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Zeithistorische Forschung Potsdam e.V.

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Marcus Böick

Die Erforschung der Transformation Ostdeutschlands seit 1989/90. Ansätze, Voraussetzungen, Wandel

Version: 1.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 18.10.2022
https://docupedia.de//zg/Boeick_transformation_v1_de_2022

DOI: https://dx.doi.org/10.14765/zzf.dok-2424

Artikelbild: Die Erforschung der Transformation Ostdeutschlands seit 1989/90 <br> Ansätze, Voraussetzungen, Wandel

Kunstinstallation „Einheitsmännchen“ von Ottmar Hörl, zum Jubiläum „25 Jahre Deutsche Einheit“ (Ausschnitt). Temporäre Aufstellung im Rahmen einer Wanderausstellung am Schlossplatz, Stuttgart, 2015. Fotograf: Gerd Leibrock, Stuttgart, 18. August 2015. Quelle: Wikimedia Commons , Lizenz: CC BY-SA 3.0 DE

In seinem Beitrag skizziert Marcus Böick gesellschaftswissenschaftliche und insbesondere zeithistorische Forschungen zu Ostdeutschland nach 1990. Er unterscheidet dabei vier Phasen der Transformationsforschung: eine ältere „DDR-Forschung“; die Konjunktur einer stark sozial-, politik- und wirtschaftswissenschaftlich dominierten Forschung in den frühen 1990er-Jahren; kultur- und literaturwissenschaftliche Zugriffe „von unten“; und schließlich die Grundzüge der jüngsten, etwa ab Mitte der 2010er-Jahre einsetzenden und zunehmend auch zeithistorisch geprägten Transformationsforschung. Abschließend werden übergreifende (Zukunfts-)Perspektiven angedeutet, die das Forschungsfeld ein Stück weit aus den innerdeutsch-introspektiven Selbstbeschäftigungen herausführen könnten.

In diesem Artikel geht es um die Transformationen Ostdeutschlands und die hiermit verknüpften gegenwarts- und später geschichtswissenschaftlichen Deutungen, Beschreibungen und Reflexionen.[1] Aber über was reden wir hier eigentlich? Allein mit dieser Frage beginnen die Probleme bereits bei den Grundbegriffen. Zum einen fällt eine räumlich, zeitlich, thematisch, methodisch oder theoretisch saubere Ein- oder Abgrenzung der verschiedenen Forschungszweige, die sich mit den vielfältigen und oft konfliktträchtigen Übergängen von Sozialismus und Planwirtschaft hin zu Demokratie und Marktwirtschaft im Osten Deutschlands beschäftigt haben (und beschäftigen), nicht unbedingt leicht. Was oder wo genau soll „Ostdeutschland“ eigentlich sein? Sind regionale oder nationale Be- und Eingrenzungen überhaupt möglich oder sinnvoll? Schließlich erweist sich auch die unbedingt notwendige Verortung dieses vermeintlichen „Sonderfalls“ in (ost-)europäische, inter- und transnationale sowie globale Zusammenhänge als beständige Herausforderung.

 

Zum anderen bleibt auch der Begriff der Transformation eine vage Kategorie, die gerade in den letzten Jahren wieder erhebliche Prominenz erlangt hat – von der ökologischen über die urbane bis hin zur digitalen Transformation.[2] Doch auch, wenn man mit dem Begriff der Transformation im engeren Sinne die historischen politischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen sowie kulturellen Auf-, Um- und Abbrüche auf unterschiedlichsten Ebenen im postsozialistischen Europa der 1990er- und 2000er-Jahre beschreiben will, bleiben viele Fragen zunächst noch offen: Wann beginnen die untersuchten Prozesse? Wann enden sie, enden sie überhaupt? Mit welchen Methoden, Theorien, Begriffen, Daten oder Quellen sind diese Vorgänge angemessen zu beschreiben, zu analysieren, zu deuten und zu vermitteln? Welche Anschlüsse an andere Forschungsfelder sind möglich, und wo bestehen weiterhin Abgrenzungen?


 

Zur Einführung: Begriffe, Orte und Zeiten für einen (vermeintlichen) „Sonderfall“

Im Kern wird es in diesem Beitrag um zeitgenössische gesellschaftswissenschaftliche und seit einigen Jahren insbesondere zeithistorische Forschungen zu Ostdeutschland nach 1990 gehen, die im deutschsprachigen Raum zumeist unter mehr oder weniger aufgeladenen Begriffen wie „Wende“, „Transformation“, „(Wieder-)Vereinigung“, „Übernahme“, „Anschluss“, „Kolonialisierung“, „Umbau“ oder „Umbruch“ ver- und behandelt werden.[3] Dieses hier in den Grundzügen und nur exemplarisch zu vermessende Forschungsfeld ist jedoch deutlich älter und vielfältiger, wie zu zeigen sein wird. Die verschiedenen wissenschaftlichen Aneignungsversuche des „Wandels nach der Wende“[4] entfalteten sich in mehreren Wellen. Sie waren (und sind) dabei jeweils stark von zeitgenössischen Konjunkturen, politischen Entwicklungen sowie gesellschaftlichen Problem- und Fragehorizonten bestimmt.

Die hiesige Zeitgeschichtsforschung als relative Newcomerin hingegen hat – bedingt durch tagespolitische Dynamiken sowie geschichtspolitische Konjunkturen, disziplinäres Distanzbedürfnis sowie allmähliche Archivöffnungen – erst seit Mitte der 2010er-Jahren begonnen, an den Grundzügen einer historischen Transformationsforschung zu arbeiten. Insbesondere seit 2015 zeichnet sich – im Gefolge rechtspopulistischer Wahlerfolge und mithin wieder verstärkt diskutierter innerdeutscher, aber auch europäischer Ost-West-Friktionen – eine neue, stärker politisiert-polarisierte Welle einer neuerlichen Forschungskonjunktur ab, die auch den aktuellen Hintergrund und einen Schwerpunkt dieses Überblicks darstellt.[5]

Mit verschiedenen Grund- und Analysebegriffen sind bis in die Gegenwart hinein scharfe, oft gegensätzliche Deutungen verbunden: Die „Wende“ ist umgangssprachlich gerade in der ostdeutschen Gesellschaft selbst zwar sehr verbreitet, wird aber in der Forschung oft als letzter terminologischer Strohhalm der untergehenden Eliten des SED-Regimes skeptisch beäugt. Ähnlich aufgeladen sind politische Begriffe wie „Einheit“ oder „(Wieder-)Vereinigung“, die gemeinhin eine erfolgreich wiederhergestellte, ja normalisierte Nationalgeschichte markieren, während skeptische bis kritische Gegenbegriffe wie „Anschluss“ oder gar „Kolonialisierung“ stärker auf Momente des biografischen Verlusts, sich verfestigende Ungleichheiten sowie vielfältige wie nachhaltige Asymmetrien zwischen Ost- und Westdeutschland verweisen.[6]

Abstrakter erscheinen demgegenüber die Begriffe „Transformation“ oder „Umbruch“, die jedoch selbst in entsprechende gesellschaftliche Kontexte und großtheoretische Deutungsmuster eingebettet sind, wie im Folgenden gezeigt wird: Während „Transformation“ stärker für mit der Modernisierungstheorie verwobene, übergreifende Makroperspektiven aus den quantitativ-analytischen Sozialwissenschaften steht,[7] erscheint der „Umbruch“ demgegenüber als ein Leitbegriff der qualitativ an postmodernen Impulsen orientierten Kulturwissenschaften, die sich dabei mit Diskursen und Praktiken befassten, also auch Perspektiven „von unten“ einnahmen.[8]

Doch nicht nur die gewählten Ober- und Leitbegriffe changieren, sondern auch die räumlichen und zeitlichen Bezüge. Zwar scheint der Begriff „Ostdeutschland“ zunächst einen relativ eindeutigen geografischen Ort zu markieren. Allerdings offenbart sich bei näherer Betrachtung, dass dies keineswegs augenfällig ist. War er vor 1989 neben „Mitteldeutschland“ ein konservativer „Kampfbegriff“, der politräumlich auf die nach 1945 „verlorenen Ostgebiete“ verwies (und damit die Oder-Neiße-Grenze infrage stellte),[9] sprach man – also in aller Regel westdeutsche Beobachter – ab 1990 bald von der „Ex-DDR“, den „Neuen Ländern“, bisweilen polemisch auch von „Dunkeldeutschland“, neutraler von „Ostdeutschland“ oder schlichtweg „dem Osten“.

Dessen räumlich-politische wie ideell-mentale Zugehörigkeiten blieben dabei jedoch ausgesprochen diffus, wie Karl Schlögel prominent in seinem epochemachenden Werk „Die Mitte liegt ostwärts“ für ganz Osteuropa herausgearbeitet hat: Ist dieser nach 1990 eröffnete (Umbruchs-)Raum kulturell nun als Teil West-, Ost- oder gar Mittel- oder Zentraleuropas zu verstehen?[10] Diese Frage erscheint im deutsch-deutschen Fall sogar noch spezieller und verwickelter. Wurde die alte Bonner Republik, wie viele Politikerinnen und Zeitgenossen es seinerzeit sahen und auch erhofften, im Jahr 1990 lediglich graduell „osterweitert“ und blieb damit fester Teil des alten Westens? Oder rückte eine neue Berliner Republik, wie manche, vorwiegend linke, Kritikerinnen mit Blick auf die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts befürchteten, in eine neue Mittel- oder alte „Schaukelposition“ zwischen dem Osten und dem Westen des Kontinents?[11]

Auch zeitlich bleibt der Verweis auf die Periode „nach 1990“ bei näherer Betrachtung unbefriedigend. Gerade der Blick auf das europäische Epochenjahr 1989/90, das sich im deutsch-deutschen Fall im engeren Sinne von „Friedlicher Revolution“ seit dem Spätsommer 1989 bis zur „Deutschen Einheit“ im Oktober 1990 erstreckt, verdeutlicht, dass allzu starre Periodisierungen oder schematische Zäsur-Bildungen kaum möglich sind: Langfristige Kontinuitäten (in Form von sozialen Strukturen und kulturellen Mentalitäten), mittelfristige Dynamiken (in Form von gesellschaftlichen Prozessen oder ökonomischen Entwicklungen) sowie kurzfristige Umbrüche (in Form von politischen Ereignissen und Entscheidungen) griffen und greifen auch in der DDR bzw. in Ostdeutschland ineinander.

Diese temporalen Wechselwirkungen, die die Historikerinnen Kerstin Brückweh, Clemens Villinger und Kathrin Zöller auf die griffige Formel einer „langen Geschichte der Wende“ gebracht haben,[12] machen allzu scharf gezogene zeitliche Ab- und Eingrenzungen letztlich schwierig. Auch hier scheint also chronologischer Pragmatismus angebracht: Die späten 1970er- und 1980er-Jahre „nach dem Boom“[13] als längere Vorgeschichte, das Revolutions- und Umbruchsjahr 1989/90 als kurzfristiger (und für die Zeitgenossen zumeist überraschender) Wendepunkt sowie die vielfältigen mittel- und langfristigen Folge- und Nachwirkungen in den 1990er- und auch 2000er-Jahren lassen sich als grobe chronologische Abfolge benennen, wobei vor allem die letzte Etappe im Fokus der hier behandelten Umbruchs- und Transformationsforschungen stand und steht.[14]

Die komplexen Geschichten von später DDR und alter Bundesrepublik, Revolution und Einigung sowie Transformationen und Umbrüchen lassen sich oft nur künstlich voneinander trennen, auch wenn diese Differenzierung aus empirischen wie forschungspragmatischen Gründen sowie innerdisziplinären Grenzziehungen (hin zu einer zeithistorischen „Container-Historiografie“) weit verbreitet ist.[15] Das hier behandelte Forschungsfeld fällt nicht allein wegen der zeitlichen Unschärfen wie räumlichen Überlappungen in eine interdisziplinäre Grauzone. Es erscheint – gerade auch bedingt durch die intensiven geschichtspolitischen Impulse wie erinnerungskulturellen Sogwirkungen – wie ein von allen und zugleich niemanden beanspruchtes Territorium, ein bisweilen zerklüftetes Niemandsland zwischen Sozial-, Wirtschafts-, Kultur- und Geschichtswissenschaften. Die verschiedenen Fächer haben sich dann auch, ihren eigenen Traditionen und jeweiligen Logiken folgend, aus sehr unterschiedlichen Perspektiven an sehr vielfältigen Gegenständen abgearbeitet, ohne dass sich ein eigenes, interdisziplinär wie institutionell dauerhaft breit aufgestelltes Feld einer übergreifenden „Transformationsforschung“ formiert hätte, das sich auch umfassend als solches verstehen würde.[16]

Die 1990 begonnene „Integration“ des Ostens sollte, so die Erwartung von Anfang an, ein befristetes und absehbar zu beendendes gesellschaftliches Umbau- und Übergangsprojekt sein; Gleiches galt und gilt dabei auch für die begleitenden Forschungen im Modus einer quantitativen Vermessung des ostdeutschen „Experimentierfelds“.[17] Thematische und zumeist interdisziplinäre Forschungszusammenhänge wie der SFB 580 in Halle und Jena[18] waren befristeter Natur oder sind vergleichsweise klein dimensioniert, wie etwa das Transformationsforschungsinstitut (FIT) in Frankfurt (Oder).[19] Größere sozial-, wirtschafts- oder zeithistorische Forschungseinrichtungen (im letzteren Bereich insbesondere das Institut für Zeitgeschichte in München und Berlin,[20] das Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung in Potsdam[21] oder das Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung in Dresden[22]) haben in den letzten Jahren projektbezogene Schwerpunkte zur (ost-)deutschen Transformationsgeschichte eingerichtet.

Die verschiedenen Forschungskonjunkturen waren dabei immer wieder aufs engste mit geschichtspolitischen Trends und entsprechenden Förderpolitiken verschränkt: Konnte in den 1990er-Jahren hiervon in erster Linie eine sozialwissenschaftliche Adaptions- und Integrationsforschung profitieren, bestimmt nun seit Mitte der 2010er-Jahre vielmehr eine multidisziplinäre Nicht-Integrations- und Differenzforschung die wieder vielbevölkerte Szenerie. Nicht zuletzt deshalb zielte der im Oktober 2020 im Schatten der Covid-19-Pandemie präsentierte Vorschlag der Regierungskommission zu „30 Jahre Friedliche Revolution und Deutsche Einheit“ auch auf die Neugründung eines eigenen, äußerst umfassend dimensionierten Forschungsinstituts in diesem Feld.[23] Dessen Einrichtung bis 2028 wurde schließlich am geschichtspolitisch stark aufgeladenen 17. Juni 2021 als „Zukunftszentrum für Europäische Transformation und Deutsche Einheit“ als „Ort der Wissenschaft, Kultur und Begegnung“ offiziell angekündigt.[24] Doch jenseits dieser weitgespannten Zukunftspläne bleibt die auch im internationalen Maßstab[25] vergleichsweise noch gering ausgeprägte institutionelle Verankerung damit charakteristisch.

Eine räumlich, zeitlich, disziplinär oder methodisch klar ab- und eingegrenzte „Transformationsforschung“ für die Zeit nach 1990 existiert bislang nicht, wenn man einmal von der politikwissenschaftlichen System-Transformationsforschung und ihren Theorieangeboten absieht.[26] Die Forschungslandschaft zu den politischen, ökonomischen, gesellschaftlichen wie kulturellen Dynamiken und Wandlungen in Ostdeutschland war und bleibt vielgestaltig, auch wenn in verschiedenen Wellen und Konjunkturen unterschiedliche disziplinäre Leitperspektiven und Großerzählungen zumindest eine Zeit lang dominierten. In dieser Hinsicht erweist sich also nicht nur die Transformation Ostdeutschlands selbst, sondern auch die wissenschaftlichen Versuche ihrer Analyse, Beschreibung und Deutung als eigentümlicher, geradezu transdisziplinärer „Sonderfall“.[27]

Für das geschichtswissenschaftliche Forschungsfeld soll für einen engeren, historischen bzw. historisierenden Begriff plädiert werden: Transformation umfasst die gesellschaftlichen Wandlungen, individuellen Umbrüche sowie politischen Bearbeitungen und ideellen Suchbewegungen im postsozialistischen Ostdeutschland, in Osteuropa sowie Europa insgesamt und geht diesen auf lokalen, regionalen sowie nationalen Ebenen nach, die zugleich in transnationale, europäische wie globale Zusammenhänge eingebettet sind. Zeitlich zu unterscheiden sind eine „heiße“ wie kürzere Phase einer „Kerntransformation“ während der (frühen) 1990er-Jahre sowie eine deutlich länger ausgreifende Zeitspanne der oft sehr verwickelten und komplizierter zu fassenden Vor- und Nachgeschichten, die etwa von der Mitte der 1970er-Jahre bis in die 2010er-Jahre hineinreicht. Abzuwarten bleibt, ob diese Phase möglicherweise mit der Covid-Pandemie seit 2020 sowie dem russischen Überfall auf die Ukraine 2022 nun endgültig zum Abschluss gelangt.[28]

Ein inhaltlich wie zeitlich derart definierter Transformations-Begriff soll – im Gegensatz zur fortschrittsorientierten westlichen Modernisierungstheorie – ein erzählerisch bzw. perspektivisch offen gestalteter Terminus sein, der so gerade auch auf die Ambivalenzen und Widersprüche der Geschehnisse abheben kann: Er umschließt Erfolge oder Misserfolge (und Stagnationen); er thematisiert Strukturen wie Individuen (oder Gruppen); er beschreibt Langfristiges und Kurzfristiges (wie Mittelfristiges); er behandelt sowohl Kontinuitäten als auch Disruptionen (sowie Verwirbelungen und Vermischungen).[29]

Die deutsch-deutschen Diskussionen zur ostdeutschen Transformation waren und sind dabei stets umschlossen gewesen von internationalen Forschungszusammenhängen aus Ost und West. Zum einen waren es westliche – US-amerikanische, britische oder französische – Perspektiven auf die postsozialistischen Umbrüche in Ostdeutschland und Osteuropa, die das Forschungsfeld von Beginn an mitbegleitet haben.[30] Auf der anderen Seite hat sich ein ungemein breites Feld einer auch interdisziplinären ost(mittel)europäischen Transformationsforschung entwickelt, das sich vor allem am Begriff des „Postsozialismus“ abgearbeitet hat – vergleichend, aber auch bezogen auf die einzelnen Länder.[31]

Es bleibt an dieser Stelle allerdings (durchaus selbstkritisch) festzuhalten, dass die innerdeutschen Diskussionen um die ostdeutsche Transformation, die im Mittelpunkt dieses Artikels stehen, aus sprachlichen, institutionellen, empirischen sowie gerade auch identitätsbezogenen Gründen oft sehr stark am innerdeutschen (Sonder-)Fall ausgerichtet waren und sind. Die deutschen Transformationsforscherinnen blieben (und bleiben oft) in aller Regel unter sich. Begreift man die hitzigen Debatten und oft politisierten Forschungen zur (ost)deutschen Transformation nach 1990 nicht zuletzt auch als wissenschaftlichen Bestandteil eines überaus ambivalenten wie unerwarteten „Nation-Buildings“ in einem weitgehend postnationalen sowie europäischen bzw. globalen Setting, dann erscheint diese ausgesprochen starke nationale Fixierung zumindest ein Stück weit verständlicher. Dennoch dürften übergreifende, international vergleichende, transnationale sowie globale Perspektiven künftig auch in diesem Feld erheblich an Bedeutsamkeit gewinnen.

