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Zeithistorische Forschung Potsdam e.V.

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Ralf Ahrens

Unternehmensgeschichte

Version: 2.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 23.09.2019
https://docupedia.de//zg/Ahrens_unternehmensgeschichte_v2_de_2019

DOI: https://dx.doi.org/10.14765/zzf.dok-1704

Artikelbild: Unternehmensgeschichte

Foto: Ian Britton, Office Building, 15.9.2010, Whitley, Reading, England, Flickr (CC BY-NC 2.0)

Am Schnittpunkt zwischen Wirtschafts- und „allgemeiner“ Geschichte situiert Ralf Ahrens die Unternehmen als zentrale Akteure der modernen Geschichte: Sie dominieren Wertschöpfung und ökonomisch-technischen Strukturwandel, sie prägen geografische wie gesellschaftliche Räume, sie beeinflussen kulturelle Wahrnehmungsmuster – und nicht zuletzt auch die Politik. In seinem Beitrag präsentiert Ahrens theoretische Rahmungen der Unternehmensgeschichte genauso wie ihre Institutionalisierung, ihre aktuellen Schwerpunkte und ihre Anschlussmöglichkeiten für andere Bereiche der zeithistorischen Forschung.
Unternehmensgeschichte

von Ralf Ahrens


Unternehmen gehören zu den wichtigsten Akteuren der modernen Geschichte: Sie bilden die Basiseinheiten volkswirtschaftlicher Wertschöpfung, sind sowohl Schrittmacher als auch Objekte ökonomischen und technischen Strukturwandels, fungieren als Arbeitgeber für einen großen Teil der Bevölkerung, bilden als arbeitsteilige Organisationen soziale Hierarchien aus und sind Schauplatz materieller Verteilungskonflikte, prägen geografische und gesellschaftliche Räume ebenso wie kulturelle Wahrnehmungsmuster, und nicht zuletzt üben sie politischen Einfluss aus. Es gibt also nicht nur für Wirtschafts- und Unternehmenshistoriker/innen gute Gründe, sich für Unternehmensgeschichte zu interessieren.[1]

Die inhaltliche und methodische Breite, die diese Subdisziplin mittlerweile erreicht hat, kann hier nicht annähernd abgebildet werden.[2] Stattdessen fokussiert der Beitrag vor allem ihren Standort zwischen Wirtschafts- und „allgemeiner“ Geschichte. Dazu werden zunächst einige Grundfragen der theoretischen Diskussion über den Forschungsgegenstand „Unternehmen“ angeschnitten, um danach knapp die Institutionalisierung des Fachs in der deutschen Wissenschaftslandschaft zu skizzieren. Abschließend soll auf aktuelle inhaltliche Schwerpunkte der Forschung, thematische Perspektiven und ihre Anschlussmöglichkeiten an andere historische Forschungsbereiche hingewiesen werden. Wo dabei auf einzelne Unternehmensgeschichten verwiesen wird, verstehen diese sich nur als ausgewählte Beispiele. Der Schwerpunkt liegt schon aus Platzgründen auf der deutschen Unternehmenshistoriografie, und hier vor allem auf der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts – in dem Bewusstsein, dass damit höchst differenzierte internationale Forschungslandschaften ausgeblendet bleiben.[3]


 

Zwischen Geschichte und Ökonomie

Das Spannungsverhältnis zwischen Geschichts- und Wirtschaftswissenschaften, zwischen induktiver und deduktiver Herangehensweise ist für die wissenschaftliche Unternehmensgeschichte seit ihren Anfängen charakteristisch.[4] Wie in der Wirtschaftsgeschichte insgesamt verweist dies auf das interdisziplinäre Potenzial des Fachs, aber auch auf methodische und theoretische Probleme. Unternehmen sind „gleichermaßen ökonomisch-funktionale und soziale Organisationen“: Sie produzieren Güter und Dienstleistungen für Märkte, sie tun dies auf arbeitsteilige Weise in einer funktional differenzierten Gesellschaft, und beide Dimensionen sind eng miteinander verknüpft.[5] Dabei unterliegen Unternehmen jedoch seit ihrer allmählichen Ausbildung in der frühen Neuzeit und vor allem seit der Entstehung des modernen kapitalistischen Großbetriebs in der Industrialisierung einem permanenten historischen Wandel, der sich mit dem Instrumentarium der systematischen Wirtschaftswissenschaften nur begrenzt erfassen lässt.

Das gilt auch für das häufig als Analyserahmen herangezogene Theorienset der „Neuen Institutionenökonomik“. Institutionenökonomisch betrachtet, dienen Unternehmen der Senkung von Transaktionskosten; darunter werden Kosten zusammengefasst, die beim Austausch von Gütern und Produktionsfaktoren auf Märkten anfallen, weil Informationen gesammelt, Vertragsverhandlungen durchgeführt und Leistungserbringungen überwacht werden müssen. Unternehmen können solche Kosten vermindern, indem sie einen Teil der Transaktionen nicht auf Märkten durchführen, sondern sie in die Hierarchie des eigenen Betriebs verlagern – also eigenen Beschäftigten und eigenen Produktionsstätten überantworten, die zu entsprechenden Leistungen verpflichtet werden. Dadurch drohen aber wiederum neue Kosten, weil Kapitaleigner/innen, Manager/innen und andere Beschäftigte jeweils unterschiedliche Interessen verfolgen und dafür Informationsvorsprünge einsetzen. Ein Unternehmen lässt sich daher auch als System von Verträgen interpretieren, in dem mittels Arbeitsverträgen, Bonusregelungen, Satzungen etc. die Folgen ungleicher Informationsverteilung reduziert werden sollen.[6]

Das institutionenökonomische Paradigma bietet zugleich Möglichkeiten, das traditionelle, insbesondere von Joseph Schumpeter geprägte Bild des Unternehmers als „kreativer Innovator“[7] in die Theorie des Unternehmens zu integrieren: Unternehmer/innen sind Spezialisten für die kosteneffiziente Zusammenführung von Informationen und bringen diese Schlüsselqualifikation sowohl in der Organisation des Unternehmens als auch in der Nutzung sozialer Netzwerke zur Geltung.[8] Die Konzentration auf prominente Unternehmerfiguren hat gerade in der deutschen Geschichtsschreibung eine starke Tradition.[9] Eine theoretisch reflektierte Unternehmergeschichte muss nicht unbedingt als klassische Biografie angelegt sein, sondern kann die sozialen und politischen Aspekte unternehmerischen Handelns hinreichend erfassen[10] und gleichzeitig die unreflektierte Überhöhung ihrer „Helden“ vermeiden. Sie ist dennoch zu unterscheiden von der Unternehmenshistoriografie als Untersuchung arbeitsteiliger Organisationen, in denen sich Entscheidungen erst aus der mehr oder minder konflikthaften Interaktion von Eigentümern, Beschäftigten auf verschiedenen Hierarchieebenen und anderen Beteiligten ergeben.[11]


 

Patriarch im Kontext: Alfred-Krupp-Denkmal in Essen mit der Krupp'schen Konsumanstalt im Hintergrund, Ansichtskarte vor 1888. Quelle: [https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Alfred-Krupp-Denkmal,_Konsumanstalt_Krupp1.JPG Wikimedia Commons], gemeinfrei
Patriarch im Kontext: Alfred-Krupp-Denkmal in Essen mit der Krupp'schen Konsumanstalt im Hintergrund, Ansichtskarte vor 1888. Quelle: Wikimedia Commons, gemeinfrei


 

Institutionenökonomische Ansätze können den Bedarf an Unternehmen und Unternehmern erklären, aber nur begrenzt deren konkrete Entwicklung; sie müssen historische Kontingenz ausblenden, können Akteursverhalten nur als Ausdruck ökonomischer Rationalität verarbeiten und sind grundsätzlich auf Generalisierung angelegt. In der historischen Realität aber ist jedes Unternehmen ein Einzelfall, dessen Scheitern oder Überleben am Markt sich nicht hinreichend aus Transaktionskostenmodellen ableiten lässt.[12] Überdies tendiert auch dieses vergleichsweise realistische Paradigma dazu, politische und soziale Dimensionen des Wirtschaftens zu vernachlässigen. Dennoch ist aus dem wirtschaftswissenschaftlichen Theorienspektrum gerade der institutionenökonomische Zugang nützlich, weil er in der Forschungspraxis nicht nur an andere wirtschaftswissenschaftliche Theoriestränge anschlussfähig ist, sondern auch prinzipiell offen für eine Erweiterung um Konzepte wie Mikropolitik, Unternehmenskultur oder Corporate Governance,[13] auf die weiter unten zurückzukommen ist.

