedeutung für die Zeitgeschichte in seiner konsequenten Zusammenführung von Geschichts-, Europa- und Demokratiediskurs – so lassen sich die Ergebnisse in einer knappen Schlussbemerkung zusammenführen (6.).

 

2. Überblick über Leben und Werk

Ernst Troeltsch wurde am 17. Februar 1865 im bayerischen Haunstetten geboren. Als Studienfach wählte er Theologie, weil er dort „immer noch am meisten wissenschaftliche Allgemeinkultur“ vermutete, wie er autobiografisch festhielt.[10] In Göttingen habilitierte er sich für Kirchen- und Dogmengeschichte unter Einschluss Systematischer Theologie und profilierte sich als konzeptioneller Kopf der „Göttinger religionsgeschichtlichen Schule“, die sich der „wissenschaftlichen Allgemeinkultur“ einer Historisierung aller Wirklichkeitserkenntnis stellte, wie sie um 1900 die deutschen Geistes-, Staats- und Wirtschaftswissenschaften beherrschte.

Nach einer kurzen Station in Bonn wurde der 29-jährige Troeltsch 1894 auf den Lehrstuhl für Systematische Theologie an der Universität Heidelberg berufen und zählte gut zwanzig Jahre zu den intellektuell führenden Vertretern der Heidelberger Universitätskultur. In Heidelberg entstand Troeltschs erstes Hauptwerk: die vom Urchristentum bis zur modernen kirchenkritischen Religiosität reichenden „Soziallehren der christlichen Kirchen und Gruppen“.[11] Als „kulturprotestantischer“ Theologe sah Troeltsch seine Aufgabe darin, zwischen kirchlichen Lehren, allgemeiner Wissenschaftskultur und sozialen Ordnungsideen zu vermitteln. Die Sozialethiken der Religionsgemeinschaften galten ihm als historisch wandelbar. Zeitgeschichtlich prüfte er, inwieweit sie sich dem modernen Pluralismus christlicher Gemeinschaften öffneten oder verschlossen.

Zu Teilen sind die „Soziallehren“ in freundschaftlich-rivalisierendem Austausch mit Max Weber verfasst, mit dem er von 1910 bis zu seinem Wechsel in die Reichshauptstadt Berlin im Frühjahr 1915 im Haus an der Ziegelhäuser Landstraße 17, der berühmten „Fallenstein-Villa“, einem Treffpunkt kritisch-intellektueller Kreise, zusammenwohnte.[12] Ganz generell stehen die historischen Leitfragen in den Werken von Max Weber und Ernst Troeltsch in einem komplementären Verhältnis zueinander. Max Weber untersuchte alle historischen Lebensbereiche wie Staat, Religion, Wissenschaft oder Ästhetik unter der doppelten Fragestellung: Wie sind diese Kulturphänomene ökonomisch bedingt, und wie werden sie ökonomisch relevant? Ernst Troeltsch stellte die gleiche Doppelfrage mit Blick auf die Religion: Wie sind in Geschichte und Gegenwart die Lebenssphären Staat, Wirtschaft, Wissenschaft oder Ästhetik religiös bedingt, und wie wurden sie religiös relevant? Unter Historikern und Sozialwissenschaftlern fand Troeltsch wachsende Zustimmung; so hielt er auf dem Stuttgarter Historikertag von 1906 einen vielbeachteten Vortrag über „Die Bedeutung des Protestantismus für die Entstehung der modernen Welt“ und wurde Gründungsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Soziologie. In der Fachtheologie dagegen fanden seine Schriften wegen ihrer Nähe zur Kulturgeschichte immer weniger Anklang.

Die Behandlung der Religion als historische und philosophische Kulturwissenschaft veranlasste Troeltsch 1915 zum Wechsel von der Theologischen Fakultät in Heidelberg an die Philosophische Fakultät der Universität Berlin. Er übernahm dort einen Lehrstuhl für „Religions-, Sozial- und Geschichts-Philosophie und die christliche Religionsgeschichte”, was recht präzise seine interdisziplinäre Ausrichtung wiedergibt. Wie Troeltsch von Berlin aus den epochemachenden Begriff des „Historismus“ prägte und in Umlauf brachte, wird im folgenden Kapitel ausführlich dargestellt.

Mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs und verstärkt in der revolutionären Gründungsphase der Weimarer Republik avancierte Troeltsch zu einer Figur der Zeitgeschichte und ging in die Literatur als politischer Professor und Gelehrten-Intellektueller ein. In dieser großen deutschen und europäischen Umbruch- und Neuordnungsphase war Troeltsch in der Öffentlichkeit gleichermaßen präsent als mobilisierender Akteur, kommentierender Beobachter und kritischer Analytiker. In den ersten Kriegsjahren lieferte er mit zahlreichen Reden und Essays entscheidende Schlagworte: Der Krieg sei ein „Kulturkrieg“, und verteidigt werden müsse die „deutsche Idee von der Freiheit“ als eigener und stärker gemeinschaftsbezogener Entwicklungspfad in die Moderne gegenüber dem individualistischen Kulturverständnis des Westens.[13] Unter dem Titel „Deutsche Zukunft“ nahm der S. Fischer-Verlag zwei von Troeltschs Essays 1916 bezeichnenderweise in eine „Sammlung von Schriften zur Zeitgeschichte“ auf.[14] In der zweiten Kriegshälfte schärfte und modifizierte Troeltsch seine historisch-politischen Ordnungsideen in europäischer und globaler Perspektive, verlangte außenpolitisch einen tragfähigen Verständigungsfrieden und innenpolitisch eine entschiedene Verfassungsrevision mit demokratischen Reformen und parlamentarischen Institutionen.[15]
 

Flugblatt zur Wahl der preußischen Landesversammlung am 26. Januar 1919, Privatbesitz
Flugblatt zur Wahl der preußischen Landesversammlung am 26. Januar 1919, Privatbesitz

 

Im Januar 1919 wurde Troeltsch als Spitzenkandidat der Berliner DDP, der „Liste Troeltsch“, zum Abgeordneten in die Verfassunggebende Preußische Landesversammlung gewählt. Als Unterstaatssekretär im SPD-geführten Preußischen Kultusministerium war er an der verfassungsrechtlichen Neuregelung des Verhältnisses von Staat und Kirche beteiligt. In einer eigenen Kolumne in der Zeitschrift „Kunstwart und Kulturwart“, den „Spectator-Briefen und Berliner Briefen“, kommentierte er zwischen 1919 und 1922 aus der unmittelbaren Berliner Erfahrung heraus regelmäßig die Zeitereignisse. Seine Analysen und Kritiken zu Aufbau und Bedrohung der jungen deutschen Demokratie zählen zu den aussagestärksten Quellen aus liberaler Perspektive, die wir für diese Umbruchperiode besitzen und werden unten in einem eigenen Kapitel ausführlicher vorgestellt.

In seiner liberalen Werthaltung und demokratischen Gesinnung als christlicher Intellektueller bot Troeltsch dem durch die Revolution höchst verunsicherten Bürgertum eine Alternative zum nationalistischen wie zum sozialistischen Ordnungsdenken, repräsentierte damit jedoch nur eine linksbürgerliche Minderheit in den weltanschaulichen Kämpfen der frühen Weimarer Republik. Als 2015 die „Spectator-Briefe und Berliner Briefe“ erstmals vollständig und zeithistorisch kommentiert erschienen, las sie der Soziologe Hans Joas als impulsgebend für unsere heutige Zeit, „in der sich die Fragen nach dem Selbstverständnis Europas in globaler Perspektive ganz neu stellen“.[16] Das ist richtig gesehen und unterstreicht Troeltschs Bedeutung für die aktuelle internationale Diskussion.

Troeltsch starb am 1. Februar 1923, kurz vor Antritt einer Reise, die ihn als zweiten Vertreter der deutschen Wissenschaften nach Albert Einstein zu Vorträgen nach London, Oxford und Edinburgh führen sollte. Die insgesamt fünf Vorträge waren bereits ins Englische übersetzt und wurden von den jeweiligen Gastgebern im Rahmen von Gedenkfeiern für den deutschen Gelehrten im März 1923 verlesen. Sie sind Dokumente eines neu beginnenden deutsch-britischen Kulturtransfers.[17]

Die verlässlichsten Informationen zu Leben und Werk bietet die kritisch edierte und kommentierte Gesamtausgabe zu Ernst Troeltsch, die mit Schriften, Reden, Vorlesungen und Briefen auf insgesamt 27 Bände angelegt ist. Die ausführlichen Einleitungen und Sachkommentare betten Troeltsch detailliert in die problem- und zeitgeschichtlichen Kontexte ein. Um nur ein punktuelles Beispiel aus der Krisengeschichte der Weimarer Republik zu geben: Besser sichtbar wird Troeltschs freundschaftliche Beziehung zu Walter Rathenau oder die Begegnung mit Lenins Deutschlandbevollmächtigtem Karl Radek in Berlin. Früh lenkte Troeltsch den warnenden Blick auf den „Bürgerkrieg“ von rechts. Für seine These von der vom Bürgerkrieg ständig bedrohten Weimarer Republik kann sich Dirk Blasius mit Recht auf Ernst Troeltsch berufen.[18] Flankierend zur Gesamtausgabe zielen ein Handbuch und die „Troeltsch-Studien“ als Schriftenreihe[19] immer auch auf zeitgeschichtliche Problemstellungen. Hervorzuheben sind die Publikationen des Systematischen Theologen Friedrich Wilhelm Graf, zugleich Mitglied im Arbeitskreis für moderne Sozialgeschichte. Graf zählt mit seinen Schriften sicherlich zu den wichtigsten Vermittlern von Religionsdiskurs und Zeitgeschichte.[20]

Was erhebt Leben und Werk eines Autors oder einer Autorin in den Rang eines „Klassikers“? Der Zeithistoriker Lutz Raphael hat für seine Herausgabe von „Klassikern der Geschichtswissenschaft“ vier Kriterien benannt, und zwar neben dem „großen Werk“ die methodische Schulung historischen Denkens, die gegenwartsdiagnostische Kompetenz und schließlich die Anschlussfähigkeit für die gedankliche Ordnung gegenwartsrelevanter Problemkonstellationen.[21] Wie sehr diese Kriterien auf Ernst Troeltsch zutreffen, soll im Folgenden erörtert werden, beginnend mit dem „großen Werk“.

 

3. „Der Historismus und seine Probleme“ – ein Hauptwerk der Geschichtsschreibung

Ernst Troeltsch: Der Historismus und seine Probleme. Titelblatt der Erstausgabe, Tübingen 1922
Ernst Troeltsch: Der Historismus und seine Probleme. Titelblatt der Erstausgabe, Tübingen 1922


Als Buch erschien „Der Historismus und seine Probleme“ im Herbst 1922, wenige Wochen vor Troeltschs Tod.[22] Es handelt sich um eine Überarbeitung und Systematisierung einschlägiger Einzelaufsätze zu Grundproblemen des modernen historischen Denkens. Für seine philosophisch und historisch interessierten Leserinnen und Leser zielte Troeltsch mit diesem Werk auf eine, wie er im Vorwort schreibt, „vom Subjekt her zu schaffende gegenwärtige Kultursynthese des Europäismus, allerdings auf dem Untergrunde einer Universalgeschichte des Europäismus und im Rahmen eines Bildes der Gesamtmenschheit, soweit das letztere überhaupt möglich ist“.[23]

Troeltsch geht also, das meint der komplexe Satz, von den subjektiven Bedürfnissen seiner Zeitgenossen aus, sich in der europäischen Welt nach 1918 neu zu orientieren. Eine solche Gegenwartsorientierung sei allerdings nicht ohne universalgeschichtliches Wissen zur europäischen Entwicklung seit der Antike zu haben, immer mit der selbstkritischen Einschränkung, dass ein um „Europa“ zentriertes Denken nicht die „Gesamtmenschheit“ umfassen könne. In welcher interdisziplinären Verknüpfung von zeitgenössischem Erfahrungswissen, historischem Fachwissen und philosophischem Reflexionswissen Troeltsch sich eine solche „Kultursynthese des Europäismus“ – wir benutzen heute die Formel von der europäischen „Einheit in Vielfalt“ – vorstellte, das handelt er in „Der Historismus und seine Probleme“ in vier großen Kapiteln ab.

Das erste Kapitel konzentriert sich auf die Frage, was heißt überhaupt und zu welchen Zwecken benötigt der Mensch Geschichtsphilosophie? Troeltschs kulturanthropologische Antwort klingt einfach. „Geschichtsphilosophie im vollen Sinne“ richte sich auf die „Erkenntnis der Lebensziele aus der Geschichte“.[24] Für das menschliche Grundbedürfnis, sich selbst und seine Umwelt als historisch geworden zu begreifen, präsentiert Troeltsch in diesem Kapitel eine positive und nach wie vor anschlussfähige Definition von „Historismus“ als Denkstil „in dem Sinne der grundsätzlichen Historisierung alles unseres Denkens über den Menschen, seine Kultur und seine Werte“.[25]

Was das für das historische Denken bedeutet, an erster Stelle für das konstruktive Zusammendenken von Gegenwart und Vergangenheit, für die Verbindung von historischer Wirklichkeitserkenntnis und politischer Handlungsorientierung sowie für das Spannungsverhältnis von „Geschichte“ und „Gedächtnis“, diesen schwierigen Vermittlungsproblemen widmet sich das zweite Kapitel. Troeltsch spricht von der „Maßstabbildung gegenüber historischen Dingen“.[26] Von Europahistorikern, die Troeltsch primär im Auge hatte, erfordere „Maßstabbildung“ demnach weit mehr als nur die verlässliche empirische Tatsachenkenntnis vom „Aufbau unserer Welt aus Orient und Mittelmeerkultur“.