Die 2020er-Jahre dürften insbesondere den zeithistorischen Debatten im Feld einer historischen Transformationsforschung nochmals erhebliche Dynamik verleihen. Gerade infolge der sich nun allmählich öffnenden Archive scheint mittlerweile auch die zeithistorische Forschung mit großen Schritten in die 1990er-Jahre vorzurücken und damit den zeitgenössisch noch heftig umkämpften, aber nach der Jahrtausendwende allmählich vergessenen Raum zwischen den Disziplingrenzen für sich zu beanspruchen. Dabei dürfte dieses Feld seinen ausgesprochen interdisziplinären Charakter behalten, insbesondere mit intensiven Bezügen zu den Sozial- und Kulturwissenschaften.

Im Folgenden sollen vier Wellen bzw. Phasen der Forschung unterschieden werden, die alle auf die beschriebene jüngste Forschungskonjunktur zurückwirken. Zunächst wird in einem ersten Schritt kurz auf die vergessenen bzw. verschobenen Perspektiven einer älteren wie multidisziplinären „DDR-Forschung“ zwischen 1949 und 1990 eingegangen, die insbesondere den „Prognoseschock“ eines plötzlichen Zusammenbruchs der osteuropäischen Realsozialismen 1989/90 verwinden musste. Die explosive Konjunktur einer neuartigen, stark sozial-, politik- und wirtschaftswissenschaftlich dominierten Transformationsforschung in den frühen 1990er-Jahren zumeist aus einer Makroperspektive, die insbesondere auf die Frage einer erwarteten Modernisierung der ostdeutschen (Teil-)Gesellschaft fokussiert war, wird in einem zweiten Abschnitt besprochen. Seit Mitte der 1990er-Jahre waren es, wie drittens diskutiert wird, nun stärker kultur- und literaturwissenschaftliche Zugriffe „von unten“, die sich mit Ostdeutschland bzw. vor allem „den“ Ostdeutschen als Subjekten oder Objekten des „Wandels“ befassten. Schließlich werden in einem vierten Schritt die Grundzüge der jüngsten, etwa ab Mitte der 2010er-Jahre einsetzenden und zunehmend auch zeithistorisch geprägten Transformationsforschung skizziert, deren wesentliche Themen und Methoden dabei näher vorgestellt werden sollen. Zum Abschluss werden übergreifende (Zukunfts-)Perspektiven angedeutet, die das hier beschriebene Forschungsfeld ein Stück weit aus den innerdeutsch-introspektiven Selbstbeschäftigungen – bzw. seinen erkennbaren (Selbst-)Isolationen und Limitierungen – herausführen könnten.


 

Bergleute der Fluß- und Schwerspat GmbH aus dem thüringischen Trusetal übergeben Ministerpräsident Lothar de Maiziere eine Petition, in der u.a. gleiche Regelungen für alle Bergleute bei Abfindungen und Umschulungsmaßnahmen gefordert werden. <br />Foto: ADN/Ralf Hirschberger, Eisenach, 21. September 1990. Quelle: [https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_Bild_183-1990-0921-020,_Eisenach,_Petition_der_Bergleute_an_de_Maizi%C3%A9re.jpg Wikimedia Commons], Lizenz: [https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en CC-BY-SA 3.0]
Bergleute der Fluß- und Schwerspat GmbH aus dem thüringischen Trusetal übergeben Ministerpräsident Lothar de Maiziere eine Petition, in der u.a. gleiche Regelungen für alle Bergleute bei Abfindungen und Umschulungsmaßnahmen gefordert werden. 
Foto: ADN/Ralf Hirschberger, Eisenach, 21. September 1990. Quelle: Wikimedia Commons, Lizenz: CC-BY-SA 3.0


 

Vergessene und verschobene Perspektiven vor 1990: das Ende der alten „DDR-Forschung“

Auch wenn es zunächst so erscheinen mag: Selbst die ostdeutsche Transformationsforschung kennt im Grunde keine „Stunde Null“. Obwohl nach 1990 eine erhebliche Zahl an forschungsmäßigen Neubauten in unterschiedlichen Stilen errichtet wurde, standen diese doch auf den bald verschütteten und größtenteils vergessenen Fundamenten einer älteren Ostdeutschland- bzw. „DDR-Forschung“, die zwischen 1949 und 1989 stark von den politischen Konjunkturen wie gesellschaftlichen Wirkungen der deutschen Teilung sowie des Ost-West-Systemkonflikts geprägt worden ist. Als „DDR-Forscher“ agierten dabei zumeist Sozial-, Politik-, Geschichts- und Wirtschaftswissenschaftler, die in einem interdisziplinären und stark politisierten Forschungsfeld (und in aller Regel auf denkbar prekärer Quellen- und Datengrundlage) agierten, das sich jedoch in knapp vier Jahrzehnten selbst stark gewandelt hatte.[32]

Eine erste Phase der älteren DDR-Forschung stand als ausgesprochen politisierte „Zonen-Forschung“ der 1950er- und 1960er-Jahre noch stark unter dem unmittelbaren Eindruck einer massiven ideologischen Konfrontation zwischen den von den USA geführten liberalen Demokratien und kapitalistischen Marktwirtschaften des Westens einerseits sowie den durch die Sowjetunion geführten sozialistischen Diktaturen und Planwirtschaften des Ostens andererseits. An der ersten Frontlinie zwischen den beiden antagonistischen Blöcken gelegen, war die entstehende DDR-Forschung noch stark von den politischen Bemühungen der frühen Bundesrepublik hin zu einer raschen Überwindung der deutschen Teilung bestimmt. Der deutsch-deutsche Wettstreit der Ideologien und Systeme färbte, auch über eine nun rasch wachsende Vielzahl an Forschungsinstituten, Beiräten, Kommissionen, Verbänden bis hinauf zum „gesamtdeutschen“ Bundesministerium in Bonn, eine breite publizistische Auseinandersetzung mit dem SED-Regime. Es war dabei vor allem die aus den USA nach Europa ausstrahlende Totalitarismustheorie im Anschluss an Emigranten wie Hannah Arendt und Carl Joachim Friedrich, die diese frühe „Zonenforschung“ stark prägte, die sich etwa mit der Zentralplanwirtschaft, den Parteien oder anderen Aspekten gesellschaftlicher Herrschaftsorganisation im Staatssozialismus auseinandersetzte.[33]

Nach dem Juni-Aufstand im Jahr 1953 sowie den Erhebungen in Ungarn und Polen im Jahr 1956 markierte der Mauerbau im August 1961 einen Höhepunkt dieses vom „Kalten Krieg“ intensiv geprägten Forschungszweigs. Ab Mitte der 1960er-Jahre wurden hier, auch unter dem wachsenden Eindruck anschwellender Debatten im Umfeld von „1968“, vermehrt Rufe nach einer prinzipiellen Neuausrichtung laut. Quasi begleitend zur ab 1969 durch die neue sozialliberale Bundesregierung eingeleiteten „Neuen Ostpolitik“, die auf schrittweise Annäherung und friedliche Koexistenz zwischen Ost und West setzte, gerieten die „Kalten Krieger“ der frühen DDR-Forschung zunehmend in die Defensive.[34]

Eine neue Schule einer sozialwissenschaftlich ausgerichteten „Deutschlandforschung“ blickte nun (allerdings noch immer auf einer sehr dünnen empirischen Grundlage) in den 1970er- und 1980er-Jahren deutlich wohlmeinender auf die DDR und ihre „spätindustrielle“ Gesellschaft, auch wenn die dortigen Menschenrechtsverletzungen sowie der autoritäre Umgang des SED-Regimes mit den Oppositionskräften gerade in den 1980er-Jahren die Szenerie weiterhin beständig eintrübten. Dennoch bestimmten in der Grundtendenz nun systemübergreifende Zusammenhänge (Interdependenzen) sowie industriegesellschaftliche Herausforderungen (Konvergenzen) zwischen „Realsozialismus“ und „Spätkapitalismus“ einen zunehmend post-nationalen Zeitgeist der jüngeren DDR-Forscher – etwa mit Blick auf intensiv verhandelte ökologische oder gesellschaftliche Herausforderungen in der Umwelt- und Sozialpolitik.[35]

Die friedliche Revolution im Herbst 1989 sowie der abrupte Kollaps der zuvor scheinbar „hyper-stabilen“ realsozialistischen Regime in Osteuropa stieß auch dieses Forschungsfeld in eine Existenz- und Schaffenskrise. Mit der kollabierenden DDR schienen nicht nur die grundlegenden Koordinaten eines ganzen Forschungsfelds über Nacht verschwunden zu sein, sondern dieser vieldiskutierte „Prognoseschock“ schien auch alle älteren Forschungen schlagartig entwertet zu haben. Dies galt gleichermaßen auch für die in der DDR selbst beheimatete gesellschaftswissenschaftliche Forschung, die fortan als in höchstem Maße ideologisiert und mithin wertlos galt und nach der Vereinigung 1990 sehr rasch und umfassend „abgewickelt“ wurde.[36]

Aber auch im Westen schien nun die Stunde der Abrechnung gekommen, in der sich die im Laufe der 1970er- und 1980er-Jahre als „Gestrige“ in eine Minderheitenposition gedrängten, stärker konservativen Forscher in ihrer Kritik an der „Weichzeichnung“ des SED-Regimes durch einen linksliberalen Mainstream und seine „Konvergenztheorien“ vollauf bestätigt sahen.[37] Doch auch dieser älteren Forschungsrichtung blieb ein später Triumph versagt: Es war vielmehr bezeichnend, dass die umfassenden wissenschaftlichen Planungen für den „Tag X“ einer deutschen Wiedervereinigung, die zahlreiche Forscher in den 1950er- und 1960er-Jahren entwickelt hatten, insbesondere bei der Bonner Bundesregierung so gut wie keine Rolle spielten und größtenteils in den Tiefen der Schubladen bzw. der Bibliotheken verborgen blieben – sieht man von den vorsorglich für ostdeutsche Städte reservierten Autokennzeichen einmal ab.[38]

Bezeichnenderweise sollten letztlich beide Forschungsparadigmen, die ältere Zonen- sowie die jüngere Deutschland-Forschung, nach 1990 in ihrer Wirkung begrenzt bleiben: Wie Beate Ihme-Tuchel und Ulrich Mählert in ihren Bilanzen überzeugend herausarbeiteten,[39] wurde die alte DDR-Forschung mit der DDR schlagartig selbst Geschichte. Der bittere Grundsatzstreit, ob der zweite deutsche Staat als durchherrschte „Diktatur“ (mit Stasi, Mauer und Verfolgung) oder (auch) als Gesellschaft mit eigen-sinnigem „Alltag“ (mit Gesellschaft, Konsum und „sozialen Errungenschaften“) angemessen zu deuten sei, wurde jetzt in der Vergangenheitsform geführt.[40]

Das nun entstehende, im engeren Sinne zeithistorische Forschungsfeld zur DDR blieb in den 1990er- und 2000er-Jahren noch sehr lange Zeit von diesem Dualismus aus Diktatur und Alltag geprägt.[41] Doch auch die zeithistorische Forschungslandschaft wurde langfristig durch die unmittelbaren Kontexte der Transformations- und Umbruchsgesellschaft mitbestimmt: Zu nennen wäre hier die Gründung des Zentrums für Zeithistorische Forschung (ZZF) in Potsdam im Jahr 1996. Dieses ging auf einen 1992 auf Empfehlung des Wissenschaftsrats ins Leben gerufenen Forschungsschwerpunkt zurück, der vor allem ostdeutschen Historikerinnen als Auffangbecken in dieser Umbruchsphase diente. Auch die Ursprünge des in Dresden gegründeten, stärker interdisziplinären Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung (HAIT) fielen in diese frühe Umbruchszeit. Ob nun stärker von der namengebenden, konservativen Totalitarismustheorie geprägt wie das HAIT oder von sozialhistorisch-sozialdemokratischen Ansätzen bestimmt wie das ZZF: Beide Institute waren selbst Kinder dieser Transformationszeit, wobei sich die hiesigen Historikerinnen aber thematisch stärker klassisch zeithistorischen Themen aus der Zeit vor 1989/90 zuwandten.[42]

Währenddessen spielte jedoch im sozial- und wirtschaftswissenschaftlichen Mainstream die Musik längst schon woanders: in einer personell, inhaltlich wie institutionell weitgehend neu formierten Transformationsforschung, die zeitgleich mit Mauerfall und Einigung in eine regelrechte Aufbruchs- und Entdeckerstimmung verfiel.


 

Makro- und Vogelperspektiven der 1990er-Jahre: nachholende „Modernisierung“

Die DDR war 1990 schlagartig Geschichte geworden – Ostdeutschland war es aber gerade nicht, ganz im Gegenteil: Während einige Sozialwissenschaftler wie der Soziologe Ulrich Beck oder der Sozialphilosoph Jürgen Habermas 1990 eindringlich zu wissenschaftlicher Zurückhaltung rieten und infolge des „schwarzen Freitags der Sozialwissenschaften“ mehr „Demut“ anmahnten, wurde ein Großteil der bundesdeutschen Sozialwissenschaftler von einer regelrechten Experimentaleuphorie geradezu elektrisiert: Das bevorstehende „Experiment Vereinigung“ werde in den kommenden Jahren, so urteilten der Soziologe Bernhard Giesen und der Politikwissenschaftler Claus Leggewie bereits 1991, als „sozialer Großversuch“ eine einmalige Gelegenheit bieten, bei der ein komplettes Institutionensystem auf eine andere, nun postsozialistische Gesellschaft übertragen werde und man dies gewissermaßen in Echtzeit unter „Laborbedingungen“ hautnah mitbeobachten könne, wie auch der Soziologe Rainer M. Lepsius schwärmte.[43]

Die Mehrzahl der eine neue „Transformationsforschung“ begründenden Sozial-, Wirtschafts- und auch Rechtswissenschaftlerinnen hatte zuvor meist nicht zur DDR (oder zum sozialistischen Osteuropa) gearbeitet. Allerdings tat sich hier jenseits aller inhaltlichen Herausforderungen ein lukratives Betätigungs- und Beschäftigungsfeld auf, das sich aus einer bereits absehbaren Hochkonjunktur an wissenschaftlichen Fördermöglichkeiten und potenziellen Karriereoptionen speiste. Die rasche Abwicklung der alten DDR-Forschung, der umfassende Umbau der ostdeutschen Hochschullandschaft sowie der eilige Aufbau einer neuen Transformations-Beobachtungsforschung waren untrennbar miteinander verwoben: Während ältere ostdeutsche Forscher mit allzu großer „Systemnähe“ weitgehend sang- und klanglos ausschieden, bot dieses neu formierte Feld westdeutschen Wissenschaftlern entsprechende Leitungs- und Führungsrollen als Professoren an neu gegründeten Instituten, während mittelalte und jüngere ostdeutsche Kolleginnen verstärkt als Projektmitarbeiterinnen in den zügig aufgelegten, großformatigen Forschungsstrukturen unterkommen konnten.[44]