Einen allgemeinen Theorieansatz der Unternehmensgeschichte gibt es also nicht – sondern zahlreiche, mehr oder weniger in sich schlüssige Theorieangebote aus den Wirtschafts-, Sozial- und Kulturwissenschaften, deren Nutzen von der jeweiligen Fragestellung abhängt. In der empirischen Forschung führt ohnehin kaum ein Weg an einer pragmatischen, am Einzelfall orientierten Kombination von „ökonomischen“ und „historischen“ Zugängen zum Unternehmen vorbei, auch wenn der Werkzeugkasten der Wirtschaftswissenschaftler/innen etwa bei der Analyse von Bilanzen oder Rationalisierungsstrategien natürlich ein unverzichtbares Hilfsmittel ist. Dem Plädoyer für Theoriebezug mittels eines „reflektierten Eklektizismus in heuristischer Absicht“[14] ist daher sicher zuzustimmen, solange man es nicht als Freibrief für die Ausblendung der spezifischen Rationalitätskriterien missversteht, denen Unternehmen folgen müssen, um zu überleben. In diesem Sinne lässt sich auch die häufig verwendete Metapher vom „ökonomischen Kern“ des Unternehmens verstehen, die nicht unbedingt auf thematische Einschränkungen des Forschungsfelds zielen muss: Die verschiedenen im Unternehmen tätigen Akteure befinden sich zwar in steter Interaktion nicht nur mit anderen Marktteilnehmern, sondern auch mit einer gesellschaftlichen und politischen Umwelt. Um sinnvoll auf die Anforderungen dieser Umwelten reagieren zu können, müssen sie Informationen aber so filtern und reformulieren, dass diese mit ihrer eigenen Handlungslogik kompatibel werden.[15]


 

Traditionen und Institutionen

Nicht nur die deutsche Unternehmensgeschichte hat eine lange „vorwissenschaftliche“ Traditionslinie, die wiederum seit dem 19. Jahrhundert deutlich vom wachsenden Interesse der Wirtschaft an kommerziellen Festschriften beeinflusst wurde. Den Beginn einer eigenständigen akademischen Institutionalisierung markierte 1927 die Einrichtung des ersten Lehrstuhls für Business History an der Harvard University.[16] An der Harvard Business School entstand auch ein Teil der international besonders einflussreichen Studien Alfred D. Chandlers über „Strategie und Struktur“ amerikanischer Großunternehmen, die er später zu internationalen Vergleichen ausbaute.[17] Unter der Devise „Structure follows Strategy“ rückte Chandler die Unternehmensorganisation ins Zentrum der Analyse und beschrieb sie „als bewusste Schöpfung des Managements infolge der ökonomischen Expansion und der Durchsetzung des Großunternehmens“.[18] Sein Ansatz stellte einen handhabbaren Rahmen für die analytische Verknüpfung der Entwicklung von Märkten und Unternehmen bereit, der systematische Vergleiche von Einzelfällen – auch über verschiedene Branchen hinweg – erlaubte. Die Verallgemeinerung der Fallstudien führte zu einer Art Musterlösung historisch erfolgreicher Unternehmensorganisation, die letztlich vor allem auf die Voraussetzungen einer erfolgreichen Nutzung von Größenvorteilen und Synergieeffekten abhob.

Die allzu schematische Generalisierung der Geschichte einzelner Großunternehmen und die einigermaßen schlichte Vorstellung, solche arbeitsteiligen Organisationen ließen sich einfach nach dem Belieben eines langfristig rationalen Managements durchstrukturieren, wird der Vielfalt der realen Unternehmensformen und -größen sowie der Vielzahl von Einflussfaktoren jedoch nicht gerecht. Schon in den 1990er-Jahren konnte daher auch in Deutschland ein Trend zur Ausdifferenzierung der Forschung „beyond Chandler“ konstatiert werden, indem Unternehmen nicht mehr nur als bewusst gesteuerte „Black Box“ konzeptualisiert wurden, sondern auch als Kommunikations- und (Aus-)Handlungsräume.[19]

Mittlerweile ist Unternehmensgeschichte auch nicht mehr als reines Teilgebiet der Wirtschafts- und Sozialgeschichte einzuordnen, obwohl sie überwiegend an wirtschaftshistorischen Lehrstühlen betrieben wird (allerdings nicht, wie in den USA oder Großbritannien, an spezialisierten Forschungszentren oder Business Schools). Die starke Fixierung auf Unternehmerbiografien und das geringe Interesse an methodischer Innovation und Theoriebezug, die nach 1945 lange Zeit charakteristisch waren und durch einen hohen Anteil an Auftragsarbeiten gefördert wurden,[20] sind überwunden.[21]

Das 1956 unter dem bezeichnenden Titel „Tradition. Zeitschrift für Firmengeschichte und Unternehmerbiographie“ begründete wichtigste Fachorgan erhielt bereits 1977 den nüchternen Namen „Zeitschrift für Unternehmensgeschichte“. Hintergrund war die ein Jahr zuvor erfolgte Gründung der Gesellschaft für Unternehmensgeschichte (GUG), die seitdem ebenfalls einen Prozess der Verwissenschaftlichung gemäß internationalen Standards durchlief.[22] Noch 1989 signalisierte allerdings die Gründung des Arbeitskreises für kritische Unternehmens- und Industriegeschichte (AKKU), wie groß der Nachholbedarf an theoriegeleiteter, interdisziplinärer und unabhängiger Forschung war.[23] Ausdruck der fortschreitenden Institutionalisierung wissenschaftlicher Unternehmenshistoriografie war die erste, im Jahr 2000 vorgelegte Studieneinführung, die noch vor allem auf die Verortung im ökonomisch-wirtschaftshistorischen Umfeld abhob,[24] der aber vier Jahre später eine stärker gesellschaftsgeschichtlich angelegte Einführung folgte.[25]

Zu dieser Zeit hatte sich das Feld nicht nur erheblich ausdifferenziert, sondern sich auch stärker der Gegenwart angenähert. Während bis in die 1980er-Jahre der wichtigste zeitliche Forschungsschwerpunkt das Zeitalter der Industrialisierung war,[26] hat sich das Gewicht seitdem eindeutig auf das 20. Jahrhundert verlagert.[27] Einen erheblichen Anteil daran hatte ein in den 1990er-Jahren einsetzender regelrechter Boom der „Aufarbeitung“ des Verhaltens deutscher Großunternehmen in der NS-Zeit, dessen Vorgeschichte und Hintergründe mittlerweile selbst historisiert werden.[28] Diese wesentlich von außerwissenschaftlichen Faktoren, nämlich von den Debatten um Entschädigungen für Zwangsarbeit und die „Arisierung“ jüdischen Eigentums mitverursachte Sonderkonjunktur bescherte der Unternehmensgeschichte plötzlich ein enormes Interesse der Öffentlichkeit und der Zeithistoriker/innen. Die Studien konzentrierten sich in der Regel auf die „politische und moralische Ökonomie unternehmerischen Handelns“[29]: Sie stellten Handlungsspielräume in der Diktatur und die Beteiligung an den nationalsozialistischen Verbrechen in den Vordergrund, die bis dahin von Unternehmenshistorikern schon wegen des beschränkten Zugangs zu den Archiven wenig bearbeitet worden waren. Sie leisteten dadurch zwar zentrale Beiträge sowohl zum besseren Verständnis des NS-Regimes als auch zur Unternehmensgeschichte des „Dritten Reichs“, interessierten sich aber oft nicht für die Anschlussfähigkeit an epochenübergreifende, eher ökonomisch inspirierte Analyseansätze.[30]

Die Jahre der Weimarer Republik gerieten dabei deutlich in den Hintergrund, und die Nachkriegszeit war eher unter der Fragestellung personeller Kontinuitäten und Diskontinuitäten von Interesse. Parallel dazu nahm jedoch bald die Zahl der Arbeiten zu, die sich speziell oder in epochenübergreifenden Darstellungen mit den Jahren des „Wirtschaftswunders“ und seiner krisenhaften Ausläufer beschäftigten.[31] Seit geraumer Zeit ist die Forschung auch jenseits des Festschriften-Genres im Umbruchsjahrzehnt der 1970er-Jahre angekommen[32] und beginnt die folgenden Jahrzehnte einschließlich der Transformation der ostdeutschen Kombinate zu kapitalistischen Unternehmen zu erschließen.[33] Nach dem Abflauen der NS-Konjunktur bietet die Diskussion über Strukturwandel und Wirtschaftskrisen, Wertewandel und Wissensgesellschaft dabei neue Anknüpfungspunkte für eine ernsthafte Rezeption unternehmenshistorischer Arbeiten in der allgemeinen zeithistorischen Forschung.[34] Die Quellenprobleme werden dabei freilich nicht geringer, weil sich die Untersuchungszeiträume den Archivsperrfristen annähern – ganz davon abgesehen, dass Unternehmensarchive (sofern überhaupt vorhanden) in Privatbesitz sind und es vielfach keinen freien Zugang gibt.