Es erfordere die permanente Selbstreflexion – er nennt es „wissenschaftlich-historische Selbstbesinnung“ – auf den eigenen gesellschaftlichen und kulturellen Standort und die Fähigkeit zu „kritischer Umbildung ganzer Kulturgehalte“, wie es ihm in den europäischen Transformationen nach 1918 besonders dringlich erschien.[27] Nur wenn strenge historische Tatsachenforschung und die „Auseinandersetzung, Selbstklärung und Selbstgestaltung“[28] der Kulturwerte einer Gesellschaft in eine vernünftige Beziehung zueinander gesetzt werden, das ist Troeltschs These, könne die Rekonstruktion vergangener Wirklichkeit Maßstäbe für die Orientierung in der Gegenwart liefern. Jede Generation schreibt ihre Geschichte neu und richtet andere Fragen an die Vergangenheit – für diese Grundmaxime aller Arbeit an der Geschichte liefert das zweite Kapitel des „Historismus“-Buches eine plausible Begründung. In direkter Auseinandersetzung mit Troeltschs These hat wenig später Karl Mannheim, ein Klassiker der Soziologie, die neue Forschungsrichtung der „Wissenssoziologie“ begründet.[29]

In seinem Vorwort hatte Troeltsch angezeigt, mit dem „Historismus“-Buch in Nähe und Konkurrenz „zu den großen Autoren von Voltaire und Herder bis Comte und Hegel“ zu treten.[30] Wie das dritte Kapitel, das weitaus umfangreichste des Buches, verdeutlicht, geht es ihm dabei um eine kritische Auseinandersetzung mit der gesamten europäischen Ideengeschichte zu zwei Kernelementen des Geschichtsdenkens. Das eine ist ein Konzept von „Universalgeschichte“, das andere ein Begriff von „Entwicklung“. Beides sei erforderlich als „Bezugs- und Achsensystem, um das das historische Material in seinem weitesten Umfang sicher geordnet werden könnte.“[31]

Es ist das Kapitel, in dem sich Troeltsch kritisch von Max Webers Wissenschaftsverständnis absetzt und ihm einen „heroischen [...] Positivismus“ zuschreibt. Weber habe „eines der gewaltigsten und lehrreichsten Bilder des universalhistorischen Bestandes geschaffen, ohne jede geschichtsphilosophische Konstruktion und Sinndeutung des Prozesses, rein als Abgrenzung und Erklärung der tatsächlichen Gebilde mit Hilfe des vergleichend-idealtypischen und individualisierend-historischen Denkens“.[32]

Troeltsch hält dem seine eigene „geschichtsphilosophische Konstruktion“ der Entwicklungsgeschichte Europas entgegen. Sehr kurz gebündelt, verläuft sie wie folgt: In Antike und Mittelalter habe sich die europäische Geschichte aus vier „Grundgewalten“ geformt, und zwar aus dem altisraelischen Prophetentum, dem klassischen Griechenland, dem römischen Imperialismus und dem katholischen Mittelalter. Eine zweihundertjährige Schwellenphase habe sodann in der Wirkung von Renaissance und Calvinismus die säkulare Staatsidee freigesetzt. In der Aufklärungsepoche habe sich mit der autonomen weltlichen Bildung die Idee der selbstbestimmten Persönlichkeit als Motor sozialer und politischer Reformen entfaltet. Diesem neuzeitlichen „Individualismus“ des „europäisch-amerikanischen Kulturkreises“ unterstellte Troeltsch in kritischer Verarbeitung der europäischen Selbstzerstörung im Ersten Weltkrieg den politischen Willen zur gemeinsamen Zukunftsgestaltung.[33]

Auf diesen Zusammenhang von universalhistorischer Entwicklung und politischem Gestaltungswillen der europäischen Zukunft läuft „Der Historismus und seine Probleme“ im abschließenden vierten Kapitel unter der Überschrift „Über den Aufbau der europäischen Kulturgeschichte“ stringent zu. Zu liefern verspricht Troeltsch eine historische Selbstaufklärung der Nachkriegseuropäer in politischer Absicht, eine „praktisch bedingte Weltorientierung für die gegenwärtigen Interessen gerade des Europäismus selbst“.[34] Das vierte ist das mit Abstand kürzeste Kapitel, und den Grund dafür nennt der Untertitel des Buches, nämlich „Erstes Buch: Das logische Problem der Geschichtsphilosophie“. Das heißt, es geht ihm hier erst einmal um das konzeptionelle Grundgerüst, nach welchen Kriterien europäische Kulturgeschichte zu schreiben sei, und noch nicht um die materialreiche Durcharbeitung selbst.

Auf einen solchen zweiten Band verweist er in einem gleichzeitig verfassten autobiografischen Essay: „Der zweite Band soll dann die hier angekündigte Analyse des Europäertums bringen und daraus die kulturphilosophisch-ethischen Positionen der Gegenwart entwickeln. Das würde dann die Zusammenfassung aller meiner Studien sein und über den ursprünglichen religiösen Ausgangspunkt meiner Arbeit weit hinausgehen.“[35] Es ist allerdings fraglich, ob Troeltsch einen solchen zweiten Band überhaupt in Angriff nehmen wollte. Denn wie sich im Folgenden ausführlicher zeigen lässt, hat er seine zeitgeschichtlichen Befunde und Urteile bereits in den flankierenden Schriften, wenn auch fragmentarisch, zur Diskussion gestellt.

Bleiben wir erst noch beim Schlusskapitel selbst und dessen Ziel, nach den nationalen Polarisierungen während des „Kulturkriegs“ nunmehr die „brennend wichtige Aufgabe der Formulierung des europäischen Wesens und der Herausarbeitung der europäischen Zukunft“[36] in Angriff zu nehmen. Im Kapitel „Aufbau der europäischen Kulturgeschichte“ entwarf Troeltsch einen der anspruchsvollsten kulturpolitischen und geschichtsphilosophischen Versuche zu einem europäischen Ausgleich der Kriegsgegner und bezeichnete ihn als „europäische Kultursynthese“.

Mit seiner historisch unterfütterten „Kultursynthese“ insbesondere zwischen deutschsprachigem Idealismus und britischem Pragmatismus entwickelte er explizit einen Gegenentwurf zur wirkmächtigen Prophetie vom „Untergang des Abendlandes“, mit der Oswald Spengler 1918 ein kulturskeptischer Bestseller gelang. „Aufbau“ und „Untergang“ markieren gleichsam zwei Pole im Spektrum des zeitgenössischen Europadenkens – in dieser Spannung wird Troeltsch mittlerweile auch international rezipiert.[37] Während Spengler den zivilisatorischen Gegensatz zwischen Preußen-Deutschland und England welthistorisch dramatisierte, postulierte Troeltsch die Gemeinsamkeiten, ermöglicht durch „einen Entwurf des Zukunftbaues unter kritischer Fortsetzung und schöpferischer Umbildung des Gewordenen“.[38]

Die gewaltigen Probleme der europäischen Nachkriegsordnung, allen voran die Konflikte eines politischen Systemwechsels in Deutschland, erforderten für eine gewaltfreie Zukunftsordnung Europas eine kritische Durchmusterung der Vergangenheit. Von den europäisch-amerikanischen Kultureliten erwartete Troeltsch als gemeinsame geistige Anstrengung „die souveräne Kraft der Umschmelzung, Vereinfachung, Vertiefung und Neubelebung des historischen Besitzes“.[39] Geschichtstheoretisch nahm Troeltsch hier in praktischer Absicht vorweg, was Reinhart Koselleck später mit fast dem gleichen Begriff in einem seiner berühmtesten Aufsätze das durch Erfahrungsschübe ausgelöste „Umschreiben“ von Geschichte nannte.[40] Denn neue Fragen im „gemeinsamen Erfahrungsraum“ einer neuen „Handlungsgemeinschaft“ hätten von Thukydides bis Max Weber jeweils zum „Umschreiben der Geschichte“ geführt, so Kosellecks These.[41]

Für Webers Zeitgenossen Troeltsch war der „europäisch-amerikanische Kulturkreis“ spätestens nach 1918 als ein solcher gemeinsamer Erfahrungsraum und als eine Handlungsgemeinschaft zusammengefügt worden, die sich ihren „historischen Besitz“ – in heutiger Sprache: ihr „kulturelles Gedächtnis“ – neu vergegenwärtigen musste. Darauf zielen Troeltschs Ideen einer europäischen „Kultursynthese“ und einer „Universalgeschichte des Europäertums“ in ihrem Kern. Und Koselleck steht mit seinem viel diskutierten Denkstil des „reflektierten Historismus“[42] erkennbar auf den Schultern von Troeltsch. Die Forschung hat nach dem „archimedischen Punkt“ in Kosellecks Geschichtsdenken gesucht und findet ihn in der immer neuen Frage „nach den Bedingungen des menschlichen Handelns ‚in der Geschichte‘ und des Denkens und Schreibens über Geschichte“.[43] Ziemlich den gleichen „archimedischen Punkt“ finden wir bereits in Troeltschs Geschichtsdenken, dessen Leitlinien in seinem späten Hauptwerk „Der Historismus und seine Probleme“ vorgestellt werden.

Der Theologe und Ideenhistoriker Hartmut Ruddies hat einen direkten Bezug zwischen Troeltschs Historismus-Thesen und den zeitgeschichtlichen Veränderungen in Weltkrieg und europäischer Neuordnung hergestellt: „Troeltschs Geschichtsphilosophie ist eine Theorie der Gegenwart, die die in der Geschichte wurzelnden Kräfte Europas in einer kreativen Synthese zusammenfassen will, um die kulturelle Orientierungsfunktion der Geschichte in den damaligen Lebenszusammenhängen zu demonstrieren. Sein Historismus ist geistige Lebensform und Kulturprogramm zugleich.“[44]

Troeltschs kreatives Synthesedenken zur Verknüpfung von Universalgeschichte und Gegenwartsdiagnostik hat für Ruddies eine nationale und innenpolitische wie zugleich eine weltpolitische Seite. Das Weltkriegsende hatte die Selbstentmachtung Europas und eine zukunftsweisende Polarisierung zwischen amerikanischem und sowjetischem Macht- und Ordnungsdenken gebracht, zwischen Wilsons „Weltdemokratie“ und Lenins „Weltrevolution“, wie Jörn Leonhard diese Polarisierung treffend charakterisiert.[45] Unter den Bedingungen der globalen Nachkriegspolarisierung diene Troeltschs europäische „Kultursynthese“, so Ruddies, weltpolitisch dem Zweck, die deutsche Republik bei Bewahrung ihrer Kulturtraditionen in den „Westen“ zu integrieren. Das ist nicht nur von der Sache her, sondern auch begriffsgeschichtlich von großer Bedeutung, denn mit Troeltsch beginnt der bis dahin wenig geläufige Begriff des „Westens“ publizistisch zu zirkulieren.[46] Innenpolitisch sei Troeltschs „Kultursynthese“ darauf angelegt, den immer wieder aufbrechenden „Bürgerkrieg“ zwischen den rechten und linken Extremparteien zu befrieden[47] und den Aufbau der deutschen Demokratie zu befördern.

 

4. Aufbau und Bedrohung der Demokratie in Deutschland

Ernst Troeltsch wirkte in einer Doppelrolle als politischer Akteur wie als zeitkritisch engagierter Beobachter von Berlin aus führend am Aufbau der parlamentarischen Demokratie in der Weimarer Republik mit. Für die Preußische Nationalversammlung stellte er sich als Berliner Spitzenkandidat der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) zur Verfügung und wurde zum Abgeordneten gewählt. Dem Preußischen Kultusministerium diente er ehrenamtlich als Unterstaatssekretär und war hier an der rechtlichen Neuordnung des Verhältnisses von Staat und Kirche beteiligt.

 

Porträtseite mit Ernst Troeltsch, in: Handbuch für die verfassunggebende preußische Landesversammlung, hg. von August Plate, Berlin 1919, S. 28
Porträtseite mit Ernst Troeltsch, in: Handbuch für die verfassunggebende preußische Landesversammlung, hg. von August Plate, Berlin 1919, S. 28

 

Breite Aufmerksamkeit erzielten seine von Februar 1919 bis zum November 1922 regelmäßig veröffentlichten „Spectator-Briefe“ und „Berliner Briefe“. Zusammen mit weiteren politischen Schriften und Reden, darunter im Beisein von Reichspräsident Friedrich Ebert der Festvortrag zur Jahresfeier der „Deutschen Hochschule für Politik“ über „Naturrecht und Humanität in der Weltpolitik“, bilden die „Spectator-Briefe“ eine feste Größe im Demokratiediskurs der ersten deutschen Republik.[48] So hat Thomas Mann nach eigenem Bekunden die Lektüre von Troeltschs Vortrag über „Naturrecht und Humanität in der Weltpolitik“ bewogen, seine „unpolitischen“ Vorbehalte gegen die vermeintlich den Deutschen kulturfremde Demokratie aufzugeben.[49] Troeltschs politische und zeitdiagnostische Kommentare zu nahezu allen Krisenerscheinungen in der Gründungsphase der Weimarer Republik vermitteln das Profil eines leidenschaftlichen liberalen Intellektuellen in dieser revolutionären Umbruchperiode.