Als institutionelles Herzstück der frühen Transformationsforschung fungierte dabei die „Kommission für die Erforschung des sozialen und politischen Wandels in den neuen Bundesländern“ (KSPW), in der zwischen 1991 und 1996 Dutzende Forscherinnen und Forscher in zumeist stark quantitativ-empirisch ausgerichteten Projekten arbeiteten. Die Studien der KSPW wurden dabei nicht selten als empirisch-analytische Grundlagenforschung verstanden, die in oft sehr detailliert zugeschnittenen Projektzusammenhängen umfassende sozialstatistische Datenreihen und -analysen produzierte. Doch auch weitere Forschungs- und Förderformate – etwa die Arbeitsgruppe „Transformationsprozesse in den neuen Bundesländern“ der Max-Planck-Gesellschaft, ein eigenes DFG-Schwerpunktprogramm sowie andere Programme der privaten Wissenschaftsförderung wie der VolkswagenStiftung – verliehen dem sich formierenden Forschungszweig zur Transformation ein sehr breites materielles, aber zugleich absehbar befristetes Fundament.[45]

Der damals selbst als junger ostdeutscher Nachwuchsforscher beteiligte Soziologe Raj Kollmorgen hat diese rasche „Aufbau- und Expansionsphase“ der frühen 1990er-Jahre treffend als „institutionell, personell und diskursiv pfadbegründend“ charakterisiert.[46] Inhaltlich, also methodisch und theoretisch, bildeten sich markante thematische Schwerpunkte aus, die wiederum mit einigungspolitischen Gegenwartsproblemen verschränkt waren. Es ging dabei insbesondere um die Wirkungen des „Institutionentransfers“ in Form von Sozialstrukturanalysen (in der Soziologie),[47] Reflexionen zum Wandel des politischen Systems bzw. der politischen Kultur (in der Politikwissenschaft)[48] sowie zur Analyse des Umbaus der Planwirtschaft in eine Marktwirtschaft (in der Ökonomie).[49]

Entgegen aller in der Euphorie von Mauerfall und Einigung 1989/90 gehegten Hoffnungen und Erwartungen auf eine schnell herzustellende „innere Einheit“ taten sich bereits ab 1991 massive gesellschaftliche Konfliktlagen und Gegensätze auf: Statt raschem Wohlstand auf Westniveau und „blühenden Landschaften“ bestimmten in den fünf neuen Bundesländern Deindustrialisierung, Arbeitslosigkeit und Abwanderung eine zunehmend triste Szenerie, während auf medialer wie kultureller Ebene massive Ost-West-Konflikte um „Besserwessis“ und „Jammerossis“ aufbrachen, die sich nicht nur in friedlichen Protesten oder steigenden Wahlergebnissen für die SED-Nachfolgepartei PDS, sondern auch in politisch-medial intensiv diskutierten rechtsextremen Ausschreitungen und weiteren gewaltsamen Eruptionen entluden.[50]


 

Zeitgenössische Karikatur: „Jammerossi“: „Hör auf zu jammern! Die Leuter denken ja noch, du bist ein Ossi!“<br />Grafik: Reiner Schwalme, 1. April 1999. Quelle: [https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Jammerossi-klein.jpg Wikimedia Commons], Lizenz: [https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.de CC BY-SA 3.0]
Zeitgenössische Karikatur: „Jammerossi“: „Hör auf zu jammern! Die Leuter denken ja noch, du bist ein Ossi!“
Grafik: Reiner Schwalme, 1. April 1999. Quelle: Wikimedia Commons, Lizenz: CC BY-SA 3.0


 

Die frühe Transformationsforschung fokussierte diese aus Sicht von Politik und Öffentlichkeit problematischen Vorgänge, der unmittelbaren Experimentaleuphorie des Anfangs folgend, nun bevorzugt aus einer übergreifenden Makro-Perspektive auf der Basis „harter“ Sozialdaten. Während die alte Totalitarismustheorie zeitgleich zumindest in Teilen der nunmehr (zeit-)historischen DDR-Geschichtsschreibung eine unverhoffte Renaissance feierte,[51] erlebte in den nach Osten expandierenden Sozial- und Wirtschaftswissenschaften insbesondere die Modernisierungstheorie ein veritables Comeback als kaum bestrittenes Leitparadigma der frühen Transformationsforschung.[52]

Diese liberale Großtheorie war zuvor in den 1970er- und 1980er-Jahren durch die Kritik aus den neuen sozialen Bewegungen des linksalternativ-grünen Milieus auf Grundlage postmoderner Theorieangebote insbesondere aus Frankreich und den USA zunehmend in die Defensive geraten und für ihren westzentrierten Wachstums-, Fortschritts- und Machbarkeitsglauben scharf attackiert worden.[53] Nach 1990 korrespondierte aber gerade die Modernisierungstheorie als revitalisiertes Paradigma bestens mit dem markt- oder neoliberalen Zeitgeist unmittelbar nach dem Zusammenbruch des sowjetischen Realsozialismus. Das letzte große Konkurrenz- und Alternativangebot zu liberaler Demokratie und freier Marktwirtschaft schien damit endgültig entzaubert, während diese nun wiederum als zentrale Zielgrößen der Moderne endgültig bestätigt schienen.[54]

Die weitgehende Dominanz der Modernisierungstheorie nach 1990 hatte für das neu konstituierte Forschungsfeld erhebliche Folgen. Demgemäß schien die sozialwissenschaftliche „Versuchungsanordnung“[55] der frühen Transformationsforschungen im deutsch-deutschen Fall eindeutig, in der mit erheblichem empirischen Aufwand (über Datenerhebungen, Reihenanalysen, Interviewreihen, Netzwerkmodellen etc.) entsprechende „Abstände“ und „Fortschritte“ beim „Aufbau Ost“ umfassend ge- und vermessen wurden.[56]

Die intensive quantitative Untersuchung gesellschaftlicher Strukturen, Prozesse und Entwicklungen in der ostdeutschen „Transformationsgesellschaft“ auf dem Weg zum unhinterfragten „Normalnull“ der alten Bundesrepublik bestimmte diese frühe Forschungsperspektive, die die Vorgänge in Ostdeutschland konsequenterweise als „nachholende“ Modernisierung verstand.[57] Es wundert deshalb kaum, dass die Mehrheit der Forscherinnen und Forscher eine übergeordnete, vermeintlich objektivere „Vogelperspektive“ bevorzugte, die sich von den hitzigen medialen Kontroversen wie gesellschaftlichen Konfliktlagen mit ihren vielfältigen „subjektiven“ Befindlichkeiten (insbesondere bei den ostdeutschen „Modernisierungsobjekten“ selbst) möglichst weit entfernt hielt.

Der publizistische Ausstoß dieser ersten Welle der „Transformationsforschung“ steigerte sich bis zur Jahrtausendwende nochmals, als etliche Sammelbände und Einzelstudien durchaus gemischte „Zwischenbilanzen“ nach dem „Vereinigungsschock“ zogen.[58] Die gegenwartswissenschaftlichen Bewertungen fielen dabei nicht nur mit Blick auf die umfassenden beobachteten und vermessenen sozialen Transformationsprozesse im Osten, die weit hinter den ursprünglichen Erwartungen zurückblieben, ambivalent aus. Der Soziologe Claus Offe hatte dies schon 1992 auf die vielzitierte Formel eines „Dilemmas der Gleichzeitigkeit“ einer verschränkten Einführung von liberaler Demokratie und Marktwirtschaft in ganz Osteuropa gebracht.[59] Und gerade auch eine rasche „Angleichung“ bzw. „Modernisierung“ des Osten Deutschlands – das dafür im Blick vieler Zeitgenossen ja eigentlich beste Voraussetzungen hatte – war in materieller, aber offenkundig auch in mentaler Hinsicht ausgeblieben. Vor allem Arbeitslosigkeit und Deindustrialisierung, soziale Ungleichheit und „politische Kultur“ sowie Extremismus wurden fortan zu Dauerbrennern einer zunehmend kritisch gestimmten Forschung, die das gesellschaftliche Auf- und Umbauprojekt schwerlich als lineare Erfolgs- und Wachstumsgeschichte beschreiben konnte, wie es etwa die christlich-liberale Bundesregierung noch bis Ende der 1990er-Jahre versuchte.[60]

Vielmehr herrschte nun auch in der Transformationsforschung, zeitgleich mit dem allmählichen Versiegen umfassender staatlicher Förderprogramme sowie einem merklichen Nachlassen des medienöffentlichen wie politischen Interesses, bald eine wachsende Katerstimmung. Zwar hatten die Transformationsforscher im Laufe der 1990er-Jahre unzählige Studien, Texte und Bücher an meist quantitativ-empirischer Spezialforschungsliteratur zum ostdeutschen „Fall“ vorgelegt. Doch wurde dieser nun mehr und mehr als einmalig und spezifisch betrachtet, als ein soziales Experiment, das kaum zu Generalisierungen taugte.[61]

Im Jahr 2003 kam der Soziologe Stephan Weingarz in seiner lesenswerten Bilanzschrift zum „Laboratorium Deutschland“ zu einem sehr durchwachsenen Fazit: Die unbestreitbare „Wissensexplosion“ zum ostdeutschen „Spezialfall“ habe gerade nicht zu einer übergreifenden „Theorie“ oder „Synthese“ in der hiesigen Transformationsforschung geführt, die auch innerhalb der internationalen Wissenschaften eine entsprechende Strahlkraft hätte entwickeln können. Das Engagement in diesem Forschungsfeld habe sich für viele nach 1990 beteiligte Akademikerinnen eher als „Lebensabschnittsprojekt“ erwiesen, das mit der Jahrtausendwende abgeschlossen schien.[62]


 

Mikro- und Verlustperspektiven der 2000er-Jahre: subjektive Umbrüche

Die Jahrtausendwende markierte damit einen graduellen, eher langfristigen Übergang als einen scharfen Bruch: Die frühe Transformationsforschung mit ihrem Fokus auf „harten“ quantitativen, zumeist statistisch messbaren Daten und Analysen setzte sich zwar einerseits weiter fort. Zugleich wandten sich Teile der Transformationsforschung nun stärker „weichen“ oder qualitativen Aspekten der vielfältigen, oft ambivalent-krisenhaften Umbrüche in ostdeutschen Biografien, Identitäten oder der an Erfahrungen orientierten Analyse zu. Während sich viele Soziologen, Politik- und Wirtschaftswissenschaftler allmählich aus dem Feld zurückzogen, waren es nun vorwiegend Literatur- und Kulturwissenschaftlerinnen, die den nächsten Wellenausschlag in diesem Forschungsfeld maßgeblich antrieben. Dementsprechend geriet auch die in den 1990er-Jahren noch dominante Modernisierungstheorie als theoretischer Fixstern merklich ins Sinken, während die postmodern orientierten „cultural turns“ nun auch verstärkt in die neueren Forschungen und Reflexionen zu Ostdeutschland Einzug hielten.[63]

Dies hing abermals mit übergreifenden Wandlungen in den gesellschaftlichen Deutungsmustern und zeitgenössischen Problemhorizonten zusammen. Zwar hatten einige kritische Forscherinnen schon während der ersten Welle etwa Arbeitslosigkeit, Demokratieverdruss, Ungleichheit oder Fremdenfeindlichkeit im Osten thematisiert; deren tiefere Wirkungen und Spuren in den ostdeutschen Biografien im Spannungsfeld von DDR und Post-DDR wurden jedoch erst jetzt intensiver diskutiert.[64]

Dieser folgenreiche Perspektivenwandel von einer „objektiven“ Makroebene der Strukturen und Prozesse auf eine „subjektive“ Mikroebene von Praktiken, Individuen und Mentalitäten (bzw. zwischen diesen vermittelnden Diskursen) erschien zugleich auch erinnerungskulturell eingebettet: In der während der 1990er-Jahre aufblühenden Geschichtswissenschaft zur DDR-Geschichte etwa flaute, wie sich an den entsprechenden Enquete-Kommissionen des Bundestags gut nachverfolgen lässt,[65] die frühere Dominanz der Totalitarismusthorie deutlich ab. Das zuvor intensiv empirisch herausgearbeitete harte „SED-Regime“ wurde in neueren Forschungsarbeiten vermehrt auch mit dem facettenreichen, ja normalen „Alltag“ in den diversen gesellschaftlichen „Nischen“ in der Diktatur kontrastiert – eine Sichtweise, die auch stärker in der ostdeutschen Gesellschaft selbst verbreitet war, in der das reine Diktatur-Paradigma stets als problematisch beäugt wurde.[66]

Diese zunehmend kritische Dekonstruktion „des Ostens“ sollte auch für die zweite Welle der Ostdeutschlandforschung nach der Jahrtausendwende prägend und wegweisend werden. Diese gelangte zwar in ihren quantitativen Ausmaßen, was Fördermittel, Forschungsprojekte oder Publikationsausstoß anbelangte, bei Weitem nicht mehr an die Transformationsforschungs-Bonanza der frühen 1990er-Jahre heran. Doch hatte sich unterdessen auch das forschende Personal selbst stärker verändert: Waren es in der ersten Welle noch weitgehend westdeutsche und überwiegend männliche Sozial- und Gesellschaftswissenschaftler, die den (modernisierungstheoretischen) Ton an- und die Zielrichtung (gen Westen) vorgegeben hatten, wurde die zunehmend auch von Literatur- und Kulturwissenschaftlerinnen geprägte wissenschaftliche Community nun allmählich weiblicher, ostdeutscher und jünger – aber zugleich auch prekärer, da es den meist auf befristeter Projektbasis Forschenden oft an dauerhaften institutionellen Anbindungen insbesondere an den mittlerweile voll ausgebauten und stellenmäßig gesättigten ostdeutschen Universitäten und Forschungsinstituten mangelte.[67]

Die neueren Arbeiten verschoben auch den inhaltlichen Fokus: Statt quantitativer Spezialanalysen mit Blick auf die gesellschaftlichen Makroebenen bestimmten nun eher qualitative Zugriffe mit einem Fokus auf der individuellen Mikroebene sowie einer medialen Diskursebene das wissenschaftliche Geschehen. Übergreifend wurden Mediendiskurse über „den“ Osten und die dort agierenden „Subjekte“ nun auch von ostdeutschen Forschern wie Thomas Ahbe dekonstruiert, der die aus westdeutscher Perspektive oft als rückwärtsgewandte politische Fehlentwicklung beargwöhnte „Ostalgie“ als produktiv-selbstermächtigende „Laienpraxis“ beschrieb.[68] Auch Soziologen wandten sich nun verstärkt qualitativen Methoden zu – etwa im Rahmen des „Wittenberge“-Projekts unter der Leitung von Heinz Bude. Die Forscherinnen wollten dabei mithilfe von intensiven Interviewstudien und teilnehmender Beobachtung den eigen-sinnigen Dynamiken und auch den hiermit verknüpften Erzählungen und Deutungen beim „ÜberLeben im Umbruch“ in Ostdeutschland auf die Spur kommen.[69]

Weitere Medienwissenschaftlerinnen arbeiteten die diskursive „Exotisierung“ des Ostens in wirkmächtigen Bildern heraus, während Literaturwissenschaftler die bereits ab 1990 in den Feuilletons ausgerufene Suche nach dem „Wenderoman“ kritisch hinterfragten.[70] Überhaupt standen zuvor kaum beachtete kulturelle Ver- und Bearbeitungsweisen der Umbrüche prominent im Fokus: Bilder, Texte oder Filme traten neben die bislang dominanten Sozialstrukturanalysen mit ihren Milieus oder Schichten; zugleich erschienen Sprache, Literatur und Kunst als herausgehobene Arenen und Orte intensiver Fremd- und Selbstreflexionen über die ostdeutsche (Teil-)Gesellschaft im Umbruch.[71] Die Agency und Aneignungen des widersprüchlichen Wandels in Ostdeutschland spielten vor allem auch bei der wissenschaftlichen Analyse des um die Jahrtausendwende vermehrt diskutierten Phänomens der „Ostalgie“ (vor allem in den Medien) eine wesentliche Rolle.[72]

Letztlich erscheint es angebracht, diese zweite, insgesamt kleinere Welle begrifflich als „Umbruchsforschung“ zu charakterisieren, die sich nicht nur in ihren methodisch-theoretischen Grundlagen sowie quantitativen Ausmaßen von der früheren Transformationsforschung unterschied. Die Perspektivverschiebungen um die Jahrtausendwende von der Makro- zur Mikroebene bzw. von der Moderne zur Postmoderne waren auch prinzipieller Natur und hatten weitreichende Implikationen für die neuerlichen Erzählungen und Deutungen der Vorgänge in Ostdeutschland selbst – gewissermaßen von der westzentrierten „Anpassung“ zur ostzentrierten „Agency“. Die Ostdeutschen selbst erschienen nun nicht mehr als defizitäre Objekte nach- oder aufholender Modernisierungsbemühungen, sondern zunehmend als kreative post-industrielle Subjekte einer geradezu postmodernen „Avantgarde“ mit einer besonderen Krisen- und Umbruchskompetenz, wie sie etwa der ostdeutsche Sozialwissenschaftler Wolfgang Engler prominent herausarbeitete.[73]

Insgesamt wurde der Blick in und auf den Osten aus diesen diskursanalytischen bzw. Mikro-Perspektiven merklich skeptischer und auch kritischer. Der prinzipielle Optimismus der zuvor tonangebenden Modernisierer und Verwestlicher hatte sich zwar einerseits deutlich erschöpft; auf der anderen Seite hatten in den frühen 1990er-Jahren noch linke Aktivistinnen aus einer klaren Minderheitenposition von einer „Kolonie Ost“ gesprochen, in der vorwiegend westdeutsche Eliten eine arglos-naive ostdeutsche Bevölkerung unter den Vorzeichen eines triumphierenden Kapitalismus regelrecht handstreichartig unterworfen und abgewickelt hätten.[74] Andererseits verwiesen die oft sozial- und politikwissenschaftlichen Forschungen zu Rechtsextremismus, zu Gewalt sowie Fremdenfeindlichkeit in Ostdeutschland, die schon in den frühen 1990er-Jahren mit den Pogromen in Hoyerswerda oder Rostock-Lichtenhagen buchstäblich befeuert wurden,[75] auf die dunklen Seiten ostdeutscher Agency.