Zumindest dieses Quellenproblem stellte sich nicht mehr, als die in der Bundesrepublik erreichten Standards in den 1990er-Jahren auch auf die Geschichte der ostdeutschen Kombinate und Betriebe angewandt wurden.[35] Noch weit deutlicher als die frühe bundesdeutsche Unternehmergeschichte war die „Betriebsgeschichte“ ostdeutscher Provenienz von Anfang an und im wörtlichen Sinne parteiisch. Mehr als 2000 solcher Arbeiten wurden produziert, deren wissenschaftlicher Wert auch unabhängig von allem ideologischen Ballast oft fragwürdig blieb. Nach dem Scheitern früher politischer Bemühungen, die Geschichte des eigenen Betriebs mit eindeutigem ideologischen Auftrag als „Geschichte von Arbeitern für Arbeiter“ schreiben zu lassen, fand in späteren Jahrzehnten zwar eine gewisse Versachlichung und Verwissenschaftlichung statt. Doch ebenso wie die ostdeutschen Studien zu Unternehmen in der NS-Zeit sind die Arbeiten zur eigenen Betriebsgeschichte heute insgesamt eher als Quellen von Interesse denn als Forschungsliteratur, an deren Erkenntnisse die aktuelle Diskussion anknüpfen könnte.[36]


 

Themen und Perspektiven

Unternehmensgeschichte ist durch ihren Gegenstand, aber nur teilweise durch ein daran geknüpftes Methodenarsenal definiert. So wenig es methodische oder theoretische Königswege gibt, so wenig lässt sich eine allgemein verbindliche Aufgabenstellung zukünftiger Forschungen begründen. „Forschungslücken“ tun sich schon deshalb laufend neu auf, weil das Fach dem Wandel des Gegenstands gerecht werden muss, und der globalisierte wirtschaftliche Strukturwandel verändert Branchen, Unternehmen und Beschäftigungsverhältnisse heute schneller denn je.

Die folgenden Bemerkungen zu Themen und Trends erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit; sie weisen vor allem auf Forschungsfelder hin, die Anknüpfungspunkte für andere historische Arbeitsbereiche bieten. Entsprechende Anregungen hat die Unternehmensgeschichte immer wieder geboten. Auf der Quellenebene geschah dies beispielsweise durch den frühen Einsatz der Oral History (beginnend mit einem Großprojekt über die Ford Motor Company in den 1950er-Jahren, bei dem 150 Lebensgeschichten von Managern und „einfachen“ Beschäftigten gesammelt wurden)[37] oder die Nutzung von Unternehmensarchiven für andere Forschungsfelder. Der Blick auf Unternehmen kann nicht nur das Verständnis wirtschaftlicher Krisen und Konjunkturen vertiefen, sondern auch den Wandel von gesellschaftlichen Leitvorstellungen, sozialer Ungleichheit oder Konsummustern miterklären. Umgekehrt schlagen sich natürlich die „turns“ der allgemeinhistorischen Forschung in neuen unternehmenshistorischen Fragestellungen nieder.[38]

Ikone des Scheiterns: Denkmal für den Automobilunternehmer Carl F. W. Borgward in Bremen-Sebaldsbrück, 2. April 2007. Foto: Jürgen Howaldt, Quelle: [https://commons.wikimedia.org/wiki/File:BorgwardDenkmal.jpg Wikimedia Commons], Lizenz: [https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/de/deed.en CC BY-SA 2.0]
Ikone des Scheiterns: Denkmal für den Automobilunternehmer Carl F. W. Borgward in Bremen-Sebaldsbrück, 2. April 2007. Foto: Jürgen Howaldt, Quelle: Wikimedia Commons, Lizenz: CC BY-SA 2.0


 

Ein großer Teil des „Angebots“ an unternehmenshistorischem Expertenwissen wird indes weiterhin von der Nachfrage der Unternehmen abhängen. Die Hoffnung, gegenwärtige Akteure könnten aus Fehlern ihrer Vorgänger lernen, sollte man als Historiker/in sicher nicht aufgeben. Unternehmensgeschichte tatsächlich als Managementleitfaden zu empfehlen,[39] unterschätzt aber den permanenten Wandel der Umwelt, in der kontingente unternehmerische Entscheidungen getroffen werden müssen, ebenso wie die Tatsache, dass erfolgreiche „Traditionen“ eines Unternehmens zum guten Teil semantische Konstrukte der Unternehmer selbst sind (während die wissenschaftliche Perspektive auch an deren häufiges Scheitern zu erinnern hat)[40].

Das Festschriftengenre schließt jedoch keineswegs einen (impliziten) Theoriebezug und die kritische Durchleuchtung der Vergangenheit aus; insbesondere die NS-Studien scheinen bei manchen Unternehmen und ihren Archivaren die Bereitschaft gefördert zu haben, in Publikationen auf wissenschaftlichem Niveau zu investieren. Zudem sichern Auftragsarbeiten die häufig prekäre Existenz von Unternehmensarchiven, die für so manchen Controller schlicht Kostenfaktoren ohne messbare Erträge darstellen. Der Markt umfasst ein sehr breites Spektrum von der historisch unterfütterten Werbebroschüre über unreflektierte Erfolgsgeschichten „genialer“ Unternehmer auf monopolisierter Aktenbasis bis hin zu gründlich recherchierten Jubiläumsschriften, die sich auf der Höhe der aktuellen wissenschaftlichen Diskussion bewegen.[41]

Dass sich die Forschung wie in anderen Ländern traditionell stark auf die Großindustrie und die Großbanken konzentriert, obwohl diese stets nur einen kleinen Teil der Unternehmenslandschaft darstellten,[42] mag auch ein Nebeneffekt des Festschriftenmarktes sein. Es hat aber zum einen ganz pragmatische Gründe, denn die bekannteren (und der Forschung überhaupt zugänglichen) Unternehmensarchive werden von Großunternehmen insbesondere der Automobil-, Stahl- und Chemiebranche unterhalten. Zum anderen wirkte hier der nicht nur marxistisch inspirierte, sondern auch von Chandler genährte Irrtum nach, kleine und mittlere Unternehmen (KMU) müssten gegenüber der Marktmacht und Kapitalstärke der großindustriellen Konkurrenz zwangsläufig ins Hintertreffen geraten. Diese Prognosen haben sich spätestens mit den Anpassungskrisen vieler Industriekonzerne seit den 1960er-Jahren als falsch erwiesen. Das Forschungsinteresse an den häufig wegen ihrer Flexibilität und Innovationsstärke gerühmten Mittelständlern stößt freilich leicht an Quellengrenzen, im Fokus stehen daher eher größere familiengeführte Unternehmen.[43]

Die 1960er-Jahre markieren insofern den Beginn einer unternehmenshistorischen Umbruchphase, als mit dem Abflauen des „Wirtschaftswunders“ die Konkurrenz um die Absatzmärkte schärfer und die rechtzeitige Reaktion auf Veränderungen der Nachfrage nicht nur im Konsumgütersektor zusehends wichtiger wurde; die deutsche Wirtschaft musste darauf mit neuen Produkten, aber auch mit einer organisatorischen und verkaufsstrategischen Modernisierung reagieren. Das wachsende Interesse an gegenwartsnahen Untersuchungszeiträumen hat daher die Forschung zunehmend auf die „nicht produzierenden“ Bereiche der Industrie wie Marketing und Werbung,[44] das Personalmanagement oder die Folgen gesellschaftlichen Wertewandels[45] gelenkt. Dies sind offenkundig nicht nur Spezialthemen der Unternehmensorganisation; die dahinter stehende Ausdifferenzierung von Konsummustern und Erwerbsbiografien verweist vielmehr unmittelbar auf den Wandel gesellschaftlicher Wertvorstellungen und Ungleichheiten. Hinzu kommt, auch wenn das Schlagwort von der „Dienstleistungsgesellschaft“ der empirischen Prüfung nur begrenzt standhält,[46] eine wachsende gesamtwirtschaftliche Bedeutung des tertiären Sektors. Neben Banken und Versicherungen geraten dadurch beispielsweise auch Unternehmen aus dem Tourismus oder der Gesundheitsbranche in den Blick, die ebenso zahlreiche sozial- und kulturhistorische Anknüpfungspunkte bieten wie die Hersteller von Konsumgütern, die unseren Alltag prägen.[47]