Zwei Interpretationsstränge stechen in Troeltschs Einsatz für die Demokratie hervor, unter der zeitgeschichtlichen Prämisse, dass für industrielle „Großstaaten“ generell „der Siegeszug der Demokratie unaufhaltsam sei, weil sie der modernen Gesellschaft entspreche“.[50] Der erste Strang betrifft den Typus der Demokratie, dem für den deutschen Systemwandel die größten Erfolgschancen zugerechnet wurden. Troeltsch schulte sich zwar an Max Webers politischen Schriften, hielt Webers Kampf- und Konflikttheorie jedoch die handlungsorientierenden Leitideen von „Kompromiß“ und „Synthese“ entgegen. Die historische Lage erfordere, „die sozial gedachte und empfundene Demokratie aufzurichten als Heilmittel gegen die Klassenkämpfe von oben und von unten“. Denn wir „haben uns auf eine völlig neue Lage einzurichten, die durch die Idee des Völkerbundes nach außen und eine demokratisch-soziale Neuordnung nach innen allein gesichert werden kann, wenn aus Deutschland nicht ein immer neu aufrasender Vulkan des Elends und ein Herd der Bürgerkriege und ein endloser Sklavenaufstand gegen die Zwingherren werden soll“.[51]

In der Zeitenwende der Kriegsniederlage seien institutioneller Aufbau und ethische Verteidigung einer parlamentarisch verfassten Demokratie für Deutschland ohne Alternative. Stabile Koalitionen von Bürgertum und Sozialdemokratie und „Mittebildung“ zur Abwehr extremer Kräfte müssten als politische Tugenden mehr geschult werden als alles andere. Speziell für die Neuordnung Deutschlands habe „Demokratie“ zwei Kriterien zu erfüllen. Sie müsse „soziale Demokratie“ und gleichzeitig „konservative Demokratie“ sein. Mit „sozialer Demokratie“ forderte Troeltsch den Ausbau des sozialen Interventionsstaats, nicht zuletzt, um die Spaltung der Arbeiterschaft zu überwinden, und zugleich, um nach dem „Wegfall alter Gewalten und Autoritäten“ aus Militär, Beamtentum und Kirchenführungen der neuen Bedrohung durch den europäischen Rechtsextremismus zu begegnen. Denn mehr als der „Bolschewismus“ gefährde „das deutsche Faszistentum, bei uns Hakenkreuzer genannt“, mit seinen Netzwerken den Aufbau der Demokratie, erkannte Troeltsch als einer der Ersten schon Ende 1921.[52]

Mit der Forderung nach einer „konservativen Demokratie“ begab sich Ernst Troeltsch auf sein ureigenes Feld: die europäisch-amerikanische Kulturgeschichte. Er profilierte sich in der Öffentlichkeit mit der These, „die größte und gesundeste Demokratie der Welt, Nordamerika“, sei keine geschichtsvergessene Revolutionsgesellschaft, vielmehr als „Demokratie konservativ“ und somit für einen Transfer nach Deutschland besonders geeignet: „Sie behandelt insbesondere auf dem Gebiete der Sitte, des Glaubens, der geistigen Überlieferung ihre alten Besitztümer mit dem strengsten Gefühl für Kontinuität und eigene Geschichte.“[53] Als 1921 die global vergleichende Studie „Modern Democracies“ des britischen Historikers James Bryce mit eben diesen Argumenten erschien, fühlte sich Troeltsch in seinem Kampf um die Akzeptanz der Demokratie in den skeptischen bildungsbürgerlichen und kulturkonservativen Schichten nur zu bestätigt.[54]

Der zweite Diskursstrang verbindet die deutsche Demokratie mit der „Weltdemokratie“ unter den Bedingungen der globalen „angelsächsischen Weltherrschaft“.[55] Mit Troeltsch lässt sich recht präzise die Entstehung der Debatte um die „Westernisierung“ verfolgen, die nach Anselm Doering-Manteuffel den deutschen Weg nach Westen erst in der Folge des Zweiten Weltkriegs bestimmte.[56] Troeltsch überschrieb schon im Januar 1922 einen „Berliner Brief“ mit „Die Amerikanisierung Deutschlands“ und vermaß das weltpolitische Machtfeld: „Der eigentliche Sieger des Krieges ist der amerikanische Kapitalismus, eingehüllt in die demokratische Tugendideologie […]. Die Welt ist anders geworden als sie war, aber nicht pazifistisch, sozialistisch, brüderlich, zukunftsenthusiastisch, sondern angelsächsisch, völlig kapitalistisch und gefaßt auf neue imperialistische Weltkämpfe […]. Auf zehn Jahre wird es Frieden in der Welt auf dieser Grundlage geben. Das weitere muß die Zukunft zeigen.“[57] Das war sehr hellsichtig formuliert.

Die anhaltenden Debatten über Erosionen der Demokratie in der westlichen Welt im 21. Jahrhundert haben die Vergleichsdiskussionen zur Entstehung der ersten deutschen Demokratie in der Weimarer Republik wiederbelebt. Der Blick richtet sich dabei mit guten Gründen auch auf Ernst Troeltsch. Insbesondere Jens Hacke schlägt vor, die „Einsichten der Weimarer Denker“, namentlich die Soziologen Max und Alfred Weber, die Staatsrechtler Hans Kelsen und Hugo Preuß, den Nationalökonomen Moritz Julius Bonn oder den Kulturphilosophen Ernst Troeltsch, problemgeschichtlich mit heutigen Krisendiagnostiker*innen demokratischer Gesellschaftsordnungen zu vergleichen. Nicht um kurzschlüssige Strukturanalogien zu den „Freiheitsgraden“ (Christoph Möllers) unserer gegenwärtigen Lebenswelt sollte es dabei gehen, sondern vielmehr zeithistorisch reflektiert um die aktive Bewahrung des Wissens, wie beim Aufbau der Weimarer Republik „politische Denker Neuland betraten, als sie die damals egalitäre Massendemokratie und liberale Freiheitswerte zusammen dachten“.[58]

Hacke sieht Ernst Troeltsch unter den „prägenden politischen Stimmen in der Entstehungsphase der Weimarer Republik“ in einer Sonderrolle, weil er in seiner Publizistik Fragen ethischer Orientierung an demokratischen Freiheitswerten und individuellen Freiheitsräumen mit sozialgeschichtlichen Analysen zu Ideen- und Interessenpluralität und zu öffentlichem Konfliktaustrag systematisch verbunden habe. An Troeltsch ließen sich wie bei kaum jemand sonst die „Suchbewegungen“ demokratischen Ordnungsdenkens ablesen: die weitreichende Aneignung und partielle Abwehr des angelsächsischen Demokratiemodells, die Lernschritte zu einer koalitionsfähigen „Mittebildung“, um die Bedrohung der fragilen Demokratie durch den Links- und Rechtsextremismus abzuweisen, sowie der Umgang mit der politischen Erblast des Kaiserreichs und die unzureichende Entmachtung der Militär-, Beamten-, Adels- und Kircheneliten bei der Machtübernahme durch die liberal-demokratischen Eliten, denen sich Troeltsch selbst zurechnete.[59]

Im Jahr 2020 wurde eine geschichtswissenschaftliche Kontroverse um den Status der Demokratie in Deutschland, verbunden mit einer zum „Historikerstreit“ hochstilisierten Debatte, um das „Erbe“ des Deutschen Kaiserreichs mit Argumenten geführt, die sich mehr durch starke erkenntnisleitende Interessen als durch eine substantiell neue Quellenbasis auszeichneten. Jürgen Kocka brachte das Problem des deutschen Weges in die Moderne zwischen Obrigkeitsstaat und demokratischer Emanzipation treffend auf den Punkt:

„Man muss akzeptieren, dass der Staat des Kaiserreichs eben beides war: einerseits ein autoritärer Militär- und Beamtenstaat, der den alten Eliten viel Macht und Maßgeblichkeit beließ, Untertanen-Mentalität beförderte und aggressiven Nationalismus züchtete, bis in den großen Krieg hinein; und andererseits das Gehäuse für wirtschaftlichen Aufstieg und Überwindung der Armut, für raschen gesellschaftlichen und kulturellen Wandel, für Aufbruch und Emanzipation. Die neuere Forschung hat sehr viel Neues über den zweiten Aspekt herausgearbeitet und verliert dabei manchmal den ersten aus dem Blick. Dabei ist das konfliktreiche Zusammenspiel der beiden Seiten des Kaiserreichs aus heutiger Sicht das eigentlich Spannende. Sie standen nicht nur gegeneinander, sondern sie beförderten sich auch gegenseitig.“[60]

In der neueren Forschung werden Troeltschs Texte mit Gewinn zu Vergleich und Verflechtung europäischer Modernisierungspfade und hierbei zu Eigenarten eines deutschen Zugangs zur Demokratie geprüft. Denn „Demokratisierung“ hielt Troeltsch für einen Basisprozess der westlichen Moderne insgesamt: Auch Deutschland sei im Austausch mit England und Frankreich im 19. Jahrhundert „ganz selbstverständlich längst in die Demokratisierung eingetreten“, wenngleich durch die idealistische Philosophie Kants und Hegels, durch die lutherische Religion und durch eine gemeinschaftsbezogene Staatsidee in anderer Rahmung als der „individualistische“ Westen.[61] Herfried Münkler liest Troeltsch deshalb als impulsgebenden Ordnungsdenker der europäischen Kulturgeschichte und Vorläufer der großen Kontroversen der 1980er-Jahre um den Kommunitarismus: Troeltsch habe im Kern schon früh, nämlich in den Ideenkämpfen des Ersten Weltkriegs, einen „Einspruch des Kommunitarismus gegen den Kontraktualismus“ formuliert.[62] Die Kommunitarismusdebatte um den Vorrang der Gemeinschaft vor individuellen Interessen ist inzwischen selbst Geschichte.[63] Dagegen bleibt die Troeltsch-Frage nach den historischen Varianten moderner Demokratien und den korrespondierenden Ideen von „Freiheit“ für die Zeitgeschichte ungebrochen aktuell.

In einer umfassenden Studie mit dem Titel „The Crucible of German Democracy“ hat der Historiker Robert Norton den spezifisch deutschen Demokratiediskurs im Ersten Weltkrieg neu analysiert und Ernst Troeltsch als Speerspitze zielstrebiger demokratischer Reformen ins Zentrum gerückt. Norton entwickelt auf reichhaltiger Quellenbasis und in Zusammenführung der bisherigen Forschung die These, der historische Weg zur Demokratie sei für Troeltsch nicht nur „possible, but also inevitable. Democracy was not one single thing or the result of a single event, he insisted, but an accumulation of events and experiences over time that had contributed to an enormous, and ongoing, process of social transformation.“[64]

Nirgendwo ist bislang Troeltschs Bedeutung für die zeitgeschichtlichen Problemkonstellationen zwischen Kaiserreich und Weimarer Republik so ausführlich herausgestellt worden wie nun in Nortons Monografie. Sehr plastisch kommt Troeltschs intellektuelle Doppelrolle als Analytiker und als Akteur zur Geltung. Es gibt allerdings einen wichtigen Aspekt, den Nortons etwas sehr gradlinig geratene Erfolgsgeschichte der demokratischen Entwicklung Deutschlands zu wenig berücksichtigt. Spätestens seit dem erzwungenen Rücktritt von Reichskanzler Bethmann Hollweg im Sommer 1917 wendete sich der „Kulturkrieg“ nach innen und polarisierte die deutsche Gesellschaft. Der Demokratiediskurs, den Troeltsch als engagierter Verfechter eines „Verständigungsfriedens“, als führendes Mitglied im „Volksbund für Freiheit und Vaterland“ und schließlich als Listenführer der Berliner DDP mit forcierte, hatte zwangläufig seinen Anteil an dieser Polarisierung.

Neben den Kontroversen um die Einführung der Demokratie in Deutschland und den Forschungen zur frühen deutschen Westorientierung gibt es einen dritten Diskursstrang, in dem Troeltsch zeithistorisch zur Geltung kommt, und zwar in den Europadiskursen der Zeitgeschichte.