 

Foto: Vietnamesische Gastarbeiter aus Cottbus verlassen mit Chartermaschinen vom Flugplatz Schönefeld aus die DDR. Fotograf: ADN/Ralph Hirschberger, Berlin, 31. Mai 1990. Quelle: [https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_Bild_183-1990-0531-022,_Berlin,_vietnamesische_Gastarbeiter.jpg Bundesarchiv Bild 183-1990-0531-022 / Wikimedia Commons], Lizenz: [https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.de CC BY-SA 3.0] <br />Das Ende der DDR stellte auch das Bleiberecht der Migrantinnen in Frage. Es gab den Staat nicht mehr, für den sie eine begrenzte Aufenthaltserlaubnis hatten. Die rassistische Gewalt nahm massiv zu. Als besonderer Anreiz zur Ausreise wurde allen sog. Vertragsarbeitern, die das Land verließen, 3000 D-Mark Entschädigung angeboten. Die Betriebe organisierten den Rückflug. <br />Vgl. zu den Migrantinnen, die als „Vertragsarbeiter“, als Studierende oder politische Emigranten in die DDR kamen, die Webdokumentation „[https://bruderland.de/ Eigensinn im Bruderland]“ [18.10.2022] von Isabel Enzenbach, Mai-Phuong Kollath und Julia Oelkers.
Foto: Vietnamesische Gastarbeiter aus Cottbus verlassen mit Chartermaschinen vom Flugplatz Schönefeld aus die DDR. Fotograf: ADN/Ralph Hirschberger, Berlin, 31. Mai 1990. Quelle: Bundesarchiv Bild 183-1990-0531-022 / Wikimedia Commons, Lizenz: CC BY-SA 3.0 
Das Ende der DDR stellte auch das Bleiberecht der Migrantinnen in Frage. Es gab den Staat nicht mehr, für den sie eine begrenzte Aufenthaltserlaubnis hatten. Die rassistische Gewalt nahm massiv zu. Als besonderer Anreiz zur Ausreise wurde allen sog. Vertragsarbeitern, die das Land verließen, 3000 D-Mark Entschädigung angeboten. Die Betriebe organisierten den Rückflug. 
Vgl. zu den Migrantinnen, die als „Vertragsarbeiter“, als Studierende oder politische Emigranten in die DDR kamen, die Webdokumentation „Eigensinn im Bruderland“ [18.10.2022] von Isabel Enzenbach, Mai-Phuong Kollath und Julia Oelkers.


 

Insgesamt erschienen die um die Jahrtausendwende aufkommenden, kulturalistisch orientierten Forschungsperspektiven weniger politisierend oder aktivistisch, sondern skeptisch-resignativ eingefärbt. Die mehr oder weniger bewältigten Umbrüche in den ostdeutschen „Lebenswelten“ wurden dabei weniger moralisierend als Opfer-, sondern als vielfältige Verlustgeschichten entfaltet; auf individueller Ebene konnten diese zwar auch mögliche Aufbrüche, aber oft eher dauerhafte Abbrüche bedeuten. Dabei wurden in der neueren Umbruchsforschung der 2000er-Jahre diese sehr verschiedenen „Lagen“ innerhalb der ostdeutschen Gesellschaft intensiver diskutiert, wodurch „harte“ und „weiche“ Perspektiven zusammenfinden konnten: Generationen-, Geschlechter- oder Berufszugehörigkeit erschienen zunehmend als wichtige, differenzierende soziostrukturelle wie soziokulturelle Marker, die auf einer mittleren Ebene eine disziplinäre Brücke zwischen den früheren Makro- und späteren Mikroperspektiven schlagen konnten.[76]

Insgesamt blieb der Grundton der zweiten Welle der ostdeutschen Umbruchsforschung also skeptisch bis zurückhaltend, ja bisweilen ernüchtert. Zeitgleich deutete sich aber ein gewichtiger gesellschaftswissenschaftlicher Paradigmenwechsel an: Mit dem verstärkten Aufkommen eines wirkmächtigen, marktliberalen Globalisierungsdiskurses, der weltweiten Wettbewerb und Wandel propagierte, schien die zuvor angestrebte Anpassung an das nun selbst zunehmend als veraltet und reformbedürftig wahrgenommene westdeutsche Grundmuster mehr und mehr fragwürdig, ja nachgerade kontraproduktiv. Nach den Mühen der Ebenen schien die bittere Wahrheit nun hinter dem Horizont zu liegen: Aller postsozialistischen Anpassungsanstrengungen zum Trotz stellte sich die Frage, ob die nach 1990 abrupt begonnenen kollektiven Transformationsprozesse sowie individuellen Umbruchsbewältigungen in einem hochdynamischen, globalen Zeitalter überhaupt je ein (glückliches) Ende finden konnten. Interessanterweise hatte diese globale Perspektive schon bald auch erhebliche Folgen für das hier behandelte Forschungsfeld, das nach der Jahrtausendwende für einige Zeit weitgehend von der Bildfläche verschwand.


 

Meta- und Vermittlungsperspektiven: neue Wege einer (zeit-)historischen Transformationsforschung

Bemerkenswerterweise war es, nach den plötzlichen politischen Revolutionen und Umbrüchen 1989/90, kurz nach der Jahrtausendwende abermals eine weltpolitische Zäsur, die sich nachhaltig auf die Forschungslandschaft auswirkte. Sowohl der früheren Transformations- als auch der späteren Umbruchsforschung hatte durchweg etwas Innerdeutsch-Nabelschauartiges angehaftet; die Diskussionen etwa um den osteuropäischen Postsozialismus (oft im Vor- und Umfeld der „Osterweiterungen“ der EU im Jahr 2004) spielten – angesichts des ausgeprägten introspektiven Referenz- und Diskussionsrahmens – nur eine Nebenrolle. Mit den Terrorattacken des 11. September 2001, den zugleich aufkommenden Globalisierungsdiskussionen sowie der Kaskade an internationalen Finanzmarkt- und Währungskrisen um 2007/8 und 2010 rückten die innerdeutschen Transformationsprozesse und Umbruchsbewältigungen auf den (sozial-)wissenschaftlichen Agenden für einige Zeit in den Status einer nebengeordneten Regional- und Spezialforschung. Ab Mitte der 2000er-Jahre ließ dann auch die Zahl der Publikationen in diesem Forschungsfeld deutlich nach. Sowohl die makroperspektivischen Erfolgs- als auch die mikroperspektivischen Leidensgeschichten schienen weitgehend „auserzählt“.[77]

Generell war nicht nur das wissenschaftliche, sondern auch das mediale wie politische Interesse an Transformationen und Umbrüchen zunehmend ermattet. Eine markante Ausnahme markierten die besonders im Osten ausgeprägten Agenda-Proteste im Sommer 2003 gegen die sozialpolitische Reformagenda der rot-grünen Bundesregierung, die den sozialstaatlichen Minimalkonsens der 1990er-Jahre – harter Umbau der Wirtschaft bei sozialstaatlicher Abfederung der Folgen – endgültig aufzukündigen schien.[78] Da diese medial intensiv rezipierten Agenda-Proteste bald als kurzfristiger Abwehrreflex, ja vielleicht sogar als letztes Aufbäumen allmählich verblassender Ost-West-Konflikte gedeutet wurden, lieferten sie auch keine nachhaltigen Impulse für eine ohnehin schrumpfende Forschungslandschaft. Als im Herbst 2005 Angela Merkel als erste Ostdeutsche ihr Amt als Bundeskanzlerin antrat, wurde dies zugleich als zentraler Schritt auf dem Weg zur „inneren Einheit“ gedeutet, den auch die im Jahr 2012 erfolgte Wahl des früheren ostdeutschen Bürgerrechtlers Joachim Gauck zum Bundespräsidenten vorgeblich nochmals untermauerte. Der Osten schien nun tatsächlich schrittweise seine spezifischen Besonderheiten als innerdeutsche „Problemzone“ zu verlieren, während generationeller Wandel, innerdeutsche Migrationen sowie übergreifende Problemlagen, so die wachsende Hoffnung, derlei angleichende Prozesse befördern und schließlich auch vollenden würden.[79]

Der ursprüngliche experimentelle Modernisierungs-Eifer der 1990er- und die kulturellen Umbruchs-Erkundungen der 2000er-Jahre verblassten demgegenüber mehr und mehr. Einzig an entsprechenden Jahrestagen schienen geschichtspolitische Rituale wie mediale Bilanzierungsversuche, typischerweise zu den „Kosten der Einheit“, noch als vergleichsweise ferne Echos der hitzigen Konflikte und Debatten vor allem einer bewegten Frühzeit.[80] Zwar hielten einige größere Forschungsprojekte die traditionellen Zweige der früheren Forschungsfelder im Kleinen weiter am Leben – so stand der bis 2011 geförderte SFB 580 in Jena und Halle stark in der Tradition der sozialwissenschaftlichen Makroperspektiven[81] –, während das bereits erwähnte, sozialwissenschaftlich-ethnologische Forschungsprojekt „Wittenberge ist überall“ intensiv an die ethnografische Mikroperspektive der zweiten Welle der Forschung anknüpfte.[82] Dennoch war die Transformations- und Umbruchsforschung in den frühen 2010er-Jahren in eine regionale Randlage im wissenschaftlichen Niemandsland zwischen den gegenwartsbezogenen Disziplinen und historischen Fächern geraten; Transformation und Umbruch im Osten schienen einerseits nicht mehr Gegenwart, aber andererseits auch noch keine Geschichte zu sein.[83]

Doch dabei blieb es nicht. Es waren die Kommunal- und Landtagswahlerfolge der rechtspopulistisch-rechtsextremen Alternative für Deutschland vor allem in Ostdeutschland, die das öffentliche, politische wie auch wissenschaftliche Interesse wieder verstärkt gen Osten lenkten. Zwar konnte die sich nun vor allem als migrations-kritische Partei rechts von den Unionsparteien positionierende AfD in dieser Zeit auch in Baden-Württemberg punkten. Dennoch wurde der Aufschwung eines neuen Rechtspopulismus, der die AfD bei der Bundestagswahl 2017 zur größten Oppositionskraft aufsteigen ließ, insbesondere als ostdeutsches Problem wahrgenommen und diskutiert.[84]

Zugleich befeuerte die Diskussion über rechtsextreme Gewaltexzesse und Terrorakte diesen Diskurs weiter, der bereits mit der Enthüllung um die rechtsextreme, im Jena der 1990er-Jahre gegründete Terrorgruppe NSU im Jahr 2011 eingesetzt hatte. Intensiv rezipierte Protest-Phänomene wie die im Herbst 2014 beginnenden „Pegida“-Märsche in Dresden und anderswo oder rechtsextreme Ausschreitungen in Chemnitz im Sommer 2018 verschärften derlei Krisen-Eindrücke weiter.[85] Auf der anderen Seite mehrten sich in der Öffentlichkeit kritische Stimmen wie die der damaligen sächsischen SPD-Integrationsministerin Petra Köpping, die die ostdeutschen Verlusterfahrungen sowie fortbestehende Ungleichheiten zwischen Ost und West und insbesondere eine strukturelle Benachteiligung der Ostdeutschen (beim Vermögen oder in Führungspositionen) etwa am Beispiel der Privatisierungspolitik der Treuhandanstalt in den frühen 1990er-Jahren sowie ihrer mittel- und langfristigen Folgewirkungen beklagten[86] – und hierfür auch teilweise massiven Widerspruch ernteten.[87]

Kurzum: „Der“ Osten „tickte“, so mehrten sich die medialen Eindrücke und politischen Kommentare, entgegen allen Erwartungen doch noch deutlich anders als „der“ Westen.[88] Ostdeutsche erschienen dabei je nach Perspektive als potenziell rechtslastige „Täter“ oder als vom Westen unterdrückte „Opfer“. Diese massive Repolitisierung und Repolarisierung der gesellschaftlichen Diskussionen führte ab 2015 zu einer nunmehr dritten Welle der Transformationsforschung, die noch schwieriger auf einen allgemein-ordnenden Oberbegriff zu bringen ist: Sowohl gegenwartsbezogene Fächer wie die Sozial-, Politik- oder Wirtschaftswissenschaften als auch die historischen Disziplinen sahen und sehen sich einer erheblichen Nachfrage aus Öffentlichkeit und Politik gegenüber. Erneut, wie auch in den frühen 1990er-Jahren, beförderte eine Sonderkonjunktur aus Fördermaßnahmen und Forschungsprojekten das weitere wissenschaftliche Interesse, in dem sich nun akute Gegenwartsdiagnostik und einsetzende Zeithistorisierung zu vermischen begannen.

Grundsätzlich ruht diese dritte Welle auf den Fundamenten der beiden früheren Forschungszyklen auf, konfiguriert diese aber aus einer stärker vermittelnden und differenzierenden Meta-Perspektive neu: Der herkömmliche Streit, ob altbekannte „DDR-Prägungen“ die „nachholende Modernisierung“ der ostdeutschen Gesellschaft gebremst oder aber die massiven, ja schockartigen „Umbruchserfahrungen“ nach 1990 auf individueller wie kollektiver Ebene entsprechende mentale wie materielle Fern- und Folgewirkungen erzeugt hätten, dürfte zumindest aus (geschichts-)wissenschaftlicher Perspektive kaum noch befriedigen: Statt die altgediente Frage nach der ostdeutschen Differenz „von oben“ oder „von unten“ zu beantworten, scheint sich in den letzten Jahren vielmehr eine neue Vielstimmigkeit und wachsende Multiperspektivität herauszukristallisieren, die gegenwärtig noch schwer auf einen Nenner zu bringen ist.

Interessant erscheint dabei, dass die wissenschaftlichen Diskussionen um den Osten in den 2020er-Jahren in starkem Maße interdisziplinär ausgerichtet sowie zugleich auch mit künstlerischen Aneignungsversuchen sowie medialen Reflexionsweisen verknüpft sind, die vermehrt auch aus der Perspektive einer jüngeren, zum Teil nachgeborenen Generation auf die früheren Entwicklungen zurückblicken.[89] In den Sozialwissenschaften geben mittlerweile etablierte Forscher wie die Soziologen Steffen Mau oder Raj Kollmorgen den Ton an, die selbst als junge ostdeutsche Nachwuchswissenschaftler die ersten beiden Wellen miterlebt hatten und diese jetzt aus einer umfassenden Perspektive mit erheblichem Publikumserfolg reflektieren können: Kollmorgen als Mitherausgeber des multidisziplinären „Handbuchs Transformationsforschung“, das als äußerst umfassende Zwischenbilanz der ersten beiden Wellen gelten kann;[90] Mau als mit dem Leibniz-Preis im Jahr 2021 ausgezeichneter Autor seines vieldiskutierten Buchs „Lütten Klein“, einer bemerkenswerten Kombination aus sozialstrukturellen Analysen und autobiografischen Reflexionen.[91]

Als zentrale Neuerung erscheint die wachsende Bedeutung der Zeitgeschichtsforschung, die das Feld nun – nach anfänglicher Reserve und merklicher Distanz[92] – mit großem Nachdruck für sich zu erschließen beginnt. Dafür steht etwa der hierfür 2019 mit dem Wittgenstein-Preis ausgezeichnete Wiener Historiker Philipp Ther, der bereits 2014 einen stärker vergleichenden und nicht west-zentrierten Blick auf die osteuropäischen Transformationsländer angemahnt hatte, die nach 1990 zu einem Experimentierfeld eines „neoliberalen Zeitalters“ avanciert seien.[93] Während Ther den ostdeutschen „Sonderfall“ jedoch eher als Kontrastfolie nutzte, deutete der Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk mit seinem 2019 veröffentlichten und ebenfalls vieldiskutierten Buch die Vorgänge pointiert als „Übernahme“ des Ostens durch den Westen, verweigerte sich dabei jedoch zugleich linearen Ost-West-Dichotomien.[94]

Doch auch neben diesen medial breit rezipierten und diskutierten Titeln hat die zeithistorische Forschung die inhaltliche Diskussion aufgenommen.[95] Zwar hatten einige Historiker schon frühzeitig gewichtige Studien zur Zeit nach 1990 vorgelegt und damit die traditionellen Grenzen des Fachs weit überschritten – so Jürgen Kocka oder Konrad Jarausch mit ihren zeitgenössischen Analysen zur „Vereinigungskrise“;[96] im Jahr 2006 widmete sich Gerhard A. Ritter der Expansion des Sozialstaats („Preis der Einheit“),[97] und Andreas Rödder legte eine facettenreiche Geschichte der Wiedervereinigung vor.[98]