Ähnliches gilt für die Erweiterung der institutionenökonomischen Binnenperspektive um Aspekte der Unternehmenskultur und Unternehmenskommunikation.[48] Kulturgeschichte im Sinne der „kulturalistischen Wende“, also die Beschäftigung mit Lebenspraktiken und Sinnkonstruktionen historischer Subjekte, die gesellschaftliche Regelsysteme herstellen,[49] kann gerade in Unternehmen ein reichhaltiges Arbeitsfeld beackern, das die Bedeutung von Loyalitäten für die Streikfreudigkeit der Beschäftigten ebenso umfasst wie die Konstruktion unternehmerischer Selbstbilder und Führungsstile oder die Imagepolitik nach außen. Dabei ist allerdings an die soziale Komplexität von Unternehmen mit all ihren „eigensinnigen“ Akteuren zu erinnern: Unternehmenskultur lässt sich nicht beliebig verordnen, ist also nicht nur ein Managementproblem im Sinne der betriebswirtschaftlichen Ratgeberliteratur. Eine reflektierte Kulturgeschichte des Unternehmens handelt auch nicht von nachrangigen Faktoren, die den „ökonomischen Kern“ irgendwie umschwirren; sondern von Kommunikationsakten, in denen auf der Grundlage von Wahrnehmungsmustern betriebsinterne Maßnahmen und Marktstrategien ausgehandelt, integrierende „Sinndeutungsgemeinschaften“ konstruiert und Deutungskonflikte ausgetragen werden.[50]

In der sozialen Organisation „Unternehmen“ kommunizieren und handeln konkrete Akteure, die unterschiedlichen sozialen Schichten angehören; die Geschichte jedes Unternehmens hat mithin eine sozialhistorische Dimension. Von der langen Tradition der Unternehmerbiografie war bereits die Rede. Dass der Buchmarkt ein erhebliches Interesse an der plastischen Erzählung von Unternehmerleben zeigt, kann man auch als Unternehmenshistoriker/in zunächst nur begrüßen; der größere Teil dieses Marktsegments wird allerdings von eher journalistischen Arbeiten bedient, die historische Komplexität oft stark reduzieren. Das wissenschaftliche Potenzial von Unternehmerbiografien liegt hingegen eher darin, die Aktivitäten der Zentralakteure stets an die jeweiligen Unternehmen zurückzubinden, zugleich aber ihre gesellschaftlichen und politischen Funktionen ernst zu nehmen. Wichtige Beiträge zu einer solchen Einbettung hat die Forschung zum Wirtschaftsbürgertum sowie zu unternehmerischen Netzwerken geleistet.[51] Nicht zuletzt hat die Unternehmer(innen)geschichte eine geschlechtergeschichtliche, immer noch wenig beleuchtete Dimension.[52]

Neben der Unternehmergeschichte hat sich das Feld der Arbeits- und Arbeiter/innengeschichte (Labour History) erheblich ausdifferenziert.[53] Der Blick auf den „Betrieb als soziales Handlungsfeld“[54] eröffnet eine Komplexität, die in der schlichten Gegenüberstellung von Arbeit und Kapital oder den Chandlerschen Vorstellungen einer zentralen Steuerbarkeit des Unternehmens nicht aufgeht. So wurde etwa mit dem soziologischen Konzept der Mikropolitik versucht, das Geflecht von Machtbeziehungen und Aushandlungsprozessen zwischen den betrieblichen Hierarchieebenen aufzuhellen.[55] Arbeiten zur betrieblichen Sozialpolitik oder zum Arbeitsschutz demonstrieren die Aushandlung von Management- und Belegschaftsinteressen auf verschiedenen Handlungsebenen inner- und außerhalb des Unternehmens.[56]

Viele der bislang erwähnten Aspekte bilden gleichzeitig Bausteine einer „Unternehmensgeschichte als Gesellschaftsgeschichte“, die die historischen „Basisdimensionen“ Wirtschaft, soziale Ungleichheit, Herrschaft und Kultur auf die Mikroebene eines Unternehmens und seines lokalen Umfelds herunterbricht.[57] Die Vorteile dieses Zugangs liegen nicht nur in der Integration ganz unterschiedlicher Felder durch den Fokus auf ein Unternehmen, sondern auch in der Anschaulichkeit und in der Anschlussfähigkeit an die Lokal- und Milieugeschichte, sofern eine hinreichende Quellenlage gegeben ist. Wirtschaftshistorisch stellen Unternehmensgeschichten zugleich eine unverzichtbare Grundlage von Branchengeschichten dar, die dadurch die Entstehung von Märkten oder den Niedergang von Branchen im Strukturwandel nicht nur als anonyme Prozesse beschreiben, sondern solche Phänomene zum Akteursverhalten auf der Mikroebene in Beziehung setzen können.[58]

Gesellschaftlich eingebunden sind Unternehmen schon durch ihre eigene Corporate Governance, d.h. die teils gesetzlich vorgegebenen Führungs- und Kontrollstrukturen. Sie haben nicht nur „Shareholder“, also Anteilseigner, die primär am finanziellen Ertrag ihrer Kapitalanlage interessiert sind. Darüber hinaus gibt es mit Politik, Gewerkschaften, Arbeitnehmern, Gläubigern oder Geschäftspartnern etliche weitere „Stakeholder“, die den Kurs eines Unternehmens mitbestimmen, in seine „Governance“ eingreifen.[59] Die Begrenzung unternehmerischer Aktivitäten durch den Staat schließt dabei nicht aus, dass Unternehmer/innen und Manager/innen zugleich die Nähe zur Politik suchen, um – nicht immer mit rechtlich oder moralisch einwandfreien Mitteln – von vorteilhafteren Angebotsbedingungen oder konkreten Aufträgen zu profitieren.[60] In diesem Kontext spielen nicht zuletzt Unternehmerverbände eine zentrale Rolle, die sich ebenfalls mit unternehmenshistorischen Ansätzen untersuchen lassen, weil sie selbst „ökonomische Kerne“ besitzen.[61]

Corporate Governance und Unternehmensfinanzierung bieten zugleich Ansatzpunkte für die neuerliche Frage nach der „Amerikanisierung“ der deutschen Wirtschaft. Nachdem zunächst vor allem die selektive Wahrnehmung und Anwendung amerikanischer Management- und Produktionsmethoden in deutschen Unternehmen der ersten Nachkriegsjahrzehnte herausgearbeitet wurde,[62] stehen inzwischen deren Internationalisierungsstrategien bis hin zur Entstehung multinationaler Konzerne im Vordergrund.[63] Die zunehmende Internationalisierung oder Globalisierung von Märkten und Wertschöpfungsketten wirkt freilich auch auf die deutsche Wirtschaft zurück. Die „Deutschland AG“, das traditionelle Geflecht aus Industriekonzernen und ihren Hausbanken mit engen Verbindungen zu Gewerkschaften und Politik,[64] zeigt seit den 1990er-Jahren deutliche Auflösungserscheinungen. Das historisch gewachsene Modell einer vergleichsweise kooperativen Unternehmenslenkung im „Rheinischen Kapitalismus“[65] scheint jedenfalls in bestimmten Segmenten einem „Finanzmarktkapitalismus“ zu weichen, der die Unternehmensfinanzierung über den Kapitalmarkt und die kurzfristige Entwicklung des Aktienkurses (Shareholder Value) zur handlungsleitenden Maxime aufwertet und anderen Stakeholder-Interessen wenig Raum lässt.[66] Erste historische Studien dazu relativieren und differenzieren freilich solche sozialwissenschaftlichen, aus Strukturanalysen gewonnenen Befunde.[67] Ähnlich differenzierungsbedürftig erscheinen die in gewisser Hinsicht analogen soziologischen Befunde einer Erosion gesellschaftlicher Bindungskräfte durch marktradikale Ideologien, die soziale Wesen flächendeckend in Nutzenmaximierer aller Lebenslagen verwandeln und jedem Einzelnen die Risiken der „Entrepreneurship“ aufbürden,[68] oder einer allgemeinen „Ökonomisierung“.[69]

Es kann hier nur kursorisch erwähnt werden, dass es nach wie vor Non-Profit-Unternehmen gibt und weiter geben wird, die sich solchen Verwertungslogiken zu entziehen versuchen und deren Analyse mit unternehmenshistorischen Interpretamenten deshalb einen eigenen Reiz hat.[70] Im Hinblick auf die gesellschaftliche Verantwortung der Wirtschaft hat sich aber vor allem das Interesse an Themen der Umweltgeschichte deutlich verstärkt, die ihrerseits Unternehmen zunächst kaum anders denn als Verschmutzungsemittenten konzeptualisieren konnte, während die Unternehmensgeschichte ökologische Faktoren oder die Rolle von Umweltbewegungen lediglich als Randbedingungen betrachtete.[71] Gerade Umweltthemen bieten wiederum Verbindungen zur Technikgeschichte, die sich zum guten Teil in Unternehmen abspielt.[72]

Diese kurze Tour d`Horizon zeigt, dass sich die unternehmenshistorische Forschung kaum auf ein zusammenfassendes Fazit bringen lässt. Man muss jedenfalls kein/e Wirtschaftshistoriker/in sein, um von der Beschäftigung mit Unternehmensgeschichte zu profitieren. Unternehmen lassen sich wie andere historische Organisationsformen analysieren, indem ihre Akteure bei der Arbeit beobachtet werden. Nur ist dabei eben zu berücksichtigen, dass es sich um Organisationen mit ökonomischer Zwecksetzung handelt: Unternehmen „funktionieren“ nun einmal, indem sie ihre Umwelt in Zahlen verwandeln, sich selbst und ihre Beschäftigten anhand von Kennziffern bewerten. Gerade weil sie diesen Prozess ernst nimmt, bietet Unternehmensgeschichte grundlegende Einblicke in die Entwicklung moderner Gesellschaften.