 

5. Europa neu denken

Im Vorkriegsjahr 1913, einem Jahr breiter Verunsicherungen und wachsender Krisenstimmung,[65] bilanzierte Troeltsch in einem seiner besten zeithistorischen Aufsätze das soeben vergangene „Neunzehnte Jahrhundert“, um über die „Grundzüge der modernen Kulturwelt“ aufzuklären.[66] Troeltschs Interesse konzentrierte sich auf die in vielfacher „Wechselwirkung“ verdichtete „Entwicklung des demokratisch-kapitalistisch-imperialistisch-technischen Jahrhunderts“ in einem plötzlich sich öffnenden „Welthorizont“, dazu auf die „Großstadt“ und ihre Förderung des modernen „Individualismus“.[67] Zeitdiagnostisch benannte Troeltsch hier mit Demokratisierung, kapitalistischer Industrialisierung, imperialistischer Machtpolitik, wissenschaftsbasierter Technik und Urbanisierung diejenigen Entwicklungslinien, die Christof Dipper für die Geschichte der Moderne als „Basisprozesse“ beschreibt.[68] Troeltsch sprach bereits in seinem Überblick über das „Neunzehnte Jahrhundert“ von 1913 alle diese „Basisprozesse“ an, um sie gegen Ende des Kriegs auf den „Aufbau der europäischen Kulturgeschichte“ zulaufen zu lassen. Diesen Titel verwandte Troeltsch erstmals für einen Vortrag im Mai 1918 vor dem „Bund deutscher Gelehrter und Künstler“ und setzte dann mit der schriftlich ausgearbeiteten Fassung den markanten Schlusspunkt zu seinem Hauptwerk „Der Historismus und seine Probleme“, das er, wie oben gezeigt, auf seine Idee von der „Kultursynthese des Europäertums“ hin ausrichtete.[69]

Damit reagierte er auf den erzwungenen Erfahrungswandel des Weltkriegs. Für einen europäisch orientierten Zeitdiagnostiker wie Troeltsch hielt dieser Erfahrungswandel primär die Lehre bereit, Europa neu denken und in einen veränderten „Welthorizont“ rücken zu müssen. In seiner Jahrhundertbilanz von 1913 hatte Troeltsch noch ganz von der weltbeherrschend imperialen Macht der europäischen Kultur her gedacht, in die er die USA einschloss, erweitert jedoch bereits durch die asiatischen Mächte Japan und China: Weltpolitisch „erstreben die wirtschaftlich herrschenden Völker die Verteilung des Erdballs, sei es im direkten Besitz, sei es in der Schaffung von gesicherten Einflußsphären“.[70] Seit 1918 sah sich Troeltsch mit der Herausforderung konfrontiert, das entmachtete Europa in der polarisierten Welt zwischen dem offensichtlichen amerikanischen „Weltregiment“ und dem schwer zu taxierenden Russland historisch neu vermessen zu müssen. Die „Einbeziehung Rußlands in den Europäismus“, in den Bereich der europäischen Kulturwerte, sei ungewiss, so seine Einschätzung. Ohne Zweifel jedoch müsse das sozialistische Nachkriegsrussland als eine der „großen Zukunftskräfte betrachtet werden“.[71]

In seiner eindringlichen Studie über Kriege als „gewaltsame Lehrer“ in der Neuzeit hat Dieter Langewiesche Troeltschs Analysepotenziale erkannt und ihn als Gewährsmann herangezogen für die Beschreibung der europäischen „Blockbildungen“ im neuen „Welthorizont“ der kapitalistischen Moderne. So habe der Erste Weltkrieg „in der Wahrnehmung der Beteiligten zu einem Entscheidungskampf zwischen konträren politischen Ordnungsmodellen“ geführt, „deren Trennlinie durch Europa verlief“.[72] Für Troeltsch war die neue welthistorische Blockbildung durch den „doppelten Internationalismus“ von Lenin und Wilson[73] und die dadurch erzwungene Neuausrichtung der Nationalstaaten ein hinzunehmendes Faktum global konkurrierender Zivilisationsordnungen. Umso notwendiger erschien es ihm, die innereuropäische Blockbildung zwischen deutsch-mitteleuropäischer und englischer Kulturtradition mit ihren vielfachen Verständigungsbarrieren durch eine tragfähige „europäische Kultursynthese“ zu überwinden. Darauf verwandte er seine gesamten Energien als Geschichtsphilosoph und Kulturhistoriker.

Der britische Soziologe und Philosoph Austin Harrington hat in seinem Buch „German Cosmopolitan Social Thought and the Idea of the West. Voices from Weimar“ (2016) eine Reihe linksliberaler Sozialwissenschaftler und Kulturphilosophen in ihrer Relevanz für aktuelle europahistorische Debatten neu zur Geltung gebracht: „Early twentieth-century German cosmopolitan social thought […] bears an epistemic interest for debate today about ‚Eurocentrism‘; a substantive interest for debate today about European national and supra-national political identities; and a diagnostic interest for debate about European ‚crisis‘ between the two World Wars“, so Harringtons Ausgangspunkt.[74]

Ernst Troeltsch ist als eine dieser „Stimmen“ ausführlich berücksichtigt, vor allem mit dem „Historismus“-Buch als „work with a significant contemporary interest“.[75] Als einer der „Baumeister“ [76]des Nachkriegseuropas wusste Troeltsch um die Gefahren eines intellektuellen Eurozentrismus, er nannte es „Europäerhochmut“. Universalgeschichte wie noch im 18. Jahrhundert als „Menschheitsgeschichte“ zu schreiben, hielt er im Zeitalter des Historismus nicht mehr für einlösbar, weil für andere „Kulturkreise“ das westliche Wissenschaftsideal nicht verbindlich sein müsse: „Ja, sogar die Gültigkeiten der Wissenschaft und der Logik scheinen unter verschiedenen Himmeln und auf verschiedenen Böden bis in den tiefsten und innersten Grund hinein starke individuelle Unterschiede zu zeigen.“[77]

Für Austin Harrington besitzt Troeltschs Konzept des „Europäismus“ und die „Selbstbegrenzung“[78] auf den europäisch-amerikanischen Kulturkreis die Funktion einer Selbstprovinzialisierung Europas: „German cosmopolitan social thought of the Weimar years decentres, relativizes or ‚provincializes‘ European consciousness from a location immanent to European intellectual history.“[79] Insofern geraten Europa-Konzepte wie bei Troeltsch zu Ordnungskonzepten kritischer und reflektierter Selbstprüfung: „They can become critical self-projections, by reflecting on their origins and comparing themselves with the projections of other civilizations and studying those other civilizations emphatically. When they do so, they cease to be Eurocentric in any malign sense.“[80]

Troeltschs Idee vom „Aufbau der europäischen Kulturgeschichte“, so lassen sich Harringtons Argumente zusammenfassen, ist von einem selbstbeschränkenden und heuristischen „Eurozentrismus“ geleitet, nicht von einem normativen und hegemonialen. In diesem Sinne variiert Troeltschs Europa-Semantik. Für sein oberstes Ziel, den „Kulturkrieg“ der verfeindeten Weltkriegsnationen in die „Kultursynthese“ eines völkerrechtlich befriedeten Nachkriegseuropa zu überführen, spricht er abwechselnd von „Europäertum“, sogar von „Europäismus“, oder er nutzt den Prozessbegriff der „Europäisierung“. Mit seiner changierenden Begrifflichkeit ist Ernst Troeltsch ein dankbares Objekt kritischer Europaforschung, wie sie Ulrike von Hirschhausen und Kiran Klaus Patel anregen.[81] Maßstäbe für die Gestaltung Europas nach den materiellen und ideellen Kriegsverwüstungen ließen sich für Troeltsch nur im Rückgriff auf eine kritisch reflektierte Verbindung von „Historismus“ und „Europäismus“ herstellen: „Wir sehen hier alles im Flusse des Werdens, in der endlosen und immer neuen Individualisierung, in der Bestimmtheit durch Vergangenes und in der Richtung auf unerkanntes Zukünftiges. Staat, Recht, Moral, Kunst sind in den Fluß des historischen Werdens aufgelöst und uns überall nur als Bestandteil geschichtlicher Entwicklungen verständlich.“[82]

Diese Charakterisierung wurde anschlussfähig. Troeltschs Historismus-Studien zählen besonders für Otto Gerhard Oexle zu den Gründungsschriften der modernen historischen Kulturwissenschaften: Sie beförderten im intellektuellen Wettstreit mit Max Weber oder Georg Simmel „eine neue Begründung von historischer Erkenntnis und eine neue geschichtswissenschaftliche Praxis, eine neue ‚Historische Kulturwissenschaft‘“.[83] Troeltschs historistisches Vertrauen, der Geschichte selbst Rezepte zur Heilung der Gegenwartskrisen entnehmen zu können, führte ihn, wie Oexle kritisch hinzufügt, zugleich in ein „Dilemma“. Mit der kulturgeschichtlichen Verortung des Historismus als eines der „bedeutsamsten, konstitutiven Kennzeichen der Moderne überhaupt“[84] habe Troeltsch unbestreitbar neue Denkwege eröffnet. Anderseits habe er in Frontstellung gegen das Konstruieren von Geschichte aus Problemstellungen der Gegenwart, so wie es Max Weber lehrte, auf einem Geschichtsrealismus bestanden, in der die Vergangenheit weiterhin Macht über die Gegenwart behalte. Man müsse sie nur für die gegenwärtigen Synthesebedürfnisse richtig lesen können.

Troeltschs Dilemma bestehe nun darin, das Eigenrecht des historischen Materials, das „Vetorecht der Quellen“, wie Reinhart Koselleck es später nannte, zu stark zu machen gegenüber dem „Standort“ des Historikers in seiner Gegenwart, wie ihn Max Weber für den konstruktiven Charakter der historischen Erkenntnis so deutlich hervorhob. In diesem – bis zum heutigen Umgang mit „Geschichte“ immer neu auftretenden – Dilemma öffne sich eine Schere zwischen Geschichte als „Forschung“ und als „Bildung“. Mit seinem Konzept des Historismus stehe Troeltsch in einer Tradition, die „Geschichte“ nicht als Hypothesenwissenschaft in reine Forschungsarbeit auflöst, sondern ihren kulturellen Bildungs- und Gedächtniswert bewahren will.

Damit habe Troeltsch die deutschsprachige wie die internationale Historiografie- und Ideengeschichte in unterschiedliche Richtungen inspiriert.[85] Otto Gerhard Oexle selbst rät, mit den Instrumenten der Vergleichs- und Verflechtungsforschung „den Historismus als konstitutives Phänomen der Moderne, wie schon Troeltsch es forderte, als gesamteuropäisches Phänomen zu begreifen“, die „verschiedenen nationalen Profile innerhalb dieses gesamteuropäischen Historismus vergleichend zu beobachten“ und schließlich „zu zeigen, warum der ‚Historismus‘ mit den von ihm ausgelösten ‚Problemen‘ gerade in Deutschland eine so große, vielleicht sogar unvergleichlich große Rolle gespielt hat“.[86]

Hier ist die transfergeschichtlich verfahrende Intellectual History angesprochen, die inzwischen für die Zeitgeschichte erheblich an Bedeutung gewonnen hat. In diesem Rahmen gibt es einschlägige Forschungen zu „Historismus“ als einem transnational zwischen Wissenskulturen und Disziplinen zirkulierenden „travelling concept“ (Mieke Bal), in dem auch Troeltsch als klassische Referenz gegenwärtig ist.[87]

 

6. Kulturtransfer: Der Umgang mit Troeltsch in West- und Osteuropa

Historische Transferforschung bietet der Zeitgeschichte eine Reihe innovativer Erkenntnisperspektiven. Für das, was wir heute unter den Begriff des „Kulturtransfers“ fassen,[88] prägte Troeltsch seinerzeit den Terminus „Kultursynthese“. Am Umgang mit einer literarischen Autorität wie Ernst Troeltsch lassen sich einschlägige Muster des „interkulturellen Transfers“ im Europa der unmittelbaren Nachkriegszeit und während des mühsamen Neustarts der internationalen Gelehrten-Kommunikation gut ablesen. Dazu dienen die folgenden Beispiele zu Großbritannien einerseits und zu den osteuropäischen Staaten andererseits. Sie sind etwas detaillierter darzustellen, weil für die empirische Transferforschung „der Vorgang des Austauschs als solcher, nicht bloß dessen Endergebnis in Form von Bildern oder Vorstellungen“ vorrangig interessiert.[89]

Nach Albert Einstein, der als erster deutscher Wissenschaftler im Juni 1921 in England Vorlesungen in Manchester und London hielt, war Troeltsch der zweite deutsche Gelehrte, der eine Einladung zu Vorträgen in Großbritannien bekam. Die britischen Universitäten verhielten sich unterschiedlich. Die Universität Cambridge lehnte ihn als nationalistischen Kulturkämpfer ab, während die Universität Oxford sich von seinem kulturgeschichtlichen Denken grundlegendere Impulse versprach.[90] Auf Vermittlung des österreichisch-britischen Theologen Friedrich von Hügel, der engagiert die modernistische Reformbewegung im europäischen Katholizismus unterstützte, erhielt Troeltsch Einladungen zu fünf Vorträgen in London, Oxford und Edinburgh für den März 1923. Troeltsch starb jedoch einen guten Monat vor Antritt der Reise, nachdem er die Vorträge ausgearbeitet und zur Übersetzung an von Hügel geschickt hatte. Die britischen Gastgeber, das Londoner King’s College und das Student Christian Movement, die Universität Oxford, das New College in Edinburgh und die London Society for the Study of Religion, gestalteten die Veranstaltungen als Trauerfeiern, bei denen Troeltschs Vorträge verlesen wurden.[91]

Was Troeltsch dem britischen Publikum präsentieren wollte, waren als Erträge seiner Lebensarbeit die Prinzipien seines Religions- und Geschichtsdenkens sowie wesentliche Linien seiner Europa-Idee. Überliefert sind seine fünf Vorträge sowohl in einer englischen als auch in einer deutschen Version. Bereits 1923 erschien die englischsprachige Buchfassung unter dem Titel „Christian Thought. Its History and Application“. Die deutsche Ausgabe erschien erst 1924 unter dem Titel „Der Historismus und seine Überwindung“.[92] Allein die Buchtitel weisen auf die Dynamiken eines Kulturtransfers hin. Der englische Titel ist um den Begriff der Religion, der deutsche Titel ist um den Begriff der Geschichte zentriert, orientiert an den jeweiligen Lesemärkten und an der intellektuellen Rezeptionserwartung.

Deutlicher als in seinem Hauptwerk „Der Historismus und seine Probleme“ zeichnete Troeltsch in seinen Vorträgen ein neuzeitliches Europabild der Gegensätze und Spannungen. Als größte Ambivalenz und für ein britisches Publikum noch provokativer als für ein deutsches machte er die Dauerspannung zwischen dem kulturellen Leitwert persönlicher Freiheit, der „Idee der Individualität des Europäertums“ bzw. der „europäische[n] Idee der Persönlichkeit“[93] und der neuzeitlichen Praxis von gesteigertem Nationalismus und entgrenztem Imperialismus aus: „Erst diese unter sich kämpfende Welt souveräner, monistisch konstruierter Staaten brach zugleich erfolgreich in die Weite unseres Planeten hinaus und eröffnete die koloniale Unterwerfung des Planeten unter die europäische Herrschaft, damit den engen Zusammenhang von Politik und Wirtschaft, von Machtpolitik, Bevölkerungssteigerung und Weltausbeutung, der uns heute selbstverständlich ist.“[94] „Heute“, das meinte bei der Niederschrift der Vorträge Ende 1922 das Europa in seinen globalen Herrschaftsansprüchen sowohl vor wie bereits wieder unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg.