Doch von einer zeithistorischen Forschungsdiskussion kann man eigentlich erst ab Mitte der 2010er-Jahre sprechen: Christoph Lorke und Thomas Großbölting legten 2017 eine erste Zusammenschau laufender wie gerade abgeschlossener zeithistorischer Forschungsvorhaben zur „Vereinigungsgesellschaft“ vor, die erste (Zwischen-)Ergebnisse, etwa zum Umbau der Armeen, den Aktivtäten der Stasi-Unterlagenbehörde, der Rolle der umstrittenen Treuhandanstalt oder zum Konsumverhalten im Osten.[99] Im Jahr 2019 gaben Kerstin Brückweh und der Autor dieses Beitrags unter dem Motto „Weder Ost noch West“ einen Überblick gegenwärtiger Forschungstrends.[100] Auch ein interdisziplinäres Team um den Politikwissenschaftler Everhard Holtmann hat 2020 ein umfassendes Dossier gegenwärtiger Bilanzierungsversuche zu den „langen Wegen der Deutschen Einheit“ erstellt.[101] Seit dem Jahr 2020 erscheint ein eigenes, zeithistorisch ausgerichtetes „Jahrbuch Deutsche Einheit“, das als offenes Forum für verschiedene Zugriffe, Perspektiven, Kontroversen und Ergebnisse dieser neuerlichen Forschungsbemühungen konzipiert ist und dabei laufende wie abgeschlossene Projekte vorstellt.[102] Ferner markiert das im Sommer 2021 von Ilko-Sascha Kowalczuk und anderen herausgegebene Kompendium „(Ost)Deutschlands Weg 1989-2021“ einen weiteren Meilenstein, der nochmals die inzwischen immense Bandbreite an bereits realisierten oder in Arbeit befindlichen, transformationsbezogenen Forschungsaktivitäten herausgestellt hat.[103]

Neben den Publikationen haben seit 2018 auch neue Förderlinien zur Geschichte der DDR und ihrer Nachwirkungen, insbesondere durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung,[104] verschiedene (Groß-)Projektzusammenhänge gestiftet, die etwa in der Soziologie (Leipzig/Freiburg),[105] der Bildungsforschung,[106] der Mediengeschichte (München/Potsdam),[107] der Demokratie- oder Transformationsforschung (Jena/Erfurt),[108] der Diktatur- und Verfolgungsgeschichte (Berlin),[109] der Psychiatriegeschichte (Mainz),[110] der Umwelt- und Bergbauforschung (Wuppertal/Freital)[111] oder der Stadtforschung (Erkner) angesiedelt sind.[112] In diesem Kontext haben jüngst Alexander Leistner und Monika Wohlrab-Sahr ein erstes Kompendium zum „Umstrittenen Erbe von 1989“ vorgelegt, das vor allem medialen, künstlerischen sowie didaktischen (Vermittlungs-)Perspektiven folgt.[113]

Ein größeres zeithistorisches Forschungsprojekt beim Münchner Institut für Zeitgeschichte untersucht seit 2017 die Geschichte von Treuhandanstalt und Wirtschaftsumbau und konnte inzwischen erste Ergebnisse aus den verschiedenen Teilprojekten vorlegen.[114] Weitere Forschungen vor allem zur Rolle der Gewerkschaften, der Medien sowie weiterer (zivil-)gesellschaftlicher Akteure und Gruppen in der „Transformation von unten“ werden gegenwärtig in Leipzig[115] oder Dresden angesiedelt.[116] In Bochum hat jüngst eine eigene Forschungs- und Arbeitsgruppe zu den westdeutschen „Experten der Einheit“ ihre Tätigkeit aufgenommen.[117] Auch weitere zeithistorische Gesprächs- oder Sammelbände von Christina Morina[118] oder Jörg Ganzenmüller[119] haben den fachinternen Selbstverständigungs- und Orientierungsbedarf nur noch weiter untermauert.[120]

Während es im Moment noch deutlich zu früh erscheint, die kommenden Ergebnisse dieser erst kürzlich begonnenen und thematisch sehr vielfältigen Projekte zu bilanzieren, kann im engeren Bereich der Zeitgeschichte auf erste empirisch fundierte Einzelprojekte verwiesen werden. Sie alle sind meist auf empirisch fassbare Gegenstände wie politisch-medial-wissenschaftliche Diskurse oder eben konkrete Organisationen und Institutionen bezogen: Angela Siebold etwa hat bereits 2013 eine transeuropäische Diskursgeschichte des Schengen-Raums vorgelegt.[121] Insbesondere seit 2017 wurden weitere, empirisch fundierte sowie dezidiert zeithistorische (Einzel-)Forschungen von Anja Schröter zur langfristigen Praxis von Ehescheidungen,[122] Mandy Tröger zum Umbau der Verlags- und Medienlandschaft,[123] Jann Müller zu den Industrie- und Handelskammern,[124] Thorsten Holzhauser zur Geschichte der PDS bzw. Linken,[125] Konrad Sziedat zur Rolle der Grünen im Umbruch,[126] Anja Tack zu den Auseinandersetzungen über Kunst und Künstlerinnen im Zuge der Vereinigung[127] sowie von Ines Langelüddecke zur Rückkehr von Landadligen in die ostdeutsche Provinz veröffentlicht;[128] zu nennen wären hier auch meine eigenen, im Jahr 2018 publizierten Forschungen zur Ideen-, Praxis- und Erfahrungsgeschichte der Treuhandanstalt und ihres Personals[129] sowie zu ihren komplexen erinnerungskulturellen Nachgeschichten.[130] André Steiner und Louis Pahlow haben hingegen die deutsch-deutsche (Unternehmens-)Geschichte der Carl-Zeiss-Stiftung in den 1990er- und 2000er-Jahren umfassend beleuchtet.[131] Die jüngst abgeschlossene Studie von Jessica Lindner-Elsner wirft einen langen Blick auf Geschlechterverhältnisse im ostdeutschen Automobilbau seit den 1970er-Jahren mit einem besonderen Fokus auf die massiven Umbrüche und deren gesellschaftliche Folgen während der 1990er-Jahre.[132]

Als begriffsprägendes Leuchtturmprojekt hat sich das von Kerstin Brückweh, Clemens Villinger und Kathrin Zöller am Potsdamer ZZF verfolgte Projekt einer „langen Geschichte der Wende“ positionieren können, das nicht nur zeitlich übergreifende Perspektiven in den 1980er- und 2000er-Jahren erkundet, sondern auch neue partizipative sowie digitale Formate erprobte.[133] Insbesondere der konkrete Umgang mit den innerhalb der ersten Wellen der Transformationsforschung produzierten „Sozialdaten“ spielte dabei eine Schlüsselrolle.[134] In diesem Zusammenhang entwickelt die im Jahr 2021 abgeschlossene Arbeit von Clemens Villinger alltagshistorische Perspektiven auf den Konsum in der ostdeutschen Gesellschaft.[135] Auch die in Erfurt und Jena angesiedelten, von Annette Weinke, Franka Maubach, Christiane Kuller sowie Carsta Langner und anderen verfolgten, stärker interviewbasierten Forschungsprojekte zu einer „Erfahrungsgeschichte der Transformation in Ostdeutschland (1970-2010)“ knüpfen an längere zeithistorische Perspektiven an und thematisieren dabei – neben ostdeutschen Umbruchsverarbeitungen – insbesondere auch migrantische (Gewalt-)Erfahrungen jenseits von Ost und West.[136]

In derart langen Linien werden in laufenden Forschungen auch Phänomene wie Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt in neuer Intensität aus zeithistorischer Perspektive verhandelt: So hat ein 2019 von Yves Müller und Dominik Rigoll neu ins Leben gerufener „Zeithistorischer Arbeitskreis extreme Rechte“ hier erste Schneisen eröffnet.[137] Langfristig angelegt ist ein von Frank Bösch und Gideon Botsch geleitetes Projekt zur „Radikalen Rechten in Deutschland 1945-2000“, dessen Teilprojekte sich zäsur- wie systemübergreifend auch mit der Rolle rechtsextremer Akteure, Organisationen und Ideen in der Transformationszeit beschäftigen.[138] Zu nennen wären auch weitere, dezidiert zeithistorische Forschungszusammenhänge – etwa von Barbara Manthe in Bielefeld,[139] Janosch Steuwer in Halle[140] sowie von Norbert Frei, Franka Maubach, Christina Morina sowie Maik Tändler in Jena.[141] Schließlich dürften auch die staatlichen Förderprogramme zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus künftig noch weitere, auch dezidiert zeithistorische Forschungsprojekte zur Transformationszeit befördern.[142]

Diese keineswegs vollständige oder gar erschöpfende Übersicht über ein (wieder-)entstehendes Forschungsfeld deutet einige gewichtige Akzent- und Perspektivverschiebungen an.[143] Interessanterweise gehen gegenwärtige Politisierung und gesellschaftliche Polarisierung mit einer wissenschaftlichen Differenzierung sowie einer ausgeprägten empirischen Forschung einher, die stärker auf vermittelnde bzw. dekonstruierende Metaperspektiven abzielen und zeitgenössische Kategorien (insbesondere von „Ost“ und „West“) selbst explizit zum Gegenstand der Forschung machen, anstatt diese schlichtweg als fixiert fortzuschreiben. Zeitgleich werden im breiteren publizistischen Feld allerdings auch die altbekannten Ost-West-Streitfragen in bisweilen großer Heftigkeit und Emotionalität weiterverhandelt;[144] auch ältere Makro- und Mikro-Perspektiven spielen ebenso eine nicht unerhebliche Rolle.[145] Zudem haben die Jahrestage 2019/20 einen entsprechend hohen Ausstoß an Veröffentlichungen ausgelöst;[146] die einsetzenden Musealisierungs- und Medialisierungsbemühungen dürften sich künftig noch weiter verstärken.[147]


 

Installationsansicht des Projekts „2000“ der Künstlerin Henrike Naumann (https://henrikenaumann.com/work/2000/): ein deutsch-deutscher Pavillon der Postmoderne gefüllt mit Objekten und Möbelstücken. Ausstellung im Museum Abteiberg, Mönchengladbach, 11.03.2018-10.06.2018. Foto: Achim Kukulies © Henrike Naumann <br />Henrike Naumann reflektiert gesellschaftspolitische Probleme auf der Ebene von Design und Interieur und erkundet das Reibungsverhältnis entgegengesetzter politischer Meinungen im Umgang mit Geschmack und persönlicher Alltagsästhetik. Sie hat das Jahr „2000“ als Ausgangspunkt genommen für eine Betrachtung von Ästhetik und Gesellschaft seit der deutschen Einheit in Ost- und Westdeutschland: Gibt es einen Zusammenhang von Design und Politik? Welche gesellschaftlichen Auswirkungen hatte der postmoderne Bauboom ab 1990 für das Leben der Menschen in der ehemaligen DDR? Kann man sich durch Möbel radikalisieren?
Installationsansicht des Projekts „2000“ der Künstlerin Henrike Naumann (https://henrikenaumann.com/work/2000/): ein deutsch-deutscher Pavillon der Postmoderne gefüllt mit Objekten und Möbelstücken. Ausstellung im Museum Abteiberg, Mönchengladbach, 11.03.2018-10.06.2018. Foto: Achim Kukulies © Henrike Naumann 
Henrike Naumann reflektiert gesellschaftspolitische Probleme auf der Ebene von Design und Interieur und erkundet das Reibungsverhältnis entgegengesetzter politischer Meinungen im Umgang mit Geschmack und persönlicher Alltagsästhetik. Sie hat das Jahr „2000“ als Ausgangspunkt genommen für eine Betrachtung von Ästhetik und Gesellschaft seit der deutschen Einheit in Ost- und Westdeutschland: Gibt es einen Zusammenhang von Design und Politik? Welche gesellschaftlichen Auswirkungen hatte der postmoderne Bauboom ab 1990 für das Leben der Menschen in der ehemaligen DDR? Kann man sich durch Möbel radikalisieren?


 

Zusammenfassend lassen sich vier Trends in den gegenwärtigen zeithistorischen Projekten der dritten Forschungswelle zur ostdeutschen Transformation ausmachen: Erstens die zunehmende Entwicklung langfristiger, zäsurübergreifender Perspektiven, vorwiegend seit den 1970er-Jahren auf einer zeitlichen Ebene; zweitens eine (noch vorsichtige) räumliche Öffnung hin zu Betrachtungsweisen, die über Ostdeutschland im engeren Sinne hinausweisen (etwa durch innerdeutsche Verknüpfungen, aber auch transnationale Verflechtungen); drittens eine thematische Ausdehnung in bislang zeithistorisch für diese Zeit noch wenig verfolgte Forschungen (etwa zur sozialen Ungleichheit oder zu Extremismus und Gewalt); schließlich viertens eine kategoriale Öffnung und mithin Dekonstruktion der zentralen Konfiguration der „Vereinigungsgesellschaft“ – der innerdeutschen Ost-West-Dichotomien, wobei nun nicht mehr all „die“ Ostdeutschen thematisiert werden, sondern eben auch Westdeutsche (oft als Experten) sowie andere, insbesondere migrantische Gruppen, die bislang bestenfalls als passive Zaungäste des Umbruchsgeschehens erschienen.

Für die in der dritten Forschungswelle zur ostdeutschen Transformation zunehmend ins Zentrum rückende Zeitgeschichtsforschung erscheint darüber hinaus der Trend hin zur vertiefenden Empirie entscheidend, während sich demgegenüber kaum markante theoretische Schwerpunkte herleiten lassen: Vorliegende oder in Arbeit befindliche Organisations-, Gruppen-, Diskurs-, Wissens-, Alltags-, Erfahrungs- und Erinnerungsgeschichten thematisieren dabei politische, ökonomische, gesellschaftliche wie kulturelle Aspekte; es dominieren vor allem oft pragmatisch ausgerichtete Fall-, Regional- oder Akteursstudien.[148] Aus zeithistorischer Sicht ist dabei nicht nur die zunehmende zeitliche Distanz, sondern die zügig voranschreitende Öffnung und Erschließung entsprechender Quellenbestände von maßgeblicher Bedeutung: Erstens haben Bundes-, Landes- oder Kommunalarchive die Erschließung und Öffnung der Bestände der 1990er-Jahre eingeleitet. Zweitens sind die umfassenden medialen wie publizistischen Diskussionen dieser Zeit über zahlreiche digitale Angebote immer besser greifbar.[149] Drittens kommen, gerade in neueren Public History-Formaten wie „Erzählsalons“ oder „Citizen Science“, vielfältige Zeitzeuginnen- und Expertenbefragungen hinzu.[150] Viertens (und hier schließt sich der Kreis) dürften verstärkt die Publikationen und Erhebungen der älteren Transformations- und Umbruchsforschungen für die nun im Feld arbeitenden Historikerinnen verstärkt auch als zeitgenössische Quellen in den Blick geraten.


 

Fazit: Wann wird „der Osten“ endlich wieder so, wie er nie gewesen ist?

Die in diesem Artikel exemplarisch skizzierte, sehr dynamische Forschungslandschaft zu Transformation und Umbruch in Ostdeutschland nach 1990 ist bestimmt durch verschiedene Gebäudekomplexe und Architekturstile: Nur noch im Verborgenen oder im Untergrund zu erahnen sind die nach 1990 rasch abgetragenen Reste einer älteren „Zonen-“ beziehungsweise „Deutschland-Forschung“, noch immer sehr markant die nach 1990 in großer Zahl und Hektik errichteten Großbauwerke einer zunächst experimental-euphorischen Transformationsforschung im Geiste der Modernisierungstheorie und dazwischen die nach der Jahrtausendwende errichteten, oft etwas kleineren wie auch stilistisch diverser angelegten Gebäude einer an kulturalistisch-postmodernen Ideen ausgerichteten Umbruchsforschung.

All dies folgte keinem übergreifenden Bebauungsplan – und auch die verschiedenen disziplinären Gewerke haben sich in dieser unüberschaubaren Landschaft des Ostens zum Teil nach Herzenslust, eigenen Traditionen und Prämissen folgend, und je nach aktueller Finanzierungs- sowie gesellschaftlicher Debattenlage verewigt. Es sind Soziologinnen, Politikwissenschaftler und Ökonominnen, Literaturwissenschaftler, Ethnologinnen und Medienwissenschaftler und – seit neuestem – auch Historikerinnen und Historiker, die sich intensiv mit der allerjüngsten Vergangenheit beschäftigen.

Gerade für die letzte Gruppe, die für diesen Beitrag im Fokus stand, dürfte es also künftig kaum an empirischen Materialien aus den verschiedenen Zeit-, Überlieferungs-, Debatten- und Deutungsschichten mangeln – ganz im Gegenteil wird die Bewältigung der Vielfalt und Unübersichtlichkeit dieses Feldes eine zentrale Herausforderung darstellen. Neben engagierten Zeitzeuginnen, Geschichtspolitikern oder Medienvertreterinnen ist auch das Interesse der Sozial-, Wirtschafts- und Kulturwissenschaftler wieder erwacht. Inwiefern sich hieraus nicht nur ein starker inter-, sondern womöglich auch ein transdisziplinärer Dialog ergeben wird, bleibt noch offen.