 


 

Empfohlene Literatur zum Thema

Franco Amatori/Andrea Colli, Business History. Complexities and Comparisons, London 2011

Hartmut Berghoff, Moderne Unternehmensgeschichte. Eine themen- und theorieorientierte Einführung, 2. Aufl., Berlin 2016

Ann-Kristin Bergquist, Renewing Business History in the Era of the Anthropocene, in: Business History Review 93 (2019), S. 3-24

Geoffrey Jones (Hrsg.), The Oxford Handbook of Business History, Oxford 2008

Toni Pierenkemper, Unternehmensgeschichte. Eine Einführung in ihre Methoden und Ergebnisse, Stuttgart 2000

Werner Plumpe, Unternehmensgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert, Berlin 2018

Philip Scranton/Patrick Fridenson, Reimagining Business History, Baltimore 2013

John F. Wilson/Steven Toms/Abe de Jong/Emily Buchnea (Hrsg.), The Routledge Companion to Business History, London 2017

Zitation

Ralf Ahrens, Unternehmensgeschichte, Version: 2.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 23.9.2019, URL: http://docupedia.de/zg/Ahrens_unternehmensgeschichte_v2_de_2019

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Anmerkungen

    1. Vgl. Hartmut Berghoff, Wozu Unternehmensgeschichte? Erkenntnisinteressen, Forschungsansätze und Perspektiven des Faches, in: Zeitschrift für Unternehmensgeschichte 49 (2004), S. 131-148.
    2. Anregend zu Stand und Perspektiven des Fachs: Philip Scranton/Patrick Fridenson, Reimagining Business History, Baltimore 2013. Einen umfassenden Einblick (nicht nur) in die deutsche Forschungslandschaft bieten drei Literaturberichte von Paul Erker: Aufbruch zu neuen Paradigmen. Unternehmensgeschichte zwischen sozialgeschichtlicher und betriebswirtschaftlicher Erweiterung, in: Archiv für Sozialgeschichte 37 (1997), S. 321-365; „A New Business History”? Neuere Ansätze und Entwicklungen in der Unternehmensgeschichte, in: Archiv für Sozialgeschichte 42 (2002), S. 557-604; „Externalisierungsmaschine“ oder „Lizenznehmer der Gesellschaft“? Trends, Themen und Theorien in der jüngsten Unternehmensgeschichtsschreibung, in: Archiv für Sozialgeschichte 46 (2006), S. 605-658, online unter http://library.fes.de/afs-online/afs/ausgaben-online/band-46/forschungsberichte-und-rezensionen/externalisierungsmaschine-oder-lizenznehmer-der-gesellschaft-trends-themen-und-theorien-in-der-juengsten-unternehmensgeschichtsschreibung/view. Für die ältere Forschung vgl. Hans Jaeger, Unternehmensgeschichte in Deutschland seit 1945. Schwerpunkte – Tendenzen – Ergebnisse, in: Geschichte und Gesellschaft 18 (1992), S. 107-132. Zum Spezialgebiet der Bankengeschichte sei auf den einschlägigen Docupedia-Artikel Geschichte der Banken und Finanzmärkte verwiesen: Friederike Sattler, Geschichte der Banken und Finanzmärkte, Version: 1.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 27.07.2010, http://docupedia.de/zg/sattler_banken_finanzmaerkte_v1_de_2010.
    3. Vgl. Franco Amatori/Geoffrey Jones (Hrsg.), Business History around the World, Cambridge 2003; John F. Wilson/Steven Toms/Abe de Jong/Emily Buchnea (Hrsg.): The Routledge Companion to Business History, London 2017; systematisch gegliedert, aber mit zahlreichen Verweisen auf unterschiedliche internationale Trends: Geoffrey Jones/Jonathan Zeitlin (Hrsg.), The Oxford Handbook of Business History, Oxford 2008.
    4. Naomi R. Lamoreaux/Daniel M.G. Raff/Peter Temin, Economic Theory and Business History, in: Jones/Zeitlin (Hrsg.), Oxford Handbook, S. 37-66, hier S. 39.
    5. Werner Plumpe, Unternehmen, in: Gerold Ambrosius/Dietmar Petzina/Werner Plumpe (Hrsg.), Moderne Wirtschaftsgeschichte. Eine Einführung für Historiker und Ökonomen, München 22006, S. 61-94, Zitat S. 61.
    6. Plumpe, Unternehmen, S. 73-76; Hartmut Berghoff, Moderne Unternehmensgeschichte. Eine themen- und theorieorientierte Einführung, Paderborn 2004, S. 42-52.
    7. Berghoff, Moderne Unternehmensgeschichte, S. 34; vgl. den Überblick ebd., S. 31-38.
    8. Mark Casson, Der Unternehmer. Versuch einer historisch-theoretischen Deutung, in: Geschichte und Gesellschaft 27 (2001), S. 524-544; ausführlicher ders., The Entrepreneur. An Economic Theory, Oxford 1982.
    9. Fritz Redlich, Unternehmungs- und Unternehmergeschichte, in: Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, Bd. 10, Göttingen 1959, S. 532-549; ders., Der Unternehmer. Wirtschafts- und sozialgeschichtliche Studien, Göttingen 1964; vgl. auch Jaeger, Unternehmensgeschichte.
    10. Vgl. im Anschluss an Redlichs deskriptive Typologie von Unternehmerfunktionen insbesondere Boris Gehlen, Paul Silverberg (1876-1959). Ein Unternehmer, Stuttgart 2007, S. 25-41.
    11. Vgl. die insbesondere gegen Casson gerichtete Polemik von Jan-Otmar Hesse, Intentionalisten und Funktionalisten in der Unternehmensgeschichte, in: Akkumulation 17 (2003), S. 1-6.
    12. Werner Plumpe, Die Unwahrscheinlichkeit des Jubiläums – oder: warum Unternehmen nur historisch erklärt werden können, in: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte 2003, H. 1, S. 143-156; Hartmut Berghoff, Transaktionskosten: Generalschlüssel zum Verständnis langfristiger Unternehmensentwicklung? Zum Verhältnis von neuer Institutionenökonomie und moderner Unternehmensgeschichte, in: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte 1999, H. 2, S. 159-176.
    13. Plumpe, Unternehmen, S. 76.
    14. Berghoff, Wozu Unternehmensgeschichte, S. 141.
    15. Plumpe, Unternehmen, S. 80; vgl. aber als Plädoyers für inhaltliche Selbstbeschränkung Toni Pierenkemper, Was kann eine moderne Unternehmensgeschichtsschreibung leisten? Und was sollte sie tunlichst vermeiden, in: Zeitschrift für Unternehmensgeschichte 44 (1999), S. 15-31; Peter Borscheid, Der ökonomische Kern der Unternehmensgeschichte, in: Zeitschrift für Unternehmensgeschichte 46 (2001), S. 5-10.
    16. Toni Pierenkemper, Unternehmensgeschichte. Eine Einführung in ihre Methoden und Ergebnisse, Stuttgart 2000, S. 25-50; Berghoff, Moderne Unternehmensgeschichte, S. 359f.
    17. Alfred D. Chandler, Strategy and Structure. Chapters in the History of the Industrial Enterprise, zuerst Cambridge 1962; ders., Scale and Scope. The Dynamics of Industrial Capitalism, Cambridge 1990. Zum Einfluss vgl. Lamoreaux/Raff/Temin, Economic Theory, S. 39-45. Eine prägnante Darstellung von Chandlers Argumenten und der Kritik daran bietet Berghoff, Moderne Unternehmensgeschichte, S. 63-106; vgl. für den deutschen Fall auch die Kritik von Christian Kleinschmidt/Thomas Welskopp, Zu viel „Scale“ zu wenig „Scope“. Eine Auseinandersetzung mit Alfred D. Chandlers Analyse der deutschen Eisen- und Stahlindustrie in der Zwischenkriegszeit, in: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte 1993, H. 2, S. 251-297.
    18. Plumpe, Unternehmen, S. 63.
    19. Erker, Aufbruch, S. 322.