Generell die Weltkonflikte zu lösen, dazu hielt sich Troeltsch nicht für kompetent. Er konzentrierte sich darauf, die historischen Möglichkeiten einer „Kultursynthese des Europäertums“ als neue Balance von Nationalstaat und Europäisierung am Beispiel von Großbritannien durchzuspielen. In der britischen Geschichte identifizierte er eine kulturelle Praxis, über die Deutschland nicht verfügte: eine Kultur des „Kompromisses“ „von Naturalismus und Idealismus, von praktischen Notwendigkeiten irdischen Menschenlebens und idealen Zielen des geistigen Lebens“. Dabei sei doch „das Wesen der ganzen Geschichte Kompromiß“. In Deutschland dagegen gelte „der Kompromiß als das Verächtlichste und Gewöhnlichste, was der Denker begehen kann. Man fordert den Radikalismus des Entweder-Oder.“[95]

Hier bündeln sich Troeltschs Erfahrungen und Kommentare der deutschen Revolutionsjahre. Sein publizistisches Engagement für gesellschaftliche Pluralisierung und politische „Mittebildung“ zur Institutionalisierung einer demokratischen Ordnung war in den Weimarer Kulturkämpfen von rechts wie links heftig attackiert worden. Die zitierten Passagen zu einem integrationsfähigen „Europäertum“ durch die Ethik des Kompromisses finden sich am Ende von Troeltschs Vortrag „Politik, Patriotismus, Religion“. Die folgenden Schlussabsätze sind bezeichnenderweise in der deutschen Ausgabe fortgelassen, darunter das für eine Transfergeschichte aufschlussreiche Bekenntnis: „It is thus easier for me to confess my adhesion to the principle of compromise here than in my own country.“[96]

Troeltschs zeitgeschichtliche Verknüpfung von europäischem Integrations- und demokratischem Ordnungsdenken blieb im Feld der aufkommenden Europa-Diskurse nach dem Ersten Weltkrieg[97] eine profilierte Minderheitenposition. In England war von einer „sad story“ die Rede, weil die britischen Religionsintellektuellen stärker an ihren innertheologischen Kontroversen als an kulturhistorischen Neuansätzen zu Europas Vergangenheit und Zukunft interessiert waren. Immerhin wurde Troeltschs englische Fassung 1957 noch einmal aufgelegt.[98] In Deutschland bot Troeltsch dem verunsicherten Bürgertum eine Alternative zum autoritären, demokratiefeindlichen Ordnungsdenken, wie es im Laufe der 1920er-Jahre dominant wurde. Er repräsentierte und motivierte eine linksbürgerliche Minderheit.

Eines ist bemerkenswert. Für die Intellectual History Europas im 20. Jahrhundert ist Troeltsch stets nur in Richtung „Westen“ untersucht worden. Transfergeschichtlich lohnt aber auch ein Blick nach Osten, erst recht nach den geschichtspolitischen Konfrontationen seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Troeltschs Rang und Ruf als führender Geschichtsphilosoph und theoretisch versierter Ideenhistoriker führte in den ost-mitteleuropäischen Staaten zu Auseinandersetzungen mit seinem Werk, die bislang nicht bekannt sind. Troeltsch-Bezüge und Verweise finden sich in der Zwischenkriegszeit in ganz Ost- und Ostmitteleuropa – und auch heute wieder, wenn etwa ein Unterkapitel des „Historismus“-Buches unlängst ins Litauische übersetzt und in der „Klassiker“-Sektion der Zeitschrift „Lietuvos istorijos studijos“ (Studien zur litauischen Geschichte) publiziert worden ist.[99]

In der Sowjetunion, Ungarn, der Tschechoslowakei und Polen wurde Troeltschs „Historismus“-Buch gründlich studiert und als eine der intellektuell anspruchsvollsten Verbindungen von Geschichtserkenntnis und Geschichtspolitik für die kulturelle Traditionsbildung und das nation building in den Folgen des Versailler Vertrags diskutiert. Die signifikanten Mischungen aus Aneignung und Abwehr, die dabei auftraten, seien hier in ihren wichtigsten Punkten skizziert.[100]

Im Jahr 1994 wurde das „Historismus“-Buch vollständig in russischer Übersetzung publiziert. Die Herausgeberin Lidija Mil’skaja empfahl zu diesem Anlass, Werke wie den „Historismus“ zu lesen, „um uns besser klar zu machen, dass es eine europäische Geschichtsphilosophie, Kultur und Politik gibt, und wie all dies unseren Problemen, unserer Auffassung der Aufgabe des Tages entspricht“.[101] Während jedoch in den neueren russischen Debatten nach Auflösung der Sowjetunion mit Troeltsch die Möglichkeiten interkulturellen Verstehens ausgelotet werden,[102] ging das zeitgenössische sowjetische Interesse an Troeltsch in eine ganz andere Richtung. In der frühen Sowjetunion geriet das „Historismus“-Buch in das Kreuzfeuer einer Geschichtswissenschaft, die sich ab Ende der 1920er-Jahre zunehmend stalinisierte.[103] Die Transfergeschichte von „Der Historismus und seine Probleme“ ist ein Indikator dafür, wie sich die sowjetmarxistische Geschichtskultur in ihrer Aufbauphase gezielt über eine Auseinandersetzung mit westlichen „bürgerlichen“ Geschichtsdenkern zu profilieren suchte.

Im „Kampf an der historischen Front“ wurde die „Krise des Historismus“, die Troeltsch diagnostiziert hatte, als generelle Krise des bürgerlichen Geschichtsdenkens gedeutet. Diese Krise legitimierte im Gegenzug die Lehren des historischen Materialismus als spezifischen „sowjetischen Historismus“. Troeltschs „Kultursynthese“ wurde entsprechend gelesen als bürgerliche Herrschaftssicherung im Medium des Geschichtsdenkens. Vom sowjetmarxistischen Standpunkt aus sei der „alte Plunder“ bürgerlicher Geschichtskultur zu überwinden, so der sowjetische Historiker Aleksandr D’jakonov (1873-1943). Bei Troeltsch nunmehr eine derart gründliche Rechtfertigung und Vitalisierung zu finden, zeige, „dass der Kampf weitergeht, und dass der Krieg und die Revolution die Gelehrten vom Typ Troeltschs […] wenig gelehrt haben“.[104]

War Ernst Troeltsch in der Sowjetunion ein willkommenes Beispiel für den Irrweg des bürgerlichen Geschichtsdenkens, wurde er in Ungarn ganz anders verhandelt. Hier waren die Folgen der Kriegsniederlage – Zusammenbruch der Habsburger Monarchie, eine episodenhafte Räterepublik (1919) nach bolschewistischem Muster mit anschließender Gegenrevolution, schließlich der für Ungarn mit riesigen territorialen und Bevölkerungsverlusten verbundene Friedensvertrag von Trianon (1920) – gleichfalls turbulent. Und auch hier stimulierte die Erfahrung radikaler Umbrüche den Import neuer Ideen. Starken Einfluss gewann im Zeichen des Neuanfangs eine neue idealistische Geschichtsauffassung, die „szellemtörténet“ („Geistesgeschichte“).[105]

Wichtige Impulse entnahm man dabei neben Wilhelm Dilthey und dem südwestdeutschen Neukantianismus um Heinrich Rickert der deutschen Historismus-Diskussion mit ihrem Protagonisten Troeltsch. In der Genealogie des „geistesgeschichtlichen Gesichtspunktes“, wie sie für die ungarische Traditionsbildung nach 1918 konstruiert wurde, nahm Troeltsch einen führenden Platz ein. Als Hauptvermittler wirkte der Geschichtsphilosoph Tibor Joó (1901-1945), der sich in seinem Bemühen um den Aufbau einer idealistischen ungarischen Geschichtskultur intensiv mit dem „Historismus“-Buch auseinandersetzte.[106] Zwar lehnte Joó Troeltschs „aktivistische“, auf die praktische Gestaltung der Gegenwart abzielende Geschichtsphilosophie ab. Dennoch operierte er mit Troeltschs geschichtsphilosophischen Denkfiguren und Begriffen in seiner idealistischen Interpretation der ungarischen Geschichte, mit denen er sich seinerseits als praktischer Geschichtsdenker und „Baumeister“ einer nationalen ungarischen Geschichtskultur profilierte.

Im Polen der Zwischenkriegszeit schließlich war Troeltsch keinesfalls so unbekannt, wie Andrzej Przyłębski annahm, als er 2006 einen Band mit Troeltschs Schriften für die Poznańska Biblioteka Niemiecka übersetzte und herausgab.[107] Troeltsch war sowohl für den katholischen Philosophen Konstanty Michalski (1879-1947), der sich mit den Problemen des Historismus auseinandersetzte, als auch für den geschichtsphilosophisch orientierten Europahistoriker Oskar Halecki (1891-1973) sowie den Geschichtstheoretiker Marceli Handelsman (1882-1945) eine Referenz.[108] Die polnischen Historiker Halecki und Handelsman waren ihrerseits Protagonisten einer internationalen Neuordnungsdebatte nach 1918.

Angesichts der neuen „Vielfalt des Raumes“[109] und der Entstehung neuer Staaten nach dem Zusammenbruch der europäischen Imperien am Ende des Weltkriegs gewann die Frage nach der intellektuellen Neuvermessung des historischen Raumes im östlichen Europa zunehmende Bedeutung und lenkte das Interesse auch auf Ernst Troeltsch. In der auf den internationalen Historikerkongressen ausgetragenen Debatte um Begriff und Gegenstand der osteuropäischen Geschichte avancierte der tschechische Historiker und Byzantinist Jaroslav Bidlo (1868-1937) zu einem „partisan de la ‚Kulturkreistheorie‘ de Troeltsch“.[110] Indem Bidlo sein eigenes Periodisierungsangebot an Troeltschs geschichtstheoretische Überlegungen zur Abgrenzung und inneren Strukturierung des „europäisch-amerikanischen Kulturkreises“ anlehnte, wurde Troeltsch Teil der lebhaften „Halecki-Bidlo-Handelsman-Debatte“.[111]
 

Notizbuch aus dem Nachlass Jaroslav Werstadts mit einer tschechischen Übersetzung des Inhaltsverzeichnisses von „Der Historismus und seine Probleme“, Masaryk-Institut und Archiv der Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik, Archiv der AW, Prag, Fond Jaroslav Werstadt mit freundlicher Genehmigung
Notizbuch aus dem Nachlass Jaroslav Werstadts mit einer tschechischen Übersetzung des Inhaltsverzeichnisses von „Der Historismus und seine Probleme“, Masaryk-Institut und Archiv der Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik, Archiv der AW, Prag, Fond Jaroslav Werstadt mit freundlicher Genehmigung

 

Bidlos Orientierung an Troeltsch verleitete den Osteuropahistoriker Helmut Neubauer in einer späteren Schrift zur Selbstvergewisserung des eigenen Fachs gar zu der Feststellung: „War es noch zur Zeit Rankes eine Selbstverständlichkeit, die Geschichte Europas als Geschichte der romanischen und germanischen Völker zu begreifen, so regte Troeltsch eine neue Gliederung an, als er dem abendländischen Kulturkreis einen byzantinisch-ostslavischen an die Seite stellte.“[112] Zwar ist dies ein Missverständnis, denn Troeltsch sprach keinesfalls von einem eigenen „byzantinisch-ostslavischen Kulturkreis“, aber richtig ist, dass er über Bidlos Vermittlung keinen geringen Anteil an einer der einschlägigsten Debatten zu Begriff und Gegenstand der osteuropäischen Geschichte hatte.