Zeithistorikerinnen werden künftig, so ist zu hoffen, zeitgenössische Kontroversen, gesellschaftliche wie politische Diskussionen und theoretische Debatten mit differenzierten, quellenzentrierten Studien bereichern – gerade indem sie nicht die bekannten Makro- und Mikroperspektiven fortschreiben („Erfolg“ oder „Misserfolg“? „Täter“ oder „Opfer“?), sondern komplexe, ambivalente sowie widersprüchliche Meso- und Metaperspektiven differenziert herausarbeiten können. Jenseits der großen Strukturen und kleinen Umbrüche gilt es demnach, Zwischenstufen und Zusammenhänge auf vielfältiger Quellengrundlage auch jenseits der staatlichen Archive zu erkunden – etwa mithilfe medialer, künstlerischer, individueller, baulicher oder auch digitaler Zeugnisse dieser bewegten Zeit. Zugleich könnte und sollte die Zeitgeschichtsforschung dazu beitragen, einige traditionelle Blindstellen und tote Winkel im Forschungsfeld zu überwinden. Die gegenwärtig gerade auch im Gefolge des Kriegs in der Ukraine immens aufgeladene Diskussion um nationale bzw. europäische Erinnerungskulturen[151] und hiermit verknüpfte gesellschaftliche Diskussions- und Vermittlungsfragen stellt auch die zeithistorische Transformationsforschung vor erhebliche Herausforderungen.

In diesem Zusammenhang dürften sich für das gesamte, gerade in einer dritten Welle revitalisierte Forschungsfeld der Transformations- und Umbruchsforschung in den 2020er-Jahren erhebliche Neuerungen in thematischer, raum-zeit-perspektivischer wie übergreifend-erzählerischer Hinsicht ergeben, die abschließend kurz zur Diskussion gestellt werden sollen:

In thematischer Hinsicht wird erstens nicht nur die Historisierung der gesellschaftlichen wie wissenschaftlichen Wahrnehmungen und Deutungen im engeren Sinne ein zentraler Prüfstein sein. Es dürfte auch darum gehen, die Blickwinkel auf gegenwärtige Problemlagen zu weiten, um Anschlüsse an laufende Debatten zu ermöglichen: Was bedeuten diese Vorgänge für die (politische) Demokratie-, Extremismus- oder Gewaltgeschichte? In welchem Verhältnis standen „harte“ soziostrukturelle Prozesse und Entwicklungen zu „weichen“ soziokulturellen Mentalitäten und Identitäten – insbesondere mit Blick auf alte oder neue Ungleichheiten? Wie lassen sich – in direktem Anschluss an ältere sowie aktuelle Veröffentlichungen u.a. von Patrice Poutrus[152] – gegenwärtig intensiv diskutierte Zugehörigkeits-Konzepte von Gender, Ethnizität, Klasse sowie Generationalität jenseits der omnipräsenten Ost-West-Kategorien diskutieren? Wie veränderten sich übergeordnete Leitbilder wie Nation und Staat oder (Zivil-)Gesellschaft, Bürgerlichkeit sowie Subjektivität? Hier sind es die jüngeren soziologischen Arbeiten von Daniel Kubiak[153] oder Naika Foroutan,[154] die mit ihrer Analyse migrantisch-ostdeutscher Wahrnehmungsmuster auch für die Zeitgeschichte der Transformationszeit neue Impulse geliefert haben, die zunehmend auch andere Gruppen für sich entdecken.[155]

Neben diesen thematischen Erweiterungen dürften sich zweitens auch räumlich und zeitlich neuartige Perspektiven ergeben, die Ostdeutschland stärker in transnationale, europäische wie globale Prozesse einbetten und so der traditionellen Transformations- und Umbruchsforschung ihren innerdeutschen Nabelschaucharakter nehmen.[156] Hier deuten Publikationen mit übergreifenden Perspektiven etwa zum (ost-)deutsch-polnischen Vergleich[157] sowie jüngst zum Vergleich der Narrationen von spanischer Transición und deutscher „Wende“ auf erhebliche Potenziale eines übergreifenden Austauschs jenseits der nationalen „Container“ hin.[158]

Die Zäsur von 1989/90 dürfte in dieser Hinsicht etwas differenzierter betrachtet und weniger „tief“ oder „scharf“ verstanden werden: zeitlich geweitet in die 1970er- und 1980er- als Vor- sowie in die folgenden 2010er-Jahre als Nachgeschichte; räumlich nicht nur ins postsozialistische Ost-, sondern auch in Richtung eines vermeintlich weitgehend stabilen Westeuropas und der sich hier ergebenden Verflechtungen und möglicherweise stattfindenden „Ko-Transformationen“.[159] Das übergreifende Wechselverhältnis von „Strukturwandel“ (West) und „Strukturbruch“ (Ost) könnte einen gewichtigen Ansatzpunkt zur übergreifenden Historisierung der zeitgenössischen Modernisierungs- und Anpassungsvorstellungen bieten – sollte doch der Osten, um den Schauspieler und Schriftsteller Joachim Meyerhoff zu paraphrasieren, nach 1990 endlich so werden, wie der Westen nie (oder nicht mehr) gewesen ist.[160]

Die grob skizzierten thematischen und raumzeitlichen Erweiterungen verweisen schließlich drittens auf neue erzählerische Impulse. Hier könnte Ostdeutschland als zeithistorischer Forschungsgegenstand an der Schnittstelle von Ost und West aus seinem ewigen Status als disziplinär oft nicht zuzuordnender „Sonderfall“ in der deutsch-deutschen Nische möglicherweise erhebliches Kapital schlagen. Denn die gängigen Großerzählungen und Topoi in der allgemeinen deutschen und europäischen Zeitgeschichte, etwa zur Geschichte „Nach dem Boom“ seit Mitte der 1970er-Jahre,[161] zum „Sonderweg“, zur „Westernisierung“ oder zu „Demokratisierung“,[162] aber auch zum Aufstieg des „Neoliberalismus[163] lassen sich mit Blick auf das vermeintlich abgelegene Ostdeutschland verstärkt in transnationale, europäische wie auch in globale Perspektiven einflechten und weiter problematisieren.[164]

Viertens und letztens dürfte sich die historische Transformationsforschung auch als empirisches Laboratorium im digitalen Zeitalter erweisen, in der die Zeithistorikerinnen mit einer enormen Fülle an Daten und Studien eben der ersten beiden Wellen konfrontiert sind. Diese quellenkritische Problematik, die insbesondere Rüdiger Graf, Kim Christian Priemel sowie Kiran Klaus Patel für die allgemeine Zeitgeschichte seit den 1970er-Jahren beschrieben haben,[165] stellt sich mit Blick auf die Transformationsforschung in nochmals potenzierter Weise.[166] Die hier skizzierte dritte Welle darf sich also mitnichten in einer bloßen Fort- und Weiterschreibung der sozial-, politik- oder wirtschaftswissenschaftlichen Fachdiskussionen erschöpfen. Sie muss gerade auch über eine intensive Quellenkritik, die insbesondere auch analoge wie digitale Bestände jenseits der staatlichen oder behördlichen Archive wie quantitative Sozialdaten, qualitative Interviews, Egodokumente sowie mediale Erzeugnisse und künstlerische Reflexionen einschließt, zu eigenen zeithistorischen Problem- und Fragestellungen gelangen.

Erst kürzlich haben die Politikwissenschaftler Ivan Krastev und Stephen Holmes die Geschichte des finalen Triumphs des westlichen (Neo-)Liberalismus im Osten des Kontinents nach 1990 zu einer kritischen (Gegen-)Erzählung seines dramatischen Scheiterns an den hiermit verbundenen politischen Ansprüchen, ökonomischen Hoffnungen und gesellschaftlichen Erwartungen umgedeutet.[167] In einen derartigen Abgesang wird die Zeitgeschichtsforschung sicher nicht pauschal einstimmen müssen, zumal der russische Überfall auf die Ukraine im Frühjahr 2022 als vieldiskutierte „Zeitenwende“ wohl das gesamte Forschungsfeld insgesamt nochmals vor erhebliche Herausforderungen stellen dürfte. Aber dennoch lohnt es sich, diese Überlegung weiterzuverfolgen: Denn in gewisser Hinsicht haben sich Transformation und Umbruch im Osten nach 1990 tatsächlich als „Laboratorien“ erwiesen, wie viele Soziologen ursprünglich hofften: jedoch nicht als teleologische Versuchsanordnung einer finalen, adaptiven wie einseitigen Verwestlichung oder linearen Modernisierung, sondern als offene Konstellation, in einem deutlich komplexeren Schnittfeld von Transformation, Europäisierung und Globalisierung (sowie bald auch der Digitalisierung).

Im intensiv beforschten und diskutierten Osten prallten übergreifende Prozesse in konkreten Konstellationen aufeinander – wobei der Ausgang dieser kollektiven wie individuellen, materiellen wie mentalen Dynamiken nach 1990 offen und die Zukunft (des Ostens, aber auch seiner weiteren Erforschung) gegenwärtig so ungewiss wie lange nicht mehr erscheint – und das muss keine schlechte Sache sein.

 