    20. Vgl. Jaeger, Unternehmensgeschichte. Jaeger, einer der ersten Lehrbeauftragten für Unternehmensgeschichte, schrieb gar noch Anfang der 1990er-Jahre, die „geringe Fähigkeit zur Theoriebildung“ sei „sozusagen eine konstitutionelle Schwäche der Unternehmensgeschichte“; ebd., S. 127. Die wohl bekannteste frühe Ausnahme – bezeichnenderweise mit primär sozialhistorischem Interesse – war Jürgen Kocka, Unternehmensverwaltung und Angestelltenschaft am Beispiel Siemens 1847-1914. Zum Verhältnis von Kapitalismus und Bürokratie in der deutschen Industrialisierung, Stuttgart 1969.
    21. Einen guten Einblick in die schon Anfang der 2000er-Jahre erreichte methodisch-theoretische Vielfalt bieten Jan-Otmar Hesse/Christian Kleinschmidt/Karl Lauschke (Hrsg.), Kulturalismus, Neue Institutionenökonomik oder Theorienvielfalt. Eine Zwischenbilanz der Unternehmensgeschichte, Essen 2002.
    22. Vgl. zu den Hintergründen: Sandra Hartig, Die Gründung der Gesellschaft für Unternehmensgeschichte, in: Zeitschrift für Unternehmensgeschichte 46 (2001), S. 221-236; allgemein Harm G. Schröter, Die Institutionalisierung der Unternehmensgeschichte im deutschen Sprachraum, in: Zeitschrift für Unternehmensgeschichte 45 (2000), S. 30-48. Einen knappen Überblick auch zu internationalen Institutionen und Online-Infrastrukturen bieten Ralf Ahrens/Friederike Sattler, Unternehmensgeschichte https://guides.clio-online.de/guides/themen/unternehmensgeschichte/2018, in: Clio Guide. Ein Handbuch zu digitalen Ressourcen für die Geschichtswissenschaften, Berlin ²2018.
    23. Siehe https://www.kritische-unternehmensgeschichte.de.
    24. Pierenkemper, Unternehmensgeschichte.
    25. Berghoff, Moderne Unternehmensgeschichte; ders. Moderne Unternehmensgeschichte. Eine themen- und theorieorientierte Einführung, Berlin ²2016. Die Etablierung innerhalb der Geschichtswissenschaften belegt neuerdings auch ein eigener Band in der bekannten „Enzyklopädie deutscher Geschichte“: Werner Plumpe, Unternehmensgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert, Berlin 2018. Als Studieneinführung mit dezidiert internationalem Ansatz vgl. Franco Amatori/Andrea Colli, Business History. Complexities and Comparisons, London 2011.
    26. Jaeger, Unternehmensgeschichte, S. 130f.
    27. Vgl. nur die online recherchierbaren Inhaltsverzeichnisse der „Zeitschrift für Unternehmensgeschichte“ https://unternehmensgeschichte.de/ZUGsuchePublikationen.
    28. Norbert Frei/Tim Schanetzky (Hrsg.), Unternehmen im Nationalsozialismus. Zur Historisierung einer Forschungskonjunktur, Göttingen 2010; Sebastian Brünger, Geschichte und Gewinn. Der Umgang deutscher Konzerne mit ihrer NS-Vergangenheit, Göttingen 2017; Tim Schanetzky, After the Gold Rush. Ursprünge und Wirkungen der Forschungskonjunktur „Unternehmen im Nationalsozialismus“, in: Zeitschrift für Unternehmensgeschichte 63 (2018), S. 7-32.
    29. Gerald D. Feldman, Die Allianz und die deutsche Versicherungswirtschaft 1933-1945, München 2001, S. 11.
    30. Vgl. die Resümees von: Werner Plumpe, Unternehmen im Nationalsozialismus. Eine Zwischenbilanz, in: Werner Abelshauser/Jan-Otmar Hesse/Werner Plumpe (Hrsg.), Wirtschaftsordnung, Staat und Unternehmen. Neue Forschungen zur Wirtschaftsgeschichte des Nationalsozialismus, Essen 2003, S. 243-266; Christoph Buchheim, Unternehmen in Deutschland und NS-Regime 1933-1945. Versuch einer Synthese, in: Historische Zeitschrift 282 (2006), S. 351-390; Ralf Banken, Vom „Verschweigen“ über die „Sonderkonjunktur“ hin zur „Normalität“? Der Nationalsozialismus in der Unternehmensgeschichte der Bundesrepublik, in: Zeitgeschichte-online, Dezember 2012, https://zeitgeschichte-online.de/thema/vom-verschweigen-ueber-die-sonderkonjunktur-hin-zur-normalitaet. Eine Sammlung konkreter Beispiele für die Erträge der einschlägigen Forschungen bieten Hartmut Berghoff/Jürgen Kocka/Dieter Ziegler (Hrsg.), Wirtschaft im Zeitalter der Extreme. Beiträge zur Unternehmensgeschichte Österreichs und Deutschlands. Im Gedenken an Gerald D. Feldman, München 2010.
    31. Etwa Volker Wellhöner, „Wirtschaftswunder“ – Weltmarkt – westdeutscher Fordismus. Der Fall Volkswagen, Münster 1996; Bernhard Lorentz/Paul Erker, Chemie und Politik. Die Geschichte der Chemischen Werke Hüls 1938-1979, München 2003; Clemens Reichel, Vom Verbund zum Konzern. Die Metallgesellschaft AG 1945-1975, Darmstadt 2008.
    32. Vgl. Morten Reitmayer/Ruth Rosenberger (Hrsg.), Unternehmen am Ende des „goldenen Zeitalters“. Die 1970er Jahre in unternehmens- und wirtschaftshistorischer Perspektive, Essen 2008; und bereits Erker, New Business History, S. 584-590.
    33. Werner Plumpe/André Steiner (Hrsg.), Der Mythos von der postindustriellen Welt. Wirtschaftlicher Strukturwandel in Deutschland 1960 bis 1990, Göttingen 2016; Louis Pahlow/André Steiner, Die Carl-Zeiss-Stiftung in Wiedervereinigung und Globalisierung 1989-2004, Göttingen 2017.
    34. Vgl. das Plädoyer bei Anselm Doering-Manteuffel/Lutz Raphael, Nach dem Boom. Perspektiven auf die Zeitgeschichte seit 1970, Göttingen 2008, S. 101; sowie neuerdings die Reformulierung des gesellschaftsgeschichtlichen Ansatzes bei Lutz Raphael, Jenseits von Kohle und Stahl. Eine Gesellschaftsgeschichte Westeuropas nach dem Boom, Berlin 2019, und mit Blick auf Unternehmen als internationale Akteure auch Frank Bösch, Zeitenwende 1979. Als die Welt von heute begann, München 2019.
    35. Einblicke in die Forschung der 1990er-Jahre bieten Johannes Bähr/Dietmar Petzina (Hrsg.), Innovationsverhalten und Entscheidungsstrukturen. Vergleichende Studien zur wirtschaftlichen Entwicklung im geteilten Deutschland 1945-1990, Berlin 1996; aus der neueren Forschung: Ulrike Schulz, Simson. Vom unwahrscheinlichen Überleben eines Unternehmens 1856-1993, Göttingen 2013; Marcel Boldorf, Governance in der Planwirtschaft. Industrielle Führungskräfte in der Stahl- und Textilbranche der SBZ/DDR (1945-1958), Berlin 2015.
    36. Arnd Kluge, Betriebsgeschichte in der DDR – ein Rückblick, in: Zeitschrift für Unternehmensgeschichte 38 (1993), S. 49-62; Pierenkemper, Unternehmensgeschichte, S. 54-64.
    37. Allan Nevins/Frank Ernest Hill, Ford, 3 Bde., New York 1954-1963.
    38. Patrick Fridenson, Business History and History, in: Jones/Zeitlin (Hrsg.), Oxford Handbook, S. 9-36.
    39. Manfred Pohl, Zwischen Weihrauch und Wissenschaft? Zum Standort der modernen Unternehmensgeschichte. Eine Replik auf Toni Pierenkemper, in: Zeitschrift für Unternehmensgeschichte 44 (1999), S. 150-163; Sybille Schwarz, Die Inspiration aus der Unternehmensgeschichte, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 7.7.2010, S. U12.
    40. Ingo Köhler/Roman Rossfeld (Hrsg.), Pleitiers und Bankrotteure. Geschichte des ökonomischen Scheiterns vom 18. bis 20. Jahrhundert, Frankfurt a.M. 2012; Plumpe, Unwahrscheinlichkeit.