Bidlo war nicht der einzige Tscheche, der sich intensiv mit Troeltsch auseinandersetzte. Im Gegenteil – in der Tschechoslowakei der Zwischenkriegszeit waren Troeltsch und sein „Historismus“-Buch nach Aussage des tschechischen Historikers Jan Slavík (1885-1978) gar „zu einer Autorität“[113] geworden, wie etwa die zahlreichen Notizen und Rezensionen im traditionsreichen Český časopis historický (ČČH) (Tschechische historische Zeitschrift) unter Beweis stellen.[114] Den nachhaltigsten Eindruck scheint Troeltsch auf den Historiker Jaroslav Werstadt (1888-1970) gemacht zu haben. Dieser veröffentlichte 1934 nicht nur eine Auswahlübersetzung einiger Schriften Troeltschs,[115] sondern eignete sich auch dessen Begriffsapparat an. Gezielt übernahm er von Troeltsch den Begriff der „Kultursynthese“ in seinem Versuch, die unterschiedlichen Positionen im berühmten „Streit um den Sinn der tschechischen Geschichte“ miteinander zukunftsweisend zu versöhnen.[116]

In Rumänien schließlich wurde Troeltsch nach dem Umbruch von 1918 und der Schaffung „Großrumäniens“ zumeist von jüngeren Intellektuellen rezipiert, die sich der Frage einer neuen kulturellen Selbstverortung Rumäniens in europäischer und universalgeschichtlicher Perspektive stellten. Auf den Spuren Troeltschs lässt sich zeigen, dass dabei der Begriff des „istorism“ zur Chiffre für die deutsche „romantische“ Ideenwelt wurde, die in ihrem Gegensatz zur „französisch-aufklärerisch-rationalistischen“ Kulturauffassung für die Orientierung der rumänischen Kultur nach 1918 neu zu verhandeln war. Der Kulturphilosoph und Troeltsch-Leser Tudor Vianu (1898-1964) sah vor allem die Gefahren einer partikularistisch-historischen Kulturauffassung und wollte die Opposition von „Historismus und Rationalismus“ über einen für die rumänische Kultur zukunftsweisenden „kulturellen Aktivismus“ überwinden.[117] Doch auch der junge Philosoph und Essayist Emil Cioran (1911-1995), der später in Frankreich berühmt wurde, sowie der Soziologe Ștefan Zeletin (1892-1934), der vielleicht brillanteste Analytiker und Verfechter einer sozialen und ökonomischen Modernisierung Rumäniens, setzten sich über Troeltsch mit dem Historismus auseinander.[118]

Entlang von Ernst Troeltsch lassen sich nach 1918 einige charakteristische Muster des europäischen Kulturtransfers gut verfolgen. Immer ging es um das Umschreiben von Geschichte in den Aufbaudiskursen neuer politischer Ordnungen und hier um die Verortung des Nationalstaats in der europäischen Geschichte. Troeltsch selbst richtete sich mit seinem Konzept der „europäischen Kultursynthese“ nach Westen, um vor allem den Deutschen eine Brücke zur Demokratie zu bauen. Gründlich ausgewertet wurden Troeltsch und sein Hauptwerk zum Historismus aber auch im Osten. Als führender Repräsentant des modernen deutschen Geschichtsdenkens wurde er hier zum Stichwortgeber für das eigene historische nation building.

 

7. Schlussbemerkung

Für die Aneignung der Zeitgeschichte werden typologisch drei „Zugänge“ unterschieden: die Primärerfahrung der Zeitzeug*innen im Horizont ihrer eigenen Lebenswelt, das kommunikative Gedächtnis von rivalisierenden Erinnerungsmilieus, schließlich die wissenschaftliche Forschung und Reflexion nach kognitiven Standards und Diskurskriterien der „Scientific Community“.[119] An Ernst Troeltsch lassen sich die Spannungen und Wechselwirkungen zwischen diesen drei Zugriffen auf geradezu klassische Weise studieren. Seine lebensweltlichen Erfahrungen fielen in die Epoche der großen „Kulturschwelle um 1900“ mit der Ausbildung moderner Massengesellschaften, der Pluralisierung von Weltbildern und der Verwissenschaftlichung des Denkens über den Menschen.[120] Die revolutionären Umbrüche nach 1918, die Troeltsch als Teil dieser großen Transformationen verstand, forderten seine zeitdiagnostische Urteilskraft auf besondere Weise heraus.

Hohe internationale Reputation erzielte er als Experte für die europäischen Religionskulturen und für die Geschichte des Geschichtsdenkens. An seinen Thesen zu den Prinzipien der Geschichtserkenntnis und zu den Problemen des Historismus arbeiteten sich die Intellektuellen in West- wie in Ostmitteleuropa intensiv ab, wenn auch auf recht unterschiedliche Weise. Troeltschs Ideen zum „Aufbau der europäischen Kulturgeschichte“ verbinden Geschichte und Politik. Die Zeitenwende von 1918 erzwang für ihn geradezu die erinnerungspolitische Neuvermessung von Geschichte. Nachdem durch den Weltkrieg „eine große Periode der europäischen Welt, die der imperialistisch-kapitalistischen, souveränen und bureaukratischen Großstaaten tief erschüttert“ sei, so Troeltsch, erfordere die neue Weltlage die Transformation zu einem demokratisch fundierten „Europäismus“.[121]

Hans Günter Hockerts sieht in einem derartigen „Gebrauch der Geschichte“ einen „wichtige[n] Teil der Selbstverständigung pluralistisch verfaßter Gesellschaften und mithin ein Lebenselixier der Demokratie“.[122] Das erklärt, warum Troeltschs zeitdiagnostische Verbindungen von Geschichts-, Europa- und Demokratiediskurs trotz ihrer Zeitgebundenheit in unsere gegenwärtigen Krisendebatten einbezogen werden. Zeithistoriker wie Jens Hacke oder Alexander Gallus lenken den Blick gezielt auf die intellektuellen Aufbrüche der frühen Weimarer Republik. Für Gallus kann Troeltsch vor allem deshalb als „Kronzeuge“ einer Problemgeschichte der Neuordnung Deutschlands und Europas gelten, weil seine scharfe zeithistorische Beobachtung die Ambivalenzen der Umbruchprozesse nach 1918 besser erkennen lasse als heutige Reduktionen auf „Hitlers Herrschaft“ einerseits oder auf den „Jubel eines überhöhten Demokratiebegründungsnarrativs“[123] andererseits.

Kritische Troeltsch-Lektüre leitet dazu an, für eine Geschichte der deutschen Demokratie in Europa die Potenziale des Aufbruchs und die Kräfte der Zerstörung von vornherein zusammenzudenken. Und sie macht auf klassische Weise sensibel für die Aufgabe jeder Epoche, im Licht ihrer veränderten Probleme Geschichte jeweils neu zu durchdenken und „umzuschreiben“, wie es bei Reinhart Koselleck heißt. Troeltsch nannte es „die souveräne Kraft der Umschmelzung, Vereinfachung, Vertiefung und Neubelebung des historischen Besitzes“.[124]

 