Anmerkungen

  1. Für zahlreiche, ungemein hilfreiche Anmerkungen zu diesem Text möchte ich mich bei den Gutachterinnen und der Redaktion bedanken. Mein herzlicher Dank gilt ferner Uta Bretschneider, Christoph Lorke, Ralph Jessen und Annette Weinke. Ein ganz besonderer Dank gilt den Teilnehmerinnen meines Hauptseminars „Aufbruch, Umbruch, Abbruch?“ an der Friedrich-Schiller-Universität Jena im Sommer 2022, die diesen Textentwurf sehr leidenschaftlich mit mir diskutiert haben.
  2. Vgl. z.B.: Glossar: Was ist eigentlich ... Transformation? Begriffe aus der kommunalen Szene – einfach erklärt, in: Deutsches Institut für Urbanistik, 06.06.2017, https://difu.de/nachrichten/was-ist-eigentlich-transformation [10.10.2022].
  3. Dazu: Ralph Jessen, Revolution und Transformation. Anerkennungskämpfe in der Vereinigungsgesellschaft, in: Jahrbuch Deutsche Einheit 1 (2020), hg. v. Marcus Böick/Constantin Goschler/Ralph Jessen, Berlin 2020, S. 24-45.
  4. Siehe dazu die Beträge in: Hartmut Esser (Hrsg.), Der Wandel nach der Wende. Gesellschaft, Wirtschaft, Politik in Ostdeutschland, Wiesbaden 2000.
  5. Vgl. hier auch die umfassende Zusammenstellung an Texten bei: Ilko-Sascha Kowalczuk/Frank Ebert/Holger Kulick (Hrsg.), (Ost)Deutschlands Weg. 80 Studien zur Lage des Landes, 2 Bde., Bonn 2021.
  6. Vgl. jüngst: Thomas Großbölting, Wiedervereinigungsgesellschaft. Aufbruch und Entgrenzung in Deutschland seit 1989/90, Bonn 2020.
  7. Exemplarisch die Texte in: Roland Czada/Gerhard Lehmbruch (Hrsg.), Transformationspfade in Ostdeutschland. Beiträge zur sektoralen Vereinigungspolitik, Frankfurt a.M. 1998.
  8. Siehe die Beiträge in: Rainer Zoll (Hrsg.), Ostdeutsche Biographien. Lebenswelt im Umbruch, Frankfurt a.M. u.a. 1999.
  9. Vgl. Jürgen John, „Mitteldeutschland“. Begriff – Geschichte – Konstrukt, Rudolstadt/Jena 2001.
  10. Karl Schlögel, Die Mitte liegt ostwärts. Europa im Übergang, München 2002.
  11. Vgl. dazu die Synthesen: Manfred Görtemaker, Die Berliner Republik. Wiedervereinigung und Neuorientierung, Bonn 2009; Ulrich Herbert, Geschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert, München 2014; Andreas Rödder, Deutschland einig Vaterland. Die Geschichte der Wiedervereinigung, München 2009. 
  12. Kerstin Brückweh/Clemens Villinger/Kathrin Zöller (Hrsg.), Die lange Geschichte der „Wende“. Geschichtswissenschaft im Dialog, Berlin 2020.
  13. Anselm Doering-Manteuffel/Lutz Raphael, Nach dem Boom. Perspektiven auf die Zeitgeschichte seit 1970, Göttingen 2008.
  14. Vgl. Christoph Lorke/Alexander Kraus (Hrsg.), Unbekanntes 1988. Deutsch-deutsche Perspektiven auf das „Jahr davor“, in: Zeitgeschichte-online, Juli 2015, https://zeitgeschichte-online.de/themen/unbekanntes-1988 [10.10.2022].
  15. Vgl. dazu jüngst: Annette Weinke, Ost, West und der Rest. Die deutsche Einheit als transnationale Verflechtungsgeschichte, in: Jahrbuch Deutsche Einheit 1 (2020), S. 120-144.
  16. Vgl. Marcus Böick/Angela Siebold, Die Jüngste als Sorgenkind? Plädoyer für eine jüngste Zeitgeschichte als Varianz- und Kontextgeschichte von Übergängen, in: Deutschland Archiv 44 (2011), S. 105-113, online unter https://www.bpb.de/themen/deutschlandarchiv/54133/die-juengste-als-sorgenkind [10.10.2022].
  17. Vgl. zu dieser Perspektive: Marcus Böick/Christoph Lorke, Aufschwung, Abbau, Anpassung? Eine kleine Geschichte des „Aufbau Ost“, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 69/2019, H. 46, S. 32-40, online unter https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/300059/aufschwung-abbau-anpassung [10.10.2022].
  18. Dazu als Bilanz: Heinrich Best/Everhard Holtmann (Hrsg.), Aufbruch der entsicherten Gesellschaft. Deutschland nach der Wiedervereinigung, Frankfurt a.M. 2012.
  19. Frankfurter Institut für Transformationsstudien, Kulturwissenschaftliche Fakultät der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder).
  20. Institut für Zeitgeschichte München – Berlin, https://www.ifz-muenchen.de/ [10.10.2022].
  21. Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam, https://zzf-potsdam.de/ [10.10.2022].
  22. Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung, https://hait.tu-dresden.de/ext/ [10.10.2022].
  23. Zur Selbstdarstellung und zum Abschlussbericht siehe: Kommission „30 Jahre Friedliche Revolution und Deutsche Einheit“, https://www.bmi.bund.de/DE/themen/heimat-integration/gesellschaftlicher-zusammenhalt/30-jahre-deutsche-einheit/30-jahre-deutsche-einheit-node.html [10.10.2022].
  24. Siehe die Ankündigung auf der Website der Bundesregierung: „Transformationszentrum. Ein Ort der Wissenschaft, Kultur und Begegnung“, https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/deutsche-einheit/zukunft-deutsche-einheit-1930030 [10.10.2022].
  25. Hier vor allem auch das von Philipp Ther neu ins Leben gerufene Research Center for the History of Transformations (RECET), https://recet.at/ [10.10.2022].
  26. Vgl. hierzu v.a. Wolfgang Merkel, Systemtransformation. Eine Einführung in die Theorie und Empirie der Transformationsforschung, Wiesbaden ²2010 (1. Aufl. 1999).
  27. Dazu die verschiedenen Perspektiven bei: Marcus Böick/Kerstin Brückweh (Hrsg.), Weder Ost noch West. Ein Themenschwerpunkt über die schwierige Geschichte der Transformation Ostdeutschlands, in: Zeitgeschichte-online, März 2019, https://zeitgeschichte-online.de/themen/weder-ost-noch-west [10.10.2022], sowie auch die Beiträge bei: Kowalczuk/Ebert/Kulick (Hrsg.), (Ost)Deutschlands Weg.
  28. Vgl. Brückweh/Villinger/Zöller (Hrsg.), Die lange Geschichte der „Wende“.
  29. Vgl. dazu ausführlich: Marcus Böick/Christoph Lorke, Zwischen Aufschwung und Anpassung. Eine kleine Geschichte des „Aufbau Ost“, Bonn 2022.
  30. Vgl. z.B. Chris Flockton/Eva Kolinsky (Hrsg.), Recasting East Germany. Social Transformation after the GDR, London 1999.
  31. Vgl. hierzu ausführlich den Artikel von Petra Stykow, Postsozialismus, Version: 1.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 22.04.2013 http://docupedia.de/zg/stykow_postsozialismus_v1_de_2013 [10.10.2022].
  32. Dazu als zeithistorische Überblicke: Markus Gloe, Planung für die deutsche Einheit. Der Forschungsbeirat für Fragen der Wiedervereinigung Deutschlands, 1952-1975, Wiesbaden 2005; Roland Wöller, Der Forschungsbeirat für Fragen der Wiedervereinigung Deutschlands 1952-1975. Zur politischen und wissenschaftlichen Diskussion der wirtschaftlichen Wiedervereinigung, Düsseldorf 2004; Dirk van Laak, Der Tag X. Vorbereitungen für die deutsche Wiedervereinigung vor 1989, in: Enno Bünz/Rainer Gries/Frank Möller (Hrsg.), Der Tag X in der Geschichte. Erwartungen und Enttäuschungen seit tausend Jahren, Stuttgart 1997, S. 256-286.
  33. Als exemplarischer Titel für diese Zeit: Karl C. Thalheim, Die Wirtschaft der Sowjetzone in Krise und Umbau, Berlin 1964.
  34. Vgl. insgesamt dazu: Jens Hüttmann, DDR-Geschichte und ihre Forscher. Akteure und Konjunkturen der bundesdeutschen DDR-Forschung, Berlin 2008.
  35. Auch hierzu nur exemplarisch: Hannelore Hamel (Hrsg.), BRD – DDR. Die Wirtschaftssysteme. Soziale Marktwirtschaft und sozialistische Planwirtschaft im Systemvergleich, München 41983 (1. Aufl. 1977); Peter Christian Ludz, Die DDR zwischen Ost und West. Politische Analysen 1961-1976, München 1977.
  36. Dazu die Überblicke und verschiedenen Bilanzierungsversuche bei: Rainer Eppelmann/Bernd Faulenbach/Ulrich Mählert (Hrsg.), Bilanz und Perspektiven der DDR-Forschung, Paderborn 2003; Heiner Timmermann (Hrsg.), DDR-Forschung. Bilanz und Perspektiven, Berlin 1995.
  37. Vgl. Jens Hacker, Deutsche Irrtümer. Schönfärber und Helfershelfer der SED-Diktatur im Westen, Berlin 1992.
  38. Vgl. van Laak, Tag X. 
  39. Beate Ihme-Tuchel, Die DDR, Darmstadt 2010; Ulrich Mählert, Kleine Geschichte der DDR, München 2009.
  40. Vgl. einführend hierzu: Thomas Lindenberger, Eigen-Sinn, Herrschaft und kein Widerstand, Version: 1.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 02.09.2014, http://docupedia.de/zg/lindenberger_eigensinn_v1_de_2014 [10.10.2022], sowie Jan C. Behrends, Diktatur: Moderne Gewaltherrschaft zwischen Leviathan und Behemoth, Version: 2.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 20.12.2016, http://docupedia.de/zg/behrends_diktatur_v2_de_2016 [10.10.2022].
  41. Vgl. Martin Sabrow, Die Historikerdebatte über den Umbruch von 1989, in: Martin Sabrow/Ralph Jessen/Klaus Große Kracht (Hrsg.), Zeitgeschichte als Streitgeschichte. Große Kontroversen seit 1945, München 2003, S. 114-137.
  42. Vgl. weiterführend: Krijn Thijs, Geschichte im Umbruch. Lebenserfahrung und Historikerbegegnungen nach 1989, in: Franka Maubach/Christina Morina (Hrsg.), Das 20. Jahrhundert erzählen: Zeiterfahrung und Zeiterforschung im geteilten Deutschland, Göttingen 2016, S. 386-448.
  43. Dazu die verschiedenen Beiträge u.a. von Ulrich Beck und Rainer M. Lepsius in: Bernhard Giesen/Claus Leggewie (Hrsg.), Experiment Vereinigung. Ein sozialer Großversuch, Berlin 1991.
  44. Als Bilanz und Überblick hierzu: Raj Kollmorgen, Eine ungeahnte Renaissance? Zur jüngsten Geschichte der Transformations- und Vereinigungsforschung, in: Jahrbuch Deutsche Einheit 1 (2020), S. 46-72. 
  45. Die zwischen 1994 und 1998 in 25 Bänden veröffentlichten Publikationen in der Schriftenreihe der KPSW sind mittlerweile weitgehend in Vergessenheit geraten, vgl. etwa: Hans Bertram/Wolfgang Kreher/Irene Müller-Hartmann (Hrsg.), Systemwechsel zwischen Projekt und Prozeß. Analysen zu den Umbrüchen in Ostdeutschland, Opladen 1998. 
  46. Kollmorgen, Eine ungeahnte Renaissance?, S. 48.
  47. Vgl. Stefan Hradil, Soziale Ungleichheit in Deutschland, 8. Aufl., Wiesbaden 2001.
  48. Vgl. Alexander Thumfart, Die politische Integration Ostdeutschland, Frankfurt a.M. 2002. 
  49. Vgl. Hans-Werner Sinn/Gerlinde Sinn, Kaltstart – Volkswirtschaftliche Aspekte der deutschen Vereinigung, Tübingen 1991.
  50. Vgl. Thorsten Holzhauser, Die „Nachfolgepartei“. Die Integration der PDS in das politische System der Bundesrepublik Deutschland 1990-2005, Berlin 2019.
  51. Vgl. Ralph Jessen, Alles schon erforscht? Beobachtung zur zeithistorischen DDR-Forschung der letzten 20 Jahre, in: Deutschland Archiv 43 (2010), H. 6, S. 1052-1064.
  52. Exemplarisch hierfür: Wolfgang Schluchter, Neubeginn durch Anpassung? Studien zum ostdeutschen Übergang, Frankfurt a.M. 1996; Horst Siebert, Das Wagnis der Einheit. Eine wirtschaftspolitische Therapie, Stuttgart 1992; Werner Weidenfeld/Karl-Rudolf Korte (Hrsg.), Handbuch zur deutschen Einheit. 1949 – 1989 – 1999, Frankfurt a.M. 1999; sowie ferner auch: Esser, Wandel nach der Wende; Czada/Lehmbruch, Transformationspfade; Thumfart, Die politische Integration Ostdeutschlands.
  53. Vgl. Sven Reichardt, Authentizität und Gemeinschaft. Linksalternatives Leben in den siebziger und frühen achtziger Jahren, Berlin 2014.
  54. Vgl. Quinn Slobodian, Globalists: The End of Empire and the Birth of Neoliberalism, Cambridge 2018.
  55. Leggewie/Giesen, Experiment Vereinigung.
  56. Dazu jüngst als Überblick: Böick/Lorke, Aufbau Ost.
  57. Dazu bereits zeitgenössisch bilanzierend: Rainer Geißler, Nachholende Modernisierung mit Widersprüchen. Eine Vereinigungsbilanz aus modernisierungstheoretischer Perspektive, in: Heinz-Herbert Noll/Roland Habich (Hrsg.), Vom Zusammenwachsen einer Gesellschaft. Analysen zur Angleichung der Lebensverhältnisse in Deutschland, Frankfurt a.M. 2000, S. 37-60.
  58. Exemplarisch hierfür: Wolfgang Schluchter/Peter Quint (Hrsg.), Der Vereinigungsschock. Vergleichende Betrachtungen zehn Jahre danach, Weilerswist 2001.
  59. Claus Offe, Das Dilemma der Gleichzeitigkeit. Demokratisierung und Marktwirtschaft in Osteuropa (1991), in: ders., Übergänge. Vom Staatssozialismus zum demokratischen Kapitalismus, Wiesbaden 2020.
  60. Vgl. gerade auch mit Blick auf die Folgen der Umbrüche für den Sozialstaat: Christoph Butterwegge/Rudolf Hickel/Ralf Ptak, Sozialstaat und neoliberale Hegemonie. Standortnationalismus als Gefahr für die Demokratie, Berlin 1998; sowie auch einzelne Beiträge bei Schluchter/Quint (Hrsg.), Vereinigungsschock, und Esser, Wandel nach der Wende. 
  61. Stephan Weingarz, Laboratorium Deutschland? Der ostdeutsche Transformationsprozeß als Herausforderung für die deutschen Sozialwissenschaften, Münster 2003.
  62. Ebd., S. 37.
  63. Vgl. hierzu: Doris Bachmann-Medick, Cultural Turns. Neuorientierungen in den Kulturwissenschaften, Reinbek b. Hamburg, 6. Aufl., 2018 (1. Aufl. 2006).
  64. Vgl. dazu exemplarisch: Hannes Bahrmann/Christoph Links (Hrsg.), Am Ziel vorbei. Die deutsche Einheit – eine Zwischenbilanz, Berlin 2005; schon früher hierzu: Rainer Zoll (Hrsg.), Ostdeutsche Biographien. Lebenswelt im Umbruch, Frankfurt a.M. 1999. 
  65. Deutscher Bundestag (Hrsg.), Materialien der Enquete-Kommission „Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED-Diktatur in Deutschland“ (12. Wahlperiode des Deutschen Bundestages), 9 Bde., Baden-Baden 1995; ders. (Hrsg.), Materialien der Enquete-Kommission „Überwindung der Folgen der SED-Diktatur im Prozeß der deutschen Einheit“ (13. Wahlperiode des Deutschen Bundestages), 8 Bde., Baden Baden 2000, allesamt online abrufbar unter: https://enquete-online.de/ [10.10.2022].
  66. Vgl. etwa als spätere Dokumentationen dieses allmählichen Perspektivwandels: Martin Sabrow u.a. (Hrsg.), Wohin treibt die DDR-Erinnerung? Dokumentation einer Debatte, Bonn 2007; Mary Fulbrook, Ein ganz normales Leben. Alltag und Gesellschaft in der DDR, Darmstadt 2008; Thomas Großbölting (Hrsg.), Friedensstaat, Leseland, Sportnation? DDR-Legenden auf dem Prüfstand, Berlin 2009.
  67. Vgl. exemplarisch hierzu die Beiträge in: Inge Stephan/Alexandra Tacke (Hrsg.), NachBilder der Wende, Köln 2008.
  68. Thomas Ahbe, Ostalgie. Zum Umgang mit der DDR-Vergangenheit in den 1990er Jahren, Erfurt 2005.
  69. Heinz Bude/Thomas Medicus/Andreas Willisch (Hrsg), ÜberLeben im Umbruch. Am Beispiel Wittenberge: Ansichten einer fragmentierten Gesellschaft, Hamburg 2011.
  70. Zur Wende-Literatur: Elke Brüns, Nach dem Mauerfall. Eine Literaturgeschichte der Entgrenzung, Paderborn 2006; sowie insbesondere: Stephan/Tacke (Hrsg.), NachBilder.
  71. Dazu im Überblick: Raj Kollmorgen/Frank Thomas Koch/Hans-Liudger Dienel (Hrsg.), Diskurse der deutschen Einheit. Kritik und Alternativen, Wiesbaden 2011; Tacke/Stephan (Hrsg.), NachBilder; Bahrmann/Links (Hrsg.), Am Ziel vorbei. 
  72. Vgl. Katja Neller, DDR-Nostalgie. Dimensionen der Orientierungen der Ostdeutschen gegenüber der ehemaligen DDR, ihre Ursachen und politischen Konnotationen, Wiesbaden 2006.
  73. Wolfgang Engler, Die Ostdeutschen als Avantgarde, Berlin 2002; dazu auch: Rolf Reißig, Die gespaltene Vereinigungsgesellschaft. Bilanz und Perspektiven der Transformation Ostdeutschlands und der deutschen Vereinigung, Berlin 2000.
  74. Exemplarisch hierfür: Wolfgang Dümcke/Fritz Vilmar (Hrsg.), Kolonialisierung der DDR. Kritische Analysen und Alternativen des Einigungsprozesses, Münster 1995; Rüdiger Liedtke (Hrsg.), Die Treuhand und die zweite Enteignung der Ostdeutschen, München 1993.
  75. Vgl. als zeitgenössischer Überblick: Norbert Madloch, Rechtsextremismus in der DDR und in den neuen Bundesländern. Auswahl-Bibliographie: Bücher – Studien – Zeitungs- und Zeitschriftenartikel, Berlin 2002.
  76. Vgl. dazu exemplarisch auch: Best/Holtmann (Hrsg.), Aufbruch. 
  77. Dazu auch Steffen Mau, Der Osten als Problemzone? Eine Skizze zur ostdeutschen Soziopolitik, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 70/2020, H. 28-29, https://www.bpb.de/apuz/312263/eine-skizze-zur-ostdeutschen-soziopolitik [10.10.2022].
  78. Historisch zum Sozialstaat: Gerhard A. Ritter, Der Preis der deutschen Einheit. Die Wiedervereinigung und die Krise des Sozialstaats, München ²2007 (1. Aufl. 2006).
  79. Siehe etwa: Christiane Hoffmann, Gauck und Merkel. Der Pfarrer und die Pfarrerstochter, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.03.2012, online unter https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/gauck-und-merkel-der-pfarrer-und-die-pfarrerstochter-11679371.html [10.10.2022].
  80. Exemplarisch aus westlicher Perspektive: Uwe Müller, Supergau Deutsche Einheit, Berlin 2005, sowie als östlicher Kontrapunkt: Olaf Baale, Abbau Ost. Lügen, Vorurteile, sozialistische Schulden, München 2008; als ökonomischer Entwurf: Karl-Heinz Paqué, Die Bilanz. Eine wirtschaftliche Analyse der Deutschen Einheit, München 2009. 
  81. Vgl. dazu: Best/Holtmann (Hrsg.), Entsicherte Gesellschaft. 
  82. Andreas Willisch (Hrsg.), Wittenberge ist überall. Überleben in schrumpfenden Regionen, Berlin 2012.
  83. Böick/Siebold, Die Jüngste als Sorgenkind?
  84. Siehe Joachim Ragnitz, Wahlerfolge der AfD im Osten – Reflex auf die ökonomische Lage?, in: Wirtschaftsdienst 96 (2016), H. 10, S. 702-703, online unter https://www.wirtschaftsdienst.eu/inhalt/jahr/2016/heft/10/beitrag/wahlerfolge-der-afd-im-osten-reflex-auf-die-oekonomische-lage.html [10.10.2022].
  85. Vgl. Johannes Grunert, Chemnitz. Der Abend, an dem der Rechtsstaat aufgab, in: Zeit, 28.08.2018, online unter https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-08/chemnitz-rechte-demonstration-ausschreitungen-polizei [10.10.2022].
  86. Siehe auch Marcus Böick/Constantin Goschler, Studie zur Wahrnehmung und Bewertung der Arbeit der Treuhandanstalt im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, Bochum 2017, online unter https://docslib.org/doc/345558/wahrnehmung-und-bewertung-der-arbeit-der-treuhandanstalt [10.10.2022].
  87. Petra Köpping, Integriert doch erst mal uns! Eine Streitschrift für den Osten, Berlin 2018; Norbert F Pötzl, Der Treuhand-Komplex. Legenden. Fakten. Emotionen, Hamburg 2019.
  88. Vgl. Anke Schaefer, AfD vor den Wahlen. Tickt der Osten anders?, in: Deutschlandfunk, 20.08.2019, online unter https://www.deutschlandfunkkultur.de/afd-vor-den-wahlen-tickt-der-osten-anders.2950.de.html?dram:article_id=456778 [10.10.2022].
  89. Vgl. etwa die (Online-)Initiative „Wir sind der Osten“: https://wirsindderosten.de [10.10.2022].
  90. Vgl. Raj Kollmorgen/Wolfgang Merkel/Hans-Jürgen Wagener (Hrsg.), Handbuch Transformationsforschung, Wiesbaden 2015.
  91. Steffen Mau, Lütten Klein. Leben in der ostdeutschen Transformationsgesellschaft, Berlin 2019. 
  92. Vgl. Böick/Seibold, Die Jüngste als Sorgenkind?
  93. Philipp Ther, Die neue Ordnung auf dem alten Kontinent. Eine Geschichte des neoliberalen Europa, Berlin 2014. 
  94. Ilko-Sascha Kowalczuk, Die Übernahme. Wie Ostdeutschland Teil der Bundesrepublik wurde, München 2019.
  95. Siehe hierzu auch die Beiträge in: Martin Sabrow/Alexander Koch (Hrsg.), Experiment Einheit. Zeithistorische Essays, Göttingen 2015.
  96. Vgl. Konrad H. Jarausch, Die unverhoffte Einheit. 1989-1990, Frankfurt a.M. 1995; Jürgen Kocka, Vereinigungskrise. Zur Geschichte der Gegenwart, Göttingen 1995; Udo Wengst (Hrsg.), Historiker betrachten Deutschland. Beiträge zum Vereinigungsprozeß und zur Hauptstadtdiskussion, Bonn 1992.
  97. Ritter, Preis der Einheit.
  98. Rödder, Deutschland einig Vaterland. 
  99. Thomas Großbölting/Christoph Lorke (Hrsg.), Deutschland seit 1990. Wege in die Vereinigungsgesellschaft, Stuttgart 2017.
  100. Vgl. auch die Beiträge in: Böick/Brückweh (Hrsg.), Weder Ost noch West. 
  101. Vgl. Dossier: Bundeszentrale für politische Bildung, Lange Wege der Deutschen Einheit, 01.09.2020, https://www.bpb.de/geschichte/deutsche-einheit/lange-wege-der-deutschen-einheit/ [10.10.2022].
  102. Jahrbuch Deutsche Einheit, hg. v. Marcus Böick/Constantin Goschler/Ralph Jessen.
  103. Kowalczuk/Ebert/Kulick (Hrsg.), (Ost)Deutschlands Weg. 
  104. Mittlerweile sind die entsprechenden Internetseiten des BMBF hierzu nicht mehr abrufbar; dazu aber als (kritische) Einschätzung und Konferenzbericht: Daria Gordeeva, Lückenforschung: BMBF-Tagung zur DDR-Forschung, 18.12.2019, in: Hypotheses-Forschungsblog „Das mediale Erbe der DDR“; https://medienerbe.hypotheses.org/1083 [10.10.2022]. Eine Übersicht der BMBF-geförderten Verbünde findet sich unter https://www.geistes-und-sozialwissenschaften-bmbf.de/de/DDR-Forschung-2558.html [10.10.2022].
  105. Forschungsverbund Das umstrittene Erbe von 1989, https://www.erbe89.de/ [10.10.2022].
  106. Forschungsverbund „MythErz“ – Bildungs-Mythen über die DDR – Eine Diktatur und ihr Nachleben, https://bbf.dipf.de/de/forschen-publizieren/forschungsprojekte/mytherz-bildungs-mythen-ueber-die-ddr [10.10.2022022].
  107. Forschungsverbund Das mediale Erbe der DDR. Akteure, Aneignung, Tradierung, https://medienerbe-ddr.de/ [10.10.2022].
  108. Forschungsverbund Diktaturerfahrung und Transformation, https://verbund-dut.de/aktuelles/ [10.10.2022].
  109. Forschungsverbund Landschaften der Verfolgung, https://landschaften-verfolgung.de/ [10.10.2022].
  110. Forschungsverbund DDR-Vergangenheit und psychische Gesundheit: Risiko- und Schutzfaktoren (DDR-PSYCH), https://www.ddr-studie.de/startseite.html [10.10.2022].
  111. Forschungsverbund Umweltpolitik, Bergbau und Rekultivierung im deutsch-deutschen Vergleich. Das Lausitzer Braunkohlenrevier, die Wismut und das Ruhrgebiet (1949-1989/2000), https://www.bergbaumuseum.de/forschung/forschungsprojekte/projekt-detailseite/umweltpolitik-bergbau-und-rekultivierung-im-deutsch-deutschen-vergleich-das-lausitzer-braunkohlenrevier-die-wismut-und-das-ruhrgebiet-1949-1989-2000 [10.10.2022].
  112. Forschungsverbund Stadtwende, https://stadtwende.de/forschungsprojekt/ [10.10.2022].
  113. Vgl. Alexander Leistner/Monika Wohlrab-Sahr (Hrsg.), Das umstrittene Erbe von 1989. Zur Gegenwart eines Gesellschaftszusammenbruchs, Göttingen 2021.
  114. Geschichte der Treuhandanstalt, https://www.ifz-muenchen.de/aktuelles/themen/geschichte-der-treuhandanstalt [10.10.2022]; dazu auch: Dierk Hoffmann (Hrsg.), Transformation einer Volkswirtschaft. Neue Forschungen zur Geschichte der Treuhandanstalt, Berlin 2020; Andreas Malycha, Vom Hoffnungsträger zum Prügelknaben. Die Treuhandanstalt zwischen wirtschaftlichen Erwartungen und politischen Zwängen 1989-1994, Berlin 2022; Max Trecker, Neue Unternehmer braucht das Land. Die Genese des ostdeutschen Mittelstands nach der Wiedervereinigung, Berlin 2022.
  115. Siehe Leipziger Institut für Heimat- und Transformationsforschung, https://www.heimat-und-transformation.de/en/ [10.10.2022].
  116. Siehe Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung, https://hait.tu-dresden.de/ext/forschung/forschungsfeld-2/ [10.10.2022].
  117. Siehe Marcus Böick/Constantin Goschler/Benno Nietzel, Die beratene Transformation. Westdeutsche Experten in Ostdeutschland nach 1990, in: Jahrbuch Deutsche Einheit 1, S. 230-250.
  118. Christina Morina (Hrsg.), Deutschland und Europa seit 1990. Positionen, Kontroversen, Perspektiven, Göttingen 2021.
  119. Jörg Ganzenmüller (Hrsg.), Die revolutionären Umbrüche in Europa 1989/91. Deutungen und Repräsentationen, Köln 2021.
  120. Vgl. auch jüngst den Versuch einer weiteren Bilanz: Detlev Brunner/Günther Heydemann (Hrsg.), Die Einheit und die Folgen. Eine Geschichte Deutschlands seit 1990, Bonn 2021.
  121. Angela Siebold, ZwischenGrenzen. Die Geschichte des Schengen-Raums aus deutschen, französischen und polnischen Perspektiven, Paderborn 2013.
  122. Anja Schröter, Ostdeutsche Ehen vor Gericht. Scheidungspraxis im Umbruch 1980-2000, Berlin 2018.
  123. Mandy Tröger, Pressefrühling und Profit. Wie westdeutsche Verlage 1989/1990 den Osten eroberten, Köln 2019.
  124. Jann Müller, Die Wiederbegründung der Industrie- und Handelskammern in Ostdeutschland im Prozess der Wiedervereinigung, Stuttgart 2017. 
  125. Thorsten Holzhauser, Die „Nachfolgepartei“. Die Integration der PDS in das politische System der Bundesrepublik Deutschland 1990-2005, Berlin 2019.
  126. Konrad Sziedat, Erwartungen im Umbruch. Die westdeutsche Linke und das Ende des „real existierenden Sozialismus“, Berlin 2019.
  127. Anja Tack, Riss im Bild. Kunst und Künstler aus der DDR und die deutsche Vereinigung, Göttingen 2021.
  128. Ines Langelüddecke, Alter Adel – neues Land? Die Erben der Gutsbesitzer und ihre umstrittene Rückkehr ins postsozialistische Brandenburg, Göttingen 2020.
  129. Marcus Böick, Die Treuhand. Idee – Praxis – Erfahrung 1990-1994, Göttingen 2018.
  130. Böick/Goschler, Wahrnehmung und Bewertung der Arbeit der Treuhandanstalt.
  131. Louis Pahlow/André Steiner, Die Carl-Zeiss-Stiftung in Wiedervereinigung und Globalisierung 1989-2004, Göttingen 2017.
  132. Jessica Lindner-Elsner, Arbeitsverhältnisse und soziale Ungleichheiten im Automobilbau Ostdeutschlands. Das AWE seit den 1970er-Jahren, Dissertation, Univ. Potsdam 2022.
  133. Kerstin Brückweh/Clemens Villinger/Kathrin Zöller (Hrsg.), Die lange Geschichte der „Wende“. Geschichtswissenschaft im Dialog, Berlin 2020.
  134. Kerstin Brückweh, Wissen über die Transformation. Wohnraum und Eigentum in der langen Geschichte der „Wende“, in: Zeithistorische Forschung/Studies in Contemporary History 16 (2019), H. 1, S. 19-45, online unter https://zeithistorische-forschungen.de/1-2019/5677 [10.10.2022].
  135. Clemens Villinger, Vom ungerechten Plan zum gerechten Markt? Konsum, soziale Ungleichheit und der Systemwechsel von 1989/90, Berlin 2022.
  136. Teilprojekt „Der große Umbruch. Zur Erfahrungsgeschichte der Transformation in Ostdeutschland (1970-2010)“ des Forschungsverbunds Diktaturerfahrung und Transformation, https://verbund-dut.de/teilprojekte/umbruch/ [10.10.2022].
  137. Vgl. Zeithistorischer Arbeitskreis Extreme Rechte (Hrsg.), Zeitgeschichte der Rechten. Neue Arbeiten zu einem jungen Forschungsfeld, in: Zeitgeschichte-online, August 2020, https://zeitgeschichte-online.de/themen/zeitgeschichte-der-rechten [10.10.2022].
  138. „Die radikale Rechte in Deutschland, 1945–2000“, https://zzf-potsdam.de/de/forschung/linien/die-radikale-rechte-deutschland-1945-2000 [10.10.2022].
  139. „Rechtsterrorismus in der Bundesrepublik Deutschland, 1945-1990“, https://ekvv.uni-bielefeld.de/pers_publ/publ/PersonDetail.jsp?personId=226795250 [10.10.2022].
  140. „‚Nazis raus‘. Die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit der extremen Rechten in Deutschland und Europa seit 1960“, https://paedagogik.uni-halle.de/arbeitsbereich/hist_erzw/mitarbeiter-innen/steuwer/
  141. Norbert Frei/Franka Maubach/Christina Morina/Maik Tändler, Zur rechten Zeit. Wider die Rückkehr des Nationalismus, Berlin 2019.
  142. Siehe u.a. die Mitteilung der Bundesregierung „Klares Signal gegen Rechtsextremismus und Rassismus“, 20.11.2020, https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/kabinett-rechtsextremismus-1819828 [10.10.2022].
  143. Vgl. Kowalczuk/Ebert/Kulick (Hrsg.), (Ost)Deutschlands Weg.
  144. Als Auswahl hierzu: Klaus Schroeder, Kampf der Systeme. Das geteilte und wiedervereinigte Deutschland, Reinbek 2020; Karl-Heinz Paqué/Richard Schröder, Gespaltene Nation? Einspruch! 30 Jahre Deutsche Einheit, Zürich 2020; Yana Milev, Entkoppelte Gesellschaft – Ostdeutschland seit 1989/90, Bd. 1: Anschluss, Berlin 2018.
  145. Siehe Dierk Hoffmann/Ulf Brunnbauer (Hrsg.), Transformation als soziale Praxis. Mitteleuropa seit den 1970er Jahren, Berlin 2020.
  146. Exemplarisch: Jana Hensel/Wolfgang Engler, Wer wir sind: Die Erfahrung, ostdeutsch zu sein, Berlin 2018; Peter Maxwill, Die Reise zum Riss: Berichte aus einem gespaltenen Land, Berlin 2019; Valerie Schönian, Ostbewusstsein: Warum Nachwendekinder für den Osten streiten und was das für die Deutsche Einheit bedeutet, München 2020.
  147. Siehe Jörg Ganzenmüller/Anke John/Christiane Kuller, Die Ostdeutsche Erfahrung. Auswege aus einem polarisierenden Deutungskampf über unsere Geschichte vor und nach 1989, in: Jahrbuch Deutsche Einheit 1 (2020), S. 95-119; Uta Bretschneider, Einheit vielstimmig. Wiedervereinigung und Transformationszeit in der Erinnerungskultur, in: Jahrbuch Deutsche Einheit 2 (2021), S. 51-72.
  148. Vgl. Christina Morina, Geteilte Bilanz. Überlegungen zu einer politischen Kulturgeschichte Deutschlands seit den 1980er-Jahren, in: Jahrbuch Deutsche Einheit 1 (2020), S. 145-168.
  149. Vgl. Kiran Klaus Patel, Zeitgeschichte im digitalen Zeitalter. Neue und alte Herausforderungen, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 59 (2011), H. 3, S. 331-351, online unter https://www.ifz-muenchen.de/heftarchiv/2011_3_1_patel.pdf [10.10.2022]; sowie Marcus Böick/Rüdiger Graf/Marcel Schmeer, Zeitgeschichte nach 1945, in: Clio Guide – Ein Handbuch zu digitalen Ressourcen für die Geschichtswissenschaften, hg. v. Laura Busse, Wilfried Enderle, Rüdiger Hohls, Gregor Horstkemper, Thomas Meyer, Jens Prellwitz, Annette Schuhmann, Berlin 2016, http://www.clio-online.de/guides/epochen/zeitgeschichte-nach-1945/2016 [10.10.2022].
  150. Vgl. etwa die zahlreichen Erzählsalon-Projekte von Kathrin Rohnstock (Hrsg.), Mein letzter Arbeitstag: Abgewickelt nach 89/90. Ostdeutsche Lebensläufe, Berlin 2014. 
  151. Vgl. dazu Bernd Faulenbach/Franz-Josef Jelich (Hrsg.), „Transformationen“ der Erinnerungskulturen in Europa nach 1989, Essen 2006.
  152. Siehe Patrice G. Poutrus, Umkämpftes Asyl. Vom Nachkriegsdeutschland bis in die Gegenwart, Berlin 2019; Jan C. Behrends/Thomas Lindenberger/Patrice G. Poutrus (Hrsg.). Fremde und Fremd-Sein in der DDR. Zu historischen Ursachen der Fremdenfeindlichkeit in Ostdeutschland, Berlin 2003.
  153. Siehe Daniel Kubiak, Die unendliche Geschichte ostdeutscher Identität – Zur Identifikation und zum „Othering“ junger Ostdeutscher, Berlin 2019.
  154. Siehe Naika Foroutan/Coşkun Canan/Mara Simon/Albrecht Hänig, Ostdeutschland postmigrantisch: Einstellungen der Bevölkerung Ostdeutschlands zu Musliminnen und Muslimen in Deutschland. Berliner Institut für empirische Integrations- und Migrationsforschung, Berlin 2018, online unter https://digital.zlb.de/viewer/metadata/34231111/1/LOG_0000/ [10.10.2022].
  155. Sehr aktivistisch, aber als Sammlung kritischer Gegenperspektiven interessant: Lydia Lierke/Massimo Perinelli (Hrsg.), Erinnern stören. Der Mauerfall aus migrantischer und jüdischer Perspektive, Berlin 2020.
  156. Dazu jüngst vgl. Ned Richardson-Little/Michal Kopeček, Introduction: (Re-)Constituting the State and Law during the „Long Transformation of 1989“ in East Central Europe, in: Journal of Modern European History 18 (2020), S. 275-280.
  157. Siehe Dieter Bingen/Maria Jarosz/Peter Oliver Loew (Hrsg.), Legitimation und Protest. Gesellschaftliche Unruhe in Polen, Ostdeutschland und anderen Transformationsländern nach 1989, Wiesbaden 2012.
  158. Siehe Stefan Schreckenberg/Daniel A. Verdú Schumann (Hrsg.), Zwischen Aufbruch und Krise. Narrative Auseinandersetzungen mit der spanischen Transición und der deutschen „Wende“, Heidelberg 2022.
  159. Vgl. Ther, Die neue Ordnung. 
  160. Joachim Meyerhoff, Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war, Köln 2013.
  161. Vgl. Raphael/Doering-Manteuffel, Nach dem Boom; Herbert, Deutsche Geschichte.
  162. Vgl. Frank Bajohr u.a. (Hrsg.) Mehr als eine Erzählung. Zeitgeschichtliche Perspektiven auf die Bundesrepublik. Festschrift für Axel Schildt, Göttingen 2016; Sonja Levsen/Cornelius Torp (Hrsg.), Wo liegt die Bundesrepublik? Vergleichende Perspektiven auf die westdeutsche Geschichte, Göttingen 2016.
  163. Vgl. Philipp Ther, Das andere Ende der Geschichte. Über die Große Transformation, Berlin 2019.
  164. Vgl. auch die im Mai 2022 von Anna Lux und Sylvia Paletschek organisierte Tagung: Bruchzonen der Transformation. Interdisziplinäre Perspektiven auf die Folgen von Wandel und Zusammenbruch vom 19. bis zum 21. Jahrhundert, in: H-Soz-Kult, 28.02.2022, https://www.hsozkult.de/event/id/event-116233 [10.10.2022].
  165. Vgl. Rüdiger Graf/Kim Christian Priemel, Zeitgeschichte in der Welt der Sozialwissenschaften. Legitimität und Originalität einer Disziplin, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 59 (2011), H. 4, S. 479-508, online unter https://www.ifz-muenchen.de/heftarchiv/2011_4_1_graf.pdf [10.10.2022]; Patel, Zeitgeschichte im digitalen Zeitalter.
  166. Vgl. dazu: Kathrin Zöller/Clemens Villinger/Pascal Siegers/Sabine Reh/ Lutz Raphael/Christina von Hodenberg/Kerstin Brückweh, Sozialwissenschaftliche Forschungsdaten als historische Quellen: Welche Infrastrukturbedarfe hat die zeitgeschichtliche Forschung? RatSWD Working Paper 277/2022, S. 1-2, online unter https://www.konsortswd.de/aktuelles/publikation/wp277-2022/ [10.10.2022].
  167. Ivan Krastev/Stephen Holmes, The Light that Failed. A Reckoning, London 2019.
Empfohlene Literatur zum Thema
Kerstin Brückweh/Clemens Villinger/Kathrin Zöller (Hrsg.), Die lange Geschichte der „Wende". Geschichtswissenschaft im Dialog, Berlin 2020