    41. Das Interesse an wissenschaftlicher Seriosität und Selbstreflexion auch in einem Teil der kommerziellen Geschichtsagenturen belegt der Themenschwerpunkt „Angewandte Geschichte“ in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 66 (2015), H. 3/4; s. insb. Thomas Prüfer, Markt und Möglichkeiten angewandter Unternehmensgeschichte, ebd, S. 133-180. Resümierend zur Kritik an unreflektierter Auftragsforschung und insbesondere an den einschlägigen Produkten des Erlanger „Zentrums für Angewandte Geschichte“: Toni Pierenkemper, „Moderne“ Unternehmensgeschichte auf vertrauten (Irr-)Wegen?, in: Zeitschrift für Unternehmensgeschichte 57 (2012), S. 70-85.
    42. Zur historischen Entwicklung von Unternehmensgrößen und Organisationsformen vgl. die Skizzen bei Plumpe, Unternehmen, S. 66-72, und Berghoff, Moderne Unternehmensgeschichte, S. 63-126.
    43. Erker, Aufbruch, S. 325f.; ders., Externalisierungsmaschine, S. 623-632. Beispielhaft: Christina Lubinski, Familienunternehmen in Westdeutschland. Corporate Governance und Gesellschafterkultur seit den 1960er Jahren, München 2010; Mark Spoerer, C&A. Ein Familienunternehmen in Deutschland, den Niederlanden und Großbritannien 1911-1961, München 2016; Jochen Streb, Trumpf. Geschichte eines Familienunternehmens, München 2018; Rainer Karlsch/Christian Kleinschmidt/Jörg Lesczenski/Anne Sudrow, Unternehmen Sport. Die Geschichte von adidas, München 2018.
    44. Christian Kleinschmidt/Florian Triebel (Hrsg.), Marketing. Historische Aspekte der Wettbewerbs- und Absatzpolitik, Essen 2004; Hartmut Berghoff (Hrsg.), Marketinggeschichte. Die Genese einer modernen Sozialtechnik, Frankfurt a.M. 2007; Ingo Köhler, Auto-Identitäten. Marketing, Konsum und Produktbilder des Automobils nach dem Boom, Göttingen 2018.
    45. Ruth Rosenberger, Experten für Humankapital. Die Entdeckung des Personalmanagements in der Bundesrepublik Deutschland, München 2008; Bernhard Dietz/Jörg Neuheiser (Hrsg.), Wertewandel in der Wirtschaft und Arbeitswelt. Arbeit, Leistung und Führung in den 1970er und 1980er Jahren in der Bundesrepublik Deutschland, Berlin 2017.
    46. Gerold Ambrosius, Agrarstaat oder Industriestaat – Industriegesellschaft oder Dienstleistungsgesellschaft? Zum sektoralen Strukturwandel im 20. Jahrhundert, in: Reinhard Spree (Hrsg.), Geschichte der deutschen Wirtschaft im 20. Jahrhundert, München 2001, S. 50-69; André Steiner, Die siebziger Jahre als Kristallisationspunkt des wirtschaftlichen Strukturwandels in West und Ost?, in: Konrad H. Jarausch (Hrsg.), Das Ende der Zuversicht? Die siebziger Jahre als Geschichte, Göttingen 2008, S. 29-48.
    47. Vgl. etwa Raja Scheepers, Ökonomie und Theologie – die Entwicklung des Unternehmens Diakonie in den Scharnierjahrzehnten 1960 bis 1980, in: Zeitschrift für Unternehmensgeschichte 54 (2009), S. 26-49; Jörg Lesczenski, Urlaub von der Stange. Reiseveranstalter und der Wandel des Pauschaltourismus in beiden deutschen Staaten, in: Plumpe/Steiner (Hrsg.), Mythos, S. 173-257; Christian A. Müller, „Die nicht-kreativen Hintergründe liefern“. Tonträgerindustrien in Ost- und Westdeutschland im Strukturwandel der 1950er bis 1980er Jahre, in: ebd., S. 120-172; Alfred Reckendrees, Beiersdorf. Die Geschichte des Unternehmens hinter den Marken NIVEA, tesa, Hansaplast & Co., München 2018.
    48. Vgl. einführend Clemens Wischermann, Unternehmensgeschichte als Geschichte der Unternehmenskommunikation: Von der Koordination zur Kooperation, in: ders./Peter Borscheid/Karl-Peter Ellerbrock (Hrsg.), Unternehmenskommunikation im 19. und 20. Jahrhundert. Neue Wege der Unternehmensgeschichte, Dortmund 2000, S. 31-40; ders., Unternehmenskultur, Unternehmenskommunikation, Unternehmensidentität, in: ders. unter Mitwirkung von Anne Nieberding und Britta Stücker (Hrsg.), Unternehmenskommunikation deutscher Mittel- und Großunternehmen. Theorie und Praxis in historischer Perspektive, Dortmund 2003, S. 21-40. Vgl. auch bereits die einschlägigen Beiträge im Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte 1993, H. 2.
    49. Vgl. Ute Daniel, Kompendium Kulturgeschichte. Theorien, Praxis, Schlüsselwörter, Frankfurt a.M. 2001, S. 11-18; Jakob Tanner, „Kultur“ in den Wirtschaftswissenschaften und kulturwissenschaftliche Interpretationen ökonomischen Handelns, in: Friedrich Jaeger/Jörn Rüsen (Hrsg.), Handbuch der Kulturwissenschaften, Bd. 3: Themen und Tendenzen, Stuttgart 2004, S. 195-224, hier S. 214-217; Hansjörg Siegenthaler, Geschichte und Ökonomie nach der kulturalistischen Wende, in: Geschichte und Gesellschaft 25 (1999), S. 276-301.
    50. Vgl. Thomas Welskopp, Unternehmenskulturen im internationalen Vergleich – oder integrale Unternehmensgeschichte in typisierender Absicht?, in: Hartmut Berghoff/Jakob Vogel (Hrsg.), Wirtschaftsgeschichte als Kulturgeschichte. Dimensionen eines Perspektivenwechsels, Frankfurt a.M. 2004, S. 265-294, insb. S. 273. Einen Überblick über Konzepte der Unternehmenskultur bietet Berghoff, Moderne Unternehmensgeschichte, S. 147-162.
    51. Volker R. Berghahn/Stefan Unger/Dieter Ziegler (Hrsg.), Die deutsche Wirtschaftselite im 20. Jahrhundert: Kontinuität und Mentalität, Essen 2003; Dieter Ziegler (Hrsg.), Großbürger und Unternehmer. Die deutsche Wirtschaftselite im 20. Jahrhundert, Göttingen 2000, online unter https://digi20.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb00044445_00001.html; Hartmut Berghoff/Jörg Sydow (Hrsg.), Unternehmerische Netzwerke. Eine historische Organisationsform mit Zukunft?, Stuttgart 2007. Ein elaboriertes Fallbeispiel für die Einbindung des Netzwerkansatzes in eine Unternehmensgeschichte bietet Christian Marx, Paul Reusch und die Gutehoffnungshütte. Leitung eines deutschen Großunternehmens, Göttingen 2013.
    52. Christiane Eifert, Deutsche Unternehmerinnen im 20. Jahrhundert, München 2011.
    53. Vgl. den Forschungsbericht von Kim Christian Priemel: Heaps of work. The ways of labour history, in: H-Soz-Kult, 23.01.2014.
    54. Thomas Welskopp, Der Betrieb als soziales Handlungsfeld. Neuere Forschungsansätze in der Industrie- und Arbeitergeschichte, in: Geschichte und Gesellschaft 22 (1996), S. 118-142. Neuere Beispiele bieten Knud Andresen/Michaela Kuhnhenne/Jürgen Mittag/Johannes Platz (Hrsg.), Der Betrieb als sozialer und politischer Ort. Studien zu Praktiken und Diskursen in den Arbeitswelten des 20. Jahrhunderts, Bonn 2015.
    55. Dietmar Süß, Mikropolitik und Spiele. Zu einem neuen Konzept für die Arbeiter- und Unternehmensgeschichte, in: Hesse/Kleinschmidt/Lauschke (Hrsg.), Kulturalismus, S. 117-136.
    56. Ute Engelen, Demokratisierung der betrieblichen Sozialpolitik? Das Volkswagenwerk in Wolfsburg und Automobiles Peugeot in Sochaux 1944-1980, Baden-Baden 2013; Almuth Bartels, Monetarisierung und Individualisierung. Historische Analyse der betrieblichen Sozialpolitik bei Siemens (1945-1989), Stuttgart 2013; Rüdiger Gerlach, Betriebliche Sozialpolitik im historischen Systemvergleich. Das Volkswagenwerk und der VEB Sachsenring von den 1950er bis in die 1980er Jahre, Stuttgart 2014; Nina Kleinöder, Unternehmen und Sicherheit. Strukturen, Akteure und Verflechtungsprozesse im betrieblichen Arbeitsschutz der westdeutschen Eisen- und Stahlindustrie nach 1945, Stuttgart 2015.