Anmerkungen

  1. Ernst Troeltsch, Rück- und Umblick (Februar 1919), in: ders., Spectator-Briefe und Berliner Briefe (1919-1922), hg. von Gangolf Hübinger in Zusammenarbeit mit Nikolai Wehrs (Ernst Troeltsch, Kritische Gesamtausgabe, hg. v. Friedrich Wilhelm Graf und Gangolf Hübinger; 14), Berlin 2015, S. 56.
  2. Zu den drei „Kulturschwellen“ der Moderne um 1800, um 1900 und gegen Ende des 20. Jahrhunderts vgl. Christof Dipper, Moderne, Version: 2.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 17.01.2018, http://docupedia.de/zg/Dipper_moderne_v2_de_2018 [01.08.2022]; zu Troeltsch als Denker der Moderne, in seinem weiten Themenspektrum verglichen mit Georg Simmel, Ferdinand Tönnies, Werner Sombart und Max Weber, jüngst Christopher Adair-Toteff, Ernst Troeltsch and the Spirit of Modern Culture. A Social-Political Investigation, Berlin 2021.
  3. Ernst Troeltsch, Kritische Gesamtausgabe (KGA), in 27 Bänden hg. von Friedrich Wilhelm Graf und Gangolf Hübinger, Berlin 1998ff. Solche kritischen Gesamtausgaben, wie sie für Georg Simmel und Max Weber bereits vorliegen und für Hannah Arendt aktuell in Bearbeitung sind, bieten mit ihren Einleitungen, Kommentaren und Verzeichnissen einen der besten Anknüpfungspunkte, sich die Klassiker der Moderne in ihren zeitgeschichtlichen Kontexten und Problemlagen zu erschließen.
  4. Vgl. zuletzt ausführlich Robert E. Norton, The Crucible of German Democracy. Ernst Troeltsch and the First World War, Tübingen 2021; Jens Hacke, Existenzkrise der Demokratie. Zur politischen Theorie des Liberalismus in der Zwischenkriegszeit, Frankfurt a.M. 2018. 
  5. Vgl. Gangolf Hübinger, Ernst Troeltsch und die politische Kulturgeschichte Europas, in: ders., Engagierte Beobachter der Moderne. Von Max Weber bis Ralf Dahrendorf, Göttingen 2016, S. 130-166; ders., Über die Aufgaben des Historikers, in: ebd., S. 233-271, bes. S. 247-250.
  6. Christoph Cornelißen, Europa im 20. Jahrhundert (Neue Fischer Weltgeschichte; 7), Frankfurt a.M. 2020, Schlussabschnitt „Europadiskurse und Erinnerungskulturen“, S. 572-581.
  7. Jörn Leonhard, Der überforderte Frieden. Versailles und die Welt 1918-1923, München 2018, Einleitung: „‚Die ganze Welt wird anders‘: Vergangenheit und Zukunft am Ende des Krieges“, S. 11-29, Zitate S. 20, 29.
  8. Dazu Hans Joas, Zur Aktualität Ernst Troeltschs, in: Akademie Aktuell. Zeitschrift der Bayerischen Akademie der Wissenschaften Nr. 1 (2015), S. 24f., online unter https://badw.de/fileadmin/pub/akademieAktuell/2015/52/0115_05_Joas_V04.pdf [01.08.2022].
  9. Vgl. hierzu die unten in Anm. 19 und 20 angegebene Literatur.
  10. Ernst Troeltsch, Meine Bücher, in: ders., Ausätze zur Geistesgeschichte und Religionssoziologie (Gesammelte Schriften IV), hg. von Hans Baron, Tübingen 1925 (Neudruck Aalen 1966), S. 3-18, Zitat S. 7. Eine Troeltsch-Biografie nach Standards moderner historischer Biografieforschung wird im Jahr 2022 von Friedrich Wilhelm Graf erscheinen. Veraltet ist inzwischen: Hans-Georg Drescher, Ernst Troeltsch. Leben und Werk, Göttingen 1991. In eine Anthologie deutscher Historiker wurde Troeltsch aufgenommen in Würdigung „kunstvoller Verknüpfung von religionssoziologischen, kulturgeschichtlichen und verfassungspolitischen Betrachtungsweisen“ und porträtiert von: Gustav Schmidt, Ernst Troeltsch, in: Deutsche Historiker, hg. von Hans-Ulrich Wehler, Bd. 3, Göttingen 1972, S. 91-108, Zitat S. 91.
  11. Kritisch ediert und kommentiert jetzt vorliegend in: Ernst Troeltsch, Die Soziallehren der christlichen Kirchen und Gruppen (1912), hg. von Friedrich Wilhelm Graf in Zusammenarbeit mit Daphne Bielefeld u.a. (KGA; 9.1-3), Berlin 2021.
  12. Vgl. M. Rainer Lepsius, Kulturliberalismus, Kulturprotestantismus und Kulturfeminismus. Das Max-Weber-Haus in Heidelberg, Ziegelhäuser Landstr. 17, in: ders., Max Weber und seine Kreise, Tübingen 2016, S. 159-209, zu Troeltsch S. 195-199; generell Friedrich Wilhelm Graf, Fachmenschenfreundschaft. Studien zu Troeltsch und Weber, Berlin 2014; Stefan Breuer, Von der Fachmenschenfreundschaft zur Fachmenschengegnerschaft: Max Weber und Ernst Troeltsch, in: ders., Max Weber in seiner Zeit, Wiesbaden 2022, S. 409-438.
  13. Vgl. Norton, The Crucible of German Democracy, bes. Kapitel 4 „The Ideas of 1914“ und Kapitel 5 „German Freedom“; ferner Steffen Bruendel, Volksgemeinschaft oder Volksstaat. Die „Ideen von 1914“ und die Neuordnung Deutschlands im Ersten Weltkrieg, Berlin 2003. 
  14. Ernst Troeltsch, Deutsche Zukunft (Sammlung von Schriften zur Zeitgeschichte; 19), Berlin 1916.
  15. Vgl. Bruendel, Volksgemeinschaft oder Volksstaat.
  16. Hans Joas, So denkt man historisch! Die „Spectator-Briefe“ des Theologen Ernst Troeltsch und eine Biografie des Historikers Otto Hintze präsentieren zwei brillante deutsche Intellektuelle, in: Zeit, Nr. 48, 17.11.2016, S. 50. 
  17. Die Vorträge sind Deutsch und Englisch ediert und kommentiert in: Ernst Troeltsch, Fünf Vorträge zu Religion und Geschichtsphilosophie für England und Schottland. Der Historismus und seine Überwindung (1924) / Christian Thought. Its History and Application (1923), hg. von Gangolf Hübinger in Zusammenarbeit mit Andreas Terwey (KGA; 17), Berlin 2006.
  18. Dirk Blasius, Weimars Ende. Bürgerkrieg und Politik 1930-1933, Göttingen 2005, S. 17.
  19. Christopher Adair-Toteff (Hrsg.), The Anthem Companion to Ernst Troeltsch, London 2018; Troeltsch-Studien, begründet und hg. von Horst Renz und Friedrich Wilhelm Graf, Bd. 1 Gütersloh 1982, seit 2006 als Neue Folge hg. von Reiner Anselm, Jörg Dierken, Friedrich Wilhelm Graf und Georg Pfleiderer.
  20. Vgl. mit einschlägigen Bezügen zu Ernst Troeltsch: Friedrich Wilhelm Graf, Die Wiederkehr der Götter. Religion in der modernen Kultur, München 2007; ders., Der heilige Zeitgeist. Studien zur Ideengeschichte der protestantischen Theologie in der Weimarer Republik, Tübingen 2011. 
  21. Lutz Raphael, Klassiker der modernen Geschichtswissenschaft: Hintergründe einer Auswahl, in: ders. (Hrsg.), Klassiker der Geschichtswissenschaft, 2 Bde., München 2006, Band 1, S. 7-19, hier S. 12-16. 
  22. Ernst Troeltsch, Der Historismus und seine Probleme. Erstes Buch: Das logische Problem der Geschichtsphilosophie (Gesammelte Schriften, Dritter Band, 1922), hg. von Friedrich Wilhelm Graf in Zusammenarbeit mit Matthias Schloßberger, Berlin 2008 (KGA; 16). 
  23. Vorwort, ebd., S. 164.
  24. Ebd., „Kapitel I. Über das Wiedererwachen der Geschichtsphilosophie“, Zitat S. 186. Vgl. generell Matthias Schloßberger, Geschichtsphilosophie, Berlin 2013, speziell zu Troeltsch S. 16 und 192-198.
  25. Troeltsch, Der Historismus und seine Probleme (KGA; 16,1), S. 281.
  26. Ebd., „Kapitel II. Über Maßstäbe zur Beurteilung historischer Dinge und ihr Verhältnis zu einem gegenwärtigen Kulturideal“, Zitat S. 363. 
  27. Zitate ebd., S. 362. 
  28. Ebd., S. 363.
  29. Vgl. Reinhard Laube, Karl Mannheim und die Krise des Historismus. Historismus als wissenssoziologischer Perspektivismus, Göttingen 2004.
  30. Troeltsch, Historismus und seine Probleme (KGA; 16.1), S. 163.
  31. Ebd., „Kapitel III. Über den historischen Entwicklungsbegriff und die Universalgeschichte“, Zitat S. 962.
  32. Zitate ebd., S. 355, 851.
  33. Vgl. ausführlicher Hübinger, Ernst Troeltsch und die politische Kulturgeschichte Europas, bes. S. 152-155.
  34. Troeltsch, Historismus und seine Probleme (KGA; 16), „Kapitel IV: Über den Aufbau der europäischen Kulturgeschichte“, Zitat S. 1030.
  35. Ernst Troeltsch, Meine Bücher, in: ders., Aufsätze zur Geistesgeschichte und Religionsphilosophie, hg. von Hans Baron, Tübingen 1925 (Gesammelte Schriften; 4), S. 3-18, hier S. 14. 
  36. Troeltsch, Historismus und seine Probleme (KGA; 16,2), S. 1028.
  37. Vgl. Adam Paulsen, Reconstruction or Decline? The Concept of Europe and its Political Implications in the Works of Ernst Troeltsch and Oswald Spengler, in: Lars K. Bruun/Karl Christian Lammers/Gert Sørensen (Hrsg.), European Self-Reflection between Politics and Religion. The Crisis of Europe in the Twentieth Century, Basingstoke, London 2013, S. 58-79; ders., Overvindelsen af Første Verdenskrig. Historiepolitik hos Ernst Troeltsch, Oswald Spengler og Thomas Mann [Die Überwindung des Ersten Weltkriegs. Geschichtspolitik bei Ernst Troeltsch, Oswald Spengler und Thomas Mann], Kopenhagen 2014.
  38. Troeltsch, Historismus und seine Probleme (KGA; 16,2), S. 1028.
  39. Ebd., Zitate S. 1043.
  40. Reinhart Koselleck, Erfahrungswandel und Methodenwechsel (1988), in: ders., Zeitschichten. Studien zur Historik, Frankfurt a.M. 2000, S. 27-77.
  41. Ebd., S. 36-53.
  42. Peter Tietze, Kosellecks reflektierter Historismus, in: [Manfred Hettling]/Wolfgang Schieder (Hrsg.), Reinhart Koselleck als Historiker. Zu den Bedingungen möglicher Geschichten, Göttingen 2021, S. 302-346.
  43. Vgl. Manfred Hettling/Wolfgang Schieder, Theorie des historisch Möglichen. Zur Historik von Reinhart Koselleck, in: dies. (Hrsg.), Reinhart Koselleck als Historiker, S. 9-60, Zitate S. 45.
  44. Hartmut Ruddies, Gelehrtenpolitik und Historismusverständnis. Über die Formierung der Geschichtsphilosophie Ernst Troeltschs im Ersten Weltkrieg, in: Friedrich Wilhelm Graf (Hrsg.), Ernst Troeltschs „Historismus“, Gütersloh 2000, S. 135-163, hier S. 137.
  45. Jörn Leonhard, Der überforderte Frieden, S. 69-91; bereits ders., Die Büchse der Pandora. Geschichte des Ersten Weltkriegs, München 2014, Kapitel VI.3, „Lenin und Wilson: Doppelter Internationalismus als revolutionärer Bürgerkrieg und demokratische Intervention“, S. 651-661.
  46. Vgl. Riccardo Bavaj/Martina Steber (Hrsg.), Germany and ‚the West‘. The History of a Modern Concept, New York/Oxford 2015; zu Troeltschs Einsatz für die „Wiedereingliederung Deutschlands in die westliche Staaten- und Kulturgemeinschaft“ und die gleichzeitige „politische Debatte um die Revision des Versailler Vertrages“ vgl. Nikolai Wehrs, Ernst Troeltschs politische Auslandskontakte nach 1918, in: Friedrich Wilhelm Graf/Edith Hanke/Barbara Picht (Hrsg.), Geschichte intellektuell. Theoriegeschichtliche Perspektiven, Tübingen 2015, S. 487-509, hier S. 488.
  47. Vgl. Ruddies, Gelehrtenpolitik, S. 136.
  48. Vgl. neben Troeltsch, Spectator-Briefe und Berliner Briefe (KGA; 14), auch Ernst Troeltsch, Schriften zur Politik und Kulturphilosophie (1918-1923), hg. von Gangolf Hübinger in Zusammenarbeit mit Johannes Mikuteit, Berlin 2002 (KGA; 15), der Vortrag „Naturrecht und Humanität in der Weltpolitik“ eingeleitet und kommentiert ebd., S. 477-512. 
  49. Vgl. Troeltsch, Schriften zur Politik (KGA; 15), S. 28f.
  50. Ausführlich entwickelt im Artikel „Demokratie“ vom August 1919, ursprünglich ein Vortrag vor dem „Demokratischen Studentenbund Berlin“, in: Troeltsch, Schriften zur Politik (KGA; 15), S. 211-224, Zitat S. 218.
  51. Zitate ebd., S. 220, 216f.
  52. Ernst Troeltsch, Auf dem Weg zur neuen Mitte [November 1921] (KGA; 14), S. 454-466, Zitat S. 456.
  53. Troeltsch, Demokratie (KGA; 15), S. 221f.
  54. James Bryce, Modern Democracies, 2 Bde., New York 1921; 1923 wurde eine deutsche Ausgabe, übersetzt und herausgegeben von Karl Loewenstein und Albrecht Mendelssohn Bartholdy, in den Diskurs um die Weimarer Demokratie eingespeist, James Bryce, Moderne Demokratien, 3 Bde., München 1923.
  55. Ernst Troeltsch, Das Weltsystem der Entente [November 1920)] (KGA; 14), S. 343-350, hier S. 343.
  56. Anselm Doering-Manteuffel, Amerikanisierung und Westernisierung, Version: 2.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 19.08.2019, http://docupedia.de/zg/Doering-Manteuffel_amerikanisierung_v2_de_2019 [[01.08.2022].
  57. Ernst Troeltsch, Die Amerikanisierung Deutschlands [Januar 1922] (KGA; 14), S. 479-490, Zitat S. 84.
  58. Jens Hacke, Liberale Demokratie in schwierigen Zeiten. Weimar und die Gegenwart, Hamburg 2021, hier S. 24, 11-13.
  59. Ders., Existenzkrise der Demokratie, zu Troeltsch hier besonders das Unterkapitel „Startbedingungen für die Demokratie“, S. 69-77.
  60. Yves Müller, „... immerhin hat dieser Nationalstaat die tiefsten Brüche und 150 Jahre überlebt.“ Ein Interview mit dem Historiker Jürgen Kocka über das „weite Feld“ des deutschen Kaiserreichs und Preußens, in: Zeitgeschichte-online, April 2021, https://zeitgeschichte-online.de/interview/immerhin-hat-dieser-nationalstaat-die-tiefsten-brueche-und-150-jahre-ueberlebt [01.08.2022]. Kocka nimmt hier Stellung zu einer Historikerkontroverse, in der sich insbesondere Hedwig Richter und Eckart Conze gegenüberstanden, vgl. Hedwig Richter, Demokratie. Eine deutsche Affäre, München 2020; dies., Aufbruch in die Moderne. Reform und Massenpolitisierung im Kaiserreich, Berlin 2021; Eckart Conze, Schatten des Kaiserreichs. Die Reichsgründung von 1871 und ihr schwieriges Erbe, München 2020.
  61. Die Deutsche Freiheit. Fünf Vorträge, hg. vom Bund deutscher Gelehrter und Künstler, Gotha 1917, darin Ernst Troeltsch, Der Ansturm der westlichen Demokratie, S. 79-113, Zitat S. 109, online unter https://archive.org/details/diedeutschefreiheitfunfvortrage_201911/mode/2up [01.08.2022]. 
  62. Herfried Münkler, Der große Krieg. Die Welt 1914-1918, Berlin 2013, hier S. 264.
  63. Weiterführend: Walter Reese-Schäfer (Hrsg.), Handbuch Kommunitarismus, Wiesbaden 2018.
  64. Norton, The Crucible of German Democracy, S. 5.
  65. Vgl. Florian Illies, 1913. Der Sommer des Jahrhunderts, Frankfurt a.M. 2012; dazu Gangolf Hübinger, Max Weber. Stationen und Impulse einer intellektuellen Biographie, Tübingen 2019, Kapitel 3, „Das Jahr 1913 im Zeitalter neuer Wissensordnungen“, S. 59-72.
  66. Ernst Troeltsch, Das Neunzehnte Jahrhundert [1913], in: ders., Aufsätze zur Geistesgeschichte und Religionssoziologie, hg. von Hans Baron, Tübingen 1925 (Gesammelte Schriften, Bd. 4), S. 614-649.
  67. Zitate ebd., S. 641, 614, 633.
  68. Dipper, Moderne, Abschnitt „Methodische Anforderungen: Basisprozesse und Ordnungsmuster“.
  69. Vgl. oben, Kapitel 2.
  70. Troeltsch, Das Neunzehnte Jahrhundert, S. 633; zu „Welthorizont“ bei Troeltsch vgl. ausführlicher die Einleitung von Gangolf Hübinger zu den „Spectator-Briefen und Berliner Briefen“ (KGA; 14), besonders S. 12-15.
  71. Troeltsch, Der Historismus und seine Probleme (KGA; 16), Kapitel IV.2, „Der Europäismus“, S. 1020-1048, hier S. 1046f.
  72. Dieter Langewiesche, Der gewaltsame Lehrer. Europas Kriege in der Moderne, München 2019, S. 128, und mit Bezug auf Troeltsch S. 142f.
  73. Leonhard, Die Büchse der Pandora, S. 651-661.
  74. Austin Harrington, German Cosmopolitan Social Thought and the Idea of the West. Voices from Weimar, Cambridge 2016, S. 35.
  75. Ebd., S. 245. Eine kritischere Einschätzung bei Joanne Miyang Cho, The Crisis of Historicism and Troeltsch’s Europeanism, in: History of European Ideas 21 (1995), H. 2, S. 195-207; dies., The German Debate over Civilization. Troeltsch’s Europeanism and Jasper’s Cosmopolitanism, in: History of European Ideas 25 (1999), H. 6, S. 305-319. Kein Beitrag zu Troeltsch findet sich in Heinz Duchhardt/Małgorzata Morawiec/Wolfgang Schmale/Winfried Schulze (Hrsg.), Europa-Historiker. Ein biographisches Handbuch, 3 Bände, Göttingen 2006-2007. 
  76. Susan Rößner, Die Geschichte Europas schreiben. Europäische Historiker und ihr Europabild im 20. Jahrhundert, Frankfurt a.M./New York 2009, S. 15. 
  77. Ernst Troeltsch, Die Stellung des Christentums unter den Weltreligionen (KGA; 17), S. 114.
  78. Vgl. auch Friedrich Wilhelm Graf/Hartmut Ruddies, Ernst Troeltsch. Geschichtsphilosophie in praktischer Absicht, in: Josef Speck (Hrsg.), Grundprobleme der großen Philosophen. Philosophie der Neuzeit IV, Göttingen 2001, S. 128-164, Zitat S. 145.
  79. Harrington, German Cosmopolitan Social Thought, S. 5.
  80. Ders., Concepts of Europe in Classical Social Theory: Themes in the Work of Ernst Troeltsch and his Contemporaries and their Status for Recent Conceptions of Modernity in Europe, EUI Working Papers SPS Nr. 2003/15, San Domenico 2003, S. 17, online unter https://cadmus.eui.eu/bitstream/handle/1814/1362/sps2003-15.pdf;sequence=1 [01.08.2022].
  81. Ulrike von Hirschhausen/Kiran Klaus Patel, Europäisierung, Version: 1.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 29.11.2010, http://docupedia.de/zg/hirschhausen_patel_europaeisierung_v1_de_2010 [01.08.2022].
  82. Ernst Troeltsch, Die Krisis des Historismus (1922), in: ders., Schriften zur Politik und Kulturphilosophie (1918-1923), hg. von Gangolf Hübinger in Zusammenarbeit mit Johannes Mikuteit, Berlin 2002 (KGA; 15), S. 437-455, hier S. 437.
  83. Otto Gerhard Oexle, Troeltschs Dilemma, in: Friedrich Wilhelm Graf (Hrsg.), Ernst Troeltschs „Historismus“, Gütersloh 2000, S. 23-64, Zitat S. 29.
  84. Otto Gerhard Oexle, Einleitung, in: ders., Geschichtswissenschaft im Zeichen des Historismus. Studien zu Problemgeschichten der Moderne, Göttingen 1996, S. 9-15, hier S. 11, online unter https://digi20.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb00045805_00001.html [01.08.2022].
  85. Besonders: Otto Gerhard Oexle, Krise des Historismus – Krise der Wirklichkeit. Eine Problemgeschichte der Moderne, in: ders. (Hrsg.), Krise des Historismus – Krise der Wirklichkeit. Wissenschaft, Kunst und Literatur 1880-1932, Göttingen 2007, S. 11-116. Unter den neueren Publikationen, die Troeltschs Topos von der „Krise des Historismus“ übernehmen, vgl. Liisi Keedus, The Crisis of German Historicism. The Early Political Thought of Hannah Arendt and Leo Strauss, Cambridge 2015, und Herman Paul, A Collapse of Trust. Reconceptualizing the Crisis of Historicism, in: Journal of the Philosophy of History 2 (2008), H. 1, S. 63-82.
  86. Otto Gerhard Oexle, Troeltschs Dilemma, alle Zitate S. 28f.
  87. Herman Paul/Adriaan van Veldhuizen, Introduction: Historicism as a Travelling Concept, in: dies. (Hrsg.), Historicism. A Travelling Concept, London 2020, S. 1-12, hier S. 5.
  88. Vgl. Matthias Middell, Kulturtransfer, Transferts culturels, Version: 1.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 28.01.2016, URL: http://docupedia.de/zg/middell_kulturtransfer_v1_de_2016 [01.08.2022].
  89. So die Begründung bei Rudolf Muhs/Johannes Paulmann/Willibald Steinmetz, Einleitung, in: dies. (Hrsg.), Aneignung und Abwehr. Interkultureller Transfer zwischen Deutschland und Großbritannien im 19. Jahrhundert, Bodenheim 1998, Einleitung, S. 7-17, hier S. 8. 
  90. Vgl. mit ausführlichen Bezügen zu Troeltsch: Peter Hoeres, Krieg der Philosophen. Die deutsche und die britische Philosophie im Ersten Weltkrieg, Paderborn 2004; ferner Mark D. Chapman, The „sad story“ of Ernst Troeltsch’s Proposed British Lectures of 1923, in: Zeitschrift für neuere Theologiegeschichte 1 (1994), S. 97-122.
  91. Vgl. ausführlich Einleitung und editorischen Bericht zu Ernst Troeltsch, Fünf Vorträge (KGA; 17).
  92. Zum Vergleich von deutscher Vorlage und englischer Übersetzung sind in KGA; 17 beide Fassungen ediert. 
  93. Ernst Troeltsch, Die Stellung des Christentums unter den Weltreligionen (KGA; 17), S. 114.
  94. Ebd., S. 122f.
  95. Zitate Ernst Troeltsch, Politik, Patriotismus, Religion (KGA; 17), S. 132.
  96. Ebd., S. 203.
  97. Vgl. knapp Cornelißen, Europa im 20. Jahrhundert, S. 145-147.
  98. Zum Vorstehenden detailliert: Chapman, The „sad story“.
  99. Ernst Troeltsch, Formalioji istorijos logika [Die formale Geschichtslogik], übersetzt von Vytautas Volungevičius, in: Lietuvos istorijos studijos 46 (2020), S. 100-125, online unter https://www.journals.vu.lt/lietuvos-istorijos-studijos/article/view/22255</ [01.08.2022].
  100. Zum Thema „Ernst Troeltsch und Osteuropa“ verfasst der Mitautor Johannes Bent derzeit eine Dissertation im Rahmen des ERC-Projekts „Between the Times. Embattled Temporalities and Political Imagination in Inter-war Europe“, https://betweenthetimes.tlu.ee/en/people/ [01.08.2022].
  101. Lidija Mil’skaja, Ėrnst Trël'č i problemy filosofii istorii [Ernst Troeltsch und die Probleme der Geschichtsphilosophie], in: Ėrnst Trël'č, Istorizm i ego problemy. Logičeskaja problema filosofii istorii [Ernst Troeltsch, Der Historismus und seine Probleme. Das logische Problem der Geschichtsphilosophie], hg. von Lidija Mil’skaja u.a., Moskau 1994, S. 667-690, Zitat S. 669.
  102. Vgl. Nikolaj A. Chrenov, Monologizm orientalistskogo diskursa. Vklad L. N. Gumileva v gumanitarnuju nauku [Der Monologismus des Orientalismus-Diskurses. Der Beitrag L. N. Gumilevs zu den Geisteswissenschaften], in: ders. (Hrsg.), Dialog civilizacij v ėpochu stanovlenija global'noj kul'tury [Der Dialog der Zivilisationen in der Epoche der Entstehung einer globalen Kultur], Moskau 2012, S. 265-293.
  103. Zum Kontext s. etwa John Barber, Soviet Historians in Crisis, 1928-1932, New York 1981.
  104. Aleksandr P. D’jakonov, Krizis istoričeskich teorij na Zapade v izobraženii nemeckogo istorika [Die Krise der Geschichtstheorien im Westen in der Darstellung eines deutschen Historikers], in: Sbornik obščestva istoričeskich, filosofskich i social'nych nauk pri Permskom universitete 3 (1929), S. 289-338, Zitat S. 332.
  105. Zum ungarischen Geschichtsdenken allgemein s. Steven Béla Várdy, Clio’s Art in Hungary and in Hungarian America, New York 1985.
  106. Tibor Joó, A történetfilozófia feladata és Ernst Troeltsch elmélete [Die Aufgabe der Geschichtsphilosophie und die Theorie Ernst Troeltschs], Szeged 1931, online unter https://mtda.hu/books/joo_tibor_a_tortenetfilozofia_feladatai_Optimized.pdf [01.08.2022]. Zu Joó s. Tamás Gusztáv Filep, Joó Tibor. A szellemtörténet és a magyar nemzeteszme [Tibor Joó. Die Geistesgeschichte und die ungarische Nationalidee], Budapest 2019.
  107. Andrzej Przyłębski, Sylwetka, znaczenie i dorobek intelektualny Ernsta Troeltscha. Wprowadzenie do lektury jego pism wybranych [Die Gestalt, Bedeutung und das intellektuelle Werk Ernst Troeltschs. Einführung in die Lektüre seiner ausgewählten Schriften], in: Ernst Troeltsch: Religia, Kultura, Filozofia. Wybór pism [Ernst Troeltsch: Religion, Kultur, Philosophie. Ausgewählte Schriften], hg. von Andrzej Przyłębski, Poznań 2006, S. 7-43.
  108. Konstanty Michalski, Zagadnienia współczesnej filozofji dziejów [Probleme der gegenwärtigen Geschichtsphilosophie], in: Przegląd Współczesny 10 (1931), S. 161-180; Oskar Halecki, Kulturgeschichte und Geschichtsphilosophie (1938), in: Wirtschaft und Kultur. Festschrift zum 70. Geburtstag von Alfons Dopsch, Frankfurt a.M. 1966, S. 684-696; Marceli Handelsman. Najnowsze tendencje nauki historycznej [Die neuesten Tendenzen in der Geschichtswissenschaft], in: Przegląd Warszawski 5 (1925), S. 27-35.
  109. Vgl. Hans Lemberg, Mitteleuropa und Osteuropa. Politische Konzeptionen im Spiegel der Historikerdiskussion der Zwischenkriegszeit, in: Richard G. Plaschka u.a. (Hrsg.), Mitteleuropa-Konzeptionen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, Wien 1995, S. 213-220, Zitat S. 214f.
  110. József Perényi, L’Est Européen dans une synthèse d’histoire universelle, in: Nouvelles études historiques, publiées à l’occasion du XIIe Congrès International des Sciences Historiques par la Commission Nationale des Historiens Hongrois, 2 Bde., Budapest 1965, 2. Band, S. 379-405, Zitat S. 383.
  111. S. Jaroslav Bidlo, Ce qu’est l’histoire de l’Orient européen, quelle en est l’importance et quelles furent ses étapes, in: Bulletin d’information des sciences historiques en Europe Orientale 6 (1934), S. 11-73. Zur Debatte s. Piotr S. Wandycz, East European History and its Meaning. The Halecki-Bidlo-Handelsman Debate, in: Jonás Pál u.a. (Hrsg.), Király Béla emlékkönyv. Háború és társadalom. War and Society. Guerre et société. Krieg und Gesellschaft, Budapest 1992, S. 308-321.
  112. Helmut Neubauer, Osteuropäische Geschichte. Anmerkungen zum Gegenstand eines jungen Faches in Heidelberg, in: Heidelberger Jahrbücher XIV, hg. von der Universitäts-Gesellschaft Heidelberg, Berlin u.a. 1970, S. 144-156, Zitat auf S. 149.
  113. Jan Slavík, Dějiny a přítomnost. Víra v Rakousko a věda historická [Geschichte und Gegenwart. Der Glaube an Österreich und die Geschichtswissenschaft] (1931), in: Miloš Havelka (Hrsg.), Spor o smysl českých dějin 1895-1938 [Der Streit um den Sinn der tschechischen Geschichte 1895-1938], S. 622-672, Zitat S. 622.
  114. S. etwa František Bauer, Troeltschovo úsilí o překonání historismu novou filosofií dějin [Troeltschs Versuch einer Überwindung des Historismus mit einer neuen Geschichtsphilosophie], in: Český časopis historický (ČČH) 41 (1935), S. 473-513; Julius Glücklich, Rezension zu: Ernst Troeltsch: Naturrecht und Humanität in der Weltpolitik, Berlin 1923, in: ČČH 29 (1923), S. 238-245.
  115. Ernst Troeltsch, Z dějin evropského ducha [Aus der Geschichte des europäischen Geistes], hg. u. übers. von Jaroslav Werstadt, Prag 1934.
  116. Vgl. Jaroslav Werstadt, O filosofii českých dějin. Úkol a povaha moderní filosofie dějin [Über die Philosophie der tschechischen Geschichte. Aufgabe und Wesen der modernen Geschichtsphilosophie], in: První sjezd československých historiků 1937, Prag 1937, S. 43-62.
  117. Tudor Vianu, Raţionalism şi istorism [Rationalismus und Historismus] (1938), in: ders., Opere, Bd. 8, hg. v. Gelu Ionescu u.a., Bukarest 1979, S. 5-50, zu Troeltsch S. 10, 28.
  118. Emil Cioran, Vom Historismus zur Metaphysik (1932), in: ders., Apologie der Barbarei. Frühe Aufsätze 1932-1941, hg. v. Martin Bertleff, übers. v. Erwin Hellmann, Wien/Leipzig 2016, S. 12-16, zu Troeltsch S. 12; Ștefan Zeletin, Romantismul german și cultura critică română [Die deutsche Romantik und die rumänische kritische Kultur], in: ders., Burghezia română. Originea și rolul ei istoric (1925)/ Neoliberalismul. Studii asupra istorii și politicii burgheziei moderne (1927) [Das rumänische Bürgertum. Sein Ursprung und seine historische Rolle/ Neoliberalismus. Studien zur Geschichte und Politik des modernen Bürgertums], hg. von Cristian Preda, Bukarest 1997, S. 316-334, zu Troeltsch S. 318f.
  119. Vgl. Hans Günter Hockerts, Zugänge zur Zeitgeschichte: Primärerfahrung, Erinnerungskultur, Geschichtswissenschaft, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 28 (2001), S. 15-30, online unter https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/26154/zugaenge-zur-zeitgeschichte-primaererfahrung-erinnerungskultur-geschichtswissenschaft/ [01.08.2022].
  120. Vgl. die Einführung: Hübinger, Max Weber. Stationen und Impulse, S. 1-6.
  121. Troeltsch, Der Historismus und seine Probleme (KGA; 16,2), Zitate S. 143.
  122. Hockerts, Zugänge zur Zeitgeschichte, S. 22.
  123. Alexander Gallus, Revolutionäre Aufbrüche und intellektuelle Sehnsüchte. Zwischen Weimarer Republik und Bundesrepublik, Hamburg 2021, hier S. 38-40.
  124. Troeltsch, Der Historismus und seine Probleme (KGA; 16,2), S. 1043.