Marcus Böick/Kerstin Brückweh (Hrsg.), Weder Ost noch West. Ein Themenschwerpunkt über die schwierige Geschichte der Transformation Ostdeutschlands, in: Zeitgeschichte-online, Potsdam 2019, URL: https://zeitgeschichte-online.de/themen/weder-ost-noch-west

Marcus Böick/Constantin Goschler/Ralph Jessen (Hrsg.): Jahrbuch Deutsche Einheit, Berlin 2020ff.

Thomas Großbölting, Wiedervereinigungsgesellschaft. Aufbruch und Entgrenzung in Deutschland seit 1989/90, Bonn 2020

Thomas Großbölting/Christoph Lorke (Hrsg.), Deutschland seit 1990. Wege in die Vereinigungsgesellschaft, Stuttgart 2017

Dierk Hoffmann/Ulf Brunnbauer (Hrsg.), Transformation als soziale Praxis. Mitteleuropa seit den 1970er Jahren, Berlin 2020

Raj Kollmorgen/Wolfgang Merkel/Hans-Jürgen Wagener (Hrsg.), Handbuch Transformationsforschung, Wiesbaden 2015

Ilko-Sascha Kowalczuk/Frank Ebert/Holger Kulick (Hrsg.), (Ost)Deutschlands Weg 1989-2021. 80 Studien zur Lage des Landes, 2 Bde., Bonn 2021

Alexander Leistner/Monika Wohlrab-Sahr (Hrsg.), Das umstrittene Erbe von 1989. Zur Gegenwart eines Gesellschaftszusammenbruchs, Köln 2021

Philipp Ther, Die neue Ordnung auf dem alten Kontinent. Eine Geschichte des neoliberalen Europa, Berlin 2014

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