    57. Hartmut Berghoff, Zwischen Kleinstadt und Weltmarkt. Hohner und die Harmonika 1857-1961. Unternehmensgeschichte als Gesellschaftsgeschichte, Paderborn 1997; vgl. Hans-Ulrich Wehler, Deutsche Gesellschaftsgeschichte, insb. Bd. 1: Vom Feudalismus des Alten Reiches bis zur Defensiven Modernisierung der Reformära 1700-1815, München 1987, S. 6-30.
    58. Vgl. Stephanie Tilly/Florian Triebel (Hrsg), Automobilindustrie 1945-2000. Eine Schlüsselindustrie zwischen Boom und Krise, München 2013; Raymond G. Stokes/Roman Köster/Stephen C. Sambrook, The Business of Waste. Great Britain and Germany, 1945 to the Present, New York 2013; Sebastian Teupe, Die Schaffung eines Marktes. Preispolitik, Wettbewerb und Fernsehgerätehandel in der BRD und den USA 1945-1985, Berlin 2016; Julia Schnaus, Kleidung zieht jeden an. Die deutsche Bekleidungsindustrie 1918 bis 1973, Berlin 2017; sowie die Branchenstudien in Plumpe/Steiner (Hrsg.), Mythos.
    59. Vgl. Erker, Externalisierungsmaschine, S. 620-623.
    60. Tim Schanetzky, Regierungsunternehmer. Henry J. Kaiser, Friedrich Flick und die Staatskonjunkturen in den USA und Deutschland, Göttingen 2015; Hartmut Berghoff/Cornelia Rauh/Thomas Welskopp (Hrsg.), Tatort Unternehmen. Zur Geschichte der Wirtschaftskriminalität im 20. und 21. Jahrhundert, Berlin 2016.
    61. Boris Gehlen, Prolegomena zu einer kritischen Verbandsgeschichte, in: Akkumulation 29 (2010), S. 6-16. Vgl. jetzt: Johannes Bähr/Christopher Kopper, Industrie, Politik, Gesellschaft: Der BDI und seine Vorgänger 1919-1990, Göttingen 2019; zur Weimarer Republik und NS-Zeit: Matt Bera, Lobbying Hitler. Industrial Associations Between Democracy and Dictatorship, New York 2016.
    62. Christian Kleinschmidt, Der produktive Blick. Wahrnehmung amerikanischer und japanischer Management- und Produktionsmethoden durch deutsche Unternehmer 1950-1985, Berlin 2002; Susanne Hilger, „Amerikanisierung“ deutscher Unternehmen. Wettbewerbsstrategien und Unternehmenspolitik bei Henkel, Siemens und Daimler-Benz (1945/49-1975), Stuttgart 2004. Die Debatte um die „Amerikanisierung“ der deutschen Wirtschaft nach 1945 begann mit den Thesen Volker Berghahns, die inzwischen in einer Aufsatzsammlung vorliegen: Industriegesellschaft und Kulturtransfer. Die deutsch-amerikanischen Beziehungen im 20. Jahrhundert, Göttingen 2010. Ein Zwischenfazit zieht Ralf Ahrens, West German Business and American Challenges, 1945 to Present, in: Thomas Lindenberger/Martin Sabrow (Hrsg.), German Zeitgeschichte. Konturen eines Forschungsfeldes, Göttingen 2016, S. 172-192.
    63. Claudia Nieke, Volkswagen am Kap. Internationalisierung und Netzwerk in Südafrika 1950 bis 1966, Wolfsburg 2010, online unter https://www.volkswagenag.com/presence/konzern/documents/history/deutsch/FPD4_DE.pdf; Ulrich Kreutzer, Von den Anfängen zum Milliardengeschäft. Die Unternehmensentwicklung von Siemens in den USA zwischen 1845 und 2001, Stuttgart 2013, Annika Biss, Die Internationalisierung der Bayerischen Motoren Werke AG. Vom reinen Exportgeschäft zur Gründung eigener Tochtergesellschaften im Ausland 1945-1981, Berlin 2017; Christian Kleinschmidt/Dieter Ziegler (Hrsg.), Dekolonisierungsgewinner. Deutsche Außenpolitik und Außenwirtschaftsbeziehungen im Zeitalter des Kalten Krieges, Berlin 2018. Vgl. im Überblick Erker, Externalisierungsmaschine, S. 632-640.
    64. Ralf Ahrens/Boris Gehlen/Alfred Reckendrees (Hrsg.), Die „Deutschland AG“. Historische Annäherungen an den bundesdeutschen Kapitalismus, Essen 2013. Zur internationalen Einordnung vgl. die langfristigen Strukturanalysen in: Thomas David/Gerarda Westerhuis (Hrsg.), The Power of Corporate Networks. A Comparative and Historical Perspective, New York 2014.
    65. Christian Marx/Morten Reitmayer (Hrsg.), Special Issue „Rhenish Capitalism and Business History“, Business History 61 (2019), H. 5.
    66. Vgl. Paul Windolf (Hrsg.), Finanzmarkt-Kapitalismus. Analysen zum Wandel von Produktionsregimen, Wiesbaden 2005; Werner Plumpe, Das Ende des deutschen Kapitalismus, in: Westend. Neue Zeitschrift für Sozialforschung 2 (2005), H. 2, S. 3-26, online unter https://zeithistorische-forschungen.de/sites/default/files/medien/material/2015-3/Plumpe_2005.pdf; aus den einschlägigen Publikationen des Kölner Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsforschung: Wolfgang Streeck/Martin Höpner (Hrsg.), Alle Macht dem Markt? Fallstudien zur Abwicklung der Deutschland AG, Frankfurt a.M. 2003, online unter http://www.mpifg.de/pu/mpifg_book/mpifg_bd_47.pdf; Saskia Freye, Führungswechsel. Die Wirtschaftselite und das Ende der Deutschland AG, Frankfurt a. M. 2009, online unter http://www.mpifg.de/pu/mpifg_book/mpifg_bd_67.pdf.
    67. Jörg Lesczenski, Zwischen Kooperation, Krise und Aufbruch. Messer Griesheim, Hoechst und die Auflösung der Deutschland AG (1965-2004), in Ahrens/Gehlen/Reckendrees (Hrsg.), „Deutschland AG“, S. 351-376; Hartmut Berghoff, Die 1990er Jahre als Epochenschwelle? Der Umbau der Deutschland AG zwischen Traditionsbruch und Kontinuitätswahrung, in: Historische Zeitschrift 308 (2019), S. 364-400.
    68. Ulrich Bröckling, Das unternehmerische Selbst. Soziologie einer Subjektivierungsform, Frankfurt a.M. 2007; kritisch dazu: Jan-Otmar Hesse, Der Konsument als Unternehmer. Fünf Einwände und ein Interpretationsvorschlag, in: Reitmayer/Rosenberger (Hrsg.), Unternehmen, S. 319-335.
    69. Rüdiger Graf (Hrsg.), Ökonomisierung. Debatten und Praktiken in der Zeitgeschichte, Göttingen 2019.
    70. Jan-Otmar Hesse/Tim Schanetzky/Jens Scholten (Hrsg.), Das Unternehmen als gesellschaftliches Reformprojekt. Strukturen und Entwicklungen von Unternehmen der „moralischen Ökonomie“ nach 1945, Essen 2004; Jens Beckmann, Selbstverwaltung zwischen Management und „Communauté“. Arbeitskampf und Unternehmensentwicklung bei LIP in Besançon 1973-1987, Bielefeld 2019.
    71. Vgl. als programmatische Bestandsaufnahmen im Abstand von zwei Jahrzehnten: Christine Meisner Rosen/Christopher C. Sellers, The Nature of the Firm: Towards an Ecocultural History of Business, in: Business History Review 73 (1999), S. 577-600; Ann-Kristin Bergquist, Renewing Business History in the Era of the Anthropocene, in: Business History Review 93 (2019), S. 3-24; sowie Hartmut Berghoff/Matthias Mutz, Missing Links? Business History and Environmental Change, in: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte 2009, H. 2, S. 9-22; Hartmut Berghoff/Adam Rome (Hrsg.), Green Capitalism? Business and the Environment in the Twentieth Century, Philadelphia 2017.
    72. Silke Fengler, Entwickelt und fixiert. Zur Unternehmens- und Technikgeschichte der deutschen Fotoindustrie, dargestellt am Beispiel der Agfa AG Leverkusen und des VEB Filmfabrik Wolfen (1945-1995), Essen 2009; Sylvia Wölfel, Weiße Ware zwischen Ökologie und Ökonomie. Umweltfreundliche Produktentwicklung für den Haushalt in der Bundesrepublik Deutschland und der DDR, München 2016.