     

Empfohlene Literatur zum Thema

Bayerische Akademie der Wissenschaften, Der harte Stoff der sozialen Wirklichkeit. 150 Jahre Ernst Troeltsch, Themenheft Akademie Aktuell. Zeitschrift der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 52 (2015) H. 1

Stefan Breuer, Von der Fachmenschenfreundschaft zur Fachmenschengegnerschaft. Max Weber und Ernst Troeltsch, in: Stefan Breuer, Max Weber in seiner Zeit, Wiesbaden 2022, S. 409-438

Friedrich Wilhelm Graf, Fachmenschenfreundschaft. Studien zu Troeltsch und Weber, Berlin 2014

Jens Hacke, Existenzkrise der Demokratie. Zur politischen Theorie des Liberalismus in der Zwischenkriegszeit, Frankfurt a.M. 2018

Gangolf Hübinger, Ernst Troeltsch und die politische Kulturgeschichte Europas, in: Gangolf Hübinger, Engagierte Beobachter der Moderne. Von Max Weber bis Ralf Dahrendorf, Göttingen 2016, S. 130-166

Robert E. Norton, The Crucible of German Democracy. Ernst Troeltsch and the First World War, Tübingen 2021

Ernst Troeltsch, Spectator-Briefe und Berliner Briefe (1919-1922) (KGA 14), Berlin 2015

Ernst Troeltsch, Der Historismus und seine Probleme. Erstes Buch: Das logische Problem der Geschichtsphilosophie (KGA 16), Berlin 2008

 

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